YES - Konzertberichte

Tony Levin 11.5.09 Hamburger Fabrik

Tony Levin 11.5.09 Hamburger Fabrik

Who's that knocking at my door? Ha? Ha? Haaaaa??


So die erste Zeile von "Welcome", dem Opener auf Tony Levins aktuellen Album Stickman. Mit diesem Song wurde auch das Konzert in der Hamburger Fabrik am 11. Mai begonnen.

Laut unseren EIntrittskarten sollte Einlass bereits 19 Uhr sein, Konzertbeginn 20 Uhr. Royale und ich waren daher auch pünktlich. Die Konzerveranstalter hatten andere Pläne und hielten sich lieber an die im Netz veröffentlichten Anfangszeiten (eine Stunde später).

Ich nutzte die Zeit und machte Royale mit ein paar Hamburgerischen kulinarischen Spezialitäten vertraut: Grillgold und Wuchtbrumme. Dass die Jugend von heute aber auch gar nichts mehr lernt

Die Fabrik war angenehm gefüllt. Es war nicht übervoll, man konnte sich einigermaßen frei bewegen und kam ohne Gedrängel nah an die Bühne ran. Die Galerie oben war allerdings gesperrt. Auffallend war der sehr marginale Frauenanteil. Klar wird Prog & Co tendenziell mehr von Männern als von Frauen gehört, aber so ausgeprägt hab ich das noch nie erlebt

Bevor es losging, kam Pat Mastelotto auf die Bühne und schraubte noch ein wenig an seinem Drumset rum. Sehr bodenständig
Auch Tony schlich vor Konzertbeginn schonmal durch die Fabrik - getarnt mit einer Schirmmütze - erkannt hat man ihn natürlich trotzdem

Aber dann ging es auch fast pünktlich los und Tony Levin, Pat Mastelotto und Michael Bernier betraten unter lautem Applaus die Bühne. Tony und Michael jeweils mit einem Stick und Pat mit zwei (Drum)sticks

Los ging es mit einer Improvisation, die dann in "Welcome" überging. Danach folgte "Slow Glide", ebenfalls von Stick Man, wenn auch ruhiger mit langgezogenen Gitarrenlinien.

Überhaupt machte das aktuelle Album den Großteil der Setlist aus. Dazu gab es noch ein paar neue Songs, die auf dem nächsten Album landen werden. Dieses soll genau in dieser Besetzung - Levin, Bernier, Mastelotto - eingespielt werden. Und da schließlich auch 2 Mitglieder von King Crimson anwesend waren, gab es mit Red, Indiscipline (von Bernier gesungen) und Elefant Talk (von Levin gesungen) auch drei Crimso-Klassiker.

Die Band spielte tight und knackig und hatte sichtlich Spaß an ihrer eigenwilligen Musik. Zumindest ein Teil des Publikums war mit dem Dargebotenen allerdings ein klein wenig überfordert :p. Zumindest einigen Gesichtern nach zu urteilen. Während Levin weitestgehend Bassparts übernahm, spielte Bernier seinen Stick weitestgehend wie eine Gitarre, aber das wechselte auch öfter mal und manchmal wusste man nicht mehr, wer gerade was spielte.

Der Stick ist wirklich ein faszinierendes Instrument und hier konnte man gleich zwei erstklassige Musiker an diesem zwölfsaitigen Griffbrett ausgiebig bewundern. Faszinierend fand ich, dass man den Stick auch als zwei Instrumente gleichzeitig nutzen kann. So spielte Levin manchmal mit der linken Hand oben am Griffbrett Basslinien, während er mit der rechten Hand weiter unten ein Gitarrensolo spielte.

Hinter den beiden Stickplayern baute Mastelotto am Drumset seine Agressionen ab - und da hatte sich anscheinend einiges angestaut :D, so wie er auf seine Becken, Schellen, Pads etc. eindrosch. Außer Drum Sounds gab es auch jede Menge Samples. Allerdings wurden anscheinend nicht alle Samples live von Pat gespielt, einiges kam wohl auch vom Band. Who cares.

