UruguayUndQuerbeet - Restaurants

Bloß keine Sonderwünsche

Bloß keine Sonderwünsche

Ich denke, dass es so langsam Zeit wird auf eine Mentalitätsveränderung in Uruguay hinzuweisen. Waren die Uruguayer bisher eher flexibel, freundlich und gegenüber Ausländern entgegenkommend, so beobachte ich seit einiger Zeit ein gewisses Renditegehabe, das fern jeglicher Flexibilität und unserer Vorstellungen ist.

Vor wenigen Monaten berichtete mir ein Freund, dass er aus seiner Behausung geworfen wurde, weil er einfach nur unzufrieden mit den vorgefundenen Verhältnissen war. Motto: "Dann geh doch!!!" Nicht dass da irgendeine Diskussion eingesetzt hätte, wie man die Unzufriedenheit hätte beseitigen können, sondern einfach nur Rauswurf nach dem Motto: "Dann sieh zu wie Du klar kommst! Hier stehen sie Schlange, um in die Wohnung zu kommen." Es war ein Haus im Stadtteil Pocitos, welches unter "volver.com.uy" wirbt. Mein Freund war im Grunde zufrieden mit dem Haus, aber so heraus komplementiert zu werden hatte ihn schon überrascht. Nun ja, wenn die Eigentümer heute glücklicher sind ...

Heute Abend habe ich an einem Nachbartisch im Restaurant "Palermo Viejo" im Stadtteil Palermo ähnliches beobachten können. Ein Gast - scheinbar Brasilianer - bestellte etwas und hatte wohl einen Änderungswunsch.  Soweit ich der Diskussion folgen konnte hatte er wohl gefragt, ob in dem bestellten Essen ein Salat oder irgend ein Gemüse inklusive sei. Anschließend fand sich diese Frage als Extraposten auf seiner Rechnung wieder. Ja, den Salat hatte er wohl bekommen - ein paar Blatt Salat mit einer halben Tomate - aber er wollte bei der Bestellung eigentlich wissen, ob der Salat inklusive sei. Die Mehrkosten lagen bei rund fünf Euro, die voll und trotz Protest trotzdem berechnet wurden. Ich bin mir sicher, dass es ihm nicht um die paar Pinunsen ging. Erstaunlich war für mich eher wie egal es dem Restaurant war, ob er noch einmal wieder kommt.

Was mich zu diesem Posting bewegt ist die zunehmende Inflexibilität uruguayischer Geschäftsleute auf Fragen, Beschwerden oder Sonderwünsche in irgendeiner Weise einzugehen, die ich auch selbst immer mehr wahrnehme. Es wird abgerechnet ohne Rücksicht auf Verluste, was auch immer zu holen ist. Das beobachte ich immer öfter und ist deutlich anders als ich das in den vergangenen Jahren beobachtet hatte. Deshalb betrachte ich die genannten Namen auch eher als konkrete, belegbare Beispiele, denn als herausfallende Extreme. Für mich ein Indiz, dass sich der gesamte uruguayische Markt in eine Richtung bewegt, die nicht unbedingt als "gästefreundlich" zu bezeichnen wäre. Das war schon einmal anders und wird sich bei der nächsten Krise auch wieder ändern.

In meinen Augen zeigt sich gerade jetzt die Kehrseite der oft zitierten "Freundlichkeit" der Uruguayer. Wenn die Gelegenheit da ist scheuen sie nichts um das zu bekommen was sie wollen. Das bekommen insbesondere die Argentinier in dieser Saison schmerzlich zu spüren. Als Reaktion wenden sich viele von ihnen wieder den Vereinigten Staaten zu und kaufen lieber in Miami als in Punta. Die Immobiliensaison muss in Punta eine Katastrophe gewesen sein.

Momentan muss ich sagen sind keine guten Zeiten, um nach Uruguay umzuziehen. Da sollte man die nächste Krise abwarten, in der die Uruguayer wieder froh über jeden Interessenten sind. Wird vermutlich auch nicht mehr lange dauern!!! Die Zeit ist bald wieder reif, denn Brasilien und Argentinien verlieren derzeit jeden Kredit und das schlägt voll auf Uruguay durch!!!

Unterm Strich bin ich froh beides (Krise und Hoch) erleben zu können, um einen nüchternen und illusionsfreien Blick auf die Mentalität der Uruguayer erleben zu dürfen. Und ich möchte auch nicht falsch verstanden werden: Ich betrachte es als vollkommen rational, dass die Uruguayer in den heutigen "Guten Zeiten" versuchen jetzt so viel wie möglich zu verdienen, weil sie wissen, dass es auch wieder die "Schlechten Zeiten" geben wird. Das ist in Europa, wo eine Inflation von 3% schon Staatskrisen auslösen kann Vielen sicherlich unbegreifbar. Hier ist das aber eine von Allen akzeptierte Überlebensstrategie!!!

Re: Bloß keine Sonderwünsche

Hallo Donald,

also ich kann mir gut vorstellen, dass Du mit Deiner Meinung nicht verkehrt liegst.

Montevideo hat sicherlich - gerade im Mietbereich - noch genuegend Nachfrage, ueberhaupt in Pocitos, Carrasco usw. Da mangelt es evtl. nicht an Kunden.

Ansonsten ist es nachvollziehbar, dass viele Geschaeftsleute (Restaurants etc.) unter Leistungsdruck stehen und jeden Peso mitnehmen muessen, da die Ausblicke in wirtschaftlicher Hinsicht noch ungewiss sind.

