Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Kindesmisshandlung

Jugendamt Wien: Fall Luca

Jugendamt Wien: Fall Luca

Analyse
Fall Luca: Verschanzen hinter Gesetzen macht Jugendamt nicht glaubwürdiger

Von Werner Grotte

Im "Fall Luca" tauchen immer mehr Fragen an das Jugendamt auf: Nun sind offenbar im Spital gemachte Fotos bekannt geworden, die ein schwer misshandeltes Kleinkind mit alten und neuen Blessuren am Gesäß zeigen. Gleich zwei Jugendämter haben offenbar in diesem Fall nicht nur die Warnungen des Kindesvaters, sondern auch der behandelnden Ärzte ignoriert. Ob das Resultat ein totes Kind war, werden nun die Gerichte klären müssen.

Dabei haben die Jugendwohlfahrtsbehörden in solchen Fällen alle Rechte: Zeigt sich für das Kindeswohl "Gefahr im Verzug", bedarf es weder gerichtlicher Verfügung noch Zustimmung Angehöriger, das betroffene Kind sofort in amtliche Obhut zu übernehmen. Ohne Wenn und Aber. Der Anwalt des Kindesvaters, Georg Zanger, hat die zuständigen Jugendämtler nun angezeigt – er will eine Verurteilung zumindest wegen "Fahrlässigkeit" erwirken: Hätte man das Kind geschützt, würde es möglicherweise noch leben.

Als besonders zynisch wertet Zanger die Reaktion der Leiterin der Abteilung Jugendwohlfahrt im Gesundheitsministerium, Martina Staffl: Diese ließ am Freitag verlauten, dass "die Behörde nicht grundsätzlich dazu verpflichtet ist, das Kind aus der Familie zu nehmen, wenn es misshandelt wird". In das "Grundrecht auf Familie" dürfe "nur sehr maßvoll eingegriffen werden"; es sei "für den Zuständigen eine Gratwanderung, solche Entscheidungen zu treffen".

Das befremdet: Das Recht auf Leben eines Kindes muss wohl über dem (ohnehin sehr abstrakt formulierten) "Recht auf Familie" stehen. Immerhin gesteht man auch vielen tausenden geschiedenen Vätern nicht das "Recht auf Familie" zu, wenn nach einem Rosenkrieg Probleme beim Besuchsrecht auftauchen.

Auch die "Gratwanderung", die Staffl sieht, scheint wenig verständlich. Ein offensichtlich misshandeltes Kind nach klaren ärztlichen Attesten den offenbar dafür verantwortlichen Obsorgeberechtigten wegzunehmen, ist als Vorsichtsmaßnahme wohl keine "Gratwanderung" – sondern eine völlig verständliche, nachvollziehbare Vorsichtsmaßnahme.

Der Fall Luca ist kein Einzelfall: Laufend passieren solche Fälle unter den Augen des Jugendamtes:

1997 wurde etwa der erst zweijährige Melvin vom Stiefvater verbrüht und erschlagen;

im gleichen Jahr wurde die vierjährige Michelle von ihrem Stiefvater erwürgt;

2004 lässt die eigene Mutter die 17-jährige Martina im Bezirk Steyr-Land langsam verhungern;

besonderes Aufsehen erregte der Fall von Elisabeth, Katharina und Victoria, die von ihrer Mutter in Linz jahrelang eingesperrt wurden und dadurch teils irreparable Schädigungen erlitten.

Alle Beispiele waren dem Jugendamt jahrelang bekannt, entsprechende Warnungen wurden offenbar nicht einmal ignoriert.

Seite 14

Freitag, 23. November 2007
http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4517&Alias=wzo&cob=313878

Re: Jugendamt Wien: Fall Luca

Mehr Gewalt gegen Babys? Nein, aber...

26.11.2007 | 18:37 | ERICH KOCINA, JUDITH LECHER UND ULRIKE WEISER (Die Presse)

Der Fall des 17-monatigen Luca, der zu Tode misshandelt wurde, rückte das Thema Kindesmisshandlung wieder in den Mittelpunkt. Einen Anstieg der Fälle sehen Experten allerdings nicht.
Die Presse (Fabry)

Sie haben Hochkonjunktur: Meldungen über Kinder, die von ihren Eltern misshandelt wurden. In manchen Fällen, wie jenem des 17 Monate alten Luca, bis zum Tod. Am Wochenende wurde in Salzburg ein vier Monate altes Mädchen mit Brüchen ins Krankenhaus eingeliefert. Die Eltern können sich die Verletzungen angeblich nicht erklären. Ende September wurde ein Tiroler zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er seine drei Monate alte Tochter zu Tode geschüttelt hatte. Einzelfälle? Oder ein neues Phänomen, das nun gehäuft auftritt?

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1Häufen sich die Fälle von Gewalt gegen Kleinkinder?

Nein, zumindest gibt es keine Zahlen, die diesen Schluss zulassen. So ist aus der Kriminalstatistik der letzten drei Jahre keine Zunahme der Delikte gegen Kleinkinder herauszulesen. Heuer gab es bei Unter-Sechsjährigen drei Anzeigen wegen Mord, 109 wegen Körperverletzung, neun wegen schwerer. Die Jugendämter verzeichnen zwar einen Anstieg bei den Gefährdungsmeldungen, führen das aber auf die zunehmende Sensibilisierung der Bevölkerung zurück. Deutlich wird das dann, wenn nach medialer Berichterstattung über einzelne Fälle die Zahl der Meldungen hoch schnellt. In Zukunft dürften die gemeldeten Fälle noch weiter steigen, weil seit Juli alle Einrichtungen, die mit Kindern arbeiten, jeden Verdachtsfall bei der Jugendwohlfahrt melden müssen. In der überwiegenden Zahl der Fälle (70 bis 80 Prozent) werden nach Abklärung durch das Jugendamt übrigens keine weiteren Maßnahmen gesetzt. Nachdem in Österreich kaum wissenschaftlich bearbeitetes Zahlenmaterial vorliegt, bleibt der Blick nach Deutschland. Dort zeigen Längsschnittstudien, dass Gewalt in der Familie insgesamt zurückgeht.
2Welche Arten von Gewalt gegen Kinder gibt es?

