Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Geschlechterdiskriminierung, Männer- und Väterdiskriminierung

Männlich, jung – und tief verunsichert

Männlich, jung – und tief verunsichert

© ZEIT online, 7.1.2008 - 11:06

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Männlich, jung – und tief verunsichert

Von Franz Walter

Junge Männer leiden heute unter ihren vielfältigen Rollenerwartungen: Sie sollen durchsetzungsstark und erfolgreich sein - und gleichzeitig auch ganz anders.

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Der Frauenförderplan ist gewissermaßen die Chiffre für die Emanzipation und den Zeitgeist der 1980er und 1990er Jahre: Die Geschlechterverhältnisse sollten korrigiert und die Frauen endlich in die gesellschaftliche Position gebracht werden, die ihnen über Jahrhunderte vorenthalten wurde. Mittlerweile aber wären womöglich Förderungsprojekte für junge Männer angeraten. Zumindest fühlen sich die heute Anfang-20-Jährigen männlichen Geschlechts in der Regel denkbar verunsichert.

Junge Männer – so zeigen etliche Expertisen – trauen der Zukunft nicht. Bei ihnen grassiert die Angst davor, sich in ihrem Leben falsch zu entscheiden; es kursiert unter ihnen die Furcht vor dem Scheitern. Spätestens seit der Oberstufenzeit werden sie von ihren Lehrern und Eltern gemahnt, an gute Noten und ein gutes Abitur zu denken, ein beruflich aussichtsreiches Studienfach oder Ausbildung auszuwählen und nicht – wie ganze Studentengenerationen vor ihnen – schweifend nach Erkenntnis und trinkseligem Lebensgenuss zu suchen, sondern ohne Verzug zielstrebig den Abschluss anzugehen.

Einiges davon werden auch die jungen Frauen von ihren Eltern zu hören bekommen. Doch reagieren sie darauf erkennbar gelassener, weniger bedrückt als ihre männlichen Pendants. Die fühlen sich heute mental auf eine Weise überfordert wie selten zuvor. Denn die Erwartungen, die an sie gerichtet werden, sind gewachsen, vor allem aber sind sie erheblich widersprüchlicher geworden. Für diese neue Heterogenität nicht leicht kombinierbarer Rollen fehlen noch die orientierenden Maßstäbe.

So wächst sich bei den Jungmännern eine typische Bangigkeit fast schon zum Trauma aus: Sie fürchten, mit größten Anstrengungen vielleicht zwar sämtliche an sie gerichteten Erwartungen realisieren zu können – am Ende aber doch als Gescheiterte dazustehen.

Die Paranoia des Scheiterns bezieht sich dabei keineswegs allein auf die Berufsperspektive, sondern im erheblichen Maße auch auf das Verhältnis zu den gleichaltrigen Frauen. Die jungen Männer tragen nach wie vor am Anspruch, künftig als Haupternährer der Familie zu agieren, Karriere zu machen, in einer unsentimentalen Leistungsgesellschaft sich mit Härte durchzusetzen zu müssen. Zugleich aber wissen sie, dass ihre (potenziellen) Partnerinnen auch andere Eigenschaften und Verhaltensweisen von ihnen verlangen. So sollen sie später die Familie nicht dem Beruf unterordnen, sich in gleichen Teilen um den Haushalt und die Erziehung der Kinder kümmern, und sie sollen darüber hinaus einfühlsame Problemversteher und aufmerksame Zuhörer sein.

Die 20-jährigen Männer bereiten diese disparaten Rollenanforderungen erkennbar Probleme. Denn schließlich haben sie auch weiterhin ein bisschen Machos zu sein, nach überlieferter Art auf die Jagd nach "Beute" zu gehen. Im unerbittlichen Wettbewerb um die Karriere und die Frauen muss Mann die (männlichen) Rivalen rüde aus dem Feld schlagen. Doch zugleich soll er ebenso Zartheit zeigen und Empathie beweisen, als Vorbild am Wickeltisch und als fantasievoller, liebevoller Lebensgefährte und Vater überzeugen. Und selbst wenn sie all diese Rollen virtuos miteinander kombinieren, fürchten die Nachwuchsmänner in ihrem Innersten, könnten sie am Ende von ihrer (künftigen) Partnerin schnöde die Koffer in die Hand gedrückt bekommen.

Junge Männer haben infolgedessen nicht mehr den Eindruck, dass sie die souveränen Autoren ihrer eigenen Biografie sind. Andere, so empfinden sie es bedrückt, schreiben und definieren ihnen ihre Rolle für das Drehbuch des Lebens.

Und den jungen Männern fehlt die Clique ihrer Jugend, die ihnen Peer Group, Netzwerk, Refugium war, ihnen Halt bot, für Stabilität und Orientierung sorgte. Doch dieses Netz überdauert den Schulabschluss in der Regel nicht. Der Zusammenhang zerfällt, die Freunde aus der Pubertät agieren nun als Einzelkämpfer, jeder für sich verzweifelt darum bemüht, den eignen Weg zu finden, sich im wilden Gerangel um Positionen und Geltung zu behaupten.

Etliche junge Männer ziehen sich aufgrund dieser Desorientierung mutlos und ängstlich aus den öffentlichen Prozessen zurück. In Japan wird dieses Phänomen der jung-männlichen Flucht als „Hikikomori“ bezeichnet. Dort wird es mittlerweile als besorgniserregende Pathologie entstrukturierter Gesellschaften behandelt: Individuelle Fehlentscheidungen werden nicht mehr durch traditionelle Gemeinschaften und Loyalitäten aufgefangen und in ihren Folgen abgemildert, was gerade jungen Männern, die untergründig noch die klassischen Bilder und verantwortungsschweren Leiterwartungen in sich tragen, schwer zu schaffen macht.

Man mag über solcherlei Leidenssyndrome den Kopf schütteln und spotten. Aber in der Befindlichkeit dieser männlichen Generationsgruppe deuten sich Schlüsselprobleme des 21. Jahrhunderts an: Die Vermehrung individueller Lebens-Optionen bedeutet stets auch die Multiplikation von individuell zu ertragenden Irrtümern und Fehlgriffen. Großartige Chancen werden mit verheerend verpassten Gelegenheiten korrelieren. Und vor allem: Die Rollen werden multipler und immer schwieriger auszubalancieren.

Franz Walter ist Historiker und Professor für Politikwissenschaft in Göttingen.
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Re: Männlich, jung – und tief verunsichert

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Re: Männlich, jung – und tief verunsichert

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