Nachlese zu den legendären Wormser Missbrauchsprozessen STRAFJUSTIZSeite 50 ff "Ausgestanden ist die Sache nicht"
Nachlese zu den legendären Wormser Missbrauchsprozessen: Seit elf Jahren sitzen noch immer Kinder im Heim, die freigesprochenen Eltern bemühen sich ohne Aussicht auf Erfolg um Kontakt. Ein Gutachten beschreibt erschreckende Zustände. Von Gisela Friedrichsen
Sie galten als die "größten Missbrauchsprozesse der deutschen Rechtsgeschichte", die drei Verfahren vor dem Landgericht Mainz, in denen von 1994 bis 1997 ein angebliches Massenverbrechen in Worms verhandelt wurde - 25 Erwachsene sollten sich an 16 Kindern vergriffen haben: Worms I, Worms II, Worms III. Die Urteile bedeuteten für die zunächst in Siegesgewissheit taumelnde Staatsanwaltschaft eine der bittersten Niederlagen, die eine Anklagebehörde je hinzunehmen hatte. Die Mainzer Ankläger erlitten einen totalen Zusammenbruch auf der Walstatt, von dem sie sich jahrelang nicht erholten: Alle Angeklagten wurden freigesprochen. In der Frühphase von Worms I, als das Bild der Schande noch tonnenschwer auf den Angeklagten lastete, hielt eine Großmutter von fünf der als missbraucht abgestempelten "Opfer" der voreingenommenen Prozessführung nicht mehr stand. Am letzten Sitzungstag vor ihrem Herztod brach die Frau im Gerichtssaal zusammen, und die Staatsanwältin herrschte sie an, sie solle sich nicht so anstellen.
Zur Erinnerung: Auslöser der Prozesse war ein erbitterter Familienstreit um das Sorgerecht für zwei Kinder, deren Eltern sich hatten scheiden lassen. Man kämpfte mit allen Mitteln gegeneinander, schließlich auch mit der Wunderwaffe: dem Vorwurf sexuellen Kindesmissbrauchs. Im SPIEGEL (7/1995) wurde damals die Entstehung der Katastrophe nachgezeichnet, und es wurden die Personen benannt, die sie zu verantworten hatten: neben den zerstrittenen Familien zwei hochproblematische Kinderärzte, die Missbrauchsspuren fanden, wo nichts zu finden war. Die Strafverfolger verließen sich in ihrem Eifer auf Psychologen, die fernab jeder Wissenschaft gutachteten, galt es doch, einen imaginären Pornoring ungeahnten Ausmaßes hochgehen zu lassen. Sie verließen sich auf eine unprofessionelle Kinderschützerin, die sich der unter dem Familienzwist leidenden Kinder bemächtigte und sie in den Umgang mit anatomisch korrekten Puppen einweihte; die die Kinder regelrecht verhörte, Namen abfragte, die insistierte und wiederholen ließ, bis die Kinder alle Personen nannten, die sie kannten. Zweifel beschlichen niemanden. Es war die hohe Zeit der blinden, dilettantischen Jagd auf jedermann, dem sich das Prädikat Kinderschänder anhängen ließ. Eine Lawine an Festnahmen brach los.
Zur gleichen Zeit, November 1994, als Worms I begann, wurde vor dem Landgericht Münster im Montessori Prozess schon seit zwei Jahren gegen einen Kindergärtner verhandelt, der angeblich sexuellen Missbrauch getrieben hatte. Mehr als 750 Handlungen wurden ihm vorgeworfen, darunter die absurdesten und aberwitzigsten. 26 Monate saß der Mann in U-Haft, 121 Sitzungstage verstrichen, bis er im Mai 1995 endlich freigesprochen wurde. 1994/1995 waren die Lehren aus dem Montessori-Prozess in der Justiz noch nicht Allgemeingut. Noch ließen sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Aussagen und zur Suggestibilität von Kleinkindern, wie sie der Kieler Psychologe Günter Köhnken für das Gericht in Münster herausgearbeitet hatte, sowie die Gefahren laienhafter Aufdeckerei ignorieren, wenn man sie ignorieren wollte. Ozeane lagen da noch zwischen Münster und Mainz.
Zehn Jahre danach könnte man zufrieden sein: Der Rechtsstaat siegte letztlich doch. Es gibt Standards für Gutachter, und Anklagen wie in Münster oder Mainz sind heute eher unwahrscheinlich. Dem Vorsitzenden Richter Hans Lorenz, der Worms II und III leitete, ist immer noch Respekt zu zollen für seine Worte in der letzten Urteilsbegründung, als seine Kammern einen wirklich umfassenden, stabilen Überblick über die Irrungen und Wirrungen des Falls gewonnen hatten: "Den Massenmissbrauch von Worms hat es nie gegeben."
Lorenz hat sich damals im Namen der Justiz bei den Angeklagten entschuldigt für die Fehler, die so viele Menschen ins Unglück rissen. 1999 bilanzierte er in der "Deutschen Richterzeitung" die Monsterprozesse: "Über sechs Millionen Mark haben die Verfahren gekostet, Entschädigungszahlungen für erlittene Untersuchungshaft noch nicht eingerechnet. Alle Urteile, 650, 1350 und 1520 Seiten stark, sind rechtskräftig. Die Revisionen von Staatsanwaltschaft und Nebenklägern sind längst zurückgenommen. Doch ausgestanden ist die Sache damit nicht."
Die einst Angeklagten und ihre Kinder hätten an den Folgen noch immer zu leiden. "Gemeinsam sind sie Opfer von Fehlern und Fehleinschätzungen geworden, denen sich heute beileibe nicht alle stellen, die sich aufrichtigerweise dazu bekennen müssten", so Lorenz. "Viele der Angeklagten waren knapp zwei Jahre lang in Untersuchungshaft, ihre Kinder in Heimen. Zerstörte Familien, ruinierte Existenzen, materielle Not, Kinder, die für sexuell missbraucht gehalten wurden, zum Teil noch gehalten werden, Eltern, die einen oft aussichtslosen Kampf um die Wiederherstellung ihrer verlorenen Ehre kämpfen."
Prophetische Worte: Denn das Leid ist nicht weniger geworden, noch immer gibt es Verantwortliche, die sich vor dem Eingeständnis drücken, furchtbar geirrt zu haben. Noch immer Kinder, die für missbraucht gehalten werden, ja nicht nur das: die sich selbst dafür halten. Noch immer Eltern, denen man die Ehre, die zu beanspruchen sie alles Recht der Welt haben, verweigert.
Noch immer Inkompetenz, Borniertheit, Starrsinn. Sonja H. (Name geändert -Red.), Mutter zweier Söhne und einer Tochter, gehört zu den Freigesprochenen aus Worms I. Sie lebt heute von ihrem Mann getrennt, auch er war angeklagt. Sie versteht, dass er es nach dem Prozesshorror in der Ehe nicht mehr aushielt, gab es doch nur ein Thema: Warum? Warum wir? Warum unsere Kinder? Wäre Sonja H. nicht eine so starke und besonnene Frau, sie hätte ihr Ziel aufgegeben: Sie will ihre Tochter wiederhaben.
Den Tag, an dem man ihr alle drei Kinder wegnahm, trägt sie wie ein Brandzeichen im Herzen: Es war der 12. Dezember 1993. Da kamen sie nachmittags, als sich die Familie gerade zum Weihnachtsmarkt aufmachte: ein Staatsanwalt, einer vom Jugendamt, eine sogenannte Kinderschützerin und mehrere Polizeibeamte. Sie verlangten die Herausgabe der Kinder, weil die "geschädigt" seien. Geschädigt? Sonja H. las die Papiere durch, die man ihr in die Hand drückte - und wollte sofort in die Kinderklinik fahren, um zu beweisen, dass ihre Kinder nicht "geschädigt" sind. Man ließ sie nicht. Die Kinder schrien, wehrten sich, klammerten sich weinend an die Mutter. Der Vater durfte sie bis zum Auto begleiten. Wohin werden wir gebracht? Papa! Der Vater versuchte zu beruhigen: Seid brav, wir holen euch gleich wieder heim. Was man eben so sagt als Vater, der noch an den Rechtsstaat und einen Irrtum glaubt.
Seitdem haben die Eltern H. ihre Jüngste, damals vier Jahre alt, nicht mehr gesehen. Es sind jetzt elf Jahre. Sonja H. weiß nichts von ihrer Tochter. Sie kann sie nicht besuchen, nicht anrufen. Sie weiß nicht, wie es ihrem Mädchen geht, ob es gesund ist, was die Schule macht. Jede Art von Kontakt ist unmöglich. Der letzte Brief, den sie an die Tochter schrieb, kam ungeöffnet zurück mit der wütenden Aufschrift: "!!Lass mich in Ruhe du Kinderficker!! Zurück an Absender!" Sonja H. weiß nur, dass ihre Tochter sie hasst. Den Kampf um die Buben, die seinerzeit in ein anderes Heim kamen als ihre kleine Schwester, haben die Eltern H. gewonnen. Seit 1999, nach fünfeinhalb Jahren Heimaufenthalt, sind sie wieder zu Hause. Es war ein bis an die Grenzen des Erträglichen treibender Kampf. Sonja H.: "Nach dem Freispruch sagte man mir im Jugendamt: Geben Sie Ihre Schuld zu, dann sehen Sie Ihre Kinder binnen einer Stunde."
Ohne Mithilfe der Jungen hätte der Kampf wahrscheinlich noch länger gedauert. Der Große aber, damals zwölf Jahre alt, ganz Sohn seiner tapferen Mutter, schrieb heimlich ans Wormser Amtsgericht, er und sein Bruder wollten bitte endlich nach Hause. Daraufhin wurde 1998 eine erste Begegnung unter Aufsicht gestattet, zunächst mit dem Älteren, der seiner Mutter gleich in die Arme flog, dann mit dem Jüngeren, der zum Wieder-Kennenlernen erst mal angeln gehen wollte. "So sind wir halt an den Rhein gefahren, mein Mann und ich, und aus der anderen Richtung kam das Auto mit den Psychologen und dem Buben. Dann haben wir vier Stunden lang in strömendem Regen geangelt. Und dann wollte er mit uns gleich heimfahren. Das durfte er natürlich nicht." Das Misstrauen gegenüber den Eltern, die man nach wie vor für Täter hielt, war immens. Sonja H.: "Doch wir konnten sie dann besuchen, sie kamen an den Wochenenden, und so lief alles ganz harmonisch."
