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Suche konstruktiven Umgang mit Defi

Re: Suche konstruktiven Umgang mit Defi

Ach und übrigens danke für die Info, dass man auch bei den inadäquaten Schocks stürzen kann (vielleicht sollte ich mir doch einen Helm besorgen;-). Ich war sehr überrascht nach den letzten Schockabgaben noch zu stehen (denn ich kannte bisher nur Schockabgaben auf Kammerflimmern und da war ich immer ohnmächtig geworden). Mein erster Gedanke nach der ersten Schockabgabe war entsprechend: "wow ich stehe noch". Zweiter Gedanke war: "so schnell gebe ich mich nicht geschlagen" was mich dazu veranlasste meinen Vortrag/die Präsentation von meiner Diplomarbeit fortzusetzen. Der Text lief dann erstaunlicherweise ganz von alleine weiter, bis der zweite Schock folgte und meine Rede mit einem dritten Gedanken beendete: \"****\".
Deine Frage zum Thema Umgang mit Aufregung/Nervosität beantworte ich Dir später, aber vergiss nicht: Ich bin Anfänger;-).

Re: Suche konstruktiven Umgang mit Defi

Zitat: Ayumi

Die Tatsache, dass ich den Defi nicht als „Lebensversicherung“ akzeptieren konnte, sondern als „Feind im eigenen Lager“ empfand, machte es für mich schwierig. Da mir aber nichts anderes übrig blieb, ausser mich damit zu arrangieren, beschloss ich im Gegenzug alles zu unternehmen, um die Zeit, die mir durch den Defi geschenkt wurde, zu nutzen und auszukosten.

Ich lehnte psychologische Unterstützung ab und mied Krankenhäuser, wenn es möglich war. Ich wollte nicht über das Thema sprechen und nicht darüber nachdenken. Ich wollte einfach ein „normales“ Leben.

Ich weiss noch nicht wo anfangen und wie. Ich habe seit zwei Wochen psychologische Unterstützung in Anspruch genommen. Ich hatte gestern einen Termin im Krankenhaus, an dem ich über die anstehende Operation informiert wurde (die Elektrode muss noch in diesem Jahr ausgewechselt werden, mir wird die Implantation eines S-ICD empfohlen).

Es steht mir auch bevor, meine Kollegen und Vorgesetzten an meinem Arbeitsplatz (die von meiner Geschichte nichts wissen) zu informieren.

Ich weiss noch nicht wie und fürchte mich vor den Konsequenzen. Ich habe Angst vor der OP. Nachdem man mir bei der Erstimplantation versehentlich in die Lungen schnitt und ich durch den Pneumothorax, der dabei enstand tierische Schmerzen hatte, wünsche ich keine Wiederholung, denn es war nicht prickelnd.Hallo Ayumi,

die Verdrängungstaktik funktioniert leider nicht auf Dauer und macht *mehr* Probleme, als du haben willst. Du merkst es jetzt ja selbst. Mit der Verdrängung schiebst du es auf, aber auseinandersetzen musst du dich damit, ob du willst oder nicht ??

Die Angst die du hast kann jeder hier verstehen, aber der Angst nach zu geben, schadent dir und deinem Leben sehr, denn du achtest dadurch überhaupt nicht auf deine Gesundheit und auf dein Wohlbefinden.

Die psychologische Hilfe ist ein Anfang, jedoch mit 2 Wochen nicht getan. Diese Ängste zu bearbeiten dauert viel länger, aber das LEBEN geht dann wieder einfacher zu leben, denn die *falschen* Verhaltensmuster werden aufgebrochen und durch neue bzw andere *gute* ersetzt und Ängste verstehen, anstatt zu verdrängen, ist die Devise.

Die Komplikation mit dem Pneumothorax hatte ich auch, aber ist eine nicht ganz so seltene Komplikation und läßt sich nicht immer verhindern.

Die inadäquaten Schocks die du leider erfahren durftest würden viel früher erkannt werden, wenn du nach jedem Schock / Sturz zur Kontrolle gegangen wärest und das Problem mit der Sonde wäre schneller behoben gewesen. Jedoch deine ÄNGSTE zwingen dich dazu *falsch* zu handeln.

Denkst du dass es auf deiner Arbeit ein Problem ist, wenn du sagst was los ist ?

Hast du schon einen Schwerbehindertenausweis beantragt ?

Fühlst du dich in deinem implantierenden Krankenhaus wohl ?

Das S-ICD-System ist für dich bestimmt eine gute Alternative, da man dort KEINE Sonden mehr in den Venen / Adern bis zum Herzen schieben muss - kein Pneumothorax auftreten kann, jedoch sieht man ihn, da er subkutan verlegt wird. Das ist für viele ein Problem, der Esthetik.

