Der Internationale Sozialdienst und Kindesentführungen
Der Internationale Sozialdienst und Kindesentführungen
Quelle: FPR 2001 Heft 03 219
Ursula Alfter und Ursula Rölke, Internationaler Sozialdienst, Frankfurt/Main
Der Internationale Sozialdienst
Der Internationale Sozialdienst (ISD) ist die deutsche Zweigstelle des internationalen Verbandes International Social Service (ISS). Als bundeszentrale Fachstelle wird der ISD in grenzüberschreitenden Familienrechtsangelegenheiten um Mitarbeit gebeten, wenn die Zusammenarbeit mit einer sozialen Fachstelle im Ausland erforderlich ist. In diesem Zusammenhang hat sich der Verband seit Jahrzehnten auch mit dem Phänomen internationaler Kindesentführung - anfangs auch legal kidnapping genannt - beschäftigt. Bestrebungen, dieses Problem durch internationale Absprachen zu regeln, wie letztlich durch die Haager Konferenz geschehen, wurden von unserem Verband von Anfang an sehr begrüßt und mit unseren Mitteln unterstützt.
Das Netzwerk des Internationalen Sozialdienstes
Der International Social Service - ISS - wurde 1924 als internationaler Zusammenschluss von nationalen Trägern gegründet. Das Generalsekretariat befindet sich in Genf. Die deutsche Zweigstelle (ISD) wurde 1928 - damals als Familiendienst für Ausgewanderte - gegründet und ist ein Zuwendungsempfänger des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. In der Satzung des Gesamtverbandes werden die Ziele folgendermaßen beschrieben:
Durch Zusammenarbeit in mehreren Ländern solchen Menschen zu helfen, die infolge freiwilliger oder erzwungener Wanderung in persönliche oder familiäre Schwierigkeiten geraten sind (Einzelfallarbeit);
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Vom internationalen Gesichtspunkt die Voraussetzungen und Folgen grenzüberschreitender Wanderung und ihre Wirkung auf Einzelpersonen und das Familienleben zu prüfen und gegenüber den verantwortlichen Stellen geeignete Empfehlungen zu geben (Grundsatzarbeit).
Im Rahmen der Grundsatzarbeit hat ISS beispielsweise - regelmäßig vertreten durch die deutsche Zweigstelle - Beobachterstatus bei der Haager Konferenz und bringt dort die Erfahrungen aus der Fallarbeit ein, mit dem Ziel, die bestehenden Konventionen zu optimieren bzw. neue Mittel zu entwickeln.
Die Zusammenarbeit in Einzelfällen erfolgt über ein Netz von 20 Zweig- und über 100 Korrespondenzstellen. Alle Zweigstellen sind den oben genannten Satzungszwecken verpflichtet, ihre Organisationsform und Struktur sind dabei durchaus unterschiedlich, den Bedingungen des jeweiligen Landes angepasst. Bei den Korrespondenten handelt es sich um staatliche oder nichtstaatliche Einheiten (Abteilungen von Ministerien, Nationales Rotes Kreuz, Freie Träger usw.), die sich neben ihren originären Aufgaben auch zur Mitarbeit im Netzwerk des ISS bereit erklärt haben.
Ein wesentliches Arbeitsprinzip des ISS ist, dass die jeweiligen Kooperationspartner immer nationale Fachkräfte sind. Dadurch ist nicht nur gewährleistet, dass die erforderlichen Sprach- und Strukturkenntnisse bei der Intervention vorhanden sind; darüber hinaus wird das Tätigwerden einer inländischen Stelle in den zumeist hoch streitigen Problemfällen bereitwilliger akzeptiert und läuft weniger Gefahr, ins Leere zu gehen.
Die deutsche Zweigstelle - ebenso wie die Kooperationspartner - versteht sich vorrangig als Verbindungsstelle, d.h. hier werden die Anfragen an die jeweils zuständige inländische Fachstelle - meist das Jugendamt - oder an den ausländischen Kooperationspartner weitergeleitet. Die Arbeitssprachen innerhalb des Verbandes sind Englisch und Französisch. Zusammen mit dem Sachverhalt werden die interkulturellen Implikationen dargelegt sowie der rechtliche und sozialarbeiterische Hintergrund des jeweiligen Ersuchens aufgezeigt. Durch die Zusammenarbeit der Fachstellen werden Sozialberichte ausgetauscht, Kontakte hergestellt, Entscheidungen vorbereitet oder Hilfen in Gang gesetzt. Unter Beibehaltung der hier dargestellten Aufgaben und Arbeitsweisen wird die deutsche Zweigstelle im Jahr 2001 organisatorisch in den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, ebenfalls mit Sitz in Frankfurt am Main, eingegliedert werden.