Oft wird pauschal von Misshandlungen gesprochen. Doch unterscheiden Experten zumindest vier verschiedene Formen von Gewalt gegen Kinder. Sexueller Missbrauch, Gewaltanwendung in der Erziehung – von der „g'sunden Watschen“ bis zur Tracht Prügel, Gewalt im familiären Rahmen und schließlich ist auch Vernachlässigung eine Form von Gewalt.
3Warum greifen Eltern gegenüber ihren Kindern zu Gewalt?

Wenn Eltern gewalttätig werden, hat das häufig schlicht mit Stress und Überforderung zu tun. Kinderpsychiater Ernst Berger verweist auf Fälle, in denen vor allem junge Eltern nicht gelernt haben, mit Belastungen umzugehen. In ihrer Ratlosigkeit, etwa wenn das Baby schreit und nicht zu beruhigen ist, greifen sie dann zum letzten Mittel, von dem sie sich eine Lösung erhoffen – zu Gewalt. In vielen Fällen handelt es sich dabei auch um Eltern, die als Kind selbst mit Gewalt in der Familie konfrontiert waren.
4Wie werden Fälle von Misshandlung bekannt?

Die Meldungen kommen anonym, aus Kindergärten, oft auch aus dem Spital und dort aus den „Kinderschutzgruppen“: Das sind interdisziplinäre Teams, die den behandelnden Ärzten helfen einzuschätzen, ob ein Kind misshandelt wird und ob man den Fall den Behörden bekannt gibt. Im AKH gibt es pro Jahr zwischen 15 und 30 Verdachtsfälle, bei jedem Zweiten kommt man zum Schluss, das Jugendamt informieren zu müssen. Die Pflicht der Ärzte, sich bei Verdacht direkt an die Polizei zu wenden, wurde 2001 – zu Recht, wie Experten betonen – abgemildert. Bei niedergelassenen Ärzten, vor allem auf dem Land, funktioniert die Zusammenarbeit mit den Behörden aber bisweilen nicht so gut: „Die fürchten teilweise um ihre Klientel“, sagt Heidemarie Graf, leitende Sozialarbeiterin des Amts der oberösterreichischen Landesregierung.
5Wann wird ein Kind aus der Familie genommen?

Selten und ungern. Gerade für Kleinkinder bedeutet so ein Schritt ein Trauma. In Wien mussten im Vorjahr zirka 570 Kleinkinder (bis ein Jahr) außerhalb der Familie betreut werden. Physische Gewalt war in 14 Prozent der Fälle der Grund dafür. Auch Spitäler können bei Gefahr Kinder sofort zurückhalten. Das „Ausfolgeverbot“ wird im Eilverfahren via Jugendamt vom Gericht erwirkt.
DER FALL LUCA

Misshandelt: Der 17-monatige Luca starb am 3. November in einem Wiener Krankenhaus an den Folgen von Misshandlungen. Monate vorher war er im Spital behandelt worden, doch die Jugendwohlfahrt hatte keine Anzeige erstattet und das Kind bei den Eltern gelassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2007
http://www.diepresse.com/home/panorama/oesterreich/345852/index.do?_vl_backlink=/home/index.do

Re: Jugendamt Wien: Fall Luca

Luca: Verdächtiger weist jede Schuld von sich

26.11.2007 | 13:26 | (DiePresse.com)

Der Freund der Mutter gilt als Hauptverdächtiger im Fall des tödlich misshandelten Kleinkindes. In Tirol wurden unterdessen drei Personen einvernommen, darunter der leibliche Vater.
(c) Photocase.com

Seit der 17-Monate alte Luca in Wien Anfang November an den Folgen von Misshandlungen starb, sitzt der Freund der Mutter in Korneuburg in U-Haft. Der 23-Jährige wurde nun einvernommen. Er weise jede Schuld von sich, sagte Staatsanwalt Friedrich Köhl am Montag.

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Er wird auch verdächtigt, Luca sexuell missbraucht zu haben. Ob tatsächlich sexueller Missbrauch vorliegt, muss die Gerichtsmedizin noch untersuchen. Ein Ergebnis liege dem Gericht bisher nicht vor, so die Staatsanwaltschaft. Wann es zu einem Prozess kommen könnte, sei derzeit auch nicht abzuschätzen. Zunächst muss einmal eine Anklage erstellt werden.

Beobachter der Causa meinten am Montag, in dem Fall könnte es zu einer Anzeige wegen Mordes gegen die Verdächtigen kommen. Ob das auch zu einer Mordanklage führt, liegt aber in der Entscheidungsgewalt der Staatsanwaltschaft.
Tirol: Erste Einvernahmen

In Tirol sind bisher drei Personen vom Landeskriminalamt vernommen worden, darunter der leibliche Vater des Kindes. Um wen es sich dabei handelte und wer noch befragt werden soll, dazu wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht äußern. "Über laufende Ermittlungen geben wir keine Auskunft", erklärte Staatsanwalt Wilfried Siegele.
Verhalten der Jugendwohlfahrt wird geprüft

Auch die Jugendwohlfahrt Tirol wird unter die Lupe genommen. Sie hatte den Akt über das verstorbene Kind in der Vorwoche von sich aus der Staatsanwaltschaft zur Beurteilung übergeben. Es gehe darum, ob ein strafrechtlicher Sachverhalt allfällig ist.