Ganz anders bei der Tochter, die mit fünf weiteren Kindern aus den Worms-Prozessen in einem kleinen Heim im pfälzischen Ramsen unterkam, das 1993 noch leer stand. Nach Abschluss der Strafprozesse kehrten die meisten Kinder der Freigesprochenen mehr oder auch weniger rasch, wie etwa die H.-Buben, wieder zu ihren Eltern zurück oder verließen die Einrichtung, in der sie untergebracht worden waren. Nur die sechs Kinder blieben, wo sie waren. Dieses kleine Heim verdankt seine Entstehung genau jenen Fehlern und Fehleinschätzungen der Justiz, die Richter Lorenz in der "Richterzeitung" aufzählte. 1993 traf einen jungen Sozialpädagogen, der gerade mit der Ausbildung fertig geworden war, das große Los. Er hatte ein Haus gemietet und suchte mit einer Kollegin eine Anstellung: "Wir hatten eine Konzeption vor Augen - so ein Mittelding zwischen Heim und Pflegefamilie, wo es konstante Beziehungen gibt und keinen Schichtwechsel", sagte er als Zeuge vor Gericht. Es fehlten ihm nur die passenden Kinder. Und siehe da: Plötzlich gab es Kinder. Fieberhaft wurden Ende 1993 Plätze gesucht, um die angeblichen Missbrauchsopfer unterzubringen. Ob sie in das Konzept des Sozialpädagogen passten, in dem Eltern so gut wie nicht vorkommen, egal. Es dauerte nicht lange, da lebten die sechs Kinder mit dem Betreuerpaar wie in einer Familie zusammen. Ihre leiblichen Eltern saßen ja in Haft.
Damals hielt der Heimleiter es für geboten, und die Justiz lieferte ihm dafür alle Argumente, die Kinder vor ihren Angehörigen zu schützen. Er ließ sich in die Rolle eines Ermittlers drängen und glaubte, unerfahren, wie er war, alles, was ihm die Kinder zuflüsterten. Dann aber kamen nach und nach die Freisprüche, und alle Eltern beantragten unverzüglich die Wiederherstellung des Kontakts zu ihren Kindern. Psychologische Gutachten zur Umgangsregelung wurden eingeholt. Gegenüber einem Sachverständigen sagte der Heimleiter 1998, er gehe fest davon aus, alle Eltern hätten "Dreck am Stecken", ja, er lasse sich die Hand dafür abhacken. Als er gehört habe, dass Richter Lorenz "die freispricht und dann noch dazu sagt, die wären unschuldig ... Dann hat es bei mir klapp gemacht, und da ist der Rechtsstaat dann für uns gestorben gewesen".
Seine längst unangemessen enge Bindung an die sechs Kinder und deren Bindung an ihn ließen eine andere Sicht nicht mehr zu. Es gab auch keinen, der ihm ins Wort oder in den Arm gefallen wäre und gewarnt hätte, Eltern zu spielen. Obwohl die Psychologieprofessoren Burkhard Schade, Max Steller und Marie-Luise Kluck in allen drei Prozessen überzeugend dargelegt hatten, dass die Aussagenflut der Kinder mit größter Wahrscheinlichkeit auf suggestive Befragungen von voreingenommenen Erwachsenen zurückzuführen sei, obwohl die Angeklagten rechtskräftig freigesprochen waren - das Jugendamt Worms, das der Fehlentwicklung in dem Heim mit den sechs Kindern hätte entgegenwirken müssen, focht dies nicht an: "Wir sind anderer Ansicht, da wir aufgrund der Aussagen und des Verhaltens der Kinder zu einer anderen Einschätzung kommen", hieß es 1997 in einem Schreiben an das Amtsgericht. So unverblümt äußern sich die Verantwortlichen heute nicht mehr. Die Fakten aber sprechen weiter diese Sprache. Jahrelang klammerten sich Jugendamt und Heimleiter an die hochproblematische mündliche (!) Urteilsbegründung im Prozess Worms I. Denn diese Kammer mit dem Vorsitzenden Jens Beutel, damals im Wahlkampf als Mainzer Oberbürgermeister-Kandidat engagiert, sprach zwar frei. Doch Beutel sagte auch: "Die Kinder müssen geschützt werden vor diesen Eltern. Und damit müssen diese Eltern leben."
Es war ein Freispruch allerletzter Klasse, Tribut offensichtlich an die grüne Wählerschaft, deren Stimmen Beutel brauchte. Im schriftlichen Urteil liest es sich nämlich durchaus anders: "Die Kinderaussagen sowie die sonstigen Beweismittel und Indiztatsachen waren nicht ausreichend, um die Kammer von der Schuld der Angeklagten zu überzeugen. " Gegen einen Freispruch kann man sich nicht wehren, selbst wenn der im Gerichtssaal noch so räudig klingt. Die Amtsrichter, die über den Aufenthalt der Kinder zu entscheiden hatten - von den Eltern bedrängt, vom Jugendamt gewarnt -, sie blieben zurückhaltend. Oder untätig.
Der Koblenzer Rechtsanwalt Franz Obst, der Sonja H. in Mainz verteidigte und sich bis heute um die Rückführung der Tochter bemüht, wirft dem Amtsgericht "Hinhaltetaktik und Nachlässigkeit ohne Ende" vor. "Das Verfahren dümpelt seit Jahren vor sich hin. Ergebnis ist, dass es nun heißt, das Kind könne man nicht mehr aus seiner gewohnten Umgebung herausnehmen. Das Jugendamt hat über Jahre seine Pflichten grob verletzt, und das Amtsgericht scheint die Sache aussitzen zu wollen, bis die Kinder volljährig sind." Die Sache, die vor Jahren schon roch, stinkt inzwischen gewaltig. Als die Eltern H. im Jahr 2000 erneut den Umgang mit ihrer Tochter beantragten, zog das Gericht schließlich den Bielefelder Psychologen Professor Uwe Jopt hinzu.
Und der ist entsetzt. Er versuchte, unterstützt von seiner Mitarbeiterin Katharina Behrend, mit den sechs Heimkindern zu reden: "Sie saßen stuporös da. Allenfalls bissige, eiskalte Zurückweisungen, wie auswendig gelernt, kamen von ihnen. Kein Kind war auch nur zu einem Minimalkontakt mit den Eltern oder einem Elternteil bereit, in welchem Rahmen auch immer. Ihre Empathielosigkeit war unheimlich, ja wahnhaft." Nicht einmal Fotos, als sie noch klein waren, interessierten diese Kinder. Sie wollen kein Geschenk von ihren Eltern, keinen Brief, keinen Gruß. Sie wollen nichts wissen, nichts hören, auch nicht von ihren Geschwistern. Das Thema "Eltern" ist für sie nach Jopts Eindruck massiv bedrohlich. Sogar das jüngste Heimkind, das 1993 erst geboren wurde, hasst seine Eltern und hält sie für verabscheuungswürdige Monster. Dabei kennt es sie gar nicht. Auf die Frage, was denn damals geschehen sei, antwortete die Elfjährige stereotyp wie die anderen Kinder: "Steht alles in den Akten." Laut Jopt hält das Jugendamt im Einvernehmen mit dem Heimleiter dieses Verhalten wegen des früheren Missbrauchs für verständlich. Von wegen Wächteramt des Staates: "Es ist natürlich eine Katastrophe, dass die fachliche Zuständigkeit vom Erstverdacht an bis heute in den Händen derselben Personen liegt", sagt der Gutachter. Man habe den Kindern ihre Ur-Instinkte wegdressiert. Ihr Hass sei nicht Folge sexueller Misshandlung, sondern resultiere aus den Bedingungen, unter denen sie seit elf Jahren leben.
1997 schon riet ein Gutachter zu therapeutischer Behandlung der auffallenden kindlichen Ängste. Während in anderen Heimen dies geschah und Kontakte zu den Eltern angebahnt und begleitet wurden, tat sich in der kleinen Einrichtung mit den sechs Kindern nichts. Begründung: Die Kinder wollen nicht. "Es handelt sich hier um das Ergebnis eines Konditionierungsprozesses durch die Betreuenden", sagt Jopt. Das Fatale daran sei, dass die Betreffenden nicht merkten, welchen Einfluss sie auf die Kinder ausüben. Es fehle, und das gelte für viele der Personen, die mit der Herausnahme von Kindern aus Familien befasst seien, an Fachkompetenz. "Man darf davon ausgehen, dass für alle Kinder die Trennung von den Eltern mit extremen seelischen Belastungen verbunden war. Sowohl ihre plötzliche Herausnahme aus der Familie als auch das anschließende Verschwundenbleiben von Mutter und Vater entgegen anderslautenden Versprechungen mussten von traumatischer Wirkung für sie gewesen sein. Ein solcher Eingriff - das ist eine Erkenntnis der Bindungsforschung - wird von Kindern meist als gravierendes Trauma erlebt. Wenn sie erkennen, dass ihre Gegenwehr gegen diesen Gewaltakt erfolglos bleibt, geben sie irgendwann resigniert auf", so Jopt.
Eine der Lehren aus dem Montessori-Prozess in Münster lautete: Es gibt nicht nur die Kategorien Wahrheit und Lüge bei Kinderaussagen, wenn es um Mißbrauch geht; es ist möglich, dass Kinder erzählen, etwas erlebt zu haben, was sie tatsächlich nicht erlebt haben - und dabei dennoch nicht lügen, weil sie nicht mehr zwischen der Realität und dem, was ihnen suggeriert wurde, unterscheiden können.
