Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Kinderschutzverbesserungen

Essen: Kein Zeichen der Entwarnung

Essen: Kein Zeichen der Entwarnung

Kein Zeichen der Entwarnung
Essen, 22.07.2008, Von Tobias Blasius
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In Essen müssen statistisch vergleichsweise wenige vernachlässigte oder gefährdete Kinder in behördliche Obhut genommen werden. Das Jugendamt mahnt jedoch, die Situation erfordere weiterhin Aufmerksamkeit

Letzte Zuflucht "Spatzennest": In der Altenessener Kindernotaufnahme, die der Essener Ortsverband des Kinderschutzbundes unterhält, finden vernachlässigte, misshandelte oder missbrauchte Kinder einen sicheren Platz. Foto: WAZ, Frank Vinken Christina Bäuerle, Leiterin des Jugendamtes. (WAZ)
Letzte Zuflucht "Spatzennest": In der Altenessener Kindernotaufnahme, die der Essener Ortsverband des Kinderschutzbundes unterhält, finden vernachlässigte, misshandelte oder missbrauchte Kinder einen sicheren Platz. Foto: WAZ, Frank Vinken Christina Bäuerle, Leiterin des Jugendamtes.

Das Jugendamt muss immer weniger vernachlässigte oder gefährdete Kinder in seine Obhut nehmen. Wie das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik mitteilte, wurden im vergangenen Jahr 141 Kinder ohne Einverständnis der Eltern unter behördlichen Schutz gestellt. Zwei Jahre zuvor waren es noch über 100 Fälle mehr. Jugendamts-Leiterin Christina Bäuerle mahnt jedoch eindringlich, diese Statistik nicht als Zeichen der Entwarnung zu lesen.

Die Essener Zahlen bewegen sich deutlich gegen den Landestrend. NRW-weit #5holten die Jugendämter fast 8500 Kinder und Jugendliche aus ihren Familien. Damit sei die Zahl der unter Schutz gestellten jungen Menschen auf den höchsten Stand seit 1995 gestiegen, so das statistische Landesamt. Die Kinder und Jugendlichen werden in einem Heim, einer Pflegefamilie oder in einer betreuten Wohngemeinschaft untergebracht.

Bäuerle wies darauf hin, dass die so genannte In-Obhutnahme nur eine Schutzmaßnahme bei akuten Kindswohlgefährdungen sei, bei der die Einverständniserklärung der Eltern nicht erwirkt oder abgewartet werden könne. Eine Statistik, die allein dieses Vorgehen registriere und mit den von Stadt zu Stadt unterschiedlichen Erfassungsmethoden leben müsse, verzerre leicht die Realität. So gibt es etwa in Düsseldorf mehr als viermal so viele In-Obhutnahmen wie zwischen Karnap und Kettwig, ohne dass in der Landeshauptstadt das Aufwachsen wirklich entschieden gefährlicher sein dürfte. Von einem grundsätzlichen Rückgang der Fälle von Kindesmisshandlung, -verwahrlosung und Eltern-Überforderung könne jedenfalls auch in Essen leider keine Rede sein, versichert Bäuerle.

Pro Quartal gehen im Jugendamt weiterhin rund 200 bis 250 Meldungen zu Kindswohlgefährdungen ein. Die Zahl der Kinder, die in Heimen oder Pflegefamilien außerhäusig betreut werden müssen, liegt konstant bei etwa 1400 pro Jahr. Dabei übernehmen in etwa 40 Prozent der Fälle vorübergehend oder kontinuierlich Pflegeeltern die Erziehung.

Bäuerle wertet schon den Umstand, dass diese Zahl einigermaßen konstant bleibt, als Erfolg: "Es gibt schließlich einen Kevin-Effekt." Der Fall des in Bremen zu Tode gequälten zweijährigen Jungen habe die Aufmerksamkeit von Erziehern, Nachbarn oder Lehrern geschärft. So werden dem Jugendamt von vornherein mehr Hinweise zugespielt.

"Wir brauchen das aufmerksame Umfeld", appelliert Bäuerle, die aber den akuten Schutz von Kindern durch Behörden immer als letztes Mittel betrachten muss. Die Stadt Essen habe die Prävention und die ambulante Familienhilfe stark ausgebaut, damit es erst gar nicht zu solch schlimmen Gefährungen komme.

Die Mehrzahl der 141 im Eilverfahren aus den Familien geholten Essener Kinder ist übrigens älter als 14 Jahre (88). Anlässe für einen solch drastischen Eingriff in die Hoheit der Erziehungsberechtigten sind am häufigsten eine Überforderung der Eltern, eine Vernachlässigung des Nachwuchses, Anzeichen von Misshandlung oder gar der Verdacht auf sexuellen Missbrauch.

http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/essen/2008/7/22/news-64104742/detail.html