Väter ohne Rechte
Väter ohne Rechte
© ZDF, Frontal 21
11.06.2002
Sendung vom 11. Juni 2002
Väter ohne Rechte
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Zwei Millionen Väter werden nach der Trennung von ihren Partnerinnen daran gehindert, ihre Kinder zu sehen, so eine Schätzung des Vereins "Väteraufbruch für Kinder". Deutsche Gerichte, so der Vorwurf, würden häufig zu Gunsten von Müttern entscheiden, die durch die Wegnahme der Kinder die Männer vor vollendete Tatsachen stellen.
Mittlerweile hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mehreren Vätern Recht gegeben, die vor deutschen Gerichten in ihrem Kampf um das Umgangsrecht in allen Instanzen gescheitert waren - bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Ulrich Stoll über deutsche Gerichtspraxis und Väter ohne Rechte - bearbeitet für ZDFonline.
Jegliches Recht als Vater verloren
Der 38jährige Familienvater hat keinen Kontakt zu den Kindern, seit seine Frau ihn vor zwei Jahren verließ. Thomas Hageböke, Vater: "Als ich nachmittags nach Hause kam, war niemand mehr da.
Ich war von meiner Frau verlassen worden, sie hat die Kinder mitgenommen, und die habe ich seitdem nicht mehr gesehen." Geblieben sind ihm nur ein paar Kinderfotos im Computer. Seine Ex-Frau lässt ihm gerichtlich verbieten, ihre Identität und die der Kinder preiszugeben. Und sie erreicht vor Gericht, dass er seine Rechte als Vater aufgeben muss.
Thomas Hageböke: "Mir ist vom Familiengericht das Sorgerecht entzogen worden auf Antrag der Frau.
Die Kindesmutter wollte gerne das alleinige Sorgerecht haben und führte als Begründung dafür an, dass keine Kommunikation zwischen den Eltern da ist. Es wurde vom Jugendamt bestätigt, es gibt keine Kommunikation, das geht ganz eindeutig von der Kindsmutter aus, sie verweigert und sie blockt, das wurde dem Gericht vom Jugendamt auch so mitgeteilt, und der Richter sagte dazu nur ganz lapidar: keine Kommunikation zwischen den Eltern, alleiniges Sorgerecht bei der Mutter. Punkt aus."
Urteile zum Nachteil der Männer
Alleiniges Sorgerecht dank sogenanntem Umgangsboykott. Thomas Hageböke kämpft weiter vor Gericht, um seine Kinder sehen zu dürfen. Ein jahrelanger Rechtsstreit, bis schließlich auch das Landgericht ihn abweist. Das Gericht stellt fest: "Die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts (...) entspricht dem Kindeswohl nicht, wenn die Parteien wie im vorliegenden Fall untereinander stark zerstritten sind."
Solche Urteile zum Nachteil der Männer sind gängige Gerichtspraxis in Deutschland. Das erlebt die Psychologin Ursula Kodjoe als Gutachterin vor Gericht ständig. Ursula Kodjoe, Psychologin : "Sie haben dieses traditionelle konservative Rollenbild der Mutter, die sich um die Kinder kümmert. Das schlägt sich nieder in der Überzeugung vieler Sozialarbeiter oder auch von Richtern: Kinder gehören zur Mutter, und der Vater soll die Kohle ranschaffen. Dieses Rollenbild ist aber längst überholt. Wir leben in einer Zeit, in der die Eltern partnerschaftlich sich vor allen um die Kinder kümmern sollten."
Zwei Millionen verlassene Väter
Zwei Millionen verlassene Väter und einige wenige Mütter, schätzt Thomas Hageböke, dürfen ihre Kinder kaum oder gar nicht sehen. Mit seinem Verein "Väteraufbruch für Kinder" demonstriert Hageböke in Berlin dagegen, dass Familienrichter und Gutachter sich oft auf die Seite von Müttern stellen, die ihren Ex-Partnern den Kontakt zu den Kindern verweigern.
Dietmar Nikolai-Webel, Vater: "Die Gutachter haben die Aufgabe, zu schauen, ob die Trennung zwischen Paar- und Eltern-Ebene gegeben oder möglich ist. Und wenn das nicht so ist, dann ist nach Familienrecht die Mutter die, die begünstigt wird. Das heißt in jedem Fall, dass die Mutter bei Streit immer die Gewinnerin ist."
Jahrelang die Kinder nicht gesehen
Der Südafrikaner Michael Hickman wurde von seiner deutschen Frau verlassen. Mit den Kindern zog sie nach Deutschland. Er folgte ihr, kämpft jetzt vor deutschen Gerichten um Kontakt zu den Söhnen. Michael Hickman: "Vor sechs Jahren sind meine Kinder aus Südafrika entführt worden, und seitdem darf ich meine Kinder nicht sehen."