Die Wormser Prozesse erteilten weitere Lehren, und auch sie gelten für unzählige, weniger spektakuläre Sorge- und Umgangsrechtsfälle: In einer solchen Phase völliger Hilflosigkeit und Verzweiflung sind Kinder besonders anfällig für eine "Öffnung" gegenüber jenen Erwachsenen, die sich als Bezugspersonen anbieten. Eine so rabiate, vorschnelle Herausnahme aus der Familie, wie sie den Kindern von Sonja H. widerfuhr, bildet den Nährboden dafür, die Meinungen, Einstellungen und Wertungen der neuen Bezugspersonen zu übernehmen. Als der Heimleiter, die sogenannte Kinderschützerin, die Staatsanwältinnen, die Ärzte, die Psychologen vermittelten: Ihr armen Kinder, ihr seid missbraucht von euren Eltern - was hatten die Vier- und Sechsjährigen dem entgegenzusetzen? Die älteren Kinder widersprachen vehement, dann schlossen auch sie sich an.
Ein Axiom der Lernpsychologie lautet, dass alles Gelernte auch wieder verlernt werden kann. Die sechs Kinder, für die Missbrauch durch die Eltern zur schrecklichen subjektiven Gewissheit geworden war, hätten also längst in einen der Konditionierung der Eltern als Monster genau entgegengesetzten Lernprozess eintreten müssen. Es hätte ihnen längst gesagt werden müssen:
Wir haben einen furchtbaren Fehler gemacht. Eure Eltern sind gar keine Kinderschänder. In euren Familien gab es damals viel Streit, deswegen seid ihr zu uns gebracht worden, weil man dachte, dass es euch nicht gut geht zu Hause. Diesen Irrtum müssen wir alle korrigieren. Doch wie hielten es der Heimleiter und das Wormser Jugendamt? Sie versicherten den sechs Kindern seit mehr als einem Jahrzehnt, dass ihr Wille von niemandem angetastet und dass niemand sie aus ihrer "Familie" vertreiben werde.
Kinder, die sich vor den Eltern so ängstigen wie die Kinder aus dem Sechser-Heim, sind nach Jopts Auffassung psychisch höchst auffällig, seelisch schwer gestört und dringend behandlungsbedürftig. Eine derart pathologische Realitätsverzerrung sei "vergleichbar den irrealen, teils wahnhaften Visionen, wie sie von Jugendlichen bekannt sind, die Gehirnwäschen von Jugendsekten ausgesetzt waren".
Obwohl die Professoren Schade, Steller und Hans-Ludwig Kröber vor Jahren schon vor Langzeitfolgen von Missbrauchssuggestionen und ihrer autosuggestiven Weiterentwicklung warnten, obwohl das Jopt-Gutachten vorliegt, obwohl es Ratschläge enthält, wie das irreale Elternbild der sechs Wormser Kinder vielleicht noch revidiert werden kann - es rührt sich nichts.
Als der SPIEGEL um eine Stellungnahme zu den Erkenntnissen des Gutachters bat: keine Reaktion. "Ich bin zornig ob der Kenntnislosigkeit in Behörden und Beratungsstellen, bei Kindertherapeuten und Familienrichtern", sagt Jopt. "Es kann doch nicht sein, dass ein Jugendamt Freisprüche einfach ignoriert." Nach Jopts Auffassung müsste die deformierende Betreuung schleunigst beendet werden. "Das sind heute psychisch missbrauchte Kinder." Sie müssten dringend "an ihre Identität wieder andocken" und zu ihren Wurzeln zurückfinden, damit sie als potentielle Eltern von morgen nicht mit einer lebenslangen Lüge beschwert würden. Sie müssten getrennt werden und ihre Rolle als bedrohte Schützlinge des Heimleiters aufgeben. "Sonst haben sie kaum eine Überlebenschance."
Robert, der Älteste in dem Sechser-Heim, sagte zu Jopt, als der ein unverbindliches Treffen mit den Eltern vorschlug: "Wenn Sie das versuchen, können Sie mich anschließend vom nächsten Baum abschneiden." Als er 18 wurde, musste Robert, er war zuckerkrank, das Heim verlassen. Er sollte zur Ausbildung nach Mainz ziehen, er wollte Kinderpfleger werden. "Doch er kam mit der Selbständigkeit und seiner Krankheit nicht zurecht", berichtet die Sozialarbeiterin Hiltrud Bohlen, die sich als Vormund um seine Umsiedlung kümmerte. "Eine Woche nach dem Umzug hatte er noch nicht mal die Zahnbürste ausgepackt. Und die Dusche war unbenutzt. Er war mit fast allen Dingen des täglichen Lebens überfordert." Drei Tage nur besuchte Robert die Schule in Mainz, dann kam er in komatösem Zustand ins Krankenhaus. Und zurück in die Nähe der "Heimeltern". Am 27. September 2004 ist er gestorben. Gefunden hat ihn der Heimleiter. Sonja H., Roberts Tante, entdeckte in seinem Nachlass Fotos aus dem Heim, auf denen sie ihr Kind erkannte. Es zerriss ihr fast das Herz. Diese Bilder - in einer Familie mag es solche Intimität geben. Für ein Heim sind etliche, auf denen die Kinder nicht bekleidet oder in zweideutigen Posen gezeigt werden, befremdend. "Wir wären nicht aus der Haft entlassen worden, hätte man so etwas bei uns gefunden", sagt Sonja H
Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse
Berliner Zeitung, 19.6.1997:
"Wir werden kämpfen" Nach Worms-Urteil: Eltern wollen ihre Kinder zurück
Bis November 1993 war Frau U.Mutter von vier Kindern.
Dann stürmten Mitarbeiter des Jugendamtes in die Wohnung und holten ihre Kinder.
Seit diesem Tag hat Frau U. sie nicht mehr gesehen.
Kurze Zeit später wurde sie als "Monster von Worms" in Untersuchungshaft genommen und unter Anklage gestellt, die Kinder heute zwischen vier und zwölf Jahren alt kamen in das "Spatzennest", ein Heimprojekt in Kirchheimbolanden.
Frau U. ist am Dienstag wie alle anderen zehn Angeklagten im Mainzer "Kinderschänder-Prozeß" vom Vorwurf des sexuellen Mißbrauchs ihrer eigenen Kinder freigesprochen worden.
Doch die Familie bleibt zerrissen."Wir werden um die Kinder kämpfen", sagt Gabriele Haas (Ludwigshafen), Strafverteidigerin von Frau U.Sie hat sich auf lange Auseinandersetzungen eingestellt mit offenen Ausgang.
Sicher ist bisher nur, daß das Jugendamt die Zusammenführung der Familie verweigern wird.
Rechtsanwältin Haas ist aus den drei Mainzer Mißbrauchs-Verfahren nur ein Fall bekannt, in dem zwei Kinder den freigesprochenen Eltern zurückgegeben wurden.
In allen anderen Fällen sitzen die Eltern zu Hause und die Kinder im Heim."Das Jugendamt argumentiert, die Familien hätten sich auseinandergelebt, und die Kinder wollten ihre Eltern gar nicht wiedersehen", sagt die Verteidigerin.
Das werde nun auch Frau U. entgegengehalten.
Selbst ein neueres Foto von ihren Kindern werde ihr verweigert.
Im anstehenden Rechtsstreit vor dem Vormundschaftsgericht werden die Aussichten von Frau U. allerdings durch die Herkunft und durch die jetzige Betreuung ihrer Kinder nicht gerade verbessert: Die vier stammen aus drei Ehen, und im "Spatzennest" werden sie von zwei Betreuern rund um die Uhr versorgt.
Mehr als die Freiheit hat Frau U. aus dem Urteil vom Dienstag bisher nicht gewonnen.
Abzuwarten bleibt, was aus der Hoffnung des Gerichts wird, künftig mit dem Verdacht auf Kindesmißbrauch sorgfältiger umzugehen: "Ich habe nach dem Urteil einen Kinderschützer sagen hören", berichtet Anwältin Haas, "seine Aufgabe sei nicht die Ermittlung von Mißbrauch, sondern der Schutz der Kinder.
Der war vernünftig. Hoffentlich haben ihn viele gehört."
Christan Bomarius
Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse
Berliner Zeitung vom 25.6.1997
Zurück in Pfeddersheim
Angeklagte aus einem pfälzischen Dorf wurden vom Verdacht des Kindesmißbrauchs freigesprochen ihre Söhne und Töchter leben weiter im Heim
Von Mechhild Heneke
Petra Berger* steht vor dem Kinderheim "Spatzennest" und weint. Eine Fernsehreporterin hat sie hierher gefahren. Jetzt darf, ja sogar soll die 32jährige vor der Kamera weinen, denn sie ist nicht mehr "das Monster", als das Boulevard-Medien sie jahrelang bezeichneten. In der vergangenen Woche sprach der Mainzer Richter Hans Lorenz sie und ihren Mann Thomas von dem Vorwurf frei, ihre vier Kinder mißbraucht zu haben.
In dem Heim im pfälzischen Dorf Ramsen bei Ludwigshafen wohnen die vier Kinder der gedrungenen, rundlichen Frau. Doch sie darf nicht mal klingeln, um Mike, Lena, Marie und Jennifer zu sprechen. Das Wormser Jugendamt verbietet es: "zum Schutz der Kinder", wie es in der Begründung heißt. Auch kein Foto bekam sie von ihnen.
Nur ein einziges Mal hat Petra Berger die vier seit November 1993 gesehen: auf einem Fernsehschirm, als die Befragung der Kinder per Videotechnik in den Gerichtssaal übertragen wurde, wo sie als Angeklagte saß."Ach, die Lena hat die Haare kurz, dabei liebte sie doch ihre langen Haare so sehr", hat Frau Berger leise gesagt, und plötzlich wurde ihr klar, wieviel Zeit vergangen ist. So viel Zeit, daß sie nichts mehr von ihren vier Kindern weiß.