Es werde in alle Richtungen ermittelt, sagte Siegele. Die Überprüfungen sollen in zwei bis drei Wochen abgeschlossen sein.
Anzeige gegen Verantwortliche in BH Mödling

Auch die Bezirkshauptmannschaft Mödling hat der Fall negative Folgen: Laut Staatsanwalt Köhl sei eine Anzeige gegen Verantwortliche der Bezirkshauptmannschaft eingegangen - wer sie erstattet hat, könne er nicht sagen. Die Staatsanwaltschaft prüfe die Zuständigkeit. Die in Wien erstattete Anzeige der NGO "Resistance for Peace" sei ihm nur aus den Medien bekannt.
Kindstod durch Fremverschulden

Luca war am 3. November im Alter von 17 Monaten in einem Wiener Krankenhaus an den Folgen eines Gehirnödems gestorben. Eine Obduktion ergab Fremdverschulden. Als Hauptverdächtiger gilt ein 23-Jähriger aus dem Bezirk Wien-Umgebung. Er ist der Freund der aus dem Tiroler Bezirk Schwaz stammenden 22 Jahre alten Kindesmutter, gegen die auch ermittelt wird.

Der leibliche Vater hatte nach dem Tod Kritik an den Behörden geübt und ihnen Untätigkeit vorgeworfen. Die Jugendwohlfahrten in Tirol und Niederösterreich wiesen die Anschuldigungen stets zurück.
(APA/Red.)
http://www.diepresse.com/home/panorama/oesterreich/345725/index.do?direct=345852&_vl_backlink=/home/panorama/oesterreich/345852/index.do&selChannel=

Re: Jugendamt Wien: Fall Luca

„Jüngere Familien sind eine Risikogruppe“

26.11.2007 | 18:36 | (Die Presse)

Kinderpsychiater Ernst Berger im Interview.

Die Presse: Ist die Zahl der Missbrauchsfälle von Kindern gestiegen?

Ernst Berger: Wir haben in Österreich keine detaillierten Erhebungen. Aber es gibt Längsschnittstudien in Deutschland, die eindeutig zeigen, dass Gewalt in der Familie in der Gesamtzahl zurückgeht.

Warum hören wir über viele Vorfälle?

Berger: Das Bewusstsein ist geschärft und es wurden anzeigbare Tatbestände geschaffen. Und besonders dramatische Geschichten werden in den Medien thematisiert. So entsteht der Eindruck, dass die Zahlen steigen.

Welche Form von Gewalt kommt am häufigsten vor?

Berger: Gewaltorientierte Erziehungsmaßnahmen sind immer noch der größte Teil, auch wenn die Zahl substanziell zurückgeht.


Ist nicht auch Sadismus im Spiel?

Berger: Das ist sicher die Minderzahl. Es gibt Erfahrungen, dass Gewaltanwendung häufig in Familien festzustellen ist, in denen es schon vorher Gewalt gab. Opfer werden zu Tätern. Aber der wesentliche Faktor ist Überforderung.

Wer ist davon besonders betroffen?

Berger: Jüngere Familien sind eine Risikogruppe, auch Kinder mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen, die Erwartungen ihrer Eltern nicht erfüllen.

Kann man Risikofamilien im Vorhinein ermitteln?

Berger: Man darf die Prognosemöglichkeit nicht überschätzen, aber grundsätzlich ja. Ich denke, dass die Diskussion in die falsche Richtung geht – die Suche nach Schuldigen. Es geht darum, dass man präventiv unterstützt. Man muss Vertrauen zu den Familien aufbauen. Das braucht eben Zeit, und ein Sozialarbeiter darf nicht dafür verantwortlich sein, gleich 60 Familien zu kontrollieren. eko

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2007)
http://www.diepresse.com/home/panorama/oesterreich/345831/index.do?direct=345852&_vl_backlink=/home/panorama/oesterreich/345725/index.do&selChannel=

Re: Jugendamt Wien: Fall Luca

Lucas Mutter und das "Battered Wife Syndrome"

Im November 2007 erschütterte Österreich der Tod des 17 Monate alten Luca an einem Gehirnödem nach Misshandlungen, wobei besonders tragisch erscheint, dass sowohl Spitäler als auch Jugendamt davon wussten und die bisher übliche Aktionskette das Kind nicht zu retten vermochte. Rasch waren Schuldzuweisungen da, seitens Medienberichten und von Postings der UserInnen auf den Webseiten der Tageszeitungen. Es ist sicher leichter, solche Tragödien eindimensional zu sehen, da dies auch etwas Tröstendes an sich hat: hätte die oder der oder diese oder jene Institution anders gehandelt, dann wäre Luca noch am Leben. Auf diese Weise kann man sich vorstellen, dass das Problem für alle Zeiten gelöst wird und alle anderen Kinder beschützt, da in Zukunft der als schuldig ausgemachte Faktor ausgeschaltet wird.

Leider ist es wesentlich komplexer, was einem schon mal wütende Reaktionen auf Postings einbringt, in denen man differenziert argumentieren oder erklären will, in welcher Situation die vielkritisierten SozialarbeiterInnen sind. Es wäre halt so schön und so bequem nicht daran erinnert zu werden, wie Gewalt in unsere Gesellschaft eingebettet ist und dass Ansichten und Verhaltensweisen wie Rädchen ineinandergreifen und dramatische Entwicklungen forcieren. Dies beginnt bei Fragen, die auf den ersten Blick noch gar nichts mit Gewalt zu tun haben, aber für Bedingungen sorgen, unter denen Gewalt leichter akzeptiert und kein Ausweg gesucht wird. Ein Beispiel dafür ist der Irrglaube, dass Muttersein so natürlich sei wie eine Schwangerschaft, dass sich Wissen um den Umgang mit Kindern automatisch einstellt und Frauen daher auch keine Unterstützung benötigen. Tatsächlich müssen aber nicht nur einfache Handgriffe wie das Wickeln oder Fläschchengeben erlernt werden, sondern auch Einfühlung und Stressresistenz.