Die regelmäßige Ausgangssituation einer Kindesentführung
Hierzu ein Fall aus der Arbeit des Verbandes, der neben der Entführungs- auch die Umgangsproblematik beleuchtet. Beide sind im Haager Kindesentführungsübereinkommen - HKÜ - angesprochen und eng miteinander verknüpft:
Im Dezember 1992 wurde der ISD von der italienischen Zweigstelle um Mitarbeit gebeten: Die Eltern eines 5-jährigen Mädchens waren nicht miteinander verheiratet, die Mutter war kürzlich nach Deutschland zurückgekehrt, der Vater verblieb in Italien. Seit der Trennung war es dem Vater nicht möglich, Kontakt zu seiner Tochter aufzunehmen. Nach Intervention durch das deutsche Jugendamt konnte den italienischen Behörden mitgeteilt werden, dass die Mutter bereit war, Umgangskontakte in Deutschland zuzulassen. Im Oktober 1993 entführte der Vater das Kind nach Italien. Über den ISD wurde die italienische Jugendbehörde eingeschaltet, die wiederum eine polizeiliche Suche nach dem Kind veranlasste. Im Juni 1994 ordnete das italienische Gericht die Übergabe des Kindes an die Mutter und die Aussetzung der Umgangskontakte an. Im Juli 1995 stellte der Vater einen Antrag nach Art. 21 HKÜ auf Durchsetzung seines Umgangsrechts (Italien war seit Mai 1995 Vertragsstaat des HKÜ). 1997 behielt der Vater das Kind nach einem Besuchsaufenthalt unrechtmäßig zurück in Italien. Es erfolgte eine Rückführung nach dem HKÜ.
Einer Kindesentführung geht regelmäßig das Auseinanderbrechen einer Beziehung voraus; oft handelt es sich um binationale Paare. Häufig befürchtet der nichtdeutsche Elternteil eine Benachteiligung in dem Sorgerechtsverfahren und ist bestrebt, mit der Verbringung des Kindes ins Ausland, meist sein Heimatland, ihn begünstigende Umstände zu schaffen. Der deutsche Elternteil seinerseits fürchtet die Gefahr einer Entführung und versucht, das Kind von dem anderen Elternteil abzuschotten, um diese zu verhindern. Dadurch fühlt der nichtdeutsche Elternteil sich wiederum in seinen Befürchtungen bestätigt. In anderen Fällen glauben häufig Mütter nach dem Zerbrechen der Beziehung im Ausland, das Recht zu haben, mit den Kindern in ihr Herkunftsland zu ziehen. In den verschiedenen Kulturkreisen herrschen aber durchaus unterschiedliche Vorstellungen von den Verantwortlichkeiten der Eltern bzw. beteiligten Familien für die Kinder nach einer Trennung. Dies schafft unter Umständen einen ganz erheblichen Druck seitens der jeweiligen Umgebung der Eltern, insbesondere auch von deren Familien, die ebenfalls (und wegen der noch eingeschränkteren Kontaktmöglichkeiten sogar noch mehr als die Eltern selbst) fürchten, den Kontakt zum Kind zu verlieren. In unserer Arbeit erleben wir aber immer häufiger auch solche Fälle, in denen alle Beteiligten Deutsche sind und ein Elternteil sich zusammen mit dem Kind ins Ausland absetzt; vorwiegend um so den Umgang mit dem anderen Elternteil zu verhindern.
Wie erlebt das Kind die Entführung?
Bisher gibt es in Deutschland noch keine systematischen Untersuchungen über die Folgen einer Kindesentführung für die beteiligten Kinder. Aus der Natur der Sache ergibt sich aber, dass es sich regelmäßig um Ereignisse handelt, auf die das Kind nicht vorbereitet wurde und die mit der Trennung von einem Elternteil einhergehen. Den Berichten, die wir in diesen Situationen erhalten, entnehmen wir, dass Kinder diesen Verlust traumatisch erleben. Sie verweigern eine Auseinandersetzung mit der Situation, verleugnen den zurückgebliebenen Elternteil oder fallen in frühkindliche Verhaltensweisen zurück. Das Kind entwickelt Angst, auch den anderen Elternteil verlieren zu können, und übernimmt blind dessen negative Beurteilungen des zurückgebliebenen Elternteils.