Frontal21: "Haben Sie sich dann an Gerichte gewandt oder was haben Sie erlebt?"
Michael Hickman: "Ja, mehrmals. Ich habe nur Ungerechtigkeit erlebt. Meine Ex-Frau sagt, mein Mann sieht die Kinder nicht, und der Richter sagt, er kann gar nichts dagegen tun."
Viele der verlassenen Väter, die in Berlin demonstrieren, haben vor Gericht erstritten, dass sie ihre Kinder sehen dürfen.
Doch das nützt ihnen nichts: Wenn die Ex-Frau erneut blockt, setzen die Gerichte die Urteile in der Regel nicht durch und treiben angedrohte Zwangsgelder erst gar nicht ein. Detlef Naumann, Vater: "Wenn ein Gerichtsbeschluss vorliegt, dann haben sich die Eltern daran zu halten. Und in Deutschland ist es zur Zeit so, dass viele Eltern den Gerichtsbeschluss ignorieren können, ohne dass was passiert."
Ursula Kodjoe, Psychologin: "Wenn in Deutschland ein Elternteil den anderen vom Umgang mit seinem Kind ausgrenzt, dann passiert ihm eigentlich nicht sehr viel. Denn die Richter machen zwar Umgangsbeschlüsse, aber durchgesetzt werden sie so gut wie nicht, und auch das Jugendamt zieht hier nicht mit. In Frankreich dagegen muss ein Elternteil, der den Umgang mit dem anderen Elternteil verhindert oder sabotiert, damit rechnen, dass das Gericht einen Beschluss macht dahingehend, dass er im Gefängnis landet. Dann wird Beugehaft angeordnet."
In Straßburg bekommen die Väter Recht
Nicht so in Deutschland: Manfred Sommerfeld hat alle Instanzen deutscher Gerichtsbarkeit erlebt. Er versucht seit 16 Jahren, seine Tochter Mandy zu sehen - die Mutter verweigert den Umgang. Manfred Sommerfeld, Vater: "Ich habe deswegen geklagt, weil die Mutter aus dem einfachen Grunde nicht bereit ist, von sich aus unserer Tochter das Umgangsrecht einzuräumen. Ich bin praktisch über alle Instanzen gegangen, vom Amtsgericht Rostock übers Landgericht Rostock, dann zum Bundesverfassungsgericht. Dort wurde die Sache zur Entscheidung nicht angenommen, damit war der Weg frei nach Straßburg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte."
In Straßburg schließlich bekommt Sommerfeld neben anderen Vätern Recht. Eine Ohrfeige für die deutsche Justiz. Der Gerichtshof für Menschenrechte urteilt: "Die (...) Entscheidungen, mit denen ihm der Umgang mit seinem Kind verweigert wurde, waren (...) ein Eingriff in die Ausübung seines nach Art. 8 Abs. 1 der Konvention geschützten Rechts auf Achtung seines Familienlebens."
Verstoß gegen Menschenrechte
Die deutschen Gerichtsurteile: Verstöße gegen die Menschenrechte. Doch das Bundesjustizministerium legt Widerspruch gegen das Straßburger Urteil ein, sieht darin einen Eingriff in die deutsche Justiz. Ein Interview wird abgelehnt. Stattdessen erklärt das Ministerium zu den Straßburger Urteilen: "Wir prüfen diese Urteile besonders sorgfältig, weil es auf der einen Seite um Rechte der Eltern geht, auf der anderen Seite aber auch die Rechte und Chancen der Kinder berücksichtigt werden müssen."
Väter wie Thomas Hageböke wollen sich mit der deutschen Justiz-Praxis nicht länger abfinden. Fünf Wochen lang sind sie jetzt in Berlin im Hungerstreik, um Menschenrechte der Väter auch in Deutschland durchzusetzen.
Weitere Informationen zum Thema
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Aktion Betten für Besuchsväter
Viele Väter müssen zur Umgangswahrnehmung in eine andere Stadt reisen. Es fehlt häufig eine Übernachtungsmöglichkeit und ein geeigneter Ort für den Besuch der Kinder außerhalb von Kino oder Schwimmbad. Die Aktion vermittelt Kontakt zu Vätern in der Stadt, die eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung stellen können. Dieses Angebot basiert auf Gegenseitigkeit. Väter, die solche Hilfe suchen, sollten gleichzeitig diese Hilfe in ihrer Heimatstadt anderen Besuchseltern anbieten. Infos: Thomas Opitz, var m = String.fromCharCode(109,97,105,108,116,111)+':';var e = 'TOpitz'+String.fromCharCode(64)+'surfeu'+String.fromCharCode(46)+'de';document.writeln(''+e+'');TOpitz@surfeude
Väteraufbruch für Kinder e.V.
www.vaeter-aktuell.de
www.daddy-at-kiddy.de
www.papaliste.de
www.pappa.com