Von allein werden nur jene Mütter damit ausgestattet sein, die selbst als Kinder Einfühlung erlebten und Eltern hatten, die zwischen kindlichen Bedürfnissen und ihren eigenen Wünschen trennen konnten. Die also Schreien nicht als eine perfide ausgedachte Aktion eines Babies interpretieren, das ihren Frieden stören will, sondern damit möglichst gelassen umgehen, und die an Kinder nicht die Ansprüche an Verständnis und Unterstützung bei der Erfüllung der eigenen Bedürfnisse stellen wie an Erwachsene. Alle anderen müssen lernen, wie sie richtig mit Kindern umgehen, und brauchen dabei Anleitung und Vorbilder. Gerade dort, wo der Bildungsgrad gering ist, also auch das rein rationale Konsultieren pädagogischer Literatur so selten ist wie andere Buchlektüre, ist Kinderkriegen vielfach ein nahezu selbstverständliches Ereignis, das offenbar keine Überlegungen über Lebensplanung auslöst. Bei fast allen besonders schlimmen Fällen, wo Kinder letztlich langsam zu Tode gequält oder / und so vernachlässigt werden, dass sie verhungern, haben die Mütter mindestens zwei Kinder und wären mit einem einzigen schon heillos überfordert.

Neuer Mann - neue Beziehung - neue Schwangerschaft scheint hier fast zwingend zu sein, haben diese Frauen doch keinen anderen Lebensinhalt (und wenn es einen Beruf gibt, dann ist es keiner, der besondere Freude bereitet). Wehe, frau kritisiert dies oder wagt gar einmal, es polemisch mit der Vermehrung in der Tierwelt zu vergleichen, die ja ebenfalls relativ gedankenlos erfolgt (aber immerhin meist beinhaltet, dass für den Nachwuchs auch gesorgt werden kann). Oft werden solche Frauen auch noch mit Glorienschein jenen gegenübergestellt, die nicht für die Bevölkerungsstatistik dann schwanger werden, wenn es der erzeugten öffentlichen Meinung passen würde, die ihr Leben samt etwaiger Kinder halbwegs planen (also nicht dann Kinder bekommen, wenn sie kein oder zu wenig Einkommen haben) und gar, nach inneren Kämpfen, einmal einen Abbruch machen. Dass frau Kinder auch ohne zu überlegen in die Welt setzen kann, macht aus Mutterschaft etwas Natürliches und enthält den geschilderten jungen Müttern letztlich jene Hilfe vor, die sie brauchen würden.

Dies bedeutet nicht, dass es auch keine Hilfsangebote gibt, aber wenn Mutterschaft eh wie von selbst dazu führt, alles zu checken, dann kommt eine Frau auf nicht auf die Idee, sich an jemanden zu wenden - ganz davon abgesehen, dass das Wissen um Einrichtungen meist Bildung voraussetzt. Kürzlich gab Lucas Mutter der "Kronen Zeitung" ein Interview, in dem sie unter anderem sagte: "Ich bin schuldlos am Tod meines Sohnes", und "ich hätte nie geduldet, dass jemand meinen Kindern etwas zuleide tut. Wenn ich je einen Verdacht von Misshandlungen gehabt hätte, wäre ich sofort von Niederösterreich heim nach Tirol gefahren." Die Frage, ob nicht einmal die blauen Flecken auf Lucas Körper sie alarmiert haben, wollte sie nicht beantworten. Lucas leiblichem Vater, der öffentlich von einer Mitschuld der Mutter sprach, wird aber nun von der Mutter mit anwaltlichen Schritten gedroht - dazu reicht ihre Kraft schon, aber nicht dazu, über Lucas Misshandlungen zu sprechen.

"Dass die Institutionen das Battered Wife Syndrome nicht beachtet haben!", fand die Psychotherapeutin Rotraud Perner empörend, mit der ich kürzlich über den "Fall Luca", Gewalt und Beziehungen sprach. Wenn man es berücksichtigt, weiss man, dass die Mutter sich niemals an Auflagen halten wird, dass ihr neuer Freund nicht mit dem Kind in Berührung kommen darf. Dieses Syndrom ist allgemein offenbar wenig bekannt, da unter etwas über 400 Google-Funden im deutschsprachigen Web ohnehin mein Perner-Artikel eines der obersten Ergebnisse ist. Im englischsprachigen Raum wurden bereits einige Gerichtsurteile gegen Frauen, die ihre Ehemänner oder Freunde nach langjähriger Gewalt töteten, unter Berücksichtigung des Battered Wife Syndroms gefällt. Freilich muss man solche Diagnosen differenziert betrachten, sodass wir auch auf kritische Argumente eingehen werden.

Woher kommt das Battered Wife Syndrome?

Am Beginn standen die Arbeiten der Psychotherapeutin Lenore E.Walker, die in den 70ern Jahren in den USA Pionierinnenarbeit leistete, in dem sie Frauen interviewte, die von Opfer häuslicher Gewalt waren. Als Ergebnis ihrer Forschungen entwickelte sie das Modell eines aus drei Phasen bestehenden Zyklus. Zuerst kommt der Spannungsaufbau mit "kleineren gewalttätigen Zwischenfällen" (aus Walkers Buch "Warum schlägst du mich?"), wo die Frau versucht, den Täter durch Fürsorglichkeit und Willfährigkeit zu besänftigen. Egal was sie aber auch tut, wie sehr sie sich bemüht, verbiegt und unterwirft, es kommt zur Phase Zwei, dem akuten Gewaltausbruch. Danach, etwa wenn die Frau mit zahlreichen Knochenbrüchen im Krankenhaus liegt und kaum sprechen kann, gibt es Phase Drei, die Walker "Zuwendung und reuiges, liebevolles Verhalten" nennt. Ich halte diesen Begriff für gefährlich und verschleiernd, beinahe so, als würde Walker sicherlich in bester Absicht die Gehirnwäsche übernehmen, die in Gewaltbeziehungen üblich ist.