Empfehlungen an den zurückgebliebenen Elternteil
Häufig stellt der zurückgebliebene Elternteil einen Herausgabeantrag bei dem inländischen Gericht und glaubt, diesen im Ausland vollstrecken zu können. Nicht selten wird damit unnötig Zeit verloren. Bei der Wahl der juristischen Möglichkeiten
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ist als Erstes zu prüfen, ob es sich bei dem beteiligten Land um einen Vertragsstaat des Haager Kindesentführungsübereinkommens - HKÜ - handelt. Ist dies der Fall, sollte ein Antrag auf Rückführung gestellt werden. Parallel dazu sind die Möglichkeiten einer freiwilligen Rückkehr bzw. einer einvernehmlichen Regelung zu prüfen. Dabei kann der ISD behilflich sein. Ein Vermittlungsversuch bietet sich insbesondere dann an, wenn es dem zurückgebliebenen Elternteil vorrangig darum geht, auch weiterhin sein Umgangsrecht ausüben zu können. Diese Vermittlungsversuche dürfen aber nicht zu einer Verzögerung des Rückführungsverfahrens führen.
In Fällen, in denen das HKÜ nicht greift, können je nach Land durchaus Wege vorhanden sein, eine Rückkehr des Kindes - insbesondere auf dem Rechtsweg - zu bewirken. Regelmäßig empfiehlt der ISD, dass der zurückbleibende Elternteil dem Kind nachreist und sich vor Ort um eine Lösung bemüht. Dies hat auch den Effekt, dass die dortigen Stellen einen eigenständigen Eindruck auch von diesem Elternteil und dessen Darstellung der Situation gewinnen können. Ein Nachreisen ist allerdings in einigen Ländern nicht gefahrlos möglich; in jedem Fall raten wir regelmäßig dazu, nicht alleine zu reisen, sondern mit einer Person des Vertrauens, die unter Umständen auch die Handlungsfähigkeit (beispielsweise von Frauen in Ländern mit islamischen Rechtsordnungen) verbessert. In vielen Ländern werden interfamiliäre Konflikte mit Hilfe eines Vermittlers gelöst; dabei gilt es, sorgfältig auszuloten, wer im konkreten Fall (beispielsweise aus dem Familienverband) hierfür in Frage kommt. Ist es unmöglich, dass der zurückbleibende Elternteil in das andere beteiligte Land reist, dann kann versucht werden zu erreichen, dass die Beteiligten sich in einem dritten, neutralen Land treffen.
Über seine Arbeitskontakte kann der ISD sich um Mitarbeit einer örtlichen Fachstelle bemühen, insbesondere um dort die Situation des Kindes und die Möglichkeit der Wiederherstellung von Kontakten abzuklären. Dem Elternteil ist dringend anzuraten, nichts unversucht zu lassen, um in Kontakt mit dem Kind zu bleiben. In diesem Stadium ist es besonders wichtig, dass der Beziehungskonflikt außen vor gelassen wird, von Beschuldigungen abgesehen wird und die Überlegungen auf das Wohl des Kindes fokussiert werden. Im Einzelfall sind sehr sorgfältig die Vor- und Nachteile von Maßnahmen zu bedenken, z.B. bei der Überlegung, einen Strafantrag zu stellen.
Der ISD lehnt grundsätzlich Rück-Entführungen ab und vermittelt dementsprechend keine Anschriften von Detekteien noch sonstige Hinweise hierzu. Obwohl in ganz besonders gelagerten Einzelfällen eine Rück-Entführung im Sinne des Kindeswohls sein mag, ist in der Regel davon auszugehen, dass dem Kind dadurch weiterer Schaden zugefügt wird. Zum einen wird das Kind regelmäßig erneut unvorbereitet aus seinem vertrauten Umfeld herausgerissen und von der ihm vertrauten Person getrennt, zum anderen wird es wegen der permanenten Gefahr einer weiteren Entführung für lange Zeit versteckt leben müssen und von Kontakten zum anderen Elternteil dauerhaft abgeschnitten sein. Eine Normalisierung der Situation und der Beziehungen ist damit dauerhaft ausgeschlossen. Hinzu kommt das Risiko, dass die Rück-Entführung fehlschlägt, was je nach Land zu ganz erheblichen Haftstrafen führen kann - in jedem Fall aber zu einem völligen Kontaktabbruch zu diesem Elternteil.
Wie kann einer möglichen Kindesentführung präventiv begegnet werden?