Zusehen und zuhören machte definitiv spaß Und auch der Magen wurde von den vielen tiefen Tönen wohlig massiert. DIe Musikanlage hat in der Fabrik hat das Konzert allerdings nicht heil überstanden. Sehr schnell hatten wir mit einem sehr lauten Brummton einen vierten Mann auf der Bühne. Das hat allerdings nicht wirklich gestört. Die tiefen Bässe haben jedes Nebengeräusch unter sich begraben

Die Songs von der Stickman machen live noch mal um einiges mehr Spaß. Die Band hielt sich auch keineswegs an die Albumversionen, da wurde kräftig improvisiert, umarrangiert und ausgedehnt - Speedbump war mindestens doppelt so lang wie die Studioversion. Slowglide wurde mit einem atmosphärischen Mittelteil versehen. Auch die Crimson-Songs haben großen Spaß gemacht, auch wenn die Versionen mir von King Crimson live gespielt noch viel besser gefallen. Sehr gut hat mir die Coverversion von "Sleep is Wrong" (Im Original von Sleepytime Gorilla Museum) gefallen, das zusammen von Tony und Michael gesungen wurde. Michael, der neben den beiden "älteren Herren" etwas wie ein Milchbubi wirkte (wie alt ist der eigentlich? Mitte/Ende 20? Könnte fast Tonys Enkel sein), ist übrigens ein ganz guter Sänger. Tonys Gesang ist da eher "witzig/nervig", was bei den von ihm gesungenen Titeln aber auch gut passte. Aber das meiste war sowieso instrumental.

Nach knapp 2 Stunden war das Konzert dann vorbei. Eine Zugabe gab es leider keine. Dafür standen Tony und Pat danach noch für Autogramme und ein wenig Small Talk zur Verfügung.

Tony erzählte, dass er im Oktober wieder nach Deutschland kommen will - und zwar als Support Act von Porcupine Tree (Tony spielt Bass auf Steven Wilsons aktuellem Soloalbum).

Zur Leistung der einzelnen Musiker: Was soll man hier noch groß erzählen. Tony gilt zurecht als einer der besten Bassisten überhaupt. Ich hab ihn jetzt das 5. Mal live erlebt, aber diesmal das erste Mal in der "Hauptrolle", wo er richtig zeigen konnte, was er draufhat. Auch Mastelotto war wirklich genial, was der sich da an krummen Takten, Triolen und Grooves zurechtzimmerte - dabei alles lässig ohne große ersichtliche Anstrengung. Die Überraschung war für mich aber der mir bis dahin noch unbekannte Michael Bernier. Was der Mann da auf seinem Instrument zauberte, kann man gar nicht beschreiben. Man mag denken, dass Tony der Meister und Michael sein Schüler sei. Weit gefehlt, tatsächlich ist es - was den Chapman Stick angeht - umgekehrt. Tony hat bei Michael sogar Unterricht genommen, nachdem er ihn auf einem Konzert mal hat spielen sehen (im Booklet zu Stick Man dankt er ihm auch für "Advanced Stick Techniques). Wie lässig und routiniert die Band spielt, konnte man auch sehen, als bei einem Song sich ein Drummikro löste und alle drei Musiker gleichzeitig das Mikro wieder anbrachten - ohne dabei mit dem Spielen aufzuhören

Der Sound war - vom genannten Brummton mal abgesehen - gut. Da sich das meiste sowieso in den unteren Frequenzbereichen abspielte, war das für die ABmischung wahrscheinlich auch nicht allzu schwierig zu bewerkstelligen
Die Lautstärke fand ich genau richtig.

Alle, die die Stick Men noch sehen werden, können sich auf ein schönes Konzert freuen. Und wer Karten für Porcupine Tree hat, ebenfalls




"Hi I'm Steve, I'm on my fiftieth album... I need help... I'm an addict".