Freie Bürger
Der Ausflug zum "Spatzennest" hat die Frau erschöpft. Am Abend sinkt sie auf dem Sofa im Wohnzimmer in sich zusammen. Hinter ihr, auf die Rückenlehne, hat sie zehn Teddys und Püppchen aufgereiht. Alles ist bereit für die Rückkehr der Kinder. Petra Berger raucht eine Zigarette nach der anderen. Gedankenverloren, unzugänglich.
"Wir freuen uns, daß wir wieder freie Bürger sind", sagt ihr Mann Thomas, "aber richtig freuen können wir uns erst, wenn die Kinder wieder da sind."
Genau 1 314 Tage haben die beiden auf den Freispruch gewartet, der ihnen jetzt so wenig bedeutet. Am 11.November 1993 wurden sie verhaftet. Es folgten mehr als zweieinhalb Jahre Untersuchungshaft und ein Jahr Warten in Freiheit. Petra und Thomas Berger haben am längsten im Gefängnis gesessen und hatten die härtesten Strafen zu befürchten von den 25 Angeklagten der drei Wormser Prozesse.
Es war im Jahr 1993, als das Tauziehen um Mike und Lena, Petra Bergers Kinder aus erster Ehe, alles ins Rollen bringt. Und sie, ihren Ex-Ehemann Horst Hoffmann und ihre Familien zu erbitterten Feinden macht. Die beiden Kinder leben zu dieser Zeit bei der Großmutter väterlicherseits. Sie kommt mit den schwierigen Enkeln nicht zurecht und wendet sich ans Jugendamt Worms, das sie an die Kinderschutz-Einrichtung "Wildwasser" verweist.
Selbstbewußte Frau
Eine Routine-Entscheidung mit Folgen. Die vierjährige Lena wird von Ute Plass betreut, einer heute 45jährigen Religionslehrerin mit einer Zusatzsausbildung in Psychologie. Ute Plass ist eine selbstbewußte Frau mit langen, pechschwarzen Haaren und einem spitzen Gesicht. Sie wohnt noch heute außerhalb von Worms, in Pfeddersheim, so wie die meisten Angeklagten und ihre Kinder.
Pfeddersheim ist ein Dorf mit Fachwerkhäuschen und engen Gassen. 8 000 Menschen leben hier, fast jeder kennt jeden. Es wird pfälzisch geschwätzt. Im Gegensatz zur Dorfbevölkerung spricht Ute Plass keinen Dialekt, sondern Hochdeutsch, am liebsten durchsetzt mit soziologischen Fachbegriffen.
Zwar arbeitet sie 1993 erst seit kurzem bei "Wildwasser". Dem Thema Mißbrauch fühlt sie sich auch rückblickend trotz allem gewachsen."Es gibt weder einen Symptom- noch einen Opferkatalog", ist einer ihrer Lieblingssätze. Zuhören, Vertrauen schenken seien entscheidend. Bei Lena entdeckt sie auf diese Weise nach ihrer Einschätzung nicht nur Spuren der Mißhandlung. Je länger sie sich mit dem Kind beschäftigt, desto sicherer ist sie sich: "Lena wird von ihrem Stiefvater mißbraucht."
Sie schickt das Mädchen zu dem Wormser Kinderarzt Stefan Veit, der ihre These bestätigt: Er findet Gewaltspuren an dem kleinen Körper.
Frau Plass bestellt dann auch Lenas Schwester Marie zu "Wildwasser" und kommt bei der Dreijährigen zum selben Ergebnis. Gleichzeitig vermutet sie Mißbrauch bei einem weiteren Kind, das sie betreut. Auch dieses stammt aus Pfeddersheim.
Zwischen den Fällen scheinen Querverbindungen aufzutauchen. Bald gehören nicht mehr nur das Ehepaar Berger und seine Verwandten zu den Verdächtigen: Frau Plass hält auch andere Familien und den leiblichen Vater von Mike und Lena, deren Onkel, Tanten, Großmutter für gemeinsame Täter bei einem großangelegten Verbrechen. Sie glaubt sich einem Pornoring auf der Spur.
Noch heute ist sie sicher, daß ihre Vermutung begründet war, obwohl in den langen Jahren der Prozesse kein einziger Beweis aufgetaucht ist. Sie sitzt in ihrem Wohnzimmer unter selbstgemalten Aquarellen, neben einem antikem Klavier, und sagt: "Es gibt sie doch, diese Pornoringe. Da frage ich mich: Wo sind sie, die Opfer? Wo sind die Täter?"
In diesem Jahr 1993 decken Zeitungen und Fernsehen immer neue Fälle, Einzeltäter und kriminelle Vereinigungen auf. Erst im Juni des Jahres ist die fürchterliche Mißbrauchsserie im mittelfränkischen Flachslanden bekannt geworden, bei der zwölf Kinder von zwei Dutzend Erwachsenen vergewaltigt und gequält wurden.
Zu dieser Zeit befragt Frau Plass die Kinder aus Pfeddersheim. Sie ist längst nicht mehr unbefangen."Wer hat dir weh getan?" und "Wer war noch dabei?" werden zu Schlüsselfragen ihrer Arbeit. Sie ermittelt. Auf die unablässigen Nachforschungen antworten die Kinder mit immer neuen Namen.
Bestreitet eines den Mißbrauch, erklärt die Kinderschützerin Plass dies mit dem "hohen Geheimhaltungsdruck", unter dem das Kind stehe. Eines antwortet sieben Mal mit "Nein" auf ihre Frage. Schließlich sagt es "ja". Mit Eis und Spaghetti-Essen soll Frau Plass die Fragestunden beendet haben, berichten zwei Anwälte wenn die Kinder die "Wahrheit" gesagt haben.
Dr. Veit unterstützt die Arbeit seiner Bekannten. Als einen Arzt, der "so sensibel ist, daß er falsche Atteste schreibt", bezeichnet ihn der Rechtsanwalt Rüdiger Weidhaas. Blaue Flekken, Rötungen, kleine Risse hätten ihm als Beweise ausgereicht. Veit habe sogar den Geschlechtsbereich aller vermeintlich mißbrauchten Kinder fotografiert und die Aufnahmen dokumentiert.
Frau Plass meint derweil den Tatort entdeckt zu haben: eine Pfeddersheimer Gaststätte. Hier sollen die zerstrittenen Familien mit Verwandten und Anverwandten am Wochenende gemeinsam die schlimmsten Verbrechen begangen haben. Das gemütliche Dorf zwischen Weinstraße und Ludwigshafen scheint als Ort des Grauens entlarvt.
Vor dem Richter
Im Herbst 1993 läßt die Staatsanwaltschaft Mainz Petra und Thomas Berger festnehmen. 23 weitere Menschen folgen ihnen. 15 Kinder im Alter von sieben Monaten bis acht Jahren werden in Heimen untergebracht. Die beiden Staatsanwältinnen, die das Verfahren leiten, vertrauen Ute Plass.
Die Staatsanwaltschaft überzeugt zunächst auch das Gericht. Frau Bergers Schwester Eva berichtet, daß ihr der Ermittlungsrichter beim Haftprüfungstermin das Wort abgeschnitten habe mit der Bemerkung: "Sie brauchen gar nichts zu sagen. Es steht eh schon alles fest."Eine Frau wird für vier Monate ins Gefängnis geschickt, weil sie am Tatort hinter einer Tür gestanden und nicht eingegriffen haben soll. Beim Ortstermin stellt sich heraus: Die Tür gibt es gar nicht.
Es ist nur eine der vielen Pannen, die im Lauf der 131 Verhandlungstage öffentlich werden.
Einem Kind werden Mißhandlungen attestiert, als seine vermeintlichen Peiniger längst hinter Gittern sitzen. Eins war zum Zeitpunkt des Mißbrauchs nicht einmal geboren. Die Anklage bricht Stück für Stück zusammen. Der Prozeß, der in drei Verfahren gesplittet war, endet mit 24 Freisprüchen. Die 25.Angeklagte, die Großmutter, ist in der Untersuchungshaft gestorben.
Sie zieht weg
"Als ich nach Pfeddersheim zurückkam, hätte ich mich am liebsten eingebunkert", sagt Claudia Wortmann, auch eine Angeklagte. Während des Verfahrens wurde die Frau im Ort monatelang geschnitten. Auch nach dem Freispruch kann die 31jährige in den Blicken lesen, was die Pfälzer denken: "Irgendwas wird schon drangewesen sein."
Zweieinhalb Jahre nach ihrer Verhaftung bekam Frau Wortmann ihre Kinder wieder. Ihr Sohn hatte vor Gericht ausgesagt, das einzige Mal, daß jemand sein "Pipi" angefaßt hätte, sei im Heim gewesen. Sie ist die einzige, die ihre Kinder wiederbekommen hat. Doch der Prozeß läßt sie nicht los.
Neulich brachte der 7jährige Kevin Freunde zum Fernsehen mit nach Hause. Claudia Wortmann geriet in Panik."Ich habe alle Eltern angerufen und gefragt, ob sie einverstanden sind, daß ihre Kinder bei mir sind."Niemand holte Sohn oder Tochter umgehend wieder ab, doch nicht, weil sie nichts dagegen hatten."Die Leute waren einfach überrumpelt."Denn als Kevin in den Taekwondo-Verein wollte, protestierten die anderen Eltern. Der Junge blieb draußen. Die Wortmanns werden Pfeddersheim verlassen.
Ob die anderen Eltern ihre Söhne und Töchter wiedersehen werden, ist fraglich."Die Kinder leben mit anderen harmonisch zusammen und nehmen erfolgreich am Schulunterricht teil", lautet die offizielle Auskunft des Jugendamtes in Worms. Die Beamten wünschen sich eine "Rückführung mit Geduld und Liebe". Entscheidend sei der Wunsch der Kinder. Das Vormundschaftsgericht Worms will vor allem "zeitlichen Druck" vermeiden. Auch die geplanten Revisionsverfahren seien ein Gesichtspunkt, der bei einer Entscheidung zu berücksichtigen sei.
Die Mainzer Staatsanwaltschaft hat für ein Urteil bereits die Revisionsbegründung rausgeschickt. Bis über sie entschieden ist, kann leicht ein Jahr vergehen. Der Ausgang ist ungewiß, und wer will bis dahin eine Rückkehr der Kinder zu ihren Familien verantworten?