Walker versuchte zu erklären, warum Frauen nicht ausbrechen und die Täter verlassen, und sah die Phase Drei hierfür als entscheidend an. Das Battered Wilfe Syndrome wird mitterweile so eingeordnet, dass mindestens drei Zyklen durchwandert wurden, die Opfer auch psychisch abhängig wurden und posttraumatischem Stress unterliegen. So ist verständlich, dass es auch vor Gericht eine Rolle spielt, wenn Frauen nach jahrelanger Gewalt den Täter umbringen, oft in direkter Notwehr, manchmal aber auch, wenn er nach dem letzten Gewaltausbruch schläft und die körperlich schwächere Frau sich traut, ihrem Leid ein Ende zu machen. Einfach weggehen kommt im Konzept psychischer Abhängigkeit nicht vor, wobei auch eine Rolle spielt, dass viele Frauen nicht zu Unrecht Angst haben, der Täter würde sie ohnehin überall aufspüren und dann umbringen, was manche Täter ja auch bei aufrechter "Beziehung" androhen.

In England wurde das Battered Wife Syndrome durch den Fall Kiranjit Ahluwalia bekannt: Sie wurde in Indien geboren und kam 1979 im Alter von 23 Jahren nach Großbritannien nach der Hochzeit mit einem indischstämmigen britischen Mann, den sie zuvor nur einmal gesehen hatte. Zehn Jahre lang erlitt sie Gewalt und Vergewaltigung und mußte hungern, wandte sich vergeblich an ihre Familie, die meinte, es eine Frage der Familienehre, dass sie bei ihrem Ehemann bleibt. Kiranjit floh von zu Hause, wurde aber von ihren Mann gefunden und zurückgeholt. Ihre beiden Söhne mußten die Gewalt gegen die Mutter oft mitansehen. Im Frühjahr 1989 versuchte der Mann, ihre Knöchel zu brechen und ihr Gesicht mit einem Bügeleisen zu verbrennen.

Als er nachts im Bett lag, umwickelte sie seine Füße mit einer benzingetränkten Decke, zündete sie an und lief mit ihrem kleinen Sohn in den Garten. Später sagte sie in einem Interview, dass sie ihm zeigen wollte, wie weh es tut, und seine Füße verbrennen wollte, damit er ihr nicht nachrennen kann. Der Ehemann starb fünf Tage danach an Komplikationen, während Kiranjit, die nur gebrochen Englisch sprach, verhaftet und zu lebenslänglich verurteilt wurde. Ihr Anwalt thematisierte die Gewalt kaum, während die Staatsanwaltschaft meinte, sie sei von Eifersucht wegen der wiederholten Affäre ihres Mannes getrieben gewesen. Die Southall Black Sisters nahmen sich ihrer an, und als das Verfahren neu aufgerollt wurde, wurde Kiranjit erfolgreich damit verteidigt, dass das Battered Wife Syndrome in Erwägung gezogen werden musste, das sie vermindert schuldfähig macht.

Zur Kritik am Battered Wife Syndrome werden wir wie gesagt noch kommen, doch sei vorerst noch auf Walkers Buch "Warum schlägst du mich?" eingegangen, an dem mir manches bedenklich erscheint. Zwar war es eines der ersten auf diesem Gebiet, doch gehen auch neuere Veröffentlichungen, vielleicht in differenzierterer Sprache, von ihren Prämissen aus. Walker analysiert beispielsweise Klischees über Gewaltopfer und stellt dabei auch richtig klar, dass die Täter nur zu 20% auch in der Beziehung zu anderen Menschen als der Partner brutal sind. Walker verwehrt sich dagegen, Täter als Psychopathen zu bezeichnen, da sie sie doch so etwas wie Reue oder Schuld empfinden. Soweit mag dies richtig sein, doch beschreibt sie die Männer als gespaltene Persönlichkeiten, die "entweder sehr, sehr lieb oder ganz, ganz schrecklich" sein können.

Dazu gehört aber auch, dass Frauen, die mit diesen Männer leben, ebenfalls eine gespaltene Persönlichkeit entwickelt haben müssen (sofern sie diese Ambivalenz nicht ohnehin aus der Kindheit oder aus früheren Beziehungen mitbringen), um zu meinen, dass "sehr, sehr lieb" und "ganz, ganz schrecklich" vereinbar sind. "Sehr, sehr lieb" ist in Wahrheit ja nur mit "sehr, sehr lieb" in Einklang zu bringen, und zwar bei Männern wie bei Frauen. Aus heutiger Sicht u.a. dank Gewaltschutzgesetz und Wegweiserecht überholt ist auch, dass die Polizei die Opfer angeblich nicht schützen könne. Wohl, weil sie eben nicht wieder geht, nachdem die Frau um Hilfe gerufen hat. Walker bestreitet das "Klischee", ein Gewalttäter sei "kein liebevoller Partner". Ein liebevoller Partner ist aber ganz einfach ein liebevoller Partner und kein Gewalttäter, und würde sich diese einfache aber weitreichende Wahrheit unter Frauen stärker herumsprechen, würden sich auch weniger Frauen mit gewalttätigen Männern einlassen oder sie zumindest sofort verlassen.