In der langjährigen Mitarbeit in Fällen internationaler Kindesentführung musste der ISD feststellen, dass es kein absolut verlässliches Mittel gibt, um eine Entführung zu verhindern, da die Eltern aufgrund mit der Trennung einhergehender Verletzungen zu irrationalen Handlungen neigen.
Die sicherste Methode ist natürlich, dass die Eltern selbst eine einvernehmliche Lösung finden. Dazu werden sie aber häufig Unterstützung von Fachstellen brauchen, die unter anderem die interkulturelle Kompetenz besitzen, um die verschiedenen Ängste und Motivlagen der Eltern herauszuarbeiten und mit dem Wohl des Kindes in Einklang zu bringen. Mit dieser Zielrichtung könnte insbesondere das Mittel der Mediation eingesetzt werden. Trotz der wachsenden Akzeptanz von Mediation müssen wir aber feststellen, dass noch keine Konzepte für die Durchführung einer grenzüberschreitenden Mediation vorhanden sind, die dem Umstand gerecht werden, dass die Eltern in verschiedenen Ländern leben, unterschiedlichen Kulturen angehören und nicht die gleiche Sprache sprechen. Der ISD bemüht sich hier zu erreichen, dass vor Ort mit jedem Elternteil mit den Methoden der Mediation gearbeitet wird und die Ergebnisse ausgetauscht werden. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von einer kleinen Mediation.
Parallel zu diesen Bemühungen besteht eine Reihe von Möglichkeiten, flankierende Maßnahmen zu veranlassen. Dazu gehören z.B.: Hinterlegen des Passes, der Nachweis der Anerkennung einer bestehenden Sorgerechtsregelung im Ausland oder die Eintragung eines Ausreiseverbotes für das Kind im Inpol-Verzeichnis bzw. im Schengener Informationssystem (SIS) bei der Grenzschutzdirektion in Koblenz. Es hat sich auch als sehr hilfreich erwiesen, bei Besuchsaufenthalten des Kindes im Ausland über den ISD die dort zuständigen Jugendbehörden einzuschalten.
Eine weitere Möglichkeit, die mittlerweile in Deutschland auch gesetzlich geregelt ist, ist die Anordnung eines begleiteten Umgangs. Bei dessen Durchführung ist darauf zu achten, dass dieser unter Bedingungen stattfindet, die der Eltern-Kind-Beziehung nicht abträglich sind.
Nach der Rückführung des Kindes
Die Rückführung eines Kindes darf in dessen Erleben keine zweite Entführung sein. Daher muss eine altersgemäße Vorbereitung erfolgen, die das Vorgehen dem Kind nachvollziehbar macht. Dies gilt regelmäßig dann, wenn die Rückführung aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung erfolgt, also keine einvernehmliche Lösung gefunden werden konnte.
Allen Beteiligten sollte klar sein, dass die Rückführungsanordnung weder eine strafrechtliche Entscheidung ist noch eine Regelung der elterlichen Sorge enthält. Dem Kind ist die Möglichkeit zu geben, über seine Erfahrungen während der Entführungssituation zu sprechen, gegebenenfalls sind therapeutische Schritte einzuleiten. Es darf nichts unversucht bleiben, um auch in dieser Situation dem Kind einen Kontakt mit beiden Elternteilen zu ermöglichen. Auch der ISD versucht regelmäßig, darauf hinzuwirken, dass dies rechtzeitig erkannt und geregelt wird.
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Mitarbeit des ISD im Bereich der internationalen Kindesentführung
Hier ergeben sich vor allem zwei Möglichkeiten:
Der ISD ist zum einen in der Beratung tätig, wobei sich diese nicht nur auf Fragen der Entführungsprävention oder auf die möglichen Schritte nach einer erfolgten Entführung beschränkt. Bereits zu Beginn binationaler Partnerschaften kann eine Beratung erfolgen, wenn es etwa darum geht, was im Hinblick auf die nationale Zugehörigkeit des Partners besonders zu beachten ist, beispielsweise im Hinblick auf gemeinsame Kinder. Insbesondere bei muslimisch geprägten Rechtssystemen ist über den Sinn des Abschlusses eines Ehevertrages nachzudenken. Dabei verstehen wir uns als Mittler zwischen den Systemen in dem Sinne, dass wir Informationen über die beiden beteiligten Rechtssysteme und ihre kulturellen Gegebenheiten zusammentragen, weitergeben und in die Beratung einbringen. Nur mit einem gewissen Maß an Verständnis für den jeweiligen Hintergrund der handelnden Personen lässt sich eine Beratung über möglicherweise erfolgversprechende Schritte durchführen.
