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Noch Fragen zum Plastikball? Hier sind die Antworten!

Noch Fragen zum Plastikball? Hier sind die Antworten!






04.04.2014 -
Im Sommer soll der Plastikball seine große internationale Premiere
feiern, trotzdem schwirren noch viele Fragezeichen in der
Tischtennisgemeinde umher. Wir wollten für Klarheit sorgen und riefen
Sie dazu auf, uns Ihre Fragen zu schicken, denen wir mithilfe von drei
Experten auf den Grund gehen wollten. Zahlreiche User haben sich bei uns
per Email oder Kommentar gemeldet. Heute können wir Ihnen die Antworten
unserer Experten präsentieren.Welche Spieleigenschaften wird der Plastikball im Vergleich zu seinem
Zelluloidkollegen haben? Wie teuer wird er sein? Und was bedeutet die
Einführung des neuen Balls für mich konkret in meiner Liga? Zahlreiche
Fragen brannten Ihnen unter den Nägeln, die wir alle gesammelt,
zusammengefasst, nach Themen sortiert und den Experten auf den
jeweiligen Gebieten zugeschickt haben. Ein großes Dankeschön möchten wir
an eben diese drei Fachleute, den DTTB-Generalsekretär Matthias
Vatheuer, den stellvertretenden Geschäftsführer der Firma JOOLA Andreas
Hain sowie an Dr. Torsten Küneth vom ITTF-Materialkomitee, richten, die
sich die Zeit genommen haben, sich ausführlich den Fragen zu widmen und
für Klarheit zu sorgen. Ihre Antworten finden Sie auf dieser und den
folgenden zwei Seiten.


 



Fragen an Matthias Vatheuer, DTTB-Generalsekretär:


 



Offensichtlich herrscht immer noch Unklarheit über die Motive der
Abschaffung des Zelluloid- und Einführung des Plastikballs. Deshalb
bitte noch einmal im Detail: Warum werden die Zelluloidbälle in Zukunft
durch Plastikbälle ersetzt?


 



Matthias Vatheuer: Die ITTF-Regeln erlauben schon seit vielen
Jahren neben Bällen aus Zelluloid solche aus ähnlichem Plastikmaterial.
Die Regel ist also gar nicht geändert worden. Früher hat es auch schon
Plastikbälle gegeben. Allerdings war viele Jahre kein Plastikball mehr
bei der ITTF zur Zulassung für Wettkämpfe beantragt worden.



Die ITTF hat das Thema Plastikball wieder aufgebracht bzw. an
Hersteller herangetragen, da Zelluloid bei der Produktion als giftig und
umweltschädlich gilt und da man davon ausgeht, dass die Produktion von
Zelluloid bald weltweit verboten wird. Es kommt hinzu, dass der
Transport der Bälle, die bisher ausnahmslos in Asien produziert werden,
wegen der hohen Entflammbarkeit als Gefahrentransport gilt und insofern
nicht so einfach zu bewerkstelligen ist.



Derzeit sind sowohl Zelluloid- wie auch schon einige Plastikbälle für
Wettkämpfe zugelassen. Die ITTF hat für ihre Turniere wie z.B. WM, World
Cup und World Tour-Turniere beschlossen, dass diese mit Beginn der
Spielzeit 2014/2015, d.h. ab dem 01. Juli 2014 nur noch mit
Plastikbällen gespielt werden. Langfristig ist wohl damit zu rechnen,
dass keine Zelluloidbälle mehr hergestellt werden.


 



Ist es tatsächlich so, dass (in den unteren Spielklassen) in
derselben Liga ein Verein den Zelluloidball und ein anderer Verein den
Plastikball in Punktspielen einsetzen kann? Also kann praktisch eine
Mischung der Spielbälle innerhalb derselben Liga stattfinden?


 



Matthias Vatheuer: Das hängt davon ab, wie die jeweils
zuständigen Ebenen das regeln. Für Punktspiele in den DTTB-Ligen wäre
das möglich, denn dort hat der DTTB lediglich eine Empfehlung
ausgesprochen, Plastikbälle einzusetzen, damit die international im
Einsatz befindlichen Spieler des DTTB dort keine Nachteile haben. Aber
schon jetzt entscheidet ja der Heimverein, welche Bälle er nutzt und die
Zelluloidbälle sind untereinander ja auch nicht alle gleich. Das, was
wir bisher hören, lässt darauf schließen, dass die Bälle aus Plastik
denen aus Zelluloid in den Spieleigenschaften sehr nahe kommen. Das
Problem ist allerdings, dass hierzulande noch keine Bälle erhältlich
sind und die Spieler in Deutschland daher die neuen Bälle noch nicht
ausprobieren konnten.


 



Warum wird nicht noch ein Jahr gewartet und dann der Ball für alle gleichzeitig eingeführt?