Ute Plass ist nach wie vor überzeugt, alles richtiggemacht zu haben."Wer etwas aufdeckt, was nicht aufgedeckt gehört, ist am Ende der Schuldige", sagt sie, und das klingt fast stolz. Sie streicht ihre Haare zurück und fügt hinzu: "Ich würde mich noch einmal ganz genauso verhalten." Mitleid mit den Freigesprochenen hat sie nicht.
Ihr Interesse war nur der Schutz der Kinder. Einige Angeklagte haben sich organisiert. Gemeinsam mit dem Verein "Skifas" (Schutz des Kindes in seiner Familie vor sexuellen Verdächtigungen) wollen sie das Sorgerecht für ihre Kinder erstreiten. Vor Gericht wird bald auch wieder der Konflikt verhandelt, der alles auslöste: der Kampf um Mike und Lena. Gefängnis, Prozesse und Urteile haben Petra Berger und ihren Ex-Mann zu noch unversöhnlicheren Feinden gemacht.
"Eure böse Mutter"
Wissen die Kinder noch, was sie wollen? Die Erzieher aus dem "Spatzennest" sollen mit ihnen vors Gefängnis nach Frankfurt gefahren sein, wo Petra Berger inhaftiert war. Dort standen sie vor dem Tor und hätten gesagt: "Da sitzt eure böse Mutter. Die kommt nie wieder raus."Um ihnen die Trennung zu erleichtern. Die Kinder, so heißt es, hätten vor kurzem erklärt, sie wollten nicht zurück zu ihren Eltern. Lieber blieben sie im Spatzennest.
* Alle Namen von ehemaligen Angeklagten und ihren Kindern wurden von der Redaktion geändert.
Nationale innerstaatliche Ebene Strafrechtliche Verfolgung der Leiterin des Jugendamtes Worms Christine Ripier-Kramer http://www.systemkritik.de/bmuhl/forschung/brd/christine_ripier_kramer.html
Über sechs Millionen Mark haben die Verfahren der Wormser Missbrauchsprozesse gekostet. Viele der Angeklagten waren knapp zwei Jahre lang in Untersuchungshaft, ihre Kinder in Heimen. Immer noch hat das Jugendamt Worms die Vormundschaft über Kinder von freigesprochen Eltern und Großeltern. Die Verfahrensweisen der involvierten deutschen Behörden in den Wormser Missbrauch-Prozessen haben zu zwei Todesfällen geführt. Die vollständige Rückführung aller betroffenen Kinder aus den Wormser Missbrauch-Prozessen in ihre Herkunftsfamilien sowie die vollständige Verantwortungsübernahme und Reparationsleistungen der involvierten deutschen Behörden in den Wormser Missbrauch-Prozessen steht immer noch aus und dies insbesondere durch das Jugendamt Worms. Siehe dazu auch die Spezialseite "Die Wormser Prozesse und das Jugendamt Worms" >>>
Das Jugendamt Worms engagiert sich vorsätzlich mit dem Werkzeug "Missbrauch mit dem Missbrauch" zur Durchsetzung ureigener ideologischer und wirtschaftlicher Interessen auf dem Gebiet des Familienrechts. Wie dokumentiert und bewiesen ignoriert das Jugendamt Worms vorsätzlich die Freisprüche der zu Unrecht angeklagten Eltern und Großeltern in den Wormser Missbrauchsprozessen. Das Jugendamt Worms verweigert vorsätzlich, Kontakt und Umgang zwischen den Eltern und den vom Jugendamt missbrauchten Kindern ordnungsgemäß wiederherzustellen sowie eine ordnungsgemäße Rückführung in die jeweiligen Ursprungsfamilien auszuführen. Das Jugendamt Worms engagiert sich in Kindesmissbrauch mittels der Unterstützung suggestiver Methoden zur Indoktrination von Kindern und der Unterstützung von sektenartigen Organisationsstrukturen, die unter dem Tarnmantel von angeblichen Pädagogik- und Psychologiekompetenzen durch die Zusammenarbeit in der Kindesunterbringung mit dem Jugendamt Worms finanzielle Vorteile erfahren. Das Jugendamt Worms engagiert sich vorsätzlich im Kinderhandel mittels der Verteilung von öffentlichen Geldern zur Unterbringung von Kindern im Heim- und Pflegesystemen, die den ideologischen Zielsetzungen entscheidungsbefugter Jugendamtsmitarbeiter entgegenkommen, obwohl dies überhaupt nicht notwendig ist und zudem den gerichtlichen Entscheidungen eindeutig entgegensteht und widerspricht. Siehe dazu auch die Spezialseite "Die Wormser Prozesse und das Jugendamt Worms" >>>
Bildquelle: Eingangsbereich des Landgerichts Mainz - Jusitz in Rheinlad-Pfalz http://www.justiz.rlp.de/
Siehe dazu auch die Spezialseite "Die Wormser Prozesse und das Jugendamt Worms" >>>
Offizielle Strafanzeige in den Akkumulationsverfahren 201 Gs 257/04 beim Amtsgericht Kassel zu Nazi-Verbrechen, Systemunrecht und Staatsverbrechen des Systemkritikers und Menschenrechtsaktivisten Bernd Michael Uhl vom 02.03.2005 nach § 158 StPO zur strafrechtlichen Verfolgung der Verantwortungsübernahme seitens der verantwortlichen sozialen Behörden für Kindesentziehung, Kindesmissbrauch und Kinderhandel sowie Veruntreuung von Steuergeldern, fokusiert auf die Person der Leiterin des Jugendamtes Worms Frau Christine Ripier-Kramer.
* AKTENZEICHEN 1612 Js 10497/05 >>> Weiterleitung der Staatsanwaltschaft Kassel an die Staatsanwaltschaft Mainz vom 17.03.2005 * AKTENZEICHEN 3413 Js 009024/05 >>> Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Mainz vom 04.04.2005 Die Staatsanwaltschaft Mainz vertritt eine besonders hervorzuhebende Meinung und Rechtsauffassung zur Begründung ihrer Verfahrenseinstellung gegen die Leitung des Jugendamtes Worms im Zusammenhang mit den Wormser Missbrauchsprozessen. Zunächst verneint die Staatsanwaltschaft Mainz die durch Gerichtsbeschluss bestätigte soziale Realität der unzulässigen und ungerechtfertigten staatlichen Kindesentziehung durch die Kindesherausnahme aus der Ursprungsfamilie sowie die fortgeführte Aufrechterhaltung der Kindesherausnahme u.a. mit Umgangsboykott, obwohl diese Art von staatlichen Maßnahmen und Eingriffen in verschiedenen deutschen politisch-administrativen Systemen nach nationaler und internationaler Rechtssprechung als Systemunrecht und Staatsverbrechen definiert und belegt sind. Siehe dazu: > Staatliche Eingriffe in das Familienleben im Dritten Reich >>> > Staatliche Eingriffe in das Familienleben in der DDR >>> > Staatliche Eingriffe in das Familienleben in der BRD >>> Obwohl die Verfahren der Wormser Missbrauchsprozesse bereits in den Jahren 1996-1998 als unrechtmäßig bewertet und verurteilt sind, versucht der Staatsanwalt Dr. Schumacher von der Staatsanwaltschaft Mainz im Frühjahr 2005 immer noch eine angebliche förmliche Rechtmäßigkeit von Verfahren der Kindesherausnahme und deren Fortbestehen vorzutäuschen. Mit äußerst bemerkenswerten Zynismus argumentiert der Staatsanwalt Dr. Schumacher von der Staatsanwaltschaft Mainz, dass es sich nur um den Straftatbestand einer Kindesentziehung handeln könne, wenn das Sorgerecht verletzt sei, was aber durch die unrechtmäßige Fortführung der Kindesherausnahme in den Wormser Missbrauchsprozessen schon aberkannt sei. Bei aberkanntem Sorgerecht aber könne keine Verletzung des Sorgerechts vorliegen und somit auch der Straftatbestand einer Kindesentziehung nicht erfüllt seien. "Eine Kindesentziehung kann in dem Verhalten der Beanzeigten schon deswegen nicht liegen, weil die Entscheidung des Jugendamtes über die Entziehung des Sorgerechts in einem förmlichen Verwaltungsverfahren getroffen wurden. Das Verhalten kann daher schon nicht tatbestandsmäßig sein kann. § 235 StGB, die Vorschrift der Entziehung Minderjähriger, schützt die sorgeberechtigten Eltern. Den betroffenen Eltern steht aber gerade ein solches Sorgerecht nicht mehr zu. (Staatsanwalt Dr. Schumacher von der Staatsanwaltschaft Mainz, 04.04.2005)" * AKTENZEICHEN 4121 E05-4-48 >>> Empfangsbestätigung vom Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz am 26.04.2005 * AKTENZEICHEN Zs 414/05 >>> Einstellungsbescheid und Zurückweisung der Dienstaufsichtsbschwerde der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz vom 31.05.2005 * AKTENZEICHEN 3133 E - 38/05 >>> Empfangsbestätigung der Dienstaufsichtsbeschwerden vom Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16.06.2005 * AKTENZEICHEN 1 Ws 433/05 >>> Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 20.06.2005 * AKTENZEICHEN 4121 E05-4-48 >>> Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz vom 30.06.2005 * AKTENZEICHEN 4121 E05-4-48 >>> Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz vom 29.07.2005 * AKTENZEICHEN 4121 E05-4-48 >>> Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz vom 08.08.2005 * AKTENZEICHEN 2 BvR 1227/05 >>> Bekanntgabe des Aktenzeichens zur Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht vom 08.08.2005 * AKTENZEICHEN 3133 E - 38/05 >>> Zurückweisung der Dienstaufsichtsbeschwerden vom Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz vom 31.08.2005
Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse
Der Wormser Missbrauchsprozesse und das Jugendamt Worms http://www.systemkritik.de/bmuhl/justizverbrechen/brd_famlienrecht/wormser_prozesse.html
Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse
Regionalnachrichten aus Ihrer Zeitung Jugendamt weist in Missbrauchsfall Vorwurf zurück
Ermittlungen gegen Kinderheimleiter in der Pfalz / Amtsgericht und Stadtverwaltung Worms: Keine eigenen Versäumnisse
Vom 29.11.2007
WORMS/KAISERSLAUTERN Die Kaiserslauterer Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts auf Kindesmissbrauch gegen Stefan S., den Leiter des Kinderheims "Spatzennest" im pfälzischen Ramsen. Der Fall zieht Kreise.