Als bundesweit arbeitender Verband berät und informiert der ISD vorrangig die vor Ort arbeitenden Fachkräfte. Zum einen würde es unseren personellen Rahmen sprengen, individuelle Beratung im Einzelfall als Regelfall durchzuführen, zum anderen ist diese Beratung eigentlich persönlich und nicht per Telefon durchzuführen. Insbesondere die von einer Entführung eines Kindes Betroffenen befinden sich in der Regel in einer psychisch schwierigen Situation, die in einem Telefonat nur schwer abzuschätzen und adäquat zu behandeln ist.
Zum anderen können die vor Ort tätigen Fachkräfte die so erlangten Kenntnisse in ihre zukünftige Beratungsarbeit einbringen. Dies schließt nicht aus, dass wir auch Privatpersonen, soweit dies sinnvoll erscheint, beraten.
Zum anderen kann der ISD, insbesondere bei Entführung in Nicht-HKÜ-Länder oder nach Rückführung des Kindes, über den Kooperationspartner unseres Verbandes im jeweiligen Land um Mitarbeit einer sozialen Fachstelle bitten, bzw. auf Bitten des ausländischen Kooperationspartners geeignete Stellen in Deutschland, in der Regel die Jugendämter, einschalten. Hierbei handelt es sich nie um die konkrete Parteivertretung und Durchsetzung von Partei-Interessen. Ziel ist vielmehr, im Interesse des Kindeswohls auf eine Lösung des Problems so weit wie möglich hinzuarbeiten. Insbesondere wird dadurch bewirkt, dass die in den beteiligten Ländern tätigen Fachstellen neutrale Informationen erhalten. Auf diesem Weg können Informationen über das Wohlergehen des Kindes beschafft und auf eine Wiederherstellung von Kontakten hingewirkt werden. Im Einzelfall kann durch unsere Vermittlung ein direkter Kontakt des Elternteils mit der im jeweils anderen Land zuständigen Fachstelle hergestellt werden. Keiner der Kooperationspartner versteht sich als Detektei oder hätte auch nur die Möglichkeit hierzu.
Infolge dieses Systems erfolgt die Einschaltung regelmäßig nur aufgrund eines Ersuchens und auf der Basis von Informationen einer Fachstelle, nicht aber aufgrund des Ersuchens und auf der Basis von Informationen einer der beteiligten Parteien. Diese sollten sich an das für sie zuständige Jugendamt wenden und dieses darum bitten, den ISD einzuschalten. Dieses sollte den ISD mit allen Informationen zur Vorgeschichte und gegenwärtigen Lage versehen, die notwendig sind, um dem ausländischen Kooperationspartner einen Einblick in den Sachverhalt zu vermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele Soziale Dienste im Ausland mit großen finanziellen und organisatorischen Einschränkungen zu kämpfen haben, sodass möglichst viele Probleme bereits mit einem Kontakt geklärt werden müssen. Beispielsweise sind die marokkanischen Provinz-Sozialarbeiterinnen nicht mit eigenen Fahrzeugen ausgestattet, sondern darauf angewiesen, dass der Medizinische Dienst in den jeweiligen Ort fährt und sie mitnimmt.
Sicherlich gibt es auch Länder, insbesondere in Krisengebieten, in denen kein Kooperationspartner existiert. Der Verband bemüht sich aber, das Netz ständig auszudehnen. So konnte nach vielen Jahren wieder eine zumindest teilweise funktionierende Kooperation einer Fachstelle in Algerien erreicht werden. Daher empfiehlt es sich, von Fall zu Fall anzufragen, ob eine Möglichkeit der Mitarbeit besteht.
Der ISD kann auf Anfrage ein Faltblatt Internationale Kindesentführung - Empfehlungen für Betroffene und Fachleute zur Verfügung stellen.
Informationen zum Gesamtverband: www.iss-ssi.org.
Anschrift: Internationaler Sozialdienst, Am Stockborn 1 - 3,
60439 Frankfurt am Main
Telefon (069) 958 07-02
Telefax (069) 958 07-465
www.deutscher-verein.de
Die Autorinnen sind beim ISD als Assessorin und Sozialarbeiterin (Ursula Alfter) bzw. Assessorin (Ursula Rölke) im Bereich Grenzüberschreitende Familien- und Jugendhilfe tätig.
Assessorin Ursula Alfter
Assessorin Ursula Rölke
Internationaler Sozialdienst
Am Stockborn 1-3
60439 Frankfurt/Main