Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Kritik am jugendamtlichen Handeln

Warum ist niemand eingeschritten?

Warum ist niemand eingeschritten?

Sozialarbeit Verstörende Einblicke in den Alltag eines Jugendamtes
Warum ist niemand eingeschritten?

Von Tilmann P. Gangloff

Dokumentation: Notfall "Kindeswohl". 23.30 Uhr ARD

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In diesen Tagen die Arbeit eines Jugendamtes zu dokumentieren ist vermutlich nicht leicht. Zu groß ist das Misstrauen der Mitarbeiter, als Sündenbock für einen eklatanten gesellschaftlichen Missstand herhalten zu müssen. Nahezu täglich gibt es Schlagzeilen von verwahrlosten, misshandelten oder verhungerten Kindern, und der Reflex ist jedes Mal der gleiche: Warum ist das Jugendamt nicht eingeschritten? Die Antwort ist einfach. Sie fällt erst spät in "Notfall 'Kindeswohl'" und beinahe beiläufig: 150. Das ist die Anzahl der Familien, um die sich in Großstädten ein Mitarbeiter kümmern muss.

Vermutlich hätte Autor Peter Schran lieber ein Jugendamt in Köln oder Frankfurt bei der Arbeit beobachtet, doch da gab es offenbar überall einen Korb.

So blieb das beschauliche Bad Ems, hinter dessen schmucken Fassaden man gar keine Abgründe wähnt. Doch das täuscht ebenso wie der sanfte Tonfall des Kommentars, der mitunter in krassem Gegensatz zum vermittelten Inhalt steht: Die Fakten sind grausam. Die Formulierung, es gehe oft schon am frühen Morgen "um Leben und Tod", ist keine Übertreibung. Man will wegsehen, wenn Schran quälend ausführlich Fotos eines misshandelten Babys zeigt; eine unwillkürliche Reaktion, die allzu typisch ist für Skandale dieser Art.

Geschickt bettet der Film allgemeingültige Erklärungen in die konkreten Fälle: Viele Familien sind entwurzelt und nun auf den Staat angewiesen; aber der ist überfordert.

Trotzdem machen die Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) aus Bad Ems einen ruhigen, geduldigen Eindruck. Natürlich werden sie gehofft haben, in diesem Film gut "rüberzukommen", nicht in die Pfanne gehauen zu werden; vielleicht gab es sogar einen entsprechenden Deal. Doch man nimmt ihnen ab, dass sie auch dann noch gelassen sind, wenn keine Fernsehkamera dabei ist.

Mitunter trägt der Kommentar allzu dick auf. Von einem "Minenfeld" ist zum Beispiel die Rede, wenn eine Familie am Kaffeetisch ihre Probleme bespricht. Während der Dreharbeiten reagierte Schran noch lockerer; immer wieder sind seine Bemerkungen zu hören, wenn er die Dinge mal "heftig", mal "heikel" findet. Deutlich wird trotzdem: Wenn es bei den Klienten des ASD nicht viel öfter zu Todesfällen kommt, ist das reine Glückssache.

erschienen am 12. März 2008
http://www.abendblatt.de/daten/2008/03/12/857499.html