Von
Reinhard Breidenbach
Weil im mittlerweile geschlossenen "Spatzennest" auch Kinder untergebracht waren, die während der so genannten Worms-Prozesse 1994 - 97 ihren Eltern weggenommen wurden, stehen auch das Wormser Jugendamt und das Amtsgericht in seiner Funktion als Familiengericht im Blickpunkt von Kritik. In den Worms-Prozessen waren 24 Erwachsene wegen Kindesmissbrauchs angeklagt, letztlich aber freigesprochen worden. Amtsgericht und Jugendamt Worms verwahren sich nun gegen zwei Vorwürfe: Sie hätten bei der Unterbringung der Kinder im Heim des S. fahrlässig gehandelt; zudem hätten sie pflichtwidrig verhindert, dass die Kinder nach den Freisprüchen zu ihren Eltern zurückkehren konnten.
Der Koblenzer Anwalt Franz Obst, Verteidiger in den Worms-Prozessen, wirft dem Amtsgericht "Hinhaltetaktik und Nachlässigkeit", dem Jugendamt "grobe Pflichtverletzung" vor.
"Wir haben uns nichts vorzuwerfen", erklärte gestern der Direktor des Wormser Amtsgerichts, Jean Frank, auf Anfrage dieser Zeitung. Ehe vor einigen Wochen die Vorwürfe gegen Stefan S. durch eine anonyme Anzeige publik wurden, habe es "keinerlei Hinweise gegeben, dass in der Beziehung zwischen S. und den Kindern etwas nicht stimmen könnte", so Frank. Der Amtsgerichtsdirektor warnt in diesem Zusammenhang auch vor einer Vorverurteilung des S.
Völlig falsch sei auch der Vorwurf, das Familiengericht habe Kinder freigesprochenen Eltern vorenthalten wollen: "Wenn das so wäre, dann wären wir ja blind und taub, das Gegenteil ist richtig", so Frank. "Das Gericht hat immer wieder versucht, Kinder und Eltern einander näher zu bringen - mit dem Ziel, die Kinder zurück zu den Eltern zu geben." Gescheitert sei dies daran, dass jedenfalls die Kinder, die letztlich im Heim blieben, nicht zurück zu den Eltern wollten. "Es gab im Lauf der Jahre mehrere psychologische Gutachten", so Frank. "Ein Gutachter erklärte, eine Herausnahme der Kinder aus dem `Spatzennest` sei nicht zu verantworten. Ein anderer Experte war erschüttert, dass einzelne Kinder ihre Eltern beschimpften und zurückwiesen; er vermutete, dass dies auf den Einfluss des S. zurückgehen könnte." Frank räumt ein, dass - sollte S. des Kindesmissbrauchs überführt werden - ein "verheerendes Bild" entstünde: der Heimleiter entfremdet seine Schutzbefohlenen den Eltern, um die Kinder in seiner Obhut zu behalten...Dennoch: "Versäumnisse auf unserer Seite kann ich bei aller Bereitschaft zur Selbstkritik nicht erkennen", so Frank.
Ähnlich argumentiert der Wormser Sozialdezernent, Bürgermeister Georg Büttler. Es habe in den vergangenen Jahren "keine Hinweise gegeben, dass im `Spatzennest` etwas schiefläuft; im Gegenteil: auch mein persönlicher Eindruck war, dass den Kindern dort ein angemessenes Umfeld geschaffen wurde." Diese Einschätzung teilt auch das aufsichtsführende Landesjugendamt.
Dem Vorwurf, die Behörde habe pflichtwidrig Kinder ihren in den Worms-Prozessen freigesprochenen Eltern vorenthalten, widerspricht auch Georg Büttler massiv: "Es war immer unser Ziel, Eltern und Kinder zusammenzubringen, wir wollten Brücken bauen. Aber es gab offensichtlich eine tiefe Entfremdung zwischen Eltern und Kindern." Soweit Kinder im "Spatzennest" blieben, sei dies auf deren eigenen massiven Wunsch gesehen. Ein Kind, so der Wormser Sozialdezernent, habe sogar mit Selbstmord gedroht, wenn es nicht im "Spatzennest" bleiben könne. http://www.wormser-zeitung.de/rhein-main/objekt.php3?artikel_id=3068981
Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse
Regionalnachrichten aus Ihrer Tageszeitung Pädagoge unter Missbrauchsverdacht
Ermittlungen gegen Zeugen der Worms-Prozesse
Vom 28.11.2007
Von
Reinhard Breidenbach
KAISERSLAUTERN/WORMS Der Leiter des Kinderheims "Spatzennest" im pfälzischen Ramsen wird voraussichtlich noch in diesem Jahr vor dem Kaiserslauterer Landgericht wegen sexuellen Kindesmissbrauchs angeklagt. Das erklärte die Staatsanwaltschaft gestern auf Anfrage dieser Zeitung.
Der 40-jährige Sozialpädagoge Stefan S. hatte als Zeuge in den so genannten Worms-Prozessen 1994-1997 eine wichtige Rolle gespielt. In drei Verfahren vor dem Mainzer Landgericht waren damals 25 Erwachsene des Kindesmissbrauchs in mehr als einhundert Fällen angeklagt; alle wurden letztlich freigesprochen. Mehrere Kinder, nach Überzeugung der Mainzer Staatsanwaltschaft Opfer von Misshandlungen, waren 1993 im "Spatzennest" in die Obhut von S. gegeben worden. Auch nach den Freisprüchen verblieben sechs Kinder aufgrund von Entscheidungen des Wormser Jugendamts und des Amtsgerichts Worms in dem Heim.
Die Kaiserslauterer Anklagebehörde wollte gestern nicht zu der Frage Stellung nehmen, ob S. verdächtigt wird, auch Kinder aus den Worms-Prozessen missbraucht zu haben. Es gehe um "umfangreiche und sehr sensible Ermittlungen, an denen seit einigen Wochen mit Hochdruck gearbeitet wird", so Oberstaatsanwalt Paul Scheidner. Wichtige Vernehmungen stünden noch aus. S. sei nicht in Untersuchungshaft. "Wir hoffen, dass wir noch in diesem Jahr eine Anklage gegen S. beim Landgericht Kaiserslautern einreichen können", so Scheidner.
S.´ Verteidiger, der Kaiserslauterer Rechtsanwalt Helmut Schneider, erklärte nach Medienberichten, er gehe - wie sein Mandant - davon aus, dass sich die Vorwürfe als haltlos erweisen.
Der Träger des "Spatzennests", die "Jugendhilfe-Einrichtungen Südwest", hatte S. nach Bekanntwerden der Vorwürfe, die sich auf eine anonyme Anzeige stützen, gekündigt und die neun in der Einrichtung betreuten Kinder anderweitig untergebracht.
Wie die Stadtverwaltung Worms auf Anfrage erklärte, waren fünf vom Wormser Jugendamt betreute Kinder von der Herausnahme betroffen, allerdings seien dies keine Kinder, die in den Worms-Prozessen eine Rolle spielten. Weitere Angaben seien derzeit mit Blick auf das Kaiserslauterer Ermittlungsverfahren nicht möglich.
Nach Medienberichten hatten Eltern, die in den Worms-Prozessen freigesprochen wurden, mehrfach versucht, ihre im "Spatzennest" untergebrachten Kinder wieder zu sich nach Hause zu holen, waren damit aber gescheitert, weil sich Jugendamt und Amtsgericht diesem Ansinnen entgegenstellten. http://www.wiesbadener-tagblatt.de/rhein-main/objekt.php3?artikel_id=3066484
Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse
Die Wormser Prozesse: Der leichtsinnige Umgang mit dem Kindesmißbrauch
Sendung vom 10. Juli 1997, Autor: Reinhard Borgmann
Druckversion Kinderschänderprozeß in Worms. Vorschnelle Anschuldigungen und das Schicksal der Betroffenen. Können Sie sich erinnern: 1994? Deutschland war empört: Massenmißbrauch von Kindern in Worms! Als Täter an den Pranger gestellt: Mütter, Väter, eine Großmutter, insgesamt 25 Personen, in Worms schien ein Mißbrauchsnest ausgehoben zu sein. Die Beschuldigten kamen ins Gefängnis, drei Strafprozesse gingen über die Bühne. Der letzte am 18. Juni dieses Jahres. Urteil: Freispruch wegen erwiesener Unschuld. Das Urteil wurde eher beiläufig zur Kenntnis genommen. Kontraste rückt heute den angeblichen Massenmißbrauch von Kindern noch einmal in den Mittelpunkt, weil er einen fatalen Hintergrund hat, den Reinhard Borgmann ausleuchtet.
Marco Müller, 4 Jahre alt, 21 Monate zwangsweise im Heim. Kevin Müller, 8 Jahre alt, ebenfalls zwangsweise im Heim. Der Vater: Holger Müller, 31 Jahre alt, 21 Monate in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Kindesmißbrauch. Die Mutter: Nicole Müller, 31 Jahre alt, 4 Monate in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Beihilfe zum Kindesmißbrauch. Heute lebt die Familie wieder zusammen, doch der Alptraum der Verhaftung ist noch lebendig:
Nicole Müller: "Der Kleine hat geschrien, er hat sich an meinem Hals festgeklammert. Die konnten den nicht allein zum Auto heruntertragen, ich mußte ihn also runterbringen. Die Kinder waren total durch den Wind. Es waren sehr viele Leute da. Es war sehr viel Aufregung da. Ich war aufgeregt, ich hab geheult."