Captain Hackett, Stardate 21.01.09

Re: Tony Levin 11.5.09 Hamburger Fabrik

Vielen Dank für den lebendigen Konzertbericht Eric. Es wurde ja gemunkelt, dass die beiden längsten Konzertbesucher ganz vorne standen.

Re: Tony Levin 11.5.09 Hamburger Fabrik

Danke, Eric, für den schönen Bericht. Ihr scheint auf eure Kosten gekommen zu sein. Die Musiker schilderst du so sympathisch, wie ich Tony auch schon erlebt habe.

Zitat: Eric
Ich nutzte die Zeit und machte Royale mit ein paar Hamburgerischen kulinarischen Spezialitäten näher: Grillgold und Wuchtbrumme. Dass die Jugend von heute aber auch gar nichts mehr lernt :rolleyes:Jaja, das Jungvolk...

Zitat: Eric
Auffallend war der sehr marginale Frauenanteil. Klar wird Prog & Co tendenziell mehr von Männern als von Frauen gehört, aber so ausgeprägt hab ich das noch nie erlebt Dabei dachte ich, der Tony wäre ein Frauentyp, so wie die Damen bei den Peter-Gabriel-Konzerten immer kreischen, wenn er vorgestellt wird.

Zitat: Eric
Die Lautstärke fand ich genau richtig.Das wird für mich zusehends zum Problem. Beim letzten Konzert stand ich zu nahe an den Boxen. Das hat mir fünf Monate Tinnitus beschert, der jetzt endlich wieder (so gut wie) vorbei ist.

Re: Tony Levin 11.5.09 Hamburger Fabrik

@ Eric
Danke, super, klasse. Ich freu mich drauf. Ich hatte dem Management eine Email geschickt und erzählt, dass das halbe YESForum auf den Beinen sei, um Tony zu sehen. Jetzt wollen sie in Karlsruhe eine Version von Close To The Edge spielen.

Porcupine Tree sollten eher Support für Tony Levin sein - die könnte ich glatt unter der Rubrik "mein schlimmstes Konzerterlebnis" einordnen - zumindest, was Sound und Lautstärke betrifft. Jetzt machen sie mal wieder einen großen Bogen um meine Heimat - ich soll einfach keine zweite Chance bekommen...

Re: Tony Levin 11.5.09 Hamburger Fabrik

sau gut! und morgen hab ich auch das Vergnügen.

hoffentlich gibt's dort die Stick Man Cd noch zu kaufen, bei Amazon ist sie nämlich vergriffen.


NOTHING BEATS LIKE VINYL !!!!!!!!!!

Re: Tony Levin 11.5.09 Hamburger Fabrik

Die Stick Man gibt es am Merchandising Stand für 18 €. Am Günstigsten ist sie bei tonylevin.com zu haben (da hab ich bestellt), das dauert nur ne Weile.

@ Topo: Das ist ein Scherz mit Close To The Edge oder?


"Hi I'm Steve, I'm on my fiftieth album... I need help... I'm an addict".

Captain Hackett, Stardate 21.01.09

Re: Tony Levin 11.5.09 Hamburger Fabrik

Zitat: Eric
@ Topo: Das ist ein Scherz mit Close To The Edge oder?

Re: Tony Levin 11.5.09 Hamburger Fabrik

Feiner Bericht, Eric! Wie immer

Da bleibt mir kaum was zu ergänzen

Re: Tony Levin 11.5.09 Hamburger Fabrik

Du kannst doch deine Fotos einstellen


"Hi I'm Steve, I'm on my fiftieth album... I need help... I'm an addict".

Captain Hackett, Stardate 21.01.09

Re: Tony Levin 11.5.09 Hamburger Fabrik

Zitat: Royale
Feiner Bericht, Eric! Wie immer

Da bleibt mir kaum was zu ergänzen ;)was deiner Schreibfaulheit sehr entgegenkommt!


NOTHING BEATS LIKE VINYL !!!!!!!!!!