Aber betrachten wir das ganze mal realistisch: Fuer ein Land wie Uruguay mit weniger als 3,5 Mio Menschen gibt es hier verflixt viele Restaurants, Hotel und sonstiges was das Tourismusgewerbe betrifft. Die Argentinier fehlten (im Vergleich zu den Vorjahren) und werden sicher noch einige Jahre nicht mehr in dem Ausmass kommen koennen wie vorher. Sie waren die Hauptkunden im Tourismussektor. Aber auch beim Verkauf von Immos fehlen sie sehr. Ganoven die es bevorzugt auf Argentinier abgesehen haben/hatten gabs leider auch. Sich beklauen lassen koennen die Argis auch zuhause.

Etwas Ausgleich gab es bestimmt durch die einheimischen Touristen, denn die haben mehr Geld zur Verfuegung als noch vor ca. 5 Jahren und geben das auch aus.

Irgendwo las ich, dass der Inlandstourismus zugenommen habe, es gibt nun schoene Angebote, die es vor Jahren noch nicht gab. So mancher gestresste Grossstaedter wird die gerne angenommen haben (Estancia-Urlaub).

Aber es ist eben wie ueberall: Wenns dem Esel zu wohl ist geht er aufs Eis............bis er dann wieder auf die Nase faellt..........., das ist nicht nur in Uruguay so.

LG
Tschicki

PS. Es muss immer erstmal runtergehen bevor es wieder raufgeht.

Re: Bloß keine Sonderwünsche

Zitat: Tschicki
Montevideo hat sicherlich - gerade im Mietbereich - noch genuegend Nachfrage, ueberhaupt in Pocitos, Carrasco usw. Da mangelt es evtl. nicht an Kunden.Möchte man gerne meinen, aber schau einmal auf die aktuelle Vermietungssituation im genannten Fall. Da ist doch gar nichts - sondern Leerstand!!! In meinen Augen pokern viele extrem hoch!!!Zitat: Tschicki
Aber betrachten wir das ganze mal realistisch: Fuer ein Land wie Uruguay mit weniger als 3,5 Mio Menschen gibt es hier verflixt viele Restaurants, Hotel und sonstiges was das Tourismusgewerbe betrifft.Also ich denke nicht, dass das Angebot zu üppig ist. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass fast alle das Gleiche anbieten. OK hier und da mal ein Chivito oder ein gutes Stück Fleisch vom Grill ist ja ganz nett. Aber wenn man aus Deutschland kommt und neben der jeweiligen wirklich mittlerweile echt tollen regionalen Küche auch noch überall chinesisch, vietnamesisch, russisch, polnisch, italienisch, grieschisch, spanisch, mexikanisch, ... essen kann, dann ist Uruguay schon ein wenig, sagen wir mal - übersichtlich!!!Zitat: Tschicki
Die Argentinier fehlten (im Vergleich zu den Vorjahren) und werden sicher noch einige Jahre nicht mehr in dem Ausmass kommen koennen wie vorher. Sie waren die Hauptkunden im Tourismussektor. Aber auch beim Verkauf von Immos fehlen sie sehr. Ich lese gerade ein nettes kleines Büchlein über Brasilien und weil ich es wirklich empfehlenswert finde und es zudem auch nicht viel kostet möchte ich es hier zitieren und auch empfehlen. Das Buch heißt: "Das kuriose Brasilien Buch" von Wolfgang Kunath. Es hat die ISBN-Nummer: 978-3-596-51309-3 und kostet in Deutschland 9,99 Euro.

Warum jetzt diese Empfehlung? Nun, ich denke, dass uns die Bedeutung der argentinischen Touristen bewusst ist. Was ist aber mit den brasilianischen Touristen, die gegebenenfalls die argentinische Lücke füllen müssten??? Dazu steht beginnend auf Seite261 folgendes:Zitat: Das Kuriose Brasilien Buch
Ein ... Kritikpunkt ist der Begriff "Mittelschicht". Ein Großteil der Aufgestiegenen könne einfach mehr konsumieren, sagen die Kritiker, aber deshalb fielen sie noch lange nicht unter den - hier sicher eher europäisch und bürgerlich gefassten - Begriff Mittelschicht. Denn der sei verknüpft mit Sparen und Guthaben, mit langfristigen Zukunftsinvestitionen ... und das trifft zweifellos auf einen Großteil der vierzig Millionen nicht zu. Ihr Aufstieg heißt vor allem verschärftes Konsumieren.
...
Als "perverses Element" der brasilianischen Altagskultur bezeichnet ... die Allgegenwart des Ratenkaufs.
...
Menschen, die nur kaufen, wenn sie vorher das nötige Geld zusammenhaben, werden, etwa im Wirtschaftsteil der Zeitung "O Globo", als zwar rational handelnde, aber unwirkliche und eigentlich gar nicht vorkommende Fabelwesen beschrieben.
...
Brasilien ist privat verschuldet wie nie zuvor.Ich fasse zusammen: "Früher waren die Leute in Brasilien arm - heute haben sie einen Top-Fernseher und allen Luxus und sind über beide Ohren bis an die Limits verschuldet!!!

Was das im Hinblick auf die Verhältnisse in Argentinien für Uruguay bedeutet mag sich jeder selbst ausmalen!!!

OK, ich habe Freunde im Süden Brasiliens, auf die das nicht zutrifft und die sich schuldenfreies Vermögen erwirtschaftet haben. Aber die waren in ihrem ganzen Leben noch nicht in einem Urlaub ...

Re: Bloß keine Sonderwünsche

Auch das hier könnte Uruguay, über den Einfluss auf seine Nachbarländer, weiter zusetzen: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/geldpolitik-us-notenbank-will-anleihekaeufe-weiter-reduzieren-a-946290.htmlZitat:
Das Nachsehen könnten die Schwellenländer haben.