Entschuldige, wenn es zu direkt geschrieben ist, aber der *Schonwaschgang* hilft bei deiner Situtaion nicht mehr, denn damit geht es dir schlecht.

Re: Suche konstruktiven Umgang mit Defi

Hallo Ayumi,

mein Beileid für diese Vorfälle die du Erfahren musstest.

Soviel mal geschockt werden ist nicht so leicht wegzustecken.

Wünsche Dir jedenfalls alles Gute.


Da ich meinen Defi noch nicht so lange habe kann ich leider nicht soviel zu dem Thema sagen hätte aber eine Frage an Dich.

Was für Medikamente und wieviel musst du davon pro Tag nehmen?


05/2014 Kammerflimmern/Herzstillstand, Ursache unbekannt
06/2014 Medtronic Defi Evera MRI S eingebaut
bis dato alles I.O.

Re: Suche konstruktiven Umgang mit Defi

Hallo Birgitt

Danke für Deine Antwort. Ich schätze Deine Direktheit. Dass ich mit der Angst nicht weiterkomme habe ich bereits erkannt, weshalb ich auch offen über meine Verdrängungsmuster schreibe (auf die ich nicht stolz bin). Es war für mich ein riesen Schritt überhaupt an diesen Punkt zu gelangen. Ich bin ganz am Anfang, ist mir bewusst.
Ich habe noch keinen Schwerstbehindertenausweis beantragt, ich hatte bisher einen normalen Arbeitsalltag und arbeite 80%, würde das auch gerne so beibehalten, denn ich arbeite gerne.
Ich weiss nicht, ob es Probleme gibt auf Arbeit, wenn ich zu meiner Situation stehe. Ich habe an meinem alten Arbeitsplatz diesbezüglich nicht so gute Erfahrungen gemacht.
In der Implantationsklinik hatte ich am Anfang einen sehr guten Arzt, bei dem ich mich wohl fühlte, ich war lediglich verunsichert aufgrund der Schmerzen, die ich nach der Erstimplantation hatte und die wirklich ziemlich übel waren. Wahrscheinlich wurden die durch den Pneumothorax ausgelöst, keine Ahnung. Wie ging es Dir damit?
Später, als der Arzt wechselte, fühlte ich mich bei meinen Untersuchungen und Kontrollterminen oft nicht ernst genommen, man behandelte den Defi und die menschliche Komponente war nicht vorhanden. Problematisch war vor allem, dass ich immer wieder von neuen Ärzten unterschiedliche Empfehlungen bekam, die sich teilweise widersprachen. Ich habe beispielsweise auch von verschiedenen Ärzten unterschiedliche Angaben, wie ich in einer Notfallsituation zu reagieren habe. Irgendwann war ich sehr verunsichert und hatte kein Vertrauen mehr in die medizinische Versorgung.
Ich habe aber jetzt neu wieder einen guten Arzt, von dem ich mich ernst genommen fühle. Ansonsten hätte ich das Krankenhaus gewechselt, hatte mich schon schlau gemacht was es sonst noch gibt und wie es mit Versicherung etc. aussieht.

Re: Suche konstruktiven Umgang mit Defi

Hallo Iron

Danke. Ich nehme Concor 5mg.

Re: Suche konstruktiven Umgang mit Defi

Hallo Ayumi,
Ich verstehe gut, daß man manchmal an all das nicht mehr denken möchte. Einteils möchte man sich nicht immer von seinen Gedanken und Ängsten verfolgen lassen, andererseits will man doch alles bewußt verarbeiten.
Anfangs war der Defi für mich nur "Lebensversicherung". Für mich wurde er später zum "Feind im eigenen Lager" - danke für diese überaus treffende Formulierung. Und ja, diese Sichtweise erschwert es. Aber sie ist da, und es ist auch zutreffend, es auch so zu sehen.
Für mich war es nach dem ersten Herzstillstand vor allem schwierig zu akzeptieren, daß es nicht einfach nur Zeit braucht, bis ich wieder fit werde, sondern daß ich nie nie nie mehr auf diese Weise fit werde - daß bestimmte Dinge für immer der Vergangenheit angehören und ich von da an wieder das Leben einer Herzkranken führen werde. Den von da an hatte ich eine Herzinsuffizienz zweiten Grades. Der erste Herzstillstand hat meine Gesundheit ruiniert, der zweite meine Nerven. Aber ich lebe, ich lebe gerne, und ich will weitermachen!
Auch ich lehnte psychologische Unterstützung lange ab. So lange, bis ich einen für mich gültigen Beweis für meine Panikattacken - dafür, daß es nichts anderes war als das - hatte: der Hausarzt spritzte mir ein Beruhigungsmittel und die Symptome verschwanden. Außerdem lag ich einmal an einem EKG während ich alle möglichen Symptome hatte. Nach diesen beiden Ereignissen war ich bereit für eine Therapie.
Ja, aufgeben gilt nicht. Immer weiterkämpfen. Genau wie du schreibst.
Ich wünsche dir viel Kraft bei der Aufarbeitung!