Ein Artikel bei Justice for Women geht ausführlich auf bedenkliche Aspekte am Battered Wife Syndrome ein und bringt ein Zahlenverhältnis für Morde im Beziehungskontext: "Wilson and Daly (1992) have calculated the sex ratio for spouse killing using data from England and Wales 1977-86. For every 100 men who kill wives 23 women kill husbands. 120 women were killed by male partners in 1992, 40% of all female homicides in England and Wales are women killed by partners, the figure for men is 6%. Wilson and Daly's (1994) Canadian data show that 26% of women killed were divorced or separated at the time, Australian data (Wallace 1986) as many as 45% in New South Wales had left or were in the process of leaving. Studies of women who kill (Browne, 1987; Jones 1991) in the US have found that they have in the main experienced repeated and life threatening violence, with a greater frequency of coerced sex. Almost all the women had also attempted to leave and elicit the support of other agencies in their struggles to end violence. Nothing they have attempted has stopped the violence, and many talk of reaching a point where they believe only one of them can survive."

Und nun zur Kritik am Battered Wife Syndrome: "BWS focuses on women's responses to violence, rather the context of violence in the relationship. It thus diverts attention from the previous behaviour of the man, and the danger he represented. The case thus turns on women's personality defects rather than the man's behaviour. The central question becomes why women stay, which she is not on trial for, whilst the more important questions of why men continue to use violence, refuse to let women leave and the failure of agencies to intervene to control violence and protect women are lost. These issues are the ones current international research highlights as central to the contexts in which battered women kill and are killed."

Das BWS lenkt also die Aufmerksamkeit vom Verhalten des Täters und die von ihm ausgehenden Gefahren auf die Persönlichkeit der Frau, es schiebt eine psychologische Gutachterebene zwischen die Frau und das Geschehen, nimmt ihr damit auch die Verantwortung für ihre Handlungen und sie nicht als eigenständigen Menschen wahr. So wichtig es ist, Gewaltdynamiken zu verstehen und zu begreifen, dass Opfer oft nicht anders reagieren können, als nur im Tod des Misshandlers einen Ausweg zu sehen, so wenig darauf aber der Focus vom Täter abgelenkt werden. "Women's resistance to violence and control is minimised, if not made logically impossible. In fact some research now suggests that in some relationships violence continues precisely because women resist men's controlling behaviour (Kelly 1988; Lundgren 1986)."

Außerdem erinnert das BWS an das Konzept der erlernten Hilflosigkeit und reduziert Frauen zu Opfern, blendet auch den Widerstand von Frauen aus, die nicht in das Opferschema passen. Walker hat übrigens bei einem Drittel der von ihr befragten Frauen keinen zyklischen Verlauf gefunden und kann dies doch beträchtliche Abweichung nicht erklären. Dort, wo es große afro-amerikanische Communities gibt, in denen sich Frauen anders verhalten und daher eher wehren, sind BWS-Konzepte ohnehin schwer anwendbar. Diese Frauen und ihre Bewältigungsstrategien werden vollkommen ausgeschlossen, da "weiße" Reaktionsweisen zur Norm erklärt werden (übrigens ist dies auch ganz generell ein Problem des Feminismus). BWS scheitert aber bei alle Frauen an der Komplexität von Gewaltdynamiken, die nicht mit Checklisten erfasst werden können.

Wichtiger muss sein, empfehlen die Juristinnen, Wert auf die Zeugenaussagen von Frauen zu legen, statt sie durch Expertenmeinungen über die Opfer in den Hintergrund zu drängen. Frauen wenden außerdem Strategien an, um der Gewalt zu entkommen, die individuell ausgelegt werden und aus der Außensicht ganz anders erscheinen als die Opfer sie empfinden.
"Kathleen O'Donavan (1993) explores the contest between women's groups and the legal system in terms of the 'reasonable man's' claim to universality (p429). She argues that legal discourse has been relatively impervious to feminist challenge. In terms of women who kill this is undoubtedly the case: mad women can be understood; bad women punished; but women as rational and creative survivors are currently invisible. BWS plays into this invisibility by only allowing women to occupy the position of depressed and despairing victim. It is far more of a hindrance than a help in the struggle for justice for women and against domestic violence."

Wir sehen also, dass mit den allerbesten Absichten Frauen erst wieder auf eine Rolle festgelegt werden. Was freilich erstmal durchaus Nutzen hatte, da es etwa in England den "Reasonable Man's Act" gab, durch den ein Mord im Affekt z.B. an der Ehefrau milder bestraft wurde als wenn eine zusammengeschlagene Frau den schlafenden Täter umbrachte, da sie ja mit Vorsatz handeln musste. Gegen solche Praktiken, die weder der unterschiedlichen Körperkräfte noch die Verzweiflung einer jahrelang Gewalt ausgesetzten Frau berücksichtigen, war das BWS durchaus eine sinnvolle Argumentation. Freilich geht es ja darum, dass Frauen Alternativen haben, dass sich keine Frau jemals Gewalt bieten lassen muss und darum, dass frau gegen jedwede Gewalt nur aufstehen und handeln kann. Da gibt es aber wiederum eher in der Literatur und den Analysen schwarzer Frauen Vorbildhaftes....

Alexandra Bader

INFOS:
Why women stay
Battered Wife Syndrome in Court
Battered Wife Syndrome
Battered Wife Syndrome: Dynamics and Treatment
Die letzte in England hingerichtete Frau wäre heute wegen Battered Wife Syndrome freigesprochen worden
Battered Woman Defence
Film "Provoked" über Kiranjit Ahluwalia
http://www.ceiberweiber.at/index.php?type=review&area=1&p=articles&id=787

Re: Jugendamt Wien: Fall Luca

Chronik 01.02.2008
U-Haft wurde um zwei Monate verlängert
Im Fall Luca hat das Landesgericht Korneuburg die Untersuchungshaft über den Lebensgefährten der Mutter um zwei weitere Monate verlängert. Die Staatsanwaltschaft wartet immer noch auf die ausständigen Unterlagen der Mediziner.