 



Matthias Vatheuer: International gibt es eine gültige
Beschlusslage (siehe Antwort zur ersten Frage). Im Bereich, den der DTTB
zu verantworten hat, folgen wir für die Individual-Veranstaltungen der
ITTF. Für die Mannschafts-Spielklassen des DTTB (Bundesliga bis
Oberliga) haben wir eine Empfehlung ausgesprochen. Da Zelluloid-Bälle
weiterhin regelkonform sind, kann man diese, so lange sie auch eine
ITTF-Zulassung erhalten, nicht einfach verbieten. Der Markt wird die
Thematik letztlich regeln.



Fragen an Andreas Hain, stellvertretender Geschäftsführer der Firma JOOLA:


 



Wann werden die Bälle normal im Handel erhältlich sein? Oder wo kann
man schon jetzt den bereits von der ITTF zugelassenen Plastikball zum
Testen erwerben?


 



Andreas Hain: Die Situation ist denkbar unzufriedenstellend.
Offensichtlich sowohl für die ITTF, die ja schon einige Turniere im Juli
weiterhin mit Zelluloidbällen spielen wird, als auch für die meisten
Hersteller. Es ist zumindest für JOOLA derzeit kein seriöser Termin
absehbar, wann wir die ersten Bälle liefern können. Ob dies zum 1. Juli
möglich ist, kann ich nicht sagen. Auch gibt es erhebliche Zweifel, ob
es ausreichend Bälle geben wird. 


 



Wie teuer werden die Bälle sein?


 



Andreas Hain: Sie werden wahrscheinlich etwas teurer als Zelluloidbälle sein. 


 



Wie ist die Haltbarkeit der Plastikbälle im Vergleich zu den Zelluloidbällen beschaffen?


 



Andreas Hain: JOOLA wird erst dann Bälle liefern, wenn diese
unseren hohen Qualitätsansprüchen genügen. Dies bedeutet auch, dass wir
von einer etwa gleichen Haltbarkeit wie bei den Zelluloidbällen
ausgehen. 


 



Wer darf den Plastikball produzieren? 


 



Andreas Hain: Jeder kann den Plastikball produzieren. Für die
ITTF-Zulassung muss der Ball jedoch den Richtlinien des Technical
Leaflet der ITTF entsprechen. 


 



Werden die Plastikbälle alle aus demselben Kunststoff bestehen oder
wird es da - auch aus patentrechtlichen Gründen - Varianten geben
?


 



Andreas Hain: Es wird wohl verschiedene Varianten geben. 


 



Ist es richtig, dass es Probleme bei der Herstellung von nahtlosen Bällen gibt?


 



Andreas Hain: Hierzu ist mir nichts bekannt.


 



Gibt es bei den Plastikbällen auch den Unterschied zwischen 1- und 3-Sterne-Bällen?


 



Andreas Hain: Natürlich wird es Unterschiede in den Qualitätsstufen geben.  


 



Wird es extra auf den Ball abgestimmte Beläge geben? Sollte man sich also auf den neuen Ball mit neuem Material einstellen?


 



Andreas Hain: Dies wird sich zeigen, wenn der Ball über einen
längeren Zeitraum verwendet wurde. Tests haben gezeigt, dass der Ball
mit jedem zur Verfügung stehenden Belag ohne Probleme gespielt werden
kann.


Fragen an Dr. Torsten Küneth, Mitglied des ITTF-Materialkomitees

 



Mit welchen Änderungen des allgemeinen Spiels müssen wir rechnen?
Was ist an dem Gerücht dran, dass das Spiel rotationsärmer wird? Kann
man z.B. nur noch lange, schnelle Aufschläge machen, da kurze Aufschläge
einfacher angeflippt werden können? Oder wird man auf Topspin nur noch
blocken und lange unterschnittene Schupfbälle einfach schmettern können?
Inwiefern wird die Technik in den Hintergrund rücken und das Spiel an
sich 'einfacher'? Ist es richtig, dass der Ball in der Luft stärker
'abbremst', es also gefühlt häufiger zu 'Stoppbällen' kommt?


 



Dr. Torsten Küneth: Diese
Art der Spieleigenschaften ist nicht Teil des Zulassungsverfahrens und
der technischen Tests. Sie war es auch nie bei den Zelluloidbällen. Das
bedeutet, dass es bei den neuen Plastikbällen genauso zu
unterschiedlichen Spieleigenschaften kommen kann wie zwischen
verschiedenen Zelluloidbällen. Die Frage ist insbesondere deswegen nicht
allgemein zu beantworten, weil der Hersteller in der Wahl der genauen
Kunststoff-Zusammensetzung völlig frei ist. Das Zulassungsverfahren
umfasst Gewicht, Durchmesser, Rundheit, Sprunghöhe, Härte und Farbe des
Balles, und bei diesen Größen sowohl absolute Toleranzen als auch die
Begrenzung der Abweichungen zwischen den Bällen derselben Marke. Mit
Ausnahme von Verringerungen der Größen- und Rundheitstoleranz wurden die
Vorgaben bei den neuen Plastik- gegenüber den Zelluloidbällen nicht
verändert.


