Baby im Rinnstein unter Auto abgelegt
Baby im Rinnstein unter Auto abgelegt: Mutter muss sich wegen Tötung ihres Sohnes verantworten
Berlin (ddp-bln). Für Bärbel B. war es ein «traumatisches Ereignis». Bis heute kann die 51-Jährige den Augenblick nicht vergessen, als sie das unter einem Auto liegende schwer verletzte Baby fand. Am 16. November vergangenen Jahres war die Frau auf dem Weg zum Berliner S-Bahnhof Schöneweide, als sie in der Brückenstrasse ein Wimmern hörte. Unter einem geparkten Wagen sah sie «zwei Füßchen, die sich leicht bewegten», wie sie am Freitag vor dem Berliner Landgericht zum Prozessauftakt gegen die 23-jährige Mutter des später verstorbenen Jungen aussagte. Der Rest des kleinen Körpers habe regelrecht «festgekeilt» unter dem rechten Vorderrad des Autos gelegen.
Während die Zuschauer im Gerichtssaal bei der Schilderung der Zeugin sichtlich betroffen wirkten, zeigte die Angeklagte Sabrina R. kaum eine Regung. Von ihrem blassen Gesicht ließ sich keine Spur von Anteilnahme oder Trauer ablesen. Das Baby war fünf Tage nach dem Auffinden an den Folgen massiver Verletzungen im Kopf- und Brustbereich gestorben.
Die 23-Jährige ist wegen Misshandlung und Tötung ihres fünf Monate alten Babys angeklagt. Sie soll ihren Sohn «unter billigender Inkaufnahme seines Todes» durch massive Schläge lebensgefährlich verletzt und dann unter dem Auto vor ihrem Wohnhaus in Niederschöneweide ausgesetzt haben. Das nur mit einem Strampler und einer Socke «viel zu dünn» bekleidete Kind sei äußerst schwer aus der verkeilten Lage zu befreien gewesen, erinnerte sich die Zeugin vor Gericht.
Angeklagte schweigt
Die Angeklagte, die von zwei Anwälten vertreten wird, wollte zu Prozessbeginn keine Angaben zum Tatvorwurf machen. Die Verteidigung kündigte an, dass sich die junge Mutter im Laufe des Verfahrens
äußern werde. Zunächst sollten «wichtige Zeugen aus dem Umfeld der Mandantin» gehört werden, darunter auch der Kindsvater.
Anwältin Constanze-Luise Lehmann sprach am Rande der Verhandlung von einem «reinen Indizienprozess». Das Einzige, was die Angeklagte nicht mehr bestreite, sei die Mutterschaft für den toten Jungen, betonte sie. Gegenüber der Polizei hatte Sabrina R. alle Vorwürfe zurückgewiesen. Auch verneinte sie, überhaupt ein Kind zur Welt gebracht zu haben.
Nach Angaben von Anwalt Mirko Röder gibt es «Anhaltspunkte», dass ein anderer Täter als die Angeklagte in Betracht komme. Der Verteidiger berichtete von einer Zeugin, die zur fraglichen Zeit und in unmittelbarer Nähe des Fundortes einen Mann gesehen haben will.
Am ersten Verhandlungstag wurde auch die Mutter von Sabrina R. gehört. Ihren Angaben nach hatte die Tochter nach der Trennung vom Kindsvater im September 2006 kurzzeitig wieder bei den Eltern gewohnt. Im Oktober zog sie dann in ihre eigene Wohnung um. Die neue Adresse habe sie ganz bewusst vor dem Ex-Freund geheim gehalten, weil sie Angst vor ihm gehabt habe, sagte die Frau.
Nach Aussage eines anderen Zeugen war die Angeklagte von ihrem früheren Partner auch geschlagen worden. Der Mann soll am 14. September als Zeuge gehört werden. Zur Begutachtung der 23-Jährigen nehmen am Verfahren auch zwei Sachverständige teil. Der Prozess wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt.
28.07.2007 Sab
http://www.e110.de/artikel/detail.cfm?pageid=65&id=83005