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Quallenplage - Spanien sagt Medusen den Kampf an

Quallenplage - Spanien sagt Medusen den Kampf an

Montag, 2. Juli 2007 13:23 Quallenplage - Spanien sagt Medusen den Kampf an
Von Jörg Vogelsänger, dpa Madrid (dpa) - Spaniens Strände bereiten sich auf eine stille Invasion vor. Die Behörden befürchten in diesem Sommer eine größere Quallenplage, nachdem bereits im Winter in vielen Gegenden an der Mittelmeerküste größere Bänke der für Badeurlauber so lästigen Nesseltiere gesichtet worden waren. Im Gegensatz zu früheren Jahren haben die Medusen wegen der hohen Wassertemperaturen zwischen Cádiz und Girona überwintert - und sich kräftig vermehrt. «Wäre das Meer die Börse, müsste in Quallen investiert werden», schrieb die Zeitung «El País».

Das Urlaubsland Spanien hat deshalb einen «Antiquallen-Plan» beschlossen. Er sieht unter anderem vor, landesweit die Küstenwache sowie Fischer und tausende freiwillige Bootsbesitzer zu mobilisieren. Werden irgendwo größere Bänke der durchsichtigen Tiere geortet, sollen sie das Rote Kreuz und die zuständigen Behörden des jeweiligen Ortes benachrichtigen, damit die Badegäste rechtzeitig gewarnt werden können. Wie bereits in einigen Feriengebieten üblich, sollen die Quallen dann mit Netzen eingefangen werden.
«Völlig quallenfreie Strände können wir allerdings nicht garantieren», heißt es im Madrider Umweltministerium. Kritiker fordern, es müsse mehr getan werden. Das Budget von nur 400 000 Euro für den «Plan Medusa» sei unzureichend. Schließlich mussten bereits im Vorjahr tausende Urlauber von Sanitätern behandelt werden, weil sie mit Quallen in Berührung kamen. Allein die Behörden Kataloniens lassen sich den Kampf gegen die Medusen an der Costa Brava und der Costa Dorada rund 300 000 Euro kosten. Dort sollen die zur Beseitigung von Abfällen aus dem Meer benutzten Schiffe, genannt «Pelícanos» (Pelikane), eingesetzt werden.
Allerdings ist die Quallenjagd auch nicht einfach. Kilometerlange Netze im Wasser zu verankern, wie es manche fordern, sei unwirksam, sagt der renommierte Meeresbiologe Josep María Gili, der die Regierung in dieser Sache berät. «Wenn die Quallen in den Netzen hängen bleiben, lösen sich deren Tentakel, treiben an die Küste und können die Badenden trotzdem 'verbrennen'.» Außerdem könnten sich auch andere Tiere in den Netzen verfangen. Es mache nur Sinn, die Quallen aus dem Wasser zu schöpfen, wenn sie sich bereits 50 bis 100 Meter vor dem Strand befinden, weil sie dann meistens schon tot seien.
Ohnehin dürfe es nicht darum gehen, eine für das ökologische Gleichgewicht der Meere wichtige Art völlig zu dezimieren, sondern die Ursachen für die überall im Mittelmeer beobachtete rapide Ausbreitung zu klären. «Jede Qualle, die an die Küste kommt, ist wie eine Botschaft. Sie sagt uns, dass das Meer krank ist», erläutert Gili. So sieht es auch Ricardo Aguilar von der Umweltschutzorganisation Oceana: «Ein Antiquallen-Plan allein nutzt wenig. Es ist, als ob man Moskitonetze gegen die Malaria einsetzt. Die Krankheit an sich wird dadurch nicht beseitigt.»
Einige Gründe der rapiden Ausbreitung kennen die Experten bereits: Wegen der Überfischung des Mittelmeeres haben die von Plankton lebenden Quallen kaum noch natürliche Feinde wie Tunfisch, Schwertfisch oder Schildkröten. Auch Nahrungskonkurrenten wie Sardinen werden rar. Zudem begünstigt das ungewöhnlich warme Wasser die Vermehrung. Und nicht zuletzt gelangt wegen der seit Jahren andauernden Dürre in Spanien weniger Flusswasser ins Meer - Süßwasser wirkt gegen Quallen wie eine natürliche Barriere. Viele Fachleute sehen deshalb auch einen Zusammenhang mit dem weltweiten Klimawandel.
In Andalusien im Süden Spaniens versuchen die Behörden, einer Plage auf natürliche Weise vorzubeugen: In Málaga läuft ein Pilotprojekt zur Züchtung der Karettschildkröte (Caretta caretta). Ausgewachsene Exemplare könnten in einer Woche bis zu einer Tonne der Nesseltiere fressen, heißt es. Wer dennoch mit einer Qualle in Berührung kommt, dem raten die Behörden, die betroffene Hautstelle mit Salzwasser zu spülen und die Nesselkapseln mit Hilfe von Haushaltsessig unschädlich zu machen. Möglichst sollten Handschuhe benutzt werden. Anschließend kann die Haut mit Eis gekühlt werden, das jedoch nicht direkt, sondern im Beutel aufgetragen werden sollte.



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