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Proteste gegen Sozialabbau in Dresden

Proteste gegen Sozialabbau in Dresden

"Singende bunte Kette - Demo rund ums Rathaus" - Pressebericht in der
"Sächsischen Zeitung", Ausgabe Dresden vom 19. März 2004

Sächsische Zeitung, Ausgabe Dresden vom 19. März 2004

Singende bunte Kette - Demo rund ums Rathaus Von Marco Mach

Der „Mann mit der roten Nase“ gibt per Megaphon und Zollstock das Kommando.
Über eintausend Menschen folgen ihm und umzingeln in wenigen Minuten das
Dresdner Rathaus. Hand in Hand. Von der Goldenen Pforte die Kreuzstraße
entlang bis zur Kreuzkirche und den Dr.-Külz-Ring zurück zur Goldenen
Pforte. Alt und Jung stehen eng nebeneinander.
Grüne Rastalocken wechseln mit korrekten Dauerwellen ab. Die einen tragen
Hüte, die anderen Dachmützen. Und alle protestieren sie gegen das Übel, das
zur selben Zeit im Rathaus zur Debatte steht. Die bunte Menschenkette ist
gegen die geplanten Kulturkürzungen, gegen Einsparungen im
Jugendhilfebereich und der damit verbundenen Schließung von Jugendclubs.
Selbst städtische Mitarbeiter reihen sich ein – aus Angst vor weiteren
Entlassungen und Privatisierungen. „Das ist ein großes Zeichen“, sagt Frank
Ewert vom Eselsnest. Er hält einen grau-schwarzen Eselskopf aus Pappe auf
einer Stange in die Höhe. Als die Welle, die dann auf einmal entlang der
Menschenkette mit Jubelgeschrei ums Rathaus ging, bei ihm ankommt, wirft er
die Hände zum Himmel. Alle zusammen singen die
Dresdner: „Freude schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium, wir betreten
feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum.“

Stadträte schielen durch die Vorhänge
Vor und nach der Kettenbildung versammeln sich die Demonstranten vor der
Goldenen Pforte. Rot-weiße Fahnen der Gewerkschaft Verdi wehen neben
SPD-Flaggen. Blaue, gelbe, grüne Flugblätter werden verteilt.
Auf Plakaten steht „Wir brauchen unsere Jugendclubs“ oder „Ihr wollt uns auf
der Straße? Könnt ihr haben.“ Die PDS hat extra eine Hebebühne organisiert
und fährt damit ein 60 Quadratmeter großes weißes Tuch vor die
Plenarsaalfenster in 18 Meter Höhe. Darauf ist in schwarzen Lettern zu
lesen: „Schluss mit dem Kulturabbau.“ Die Stadträte schielen immer wieder
durch die Vorhänge. Am Boden sorgen ein Orchester und eine Jugendband für
Stimmung, andere Jugendliche spielen Tischfußball, Kinder bemalen mit Kreide
die Straße.
Vertreter der Gewerkschaft, der Parteien, Jugendhäuser und Initiativen sowie
Intendanten der Stadt ergreifen das Mikrophon. Wolfgang Schaller von der
Staatsoperette freut sich, dass so viele Dresdner sich die Kultur nicht
einfach wegnehmen lassen wollen. Es wird auch verkündet, dass seit Dienstag
während der Mahnwache vor dem Kulturpalast über 41 000 Unterschriften
zusammengekommen sind. Die Wache haltenden Künstler haben sich natürlich mit
unter die Menge gemischt. Und natürlich auch der „Mann mit der roten Nase“.
Er heißt Andreas Weidner und ist Werkstattleiter im Theater Junge
Generation.