Viele sind der Meinung, das Gute könne und dürfe nie mit Gewalt errungen werden. Die Begründung lautet, Gewalt sei etwas Schlechtes, was man Keinem antun dürfe, das würden nur böse Menschen tun.
Das ist absurd. Zunächst einmal muß man dazu untersuchen, welche Formen der Gewalt vorhanden sind. Sie läßt sich beispielsweise in physische, psychische und soziale Gewalt untergliedern. Sie beinhaltet jede Form von Zwangsmaßnahmen, die ein bestimmtes erwünschtes Verhalten erzeugt oder ein unerwünschtes unterdrückt. Angefangen bei Ge- und Verboten, die wir bei der Kindererziehung mit Zuwendungsentzug untermauern bis hin zur Anwendung körperlicher Gewalt bei der Durchsetzung des Freiheitsentzugs von Straftätern gehört sie nicht nur zur alltäglichen Organisation der Gesellschaft, sie ist sogar notwendig, um die Gesellschaft vor Entwicklung oder Fortsetzung schädigenden Verhaltens zu schützen. Kaum Jemand wird bestreiten, daß sie - zumindest in Extremsituationen - die einzige Handlungsoption zum guten Zweck darstellt.
Die Frage ist also nicht, ob für einen guten Zweck Gewalt angewendet werden darf, sondern was dieser gute Zweck ist. Er wurde bereits genannt: Die Abwendung von Schaden für Personen und / oder die Gesellschaft. Bei einem Mörder, bei dem Wiederholungsgefahr besteht, wird kaum Jemand daran zweifeln, welches Gut hier höher ist: seine psychische und soziale Unversehrtheit, also Freiheit, oder die physische Unversehrtheit seiner möglichen Opfer.
Also ist unsinnig, Gewaltanwendung generell abzulehnen oder als etwas Schlechtes zu betrachten. Nach Abwägung des höherwertigen Gutes und bei nachweisbarer Unwirksamkeit anderer Mittel kann Gewaltanwendung also nicht nur gut, sondern ihre Unterlassung auch schlecht sein. Gefühlsduselei und Gutmenschentum sind keine geeigneten Maßstäbe, um objektiv notwendige Maßnahmen zu beurteilen. Da der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen ist, sollte er die Vernunft auch zur Grundlage seines Handelns machen.
Re: Gute Gewalt
Hier will ich aber folgendes zu bedenken geben:
Eine Form der "guten Gewalt" ist die Notwehr. Hier ist jeder Büger berechtigt, ja sogar aufgefordert, Gewalt einzusetzen, um Leben und Gesundheit von sich selbst, oder von anderen Menschen zu schützen. Aber auch hier gilt als oberstes Prinzip die "Verhältnissmäßigkeit der Mittel" Wer z.B. weil er von einer relativ schwachen Person mit blanken Fäusten angriffen wird, diese Person gleich mit der Axt totschlägt, wird wohl wegen Totschlag, oder zumindest wegen "grob fahrlässiger Körperverletzung mit tödlichem Ausgang" für eine Weile hinter Gitter müssen.
Dies sollten wir im Klassenkampf auch bedenken: So lange es eine Möglichkeit gibt, das Ziel auf friedlich-demokratischen Wege zu erreichen, sollte dieser Weg gegangen werden. Erst wenn man uns Gewalt entgegenbringt, kann und darf mit Gewalt geantwortet werden. Dabei sollte immer erst der "sanfteste Weg" gewählt werden, z.B. "passive Gewalt".
Mit Toten und Verletzten, mit großen wirtschaftlichen Schäden ist niemanden gedient.
Re: Gute Gewalt
Zitat: Faulkater
Dabei sollte immer erst der "sanfteste Weg" gewählt werden, z.B. "passive Gewalt".
Nichts Anders ist beabsichtigt. Der Inhalt der Revolution ist ja nicht das Erschießen der Kapitalisten und ihrer Lakaien, sondern die Vergesellschaftung des Eigentums Ersterer an gesellschaftlichen Produktionsmitteln - ohne diese Mittel verschwinden auch die Lakaien. Dennoch müssen wir die Mittel der Gewaltanwendung haben, da die Kapitalisten unser Vorhaben nicht sonderlich mögen und bekanntlich zu JEDEM Mittel greifen, ihr Eigentum an Produktionsmitteln und damit ihre Macht zu erhalten. Hinzu kommt ihr ganzes faules und verkommenes Gefolge, welches auch keine Lust hat, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Und letztlich sind da noch die gewöhnlichen Kriminellen und Rowdys, welche natürlich die Wirren des Umbruches für ihre Umtriebe nutzen.
