Gießen: Für Werbung von Pflegeeltern fehlt das Personal
Artikel vom 05.09.2008 - 19.00 Uhr
Für Werbung von Pflegeeltern fehlt das Personal
Gießen (kw). Das Jugendamt der Stadt braucht mehr Pflegeeltern. Zugleich fehlen die Personalkapazitäten, um geeignete Familien anzuwerben: Das sagten Jugendamtsleiterin Andreas Prinz und Bereichsleiterin Beate Kuhn am Donnerstagabend im Jugendhilfeausschuss.
Wer Kinder aufnimmt, die vorübergehend oder dauerhaft nicht mehr in der Herkunftsfamilie leben können, übernehme einen »verantwortungsvollen 24-Stunden-Job« mit steigenden Belastungen. Dazu wären mehr Eltern bereit, wenn sie besser informiert wären: Diese Überzeugung äußerten Frank Ehnis und Dr. Karl Piske vom Verband der Pflege- und Adoptiveltern (PFAD). Sie wünschten sich an einigen Stellen mehr Unterstützung der Behörde.
Derzeit werden in Stadt und Kreis Gießen etwa 60 Kinder in Pflegefamilien betreut, anderthalb Stellen sind für die Arbeit mit den Betroffenen im Jugendamt vorhanden. Gäbe man für Werbung und Betreuung der Pflegeeltern mehr Geld aus, so würde man an anderen Stellen erhebliche Kosten sparen, meinte Ehnis, der seinen Verein zu Beginn der Sitzung kurz vorstellte. Darin stimmte Prinz ihm zu: Schließlich ist die Unterbringung im Heim viel teurer als die bei Privatleuten. Allerdings gebe es Kinder, die in professionellen Einrichtungen besser aufgehoben seien, weil sie »jede Familie sprengen würden«. Dass der Pflegeeltern-Verein sich »Notdienst«-Ansprechpartner und Supervision wünscht, sei verständlich.
Bis vor einigen Jahren bot die Stadt - in Zusammenarbeit mit dem Verein PFAD - regelmäßig Seminare für Interessenten in Gießen an; derzeit gebe es nur wenige Bewerber, sagte Beate Kuhn. Sie machte auf Nachfragen deutlich, dass deren Eignung eingehend überprüft werde. Sie müssten natürlich ausreichend Zeit haben und der schwierigen Aufgabe gewachsen sein. Zugleich gebe es keine starren Regeln darüber, wer Pflegekinder aufnehmen kann: Es gebe Paare und Alleinstehende, Menschen mit und ohne Kinder, Sozialhilfeempfänger und solche, die nicht für jedes Kind ein eigenes Zimmer haben. Jeder Einzelfall sei anders zu bewerten.
Mit den Jugendämtern von Stadt und Kreis wollen die PFAD-Vertreter nun enger zusammenarbeiten. Dabei soll es vor allem um Probleme zu Lasten der betroffenen Kinder gehen. So lebten manche nach einer »Inobhutnahme« ein halbes Jahr in einer »Warteschleife« in Pflegestellen und müssten immer wieder »Bindungsabbrüche« verkraften, so Ehnis. Für die Förderung der Erziehungsfähigkeit in den Herkunftsfamilien reichten einige Stunden pädagogische Arbeit in der Woche meist nicht aus.
http://www.giessener-allgemeine.de/Home/Stadt/Uebersicht/Fuer-Werbung-von-Pflegeeltern-fehlt-das-Personal-_arid,58728_regid,1_puid,1_pageid,113.html