Dieser Richter hat Familie Müller wegen erwiesener Unschuld freigesprochen. Beim spektakulären Wormser Kinderschänderschänder-Prozeß wurden insgesamt 25 Beschuldigte verdächtigt, 16 eigene und fremde Kinder jahrelang sexuell mißbraucht zu haben. Alle Angeklagten kamen frei. Richter Lorenz war eindeutig: Den Massenmißbrauch habe es nie gegeben, allenfalls unbestätigte Hinweise auf Einzelfälle. Lorenz entschuldigte sich sogar bei den Angeklagten.
Hart ins Gericht ging er dagegen mit dem Kinderschutzdienst Wildwasser in Worms, der das Verfahren 1993 aufgebracht hatte. Im Fadenkreuz seiner Kritik steht die damalige Mitarbeiterin Ute Plass. Richter Lorenz wirft ihr vor, Aussagen und Verhaltensweisen der Kinder vorn vornherein als Zeichen für sexuellen Mißbrauch interpretiert zu haben.
Daß sie dafür mitverantwortlich sei, daß Menschen unschuldig ins Gefängnis kamen, irritiert Ute Plass nicht. Auch nicht, daß sie wegen der öffentlichen Kritik 1994 Wildwasser verlassen mußte. Sie meint, den Kindern geholfen zu haben:
Ute Plass: "In Bezug darauf, daß diese Kinder schutzbedürftig waren, und sehr hoch schutzbedürftig kann ich nicht sagen, daß das Fehler waren diesem Schutzbedürfnis entsprochen zu haben. Diese Kinder brauchten Schutz, diese Kinder hatten Not, darauf habe ich reagiert."
Ute Plass konfrontierte die Kinder mit sogenannten anatomisch korrekten Puppen. Sie sollten damit ermutigt werden, den von ihr unterstellten Mißbrauch auszudrücken.
Ute Plass (1994) "Ich habe sehr oft erfahren, daß besonders Kleinkinder ja nicht erzählen können, was zum Beispiel ein oraler Mißbrauch ist, sondern die Kinder nehmen sich die Puppen und irgendwann im Spiel, ja zum Beispiel bei dieser männlichen Puppe, da wird der männlich Penis in den Mund einer Kinderpuppe eingeführt und das passiert oft sehr kommentarlos. Und es dauert oft auch noch 'ne Weile, bis Kinder auch dann das benennen können. Und ich denk' das ist 'ne wichtige Aufgabe, die wir auch haben, daß wir den Kindern dabei helfen, eine Sprache dafür zu finden, was ihnen da passiert ist."
Aus dem Tagebuch von Ute Plass: "10.5.93 Erster Kontakt Jenny. Spiel mit den anatomischen Puppen: ... hat großes Interesse, allen Puppen die Zungen herauszunehmen." Harmlos. Damit gibt sich Frau Plass nicht zufrieden. "1.6.93 5. Stunde: Jenny zeigt heute sehr deutlich anhand der Puppen, wie Jürgen seinen Schniedel in ihren Po gesteckt hat. Die Mutter hat sie dabei festgehalten. ... "
Die Folge: Am 11.11.93 werden Jürgen, der Stiefvater von Jenny und seine Frau festgenommen, völlig zu Unrecht, so später das Gericht. Im Prozeß spielten die Aussagen der Kinder, die mit Hilfe von anatomisch korrekten Puppen gewonnen wurden, eine große Rolle. Der vom Gericht bestellte Gutachter Professor Max Steller sieht in einseitigen Interpretationen dieser Puppenspiele eine große Gefahr:
Professor Max Steller, Gerichtsgutachter: "Ich weiß gar nicht, wie Menschen auf die Idee kommen können, im Spiel immer Tatsächliches, tatsächlich erlebtes interpretieren, sehen zu wollen. Das ist ein Menschenbild von einem Kind, also ob ein Kind eben im Spiel nicht etwas kreatives vornimmt."
Daß kleine Kinder sehr kreativ sein können, zeigt das Beispiel der 5 jährigen Lea, eine Haupbelastungszeugin im Wormser Prozeß. Frau Plass erfindet für sie und die anderen angeblich mißbrauchten Kinder die Geschichte "Königskind und Feuerspuck". In dem Märchen ist das Königskind mit einem Drachen befreundet und darf mit ihm durch die Lüfte fliegen.
Zitat: "Plötzlich spürte es Feuerspucks Zunge an seinem Hals. Als die warm, glitschige, rote Zunge über sein ganzes Gesicht rollte, rief es jedoch: Nein ich will nicht."
Der Drache als Täter. Für Frau Plass ist das Märchen ein Gleichnis für sexuellen Mißbrauch.
Ute Plass "Das Kind kann sehr wohl, daß was an Märcheninhalten da ist, auch ein Stück in seine Realität transportieren. Wir wissen, wie wichtig Märchen für Kinder sind, daß sie ihnen eine Hilfestellung geben, ihr Erlebtes zu verarbeiten und auszudrücken."
Das Märchen hat fatale Folgen: Lea gibt Monate später einem Drachen den Namen ihres Onkels.
Tagebuchauszug: "18.9.93 Anruf Frau K. Berichtet mir, daß Lea den Bruder der Heike [gemeint ist der Onkel Holger Müller] als Drachen Feuerspuck gemalt hat."
Frau Plass meint daraufhin, daß Holger Müller Lea sexuell mißbraucht habe. Er wird am 13.12.93 zusammen mit seiner Frau Nicole verhaftet, die Kinder kommen ins Heim.
Thomas K. Scherer, Fachanwalt für Strafrecht "Zu dem Zeitpunkt, als der Kindesmißbrauch stattgefunden haben soll, war mein Mandant verletzungsbedingt an den Rollstuhl gefesselt über eine gewisse Periode. Anschließend mußte er sich ja auf Krücken bewegen, aber nie hat ein Kind, was ihn belastet hat, auch nur im Entferntesten davon gesprochen, daß da mal ein Mann gewesen wäre, der im Rollstuhl gesessen hätte oder der sich auf Krücken bewegt hat."
Die Strategie von Frau Plass und das Verhalten von Wildwasser Worms lösen beim Mainzer Kinderschutzzentrum helle Empörung aus. Hier befürchtet man, daß dadurch die Hilfe von Kinderschutzzentren insgesamt in Mißkredit gerät:
Wolf Sartorius, Kinderschutzzentrum Mainz: "Sie können nicht den Menschen helfen wenn sich die Menschen vor ihnen fürchten müssen. Von daher ist genau das Gegenteil passiert, was Aufgabe von Kinderschutz ist. Nämlich frühzeitig Hilfen anzubieten. Und das ist besonders gravierend für die Kinder, die tatsächlich Probleme haben mit Kindesvernachlässigung, mit körperlicher Gewalt, mit sexueller Gewalt."
Aus dieser Kritik zieht Wildwasser in Worms bis heute keine Konsequenzen. Die Gruppe hat sich zwar von Ute Plass getrennt, das Konzept jedoch bleibt. Der geistige Vater dieser Methoden: Professor Tilman Fürniss von der Universität Münster. Ein Interview mit Kontraste lehnte er ab.
Fortbildungsveranstaltung mit Professor Fürniss. Er legt Erziehern und Pädagogen seine Lehre der Aufdeckung sexuellen Mißbrauches nahe. Ute Plass war seine Schülerin. In Worms setzte sie seine Theorie in die Praxis um. Kernstück der "Aufdeckungstheorie" von Professor Fürniss ist die These, daß in Deutschland immer mehr organisierte Sexringe massenhaften Kindesmißbrauch begehen. Da die Kinder mit Drohungen zur Geheimhaltung verpflichtet werden, käme es darauf an, sie zum Sprechen zu bringen und den Mißbrauch aufzudecken.
Zitat: "Aufdeckungsarbeit richtet sich auf die Feststellung äußerer Fakten. Sie ist Detektiv oder Polizeiarbeit." (Fürniss, aus: Tilman Fürniss, "Kinder und Familien im trauma-organisierten System von Sexringen", Familiendynamik, 18, 1993, S.266)
Ute Plass hat diese Detektivarbeit auf ihre Art umgesetzt. Obwohl sie in einem Fall bereits Verdacht auf sexuellen Mißbrauch hat, täuscht sie der angeblichen Täterin Hilfsbereitschaft vor.
Tagebuchauszug: "13.9.93 Hausbesuch. Frau U. empfängt mich freundlich. Biete mich im Verlauf des Gespräches als Vertrauens-person an, die mit ihr zusammen den Schutz und das Wohlergehen ihrer Kinder im Blick hat."
Auch Frau U. landet später unschuldig im Gefängnis. Die von Fürniss inspirierte "Aufdeckerin" war also Hilfspolizistin. Sie arbeitete mit suggestiven Techniken. Ein Beispiel: Die Geschichte vom anderen Kind:
Max Steller, Gerichtsgutachter: "Da werden den Kindern also in immer wiederholenden Sitzungen Vorgaben gemacht, was andere Kinder erlebt haben. Und nun müssen sie sich vorstellen, nun wird mit dem Kind über diese Geschichte eines anderen Kindes gesprochen, oft dann, und so wird es auch in der Literatur empfohlen, in fiktiver Weise: Was könnte passiert sein. Dann wird übergegangen: Was könnte Dir passiert sein."
Ein Beipiel: Tagebuchauszug: "1.6.93 5. Stunde. Erzähle Lea von einem Kind aus dem Kinderschutzdienst, das mir wieder erzählt hat, daß ein Mann von ihr verlangt hat, daß sie ihn an seinem Penis anfassen soll."