Medizinisches Gutachten noch nicht fertig
Gegen den 23-Jährigen wird wegen des Verdachts auf absichtliche schwere Körperverletzung mit tödlichem Ausgang und wegen des Verdachts auf schweren sexuellen Missbrauch mit Todesfolge ermittelt.

Das medizinische Gutachten ist noch nicht abgeschlossen - es läuft ein "anhängiges Verfahren", das heißt, dass der Staatsanwaltschaft zwar bereits Teile des medizinischen Gutachtens vorliegen, weitere Schritte aber erst nach dessen Vollständigkeit gesetzt werden können.


Ermittlungen gegen Jugendamt abgeschlossen
Dabei handelt es sich vor allem um weitere Schritte gegen den 23-jährigen Verdächtigen, die Mutter von Luca und gegen Mitarbeiter des Krankenhauses Mödling.

Die polizeilichen Ermittlungen gegen das Jugendamt Mödling, sind mittlerweile abgeschlossen - hier wird nun, nach der Vervollständigung der medizinischen Gutachten, geprüft, ob das Verfahren eingestellt oder Strafantrag erhoben wird.

noe.ORF.at; 23.1.08
Im Fall Luca hat die NGO Resistance for Peace nach eigenen Angaben bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg Anzeigen gegen das Krankenhaus Mödling und die Uni-Kinderklinik Innsbruck eingebracht.
Fall Luca: Anzeige gegen KH Mödling

noe.ORF.at; 9.1.08
Auch die Mutter des toten Buben gerät jetzt immer mehr unter Druck. Die Staatsanwaltschaft Korneuburg hat die Ermittlungen gegen die Mutter offenbar ausgeweitet. Der Bub war an den Folgen schwerer Misshandlung gestorben.
Lucas Mutter in Bedrängnis
http://noe.orf.at/stories/253879/

Re: Jugendamt Wien: Fall Luca

Luca - das Opfer des Nichteinschreitens der Behörden der Republik Österreich
http://www.youtube.com/watch?v=5LoTqWwib30

Re: Jugendamt Wien: Fall Luca

Fall Luca: Polizei hat Untersuchungen abgeschlosssen

Die Polizei hat die Rolle der Behörden im Fall Luca unter die Lupe genommen. Der Abschlussbericht liegt jetzt dem Gericht vor.

„Ja, der Bericht der Polizei liegt jetzt vor", bestätigt Wilfried Siegele von der Innsbrucker Staatsanwaltschaft: „Der Akt wird jetzt geprüft und der Oberstaatsanwaltschaft vorgelegt."

Daher lasse sich über den Inhalt bzw. über etwaige Konsequenzen derzeit noch nichts sagen. Auslöser für die polizeiliche Untersuchung war eine Selbstanzeige der Jugendwohlfahrt.

Um den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, ersuchte die Behörde Ende November um eine strafrechtliche Beurteilung ihrer Vorgangsweise im Fall Luca.

Seither ermittelte das Landeskriminalamt. Die Kriminalisten interessierten sich vor allem für die Rolle des Schwazer Jugendamtes und der Kinderschutzgruppe an der Innsbrucker Klinik.

Nahezu zeitgleich haben Beamte des Landeskriminalamtes Niederösterreich die Untersuchungen abgeschlossen. Auch dort hatten die Ermittler die Aufgabe, die Rolle der Behörden (Jugendamt Mödling) zu durchleuchten.

Für den Korneuburger Staatsanwalt Friedrich Köhl heißt's hingegen noch warten: „Das Abschlussgutachten der Gerichtsmedizin ist noch ausständig."

04.02.2008
http://www.tirol.com/chronik/innsbruck/76360/index.do

Re: Jugendamt Wien: Fall Luca

Chronologie zum Fall Luca
Der Fall des 17 Monate alten Luca, der nach Misshandlungen am 3. November 2007 in einem Wiener Krankenhaus an den Folgen eines Gehirnödems starb, schlug hohe Wellen. Gegen den Hauptverdächtigen aus dem Bezirk Wien-Umgebung wurde nun Anklage eingebracht.

November - Luca wird mit schweren Kopfverletzungen mit dem Notarzthubschrauber ins Wiener SMZ-Ost Spital eingeliefert. Die Ärzte diagnostizieren bereits den Hirntod.

November - Der 23-jährige Freund der Mutter aus dem Bezirk Wien-Umgebung wird von Polizisten in Haft genommen. Zusammen mit der 22-Jährigen aus dem Bezirk Schwaz soll er dem Kind in den Wohnorten in Tirol und Niederösterreich innerhalb der vergangenen vier Monate in "immer währenden Gewaltanwendungen" schwere Blessuren zugefügt haben, teilte die NÖ Sicherheitsdirektion mit.

November - Luca stirbt an den Folgen der Kopfverletzungen, die Mutter wird ebenfalls verhaftet.

6. November - Der 23-jährige hauptverdächtige Freund der Mutter schweigt in ersten Befragungen. Die 22-Jährige ist bereits wieder auf freiem Fuß. Der leibliche Vater richtet sich mit schwerer Kritik an den Jugendschutzeinrichtungen an die Medien. Der 38-jährige Tiroler spricht davon, dass die Behörden von den Gewaltanzeichen gewusst haben sollen.

