Politik bietet Anreize zur Gründung von Jugendämtern
5.10.2010 09:47 Uhr
Region Hannover
Politik bietet Anreize zur Gründung von Jugendämtern
Die Jugendamt-Initiative: CDU und FDP wollen finanzielle Anreize zur Gründung eigener Jugendämter in der Region Hannover bieten - und haben dafür bereits eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht. Für die Kommunen ohne eigenes Jugendamt wird die Neuregelung teuer.
Noch gibt es in Garbsen kein Jugendamt, sondern nur eine Jugendhilfestation.
Christoph Dreyer zeigte sich erleichtert. Die Übernahme eines eigenen Jugendamtes wird für die Kommunen künftig wieder attraktiver sagte der CDU-Landtagsabgeordnete gestern nach einer anstrengenden Diskussion in seiner Fraktion. Die beiden Regierungsfraktionen CDU und FDP haben eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht, die finanzielle Anreize zur Gründung eigener Jugendämter bietet. Und: Das neue Gesetz soll gleichzeitig einen langen Streit um die Finanzierung der Jugendämter in der Region beilegen.
Die sechs Städte mit einem eigenen Jugendamt das sind außer Hannover noch Burgdorf, Laatzen, Langenhagen, Lehrte und Springe müssen künftig nur noch ihr eigenes Jugendamt mitfinanzieren. Bislang waren sie auch an der Finanzierung des gemeinsamen Jugendamtes der Region für die anderen 15 Kommunen beteiligt. Mit dem Gesetzentwurf soll nach Angaben von Dreyer vor allem mehr Gerechtigkeit geschaffen werden. Künftig sollen nur noch die Regionskommunen für das gemeinsame Jugendamt zahlen, die es auch nutzen, berichtete er.
Dreyer rechnet damit, dass nun mehr Kommunen die Aufgaben des Jugendamtes von der Region wieder zurück in den Ort haben wollen. Die Jugendexperten in den Landtagsfraktionen seien sich weitgehend einig, dass Jugendämter vor Ort mögliche Missstände besser erkennen und dann schneller reagieren könnten, berichtete Dreyer.
Für die Kommunen ohne eigenes Jugendamt wird die Neuregelung teuer: Sie müssen insgesamt 5,6 Millionen Euro mehr in den Topf für das zentrale Jugendamt der Region bezahlen. Beispielsweise müsste nach den bisherigen Berechnungen Garbsen 600.000 Euro mehr schultern. Die Umlandkommune mit der höchsten Einwohnerzahl hatte bislang ein eigenes Jugendamt aus finanziellen Gründen immer wieder abgelehnt.
Die Gesetzesänderung soll allerdings erst zum 1. Januar 2012 in Kraft treten, damit die Kommunen Zeit für ihre Finanzplanung haben, sagte Dreyer. Außerdem könnten Nachbarkommunen beraten, ob sie möglicherweise ein gemeinsames Jugendamt mit zwei Standorten anbieten. Der CDU-Abgeordnete berichtete von entsprechenden Überlegungen der Städte Wunstorf und Neustadt. Auch in Sehnde, bisher ohne eigenes Jugendamt, wird mit Lehrte über eine Zusammenarbeit beraten. Und Pattensen möchte gern mit Laatzen kooperieren.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Marco Brunotte freute sich gestern über das Ergebnis aus den beiden Regierungsfraktionen. Er hatte die Diskussion über das Thema im Juli erneut in Gang gebracht und damit heftige Reaktionen hervorgerufen: Führungskräfte der Polizei sowie mehrere Regions- und Landtagsabgeordnete kritisierten, dass die Jugendarbeit der Region Hannover ihrer Ansicht nach erhebliche strukturelle Defizite aufweise. Der Fachbereich Jugend sei nicht richtig aufgestellt, um die wachsenden Herausforderungen in der Jugendarbeit etwa in Zusammenhang mit verwahrlosten Minderjährigen und einem zunehmenden Alkoholmissbrauch zu bewältigen. Die Mitarbeiter der Region seien zu selten vor Ort und zu schlecht vernetzt, um Missstände rechtzeitig zu erkennen und mit den sozialen Einrichtungen vor Ort die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.
Es ist ein strukturelles Problem. Die Fälle landen als Vorgang auf dem Papierstapel, sagte damals der Vorsitzende der CDU-Regionsfraktion, Eberhard Wicke. Auch Polizeidirektor Jürgen Ermerling aus Garbsen plädierte für eigene Jugendämter in den Kommunen. Die Erfahrung hat gezeigt: Die kommunale Jugendhilfe ist da, wenn sie gebraucht wird. Die Wege sind einfach kürzer. Besonders die Situation in Garbsen ist ihm ein Dorn im Auge: Im Stadtteil Auf der Horst werden manche Kinder schon ab dem 13. Lebensjahr straffällig. Um sie aufzufangen, ist das reibungslose Handeln der Jugendhilfe in Kooperation mit den örtlichen Netzwerken dringend notwendig, sagte Ermerling.
Glücklich zeigte sich gestern der hannoversche Finanzdezernent Marc Hansmann. Nach den bisherigen Berechnungen hätte die Stadt durch die Gesetzesänderung drei Millionen Euro zusätzlich im Etat. Die Entscheidung ist auch in der Sache gerechtfertigt, sagte Hansmann am Abend.
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