Jugendamt-Mitarbeiter schreiben an Fraktionen
Nicht aktiv genug für Kindeswohl?
Jugendamt-Mitarbeiter schreiben an Fraktionen / Die Prävention fehlt
Vom 21.10.2008
rs. Die Verdi-Vertrauensleute aus der Abteilung Allgemeiner Sozialer Dienst des städtischen Jugendamtes schlagen Alarm: Sie haben sich jetzt mit einem Brief an die Fraktionen des Stadtparlaments gewandt, weil sie ihre Arbeit im sensiblen Bereich der Kinder- und Familienbetreuung nicht mehr ausreichend gewährleistet sehen. Rechtzeitig zu den Haushaltsberatungen fordern die Gewerkschafter "mindestens eine neue Vollzeitstelle" für eine pädagogische Fachkraft, außerdem die Entlastung von bürokratischen Aufgaben.
Durch schlimme Fälle von Verwahrlosung und sogar Kindstötung in ganz Deutschland aufgerüttelt, seien in letzter Zeit neue Gesetze erlassen worden, wie die zusätzliche Vorsorgeuntersuchung mit Meldepflichten, die man für gut heiße, die aber die Arbeit erheblich ansteigen lasse. Außerdem zeige die von Kanzlerin Merkel geforderte "Kultur des Hinsehens" Wirkung. Man habe es mit erheblich mehr Fallzahlen zu tun: Die Bürger rufen öfter an. Von 2002 bis 2005 sei in Rüsselsheim eine Verdopplung der bearbeiteten Fälle festzustellen, machten die gewerkschaftlich organisierten Sozialarbeiter und -pädagogen Rita Hilscher, Vincenz Helmerich und Berthold Stadion gestern im Personalratsbüro vor der Presse deutlich. An der Zahl von neun Stellen, die von zehn Leuten besetzt sind, habe sich aber seit 1980 nichts geändert, trotz erheblicher Zunahme der Aufgaben. Vielmehr habe es sogar Stundenreduzierungen gegeben, die nicht ersetzt worden seien, und Hilfe bei Schreibarbeiten, die zunehmen, sei ebenso weggefallen wie die Bereitstellung eines Dienstwagens.
Man sehe sich derzeit als "Feuerwehr in ständiger Alarmbereitschaft" und habe keinerlei Zeit, der so wichtigen präventiven Arbeit nachzugehen. Die Vertrauensleute äußern Zweifel daran, dass den Verantwortlichen im Rathaus die Bedeutung der Arbeit überhaupt bewusst sei. Die Kritik geht vor allem an den Sozialdezernenten, Bürgermeister Jo Dreiseitel. Es gehe hier vielfach um Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, außerdem um "Multi-Problem-Familien". Die von der Stadtverwaltung geförderte Bildung von Netzwerken wird begrüßt, bedeute aber auch einen höheren Arbeitsaufwand, heißt es in dem Schreiben an die Fraktionen, die Ausstattung des allgemein sozialen Dienstes müsse dringend verbessert werden: "Auch die Politiker sind verantwortlich für den Schutz des Kindeswohls".
Verärgert sind die Mitarbeiter des Jugendamts auch,, weil ihnen immer mehr Statistik-Aufgaben auferlegt werden, die sie zusätzlich belasten. Aus den dadurch aufgezeigten schlimmeren Zuständen würden aber andererseits keine Konsequenzen gezogen.
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