8 Tage später beschuldigt Lea ihren Opa der gleichen Tat.
Zu Fürniss Aufdeckungsmethode gehört auch wiederholtes Befragen der Kleinkinder. Fürniss will das " 'Nein' nicht als letzte Antwort nehmen". (Tilman Fürniss: "Verleugnungsarbeit"; In: Ramin, G., Inzest und sexueller Mißbrauch. Beratung und Therapie. Ein Handbuch. Innovative Psychotherapie und Humanwissenschaften, Junfermann Verlag Paderborn, 1993, S. 70)
Max Steller, Gerichtsgutachter "Da muß man immer wieder klar machen: Wir reden nicht über eine einmalige Aufdeckungsstunde, wir reden nicht über ein einmaliges Gespräch, sondern wir reden jetzt über 60, 90 Kontakte mit dem Kind. Und ich denke, das ist auch etwas, was in den Medien bisher aus dem Mainzer Verfahren noch nicht richtig transportiert worden ist. Diese Kinder haben lange nein oder etwas anderes gesagt. Es ist nicht so, daß diese Kinder eine Beschreibung sexuellen Mißbrauchs von sich aus gegeben hätten."
Für die von der Aufdeckungsarbeit betroffenen Kinder bleiben nach der Rückkehr aus dem Heim schwere Verlustängste.
Nicole Müller "Es ging also soweit, daß ich nicht einmal zum Mülleimer gehen konnte, zur Mülltonne raus, ohne daß der Kevin irgendwie an mir hinten drangehangen hat. Er hat also immer Angst und hat es auch immer wieder gesagt: Mamma, wenn Du weggehst, vielleicht kommst Du nimmer."
Professor Max Steller, Gerichtsgutachter "Alles das, was im Augenblick unter dem Firmenschild 'Aufdeckungsarbeit' segelt, gehört abgeschafft. 'Aufdeckung' gehört abgeschafft. Es geht um Aufklärung der Probleme und Schwierigkeiten von Kindern. Und die können durch sexuellen Mißbrauch bedingt sein, können aber auch durch vielerlei andere Faktoren bedingt sein. Wir müssen weg von diesen spezialisierten Beratungs-stellen, die nur eine Perspektive haben. Wir brauchen kompetente Berater, die ein bestimmtes Störungsbild bei einem Kind auch auf verschiedene Ursachen zurückführen können und sollten dabei nicht vergessen, daß eine der Verursachungskomponenten sexueller Mißbrauch sein kann."
Manchmal hat man den Eindruck, daß bei uns Kindesmißbrauch am Fließband stattfindet. Die Statistik spricht dagegen. 1996 ist ein Rückgang zu verzeichnen. 19 erfaßte Fälle auf hunderttausend Einwohner, das ist weiterhin viel zu viel, aber das Wormser Beispiel offenbart, welche Folgen Hysterie haben kann: Noch immer sind 14 von 18 Kindern bei Pflegeeltern oder in Heimen untergebracht, weil nun erst einmal die Familiengerichte zu entscheiden haben. Und das kann dauern. http://www.rbb-online.de/_/kontraste/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_1354693.html
Wegen eines erfundenen Missbrauchs mussten zwei Männer ins Gefängnis. Die Justizirrtümer enthüllen die Ideologie eines fehlgelaufenen Feminismus.
Die Tragödie um Amelie (siehe Die Geschichte eines Irrtums) hat viele Ursachen, und sie besteht auch darin, dass das Mädchen von einem kranken System ins nächste wechselt. Misshandelt und isoliert in der Familie, flüchtet sie sich in den professionell wirkenden Schutz der Psychiatrie. Doch wo man ihr Hilfe verheißt, ist keine zu erwarten. Stattdessen führen die vermeintlichen Retter Amelie noch weiter in die Irre. So wird das Schicksal dieses Mädchens zum Spiegel der dunklen Seite des Feminismus.
Die wahnhafte Fixierung auf den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen erfasste in den neunziger Jahren die gesamte Gesellschaft, hielt Einzug in Familien, spielte bei Scheidungsverfahren eine immer größere Rolle und fand ihren Weg zu Kinderärzten, in Schulen, in die Jugendämter, in die psychiatrischen Stationen, die Untersuchungszimmer der Gerichtspsychologen und die Büros sonst so sachlicher Staatsanwälte und Richter. Was als erhöhte Aufmerksamkeit grundsätzlich umsichtig handelnder Ärzte und Behörden begrüßenswert gewesen wäre, wuchs sich rasch zu einer irrealen Konfusion aus, die auch jene Instanzen erfasste, deren vernunftgesteuertes Verhalten die Rechtssicherheit garantiert. Deshalb geht die Bedeutung des Falles Amelie weit hinaus über die tragische Biografie eines einzelnen Mädchens und seiner beiden Opfer.
Vermeintlich geschädigte Kinder wurden von ihren Eltern getrennt
Die Gepflogenheit, überall Kindesmissbrauch zu wittern, ihn mit großer Entschlossenheit aufzudecken und das Aufgedeckte strafrechtlich zu verfolgen, war in den achtziger Jahren in den Vereinigten Staaten zu einer regelrechten Zwangsvorstellung geworden und bald nach Europa herübergeschwappt. In Großbritannien kam es 1987 unter anderem zum so genannten Cleveland-Fall, bei dem eine Kinderärztin durch Analuntersuchungen bei Kindern binnen kürzester Zeit 121 vermeintliche Missbrauchsfälle aufdeckte. Die »Geschädigten« wurden ihren Eltern weggenommen, bis sich die kollektive Hysterie schließlich in Luft auflöste.
Auch in Deutschland wurde der Kreuzzug gegen den Missbrauch geführt. Wer beruflich mit Kindern zu tun hatte, lebte gefährlich. Er stand im permanenten Verdacht, sich an ihnen zu vergreifen. Wehren konnte sich keiner, denn kognitive Argumente erreichten die Verfolger bald nicht mehr. Der Cocktail aus sexuellen Details und kindlicher Hilflosigkeit tat seine unwiderstehliche Wirkung und berauschte selbst die Ermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Bald fanden an deutschen Gerichten unter großer öffentlicher Anteilnahme Mammutprozesse statt, in denen Kindergärtner oder ganze Familien angeklagt waren, kleine Kinder auf haarsträubende Weise missbraucht zu haben.
Vor dem Mainzer Landgericht kam es in den Jahren 1994 bis 1997 zu drei großen Strafprozessen, die schwersten Kindesmissbrauch (einschließlich sadistischer Handlungen) zum Inhalt hatten. Die so genannten Wormser Prozesse endeten mit den Freisprüchen aller 24 Angeklagten, eine weitere Angeklagte war in der Untersuchungshaft gestorben. Doch alle drei Gerichte stellten übereinstimmend fest, dass zahlreiche Kinder, die belastende Angaben gemacht hatten, im Vorfeld durch »aufdeckende« Erwachsene inquisitorisch befragt, unter Druck gesetzt, manipuliert und beeinflusst worden waren. Bis zu dreißigmal hatte man die kleinen Zeugen vernommen und in ihren Aussagen herumgebohrt, angeblich um ihnen zu helfen, endlich über ihr Trauma zu sprechen.
Viereinhalb Jahre saß Bernhard M. als vermeintlicher Vergewaltiger im Gefängnis. ZEIT-Recherchen enthüllten einen Justizirrtum » DIE ZEIT / o Missbrauch -
Verdacht auf Missbrauch - Jugendamt zerstört Familien Das Jugendheim "Spatzennest"
Im Jahr 1993 wird Worms zum Schauplatz der "größten Missbrauchsprozesse der deutschen Rechtsgeschichte": 25 Eltern sollten ihre Kinder sexuell missbraucht haben. Das Urteil: Alle Angeklagten werden freigesprochen. Nach und nach kommen die Kinder wieder zu ihren Familien. Nur nicht die sechs Kinder aus dem Kinderheim "Spatzennest". Jahrelang versuchen die Eltern Kontakt zu ihren Kindern zu bekommen. Und nun wird gegen den Leiter des Heimes wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch ermittelt. Der Alptraum der Eltern geht weiter. [mehr]
http://daserste.ndr.de/panorama/
Verdacht auf Missbrauch - Jugendamt zerstört Familien Sendung vom 06.12.2007 22:15 Uhr Das Jugendheim "Spatzennest"
Grossformatiges Bild
Im Jahr 1993 wird Worms zum Schauplatz der "größten Missbrauchsprozesse der deutschen Rechtsgeschichte": 25 Eltern sollten ihre eigenen und fremde Kinder sexuell missbraucht haben. Die Kinder kommen ins Heim. Drei Jahre dauern die Ermittlungen und die Gerichtsverhandlung. Dann das Urteil: Alle Eltern werden freigesprochen. Nach und nach kommen die Kinder wieder zu ihren Familien. Nur nicht die sechs Kinder aus dem Kinderheim "Spatzennest" in Ramsen. Für diese Einrichtung ist das Jugendamt Worms zuständig.
Jahrelang versuchen die verzweifelten Eltern Kontakt zu ihren Kindern zu bekommen. Der Heimleiter und das Jugendamt verhindern das. Kein Treffen, kein Wiedersehen, keine Briefe - seit 14 Jahren nicht. Ein Kontakt, so das Jugendamt Worms, diene nicht dem "Wohle der Kinder". Jetzt wird gegen den Leiter des Heimes wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch ermittelt. Der Alptraum der Eltern geht weiter.
Freitag, 08. Februar 2008, 10:54 Uhr Missbrauch: Erzieher festgenommen
Wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern ist gegen den Leiter einer Jugendhilfeeinrichtung in Rheinland-Pfalz Haftbefehl erlassen worden. Der 40-jährige Erzieher soll sich im vergangenen Jahr während einer Ferienfreizeit in Österreich an sieben Mädchen im Alter von sechs bis zwölf Jahren vergangen haben, wie die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern mitteilte. Der Haftbefehl wurde demnach wegen Flucht- und Wiederholungsgefahr erlassen. Der Beschuldigte soll während der Ferienfreizeit die nackten Mädchen vollständig eingeseift, gewaschen oder eingecremt haben. Mehrfach soll er die Mädchen gegen ihren Willen auch im Genitalbereich gewaschen oder eingecremt haben. Ihm wird zudem zur Last gelegt, gegen den Widerspruch von zwei Mädchen im Alter von zehn und zwölf Jahren rektale Fiebermessungen vorgenommen zu haben. http://www.bild.de/BILD/news/telegramm/news-ticker,rendertext=3715818.html?o=RSS