7. November - Die Leiche des kleinen Luca wird obduziert, Fremdverschulden eindeutig festgestellt. Der Bub ist demnach an den Folgen eines Gehirnödems gestorben. Gegen die Mutter wird weiterhin wegen Mittäterschaft ermittelt, der Freund bleibt in Haft. Die Jugendwohlfahrten in Niederösterreich und Tirol weisen die Anschuldigungen des Kindesvaters zurück. Der Freund von Lucas Mutter sei Anfang Oktober von einem Sozialarbeiter überprüft worden. Dabei seien keine Anzeichen für aggressives Verhalten oder für psychische Probleme festgestellt worden. Die Mutter habe überdies regelmäßige Arztkontrollen durchführen müssen. Seitens der Jugendwohlfahrt des Landes Tirol heißt es, dass "zu keiner Zeit das Gefühl bestand, dass man das Kind aus der Situation herausnehmen muss".

8. November - Die Jugendwohlfahrt des Landes Tirol gibt weitere Details bekannt. Zwei Vorfälle an dem Kind seien in Tirol "medizinisch genau geprüft" worden. Ein Misshandlungsverdacht konnte bei diesen Untersuchungen nicht erhärtet werden, bekräftigt die Behörde. Anfang Juli wurde Luca mit Verletzungen im Kopf- und Gesäßbereich ins Krankenhaus Mödling eingeliefert und anschließend in die Innsbrucker Klinik überstellt.

12. November - Die NGO "Resistance for Peace" bringt eigenen Angaben zu Folge Anzeige gegen die Jugendwohlfahrten Mödling und Schwaz ein. Es gehe um eine "Mittäterschaft bei fahrlässiger Tötung". Die Anzeige gründe sich auf "die unzureichenden Maßnahmen der beiden Jugendwohlfahrten".

22. November - Der 38-jährige Kindesvater schließt sich der Anzeige von "Resistance for Peace" an. Anonym per E-Mail dem ORF zugespielte Fotos zeigen den Buben mit Verletzungen, die vermutlich von Misshandlungen herrühren. Die Bilder sollen im Juli im Krankenhaus Mödling aufgenommen worden sein.

23. November - Der Anwalt des Kindsvaters, Georg Zanger, spricht von "offenbar systematischen Misshandlungen". Der Vater von Luca habe bei seinen Interventionen am Jugendamt in Innsbruck darauf hingewiesen, dass die Mutter schon früher gegenüber seinen älteren Kindern tätlich geworden sei. Der Kindsvater habe sich dem Strafverfahren gegen die 22-Jährige und deren Lebensgefährten in Korneuburg als Privatbeteiligter angeschlossen.

Der Fall Luca wird sich laut Familienministerin Andrea Kdolsky (V) auf geplante Änderungen im Jugendwohlfahrtsgesetz auswirken. Anlässlich dieses "sehr tragischen" Ereignisses, das ernst genommen werden müsse, werde es im ersten Halbjahr 2008 eine große Novelle geben, sagt die Politikerin am Rande des Gesundheitsausschusses im Parlament.

24. November - Erstmals äußert sich die Mutter des toten Buben. "Ich bin schuldlos am Tod meines Sohnes", beteuert sie in der "Kronenzeitung". Polizeioberst Franz Polzer bestätigt unterdessen entsprechende Medienberichte über den Verdacht des sexuellen Missbrauches an Luca.

5. Dezember - Rund 50 Menschen versammeln sich am Stephansplatz in Wien, um Luca zu gedenken.

18. Dezember - Luca wird im Tiroler Heimatort der Mutter beigesetzt. Zuvor gibt es tagelang Verwirrung rund um die Bestattung. Der leibliche Vater und seine Angehörigen finden sich dreimal vergeblich am Gemeindefriedhof ein, um sich von dem Buben zu verabschieden.

21. Dezember - Der Anwalt der Kindesmutter, Albert Heiss, berichtet von einem gerichtsmedizinischen Gutachten, aus dem angeblich hervorgehe, dass das Kind auch sexuell missbraucht worden sei. Von der für den Fall zuständigen Staatsanwaltschaft Korneuburg gibt es dafür vorerst keine Bestätigung. Es wird noch auf die finalen Expertisen gewartet.

22. Jänner - "Resistance for Peace" bringt eine erneute Anzeige in dem Fall ein, diesmal gegen die Jugendschutzgruppen des Krankenhauses Mödling und der Uni-Kinderklinik Innsbruck. Sie hätten es laut der NGO "unterlassen, geeignete Maßnahmen zu setzen, um Luca vor weiteren Misshandlungen zu bewahren".

3. März - Die Erhebungen in dem Fall sind abgeschlossen, sämtliche relevante Gutachten liegen bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg vor. Aufgrund des laufenden Verfahrens gibt es keine Stellungnahmen zu den Expertisen. Die Untersuchungshaft gegen den Hauptverdächtigen wurde bis Ende März verlängert.

31. März - Die Untersuchungshaft gegen den 23-Jährigen wird bis bis Ende Mai verlängert.

6. Mai - Die vorerst nicht rechtskräftige Anklage gegen den 23-Jährigen ist eingebracht worden. Der Mann wird des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen mit Todesfolge beschuldigt. Gegen Mitarbeiter von Bezirkshauptmannschaften und des Spitals in Mödling werden noch Ermittlungen geführt. Selbiges gelte auch für die Kindesmutter.
http://www.vienna.at/news/chronik/artikel/chronologie-zum-fall-luca/cn/apa-114163980

Re: Jugendamt Wien: Fall Luca

Misshandlung durch Jugendamtsignoranz

Permanenter Link:
http://www.myvideo.de/watch/4379331/Misshandlung_durch_Jugendamtsignoranz

Beschreibung: Nachdem das Jugendamt Wien mehrfach Warnhinweise von Kindesvater und von Ärzten missachtete, starb der 17-monatige Luca an den Folgen seiner wiederholten Misshandlungen.

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Eingestellt von: bmuhl ( 32 Videos )
Luca an den Folgen seiner wiederholten Misshandlungen.
Stichwörter: Jugendamt, Wien, Misshandlung, Ignoranz
Kategorien: News & Politik