 



Wird der neue Ball eine Naht haben oder nicht? Oder sind beide
Varianten zugelassen? Und wie unterschiedlich sind dann deren
Eigenschaften?


 



Dr. Torsten Küneth: Die
ITTF hat bis jetzt (Ende März 2014) Plastikbälle von vier
unterschiedlichen Herstellern zugelassen. Darunter befinden sich solche
mit und ohne Naht. Die vorgegebenen technischen Toleranzen sind für
beide Varianten genau gleich – mit Ausnahme natürlich des Kriteriums
„Materialhärte an der Naht“. 


 



Wird darauf geachtet, dass der Plastikball sich auch in der Größe
nicht vom Zelluloidball unterscheidet, so dass er auch noch mit den
aktuellen Ballmaschinen zu benutzen ist, ohne dass diese angepasst
werden müssen?


 



Dr. Torsten Küneth: Die
Größentoleranz für Zelluloidbälle ist 39,5 – 40,5 mm. Diese Größen muss
eine mängelfreie Ballmaschine somit verarbeiten können. Die Toleranz
für die neuen Plastikbälle ist zwar mit 40,0 – 40,6 mm etwas weiter nach
oben gelegt. Hintergrund ist, dass unsere jahrelangen Tests gezeigt
haben, dass eine Toleranz von 1 mm nicht nötig ist und wir definitiv
nach und nach von Balldurchmessern unter 40,0 mm, und sei es noch so
knapp, wegkommen möchten. 



Theoretisch könnte ein Plastikball also bis zu 0,1 mm zu groß für die
Ballmaschine sein. Fakt ist jedoch, dass keiner der bislang zugelassenen
Plastikbälle auch nur annähernd den Wert von 40,5 (!) mm erreicht hat.
Die Plastikbälle liegen also in Wirklichkeit auch im Toleranzbereich der
Zelluloidbälle. Somit muss eine auf Zelluloid eingestellte Ballmaschine
in der Lage sein, diese Plastikbälle zu verwenden. 


 



Aus welchem Kunststoff sind die Bälle gefertigt und welches
Verfahren wird zur Herstellung benutzt? Variiert das von Hersteller zu
Hersteller?


 



Dr. Torsten Küneth: Richtig,
das variiert von Hersteller zu Hersteller. Es gibt keine Vorschrift für
den genauen zu verwendenden Kunststoff und das Verarbeitungsverfahren.
Solange der generelle Vorteil gegenüber Zelluloid sichergestellt ist
(zum Beispiel einfachere Lagerung und Versendung auf Grund fehlender
Brennbarkeit), werden die Hersteller sicherlich unterschiedliche
Produktionsprozesse testen.


 



Inwiefern unterscheidet sich der Palio-Plastikball, der bereits von
vielen Interessierten getestet wurde, von denen, die nun von der ITTF
zugelassen wurden?


 



Dr. Torsten Küneth: Möglicherweise
gravierend. Alle Hersteller haben sich über Monate an die technischen
Spezifikationen herangearbeitet, wobei die ITTF im Interesse der Spieler
keine Kompromisse eingegangen ist. So waren - allgemein, nicht speziell
bei Palio - die Sprunghöhen mancher Bälle vor sechs Monaten noch um bis
zu 3 mm zu hoch, im Dezember war es noch 1 mm und im neuen Jahr war der
Ball dann zulassungsreif. 3 mm klingt wenig, kann aber für die
Spieleigenschaften durchaus von Bedeutung sein. 


 



Werden die Bälle qualitativ besser sein und z.B. weniger 'eiern'? 


 



Dr. Torsten Küneth: Gut
möglich, da eine Spezifikation für die Plastikbälle gegenüber Zelluloid
verschärft wurde: Die Rundheits-Toleranz (der Unterschied zwischen
größtem und kleinstem auf der Balloberfläche gemessenen Durchmesser) ist
geringer. Davon abgesehen wird diese Frage aber weiterhin auch stark
vom Produktionsprozess des Herstellers abhängen - genau wie schon bisher
innerhalb der Zelluloid-Bälle. 


 



Wird an den Bällen nach ihrer Einführung noch weitergearbeitet oder bleiben sie dann unverändert?


 



Dr. Torsten Küneth:
Die Hersteller werden sich schon wegen des Wettbewerbs bemühen, ihre
Bälle laufend zu optimieren. Außerdem macht die ITTF auch nach der
Zulassung Zufallstests mit direkt im Handel gekauften Bällen. Für Bälle,
bei denen eine Eigenschaft im Zulassungstest knapp an der Grenze war -
was wir dem Hersteller auch mitteilen -, besteht also mit Sicherheit ein
Interesse, diese Eigenschaft immer besser einzustellen. Wobei umgekehrt
jeder Hersteller genau darauf achten wird, Dinge nicht zu
„verschlimmbessern“ – denn sonst fällt der Ball ja bei den Nachtests
durch.