Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Gewaltthematik-Gewaltproblematik

Vernachlässigte Kinder: So beugt Kreis Ahrensburg vor

Vernachlässigte Kinder: So beugt Kreis Ahrensburg vor

Fall Lara: Stormarner Behörden gut vernetzt
Vernachlässigte Kinder: So beugt der Kreis vor
Leiter des Jugendamtes lobt das neue Kinderschutzgesetz. 550 Mal schalteten Bürger die zuständigen Stellen ein.

Von Alice Friedrich

Ahrensburg -

Gewalt und Verwahrlosung: Das ist für viele Kinder Realität. Zirka fünf Prozent der Kleinkinder in Schleswig-Holstein gelten nach einer Schätzung des Kieler Sozialministeriums als gefährdet. Für den Kreis Stormarn gerechnet wären das rund 2000 Kinder, die in Verhältnissen leben, in denen Eltern allein nicht mehr klar kommen, sagt Ingo Loeding, Geschäftsführer des Stormarner Kinderschutzbundes. Hauptursachen für diese Entwicklung sind für ihn die wachsende Kinderarmut und das Zerbrechen der Familiensysteme.

"Wir brauchen ein Klima des Hinschauens. Wir wollen alle Kinder von Anfang an in den Blick bekommen", sagte Schleswig-Holsteins Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) bei der Einführung des neuen, bundesweit wegweisenden Kinderschutzgesetzes. Ein Baustein: Das sogenannte "verbindliche Erinnungswesen". Das Kontrollsystem soll Fälle wie den von Lara aus Hamburg verhindern. Der neun Monate alte Säugling war im März tot im Elternhaus gefunden worden. Das kleine Mädchen war verhungert. Im Kreis Stormarn hat das Kontrollsystem bereits Wirkung gezeigt. "In zwei Fällen waren wir froh, dass wir Kindern und Eltern Hilfe anbieten konnten", Kreisjugendamtsleiter Wilhelm Hegermann. "Auf diese Familien wären wir ohne die neue Regelung nicht aufmerksam geworden." Seit April 2008 werden alle Eltern von Kindern unter sechs Jahren vom Familienbüro in Neumünster schriftlich aufgefordert, ihren Nachwuchs für die U4- bis U9-Untersuchungen anzumelden. Wer die Vorsorgeuntersuchung schwänzt, wird einmal erinnert. Kommt die vom Arzt abgestempelte Karte dann nicht zurück, wird das Jugendamt aktiv. "Wir statten der Familie dann einen Besuch ab, weil wir zunächst davon ausgehen müssen, dass eine Kindeswohlgefährdung vorliegen könnte", sagt Wilhelm Hegermann. In rund 80 Prozent der 650 Fälle, die dem Jugendamt seit August 2008 vom Landesfamilienbüro gemeldet wurden, waren es jedoch eher harmlose Gründe: Zeitmangel, Termin vergessen, der Arzt im Urlaub. Manchmal sei auch die Erinnungskarte einfach nicht fristgerecht abgeschickt worden, sagt der Kreisjugendamts-Leiter. Das seien handwerkliche Fehler, die nachbessert werden müssten, weil sie Zeit binden, die für wirklich dringende Fälle dann fehle. Davon gibt es genug. Denn auch die Bürger sind sensibler als noch vor ein paar Jahren, sehen genauer hin und melden sich beim Jugendamt. 550 Anrufe gehen dort Jahr für Jahr ein. Das bestätigt auch Ingo Loeding. 700 Meldungen habe es im vergangenen Jahr über das Kinder- und Jugendtelefon gegeben. "Auch das ist eine Art von Frühwarnsystem, das uns hilft, das Schlimmste zu vermeiden", sagt Hegermann. In rund 500 Fällen gibt das Jugendamt zurzeit Erziehungshilfen. Der Bedarf an Unterstützung sei sehr unterschiedlich. Manchmal reiche es schon, wenn man die Eltern beim Behördengang begleite oder bei der Suche nach einem Kindergartenplatz zur Seite stehe. Doch es gibt auch die Fälle, in denen das Kindeswohl so stark gefährdet ist, dass das Jugendamt den Eltern das Kind wegnehmen muss. 35 solcher "Inobhutnahmen" hat es 2008 gegeben.

"Der Schutz von Kindern ist eine gesellschaftliche Aufgabe", sagt Wilhelm Hegermann. Das scheint in Stormarn gut zu funktionieren. Was ihn besonders freut: "Wenn Menschen sich bei uns melden, dann haben sie das wohl überlegt und einen ernsten Verdacht."

erschienen am 9. April 2009
http://www.abendblatt.de/daten/2009/04/09/1117122.html