Re: Gute Gewalt
Wenn wir vom Grundprinzip der Demokratie ausgehen, ist es unbedingt notwendig für eine Umwälzung, dass die Mehrheit der Bevölkerung dahintersteht, zumindest die Mehrheit des Teils der Bevölkerung, die ihre Meinung sagt. Daher muss jeder Kampf damit beginnen, die Massen von Weg und Ziel zu überzeugen.
Wenn 0,001% der Bevölkerung eine Revolution machen wollen, dann ist das Terrorismus, wenn 1% der Bevölkerung eine Rovolution machen wollen, dann sind das Extremisten, wenn 10% der Bevölkerung eine Revolution machen wollen, dann ist das eine revolutionäre Minderheit. Aber wenn 60% dies wollen, dann ist das eine demokratisch legitimierte Umwälzung...
Aber wie beginnen? Leider ist es zur Zeit so, dass die linken Kräfte stark gespalten sind. Da gibt es einen linken Flügel in der SPD, da gibts die WASG (welche ja teilweise so ihre Probleme mit der PDS hat), da gibts die PDS (welche ja intern auch mindest vier verschiedene Strömungen hat), da gibts die DKP (welche ja zur letzten Wahl mit der PDS gemeinsamen Wahlkampf gemacht hat, dies aber jetzt etwas bereut), da gibts die MLPD (mit welcher niemand anders was zu tun haben will), und da gibts inzwischen mindestens vier Mini-Parteien, welche sich KPD nennen... Und schließlich gibts auch noch linke Strömungen bei den Grünen und den Gewerkschaften. Und alle kritisieren fleißig gegenseitig an sich herum... Dabei hat Marx doch mal "Proletarier aller Länder, vereinigt euch" gesagt, dabei klappt das noch nicht mal in einem Land. Was sollen denn da die Bürger und wähler sagen, wenn sie so einen "zerstrittenen Haufen" sehen?
Und dann die Art und Weise der Argumentation: Fast alle West-Bürger und inwischen auch ein Großteil der Leute im Osten sind inzwischen verblendet und ver-BILD-et... Wenn sie Sozialismus hören, denken sie zuerst an Stasi, Mauer und leere Geschäfte, wenn sie Kommunismus hören, denken sie utopische Gedanken von irgendwelchen Philosophen, an trockenen Polit-Unterricht oder an die Rote-Armee-Fraktion. Wenn sie Revolution hören, denken sie an grausamen Bürgerkrieg. Diesen Leuten darf man nicht mit solchen Begriffen kommen, darf nicht von Marx, Engels und Lenin reden... das ist ein rotes Tuch, da laufen sie davon. Der "Normal-Bürger" von heute muss vorsichtig und diplomatisch überzeugt werden. Da sollte man wohl erstmal mit solchen Themen wie soziale Sicherheit, Arbeitnehmer-Rechte, oder mit Wirtschaftstheorien wie Silvio Gesell oder John Keynes beginnen. Und mal ganz ehrlich gesagt: Auch wenn die Ziele viel höher liegen, eine derartige Gesellschaft wäre doch immer noch besser, als der heutige Neoliberalismus.
Also Klassenkampf nicht mit dem Holzhammer, sondern mit wohl überlegten Worten...
Re: Gute Gewalt
Zitat: Faulkater Wenn 0,001% der Bevölkerung eine Revolution machen wollen, dann ist das Terrorismus ...
Nö, Dummheit und ein Verbrechen.
Nehmen wir mal die Republik Cuba. Die Revolutionäre waren sage und schreibe 82 Personen, die in den ersten Kämpfen auf 12 zusammenschrumpften - bei einem etwa 12-Millionen-Volk. Aber die Massen unterstützten die Revolution.
Eine wichtige Lehre erfolgreicher und gescheiterter Klassenkämpfe ist, einen Kampf immer nur dann zu beginnen, wenn die zu erwartenden Kräfte auch den angestrebten Zielen entsprechen. Oder, um in der üblichen marxistischen Terminologie zu bleiben, das Kräfteverhältnis zugunsten der Revolutionäre verschoben ist.
Besonders wichtig ist dabei das ideologische Kräfteverhältnis, wie Marx in der "Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie" schrieb: "... allein auch die Idee wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift."
Deshalb hast Du völlig Recht:
Zitat: Faulkater Also Klassenkampf nicht mit dem Holzhammer, sondern mit wohl überlegten Worten...
Zunächst. Aufklärung - Organisation - Schulung in praktischen Kämpfen um soziale Ziele innerhalb des kapitalistischen Systems und damit Stärkung von Bewußtsein, Erfahrung, Selbstvertrauen und Organisationsstrukturen und erst am Ende: Revolution.
Wer mit dem letzten Schritt beginnen will, ist, ebenso wie der, welcher ewig lange ohne sofortige Kämpfe den letzten Schritt (die Weltrevolution am Sankt-Nimmerleins-Tag) vorbereiten will, entweder ein Dummkopf oder ein Verräter. Davon gibts leider reichlich.