Re: Suche konstruktiven Umgang mit Defi

Hallo Evi,

danke für Deine Zeilen, die mir sehr gut tun.

Hier noch zum Thema Nervosität und Aufregung:
Ich unterscheide zwischen "natürlicher" Aufregung/Nervosität und panikartigen Zuständen.
Zu Aufregung/Nervosität:
Ich übe seit einiger Zeit meine Gefühle, Gedanken und Empfindungen im normalen Alltag zu beobachten. Das hilft mir wahrzunehmen, wann/in welchen Situationen negative Gefühle entstehen. Es hilft mir zu verstehen, in welchen Zusammenhängen sich Gefühle produzieren und ganze Kausalketten bilden. Es hilft mir auch, negative Muster zu erkennen (beispielsweise Denkstrukturen, die Angst erzeugen). Diese Methode (möglichst wertfreie Beobachtung der inneren Vorgänge) unterstützt mich dabei, destruktive Gefühle in ihrem Anfangsstadium zu erkennen. Solange diese Gefühle noch keine rollende Lawine produziert haben, kann man negative Emotionen mit Hilfe von entsprechenden Techniken wieder auflösen/loslassen. Das war der Anfang meiner persönlichen Auseinandersetzung. Ich traute mich zwar noch nicht in meine tatsächlichen Abgründe zu schauen, aber mit den kleinen Gefühlen im Alltag zu üben zeigte mir, dass es möglich ist Veränderungsprozesse in Gang zu setzen. Das hat mir Mut gemacht: „was ich im Kleinen schaffen kann, kann ich auch im Grossen schaffen“.
Was die starken Gefühle betrifft, so sind diese oft an bestimmte Muster gekoppelt, in denen wir reagieren, je nachdem wie wir es gelernt haben. Wie Du wahrscheinlich schon erfahren hast, braucht es Zeit und viel Geduld diese Konditionierungen zu durchbrechen und neue Muster zu lernen. Ich nehme hierfür psychologische Unterstützung in Anspruch (kognitive Verhaltenstherapie und NLP), denn ich habe bisher nichts gefunden, was mir in entsprechenden Situationen (also wenn ich sozusagen bereits mit der Lawine mitrolle) hilft. Ich habe bei Aufregung/Angst schon alles möglich probiert: Mentales Training, Entspannungsübungen, Atmung, Ablenkung durch das Rezitieren oder Lesen von Texten, Zählen, Musik hören, Sport, Unterhaltung. Das ist alles gut und ein Teil davon hilft mir im Alltag das Gleichgewicht zu halten. Wenn ich aber in der Angst/Aufregungssituation schon drin bin, hilft mir nichts davon. Versuche ich ein starkes Gefühl durch Ablenkung „wegzudrücken“ verdreifacht es sich (deshalb hilft mir telefonieren nicht). „Wegdrücken“ halte ich inzwischen für die schlechteste Form des Umgangs. Ich habe dies jahrelang gemacht und es haben sich daraus sehr destruktive Dynamiken entwickelt. Natürlich kann Ablenkung eine Zwischenlösung sein, aber wenn es zur Strategie wird, dann vergrössert sich das Problem.
Was ich noch nicht ausprobiert habe ist die Entspannungstechnik nach Jacobson, die mir Ulla empfohlen hat. Wenn ich auf weitere neue Methoden stosse, die mir helfen, lass ich Dich gerne teilhaben.
Zu Panikzuständen:
Um diese Situationen überhaupt verstehen zu können und dieses Kapitel zu bearbeiten, hilft mir sehr das Konzept „Somatic Experiencing“ von Peter Levin (amerikanischer Psychologe und Biologe). Er entwickelte dieses Konzept zur Behandlung und Auflösung von Schock und Trauma. Seit ich mit dieser Methode übe, sind die Panikattacken seltener geworden und ich kann damit besser umgehen.

Liebe Grüsse und einen schönen Tag.

Re: Suche konstruktiven Umgang mit Defi

Hallo Ayumi,

Verzeih die verspätete Antwort!
Danke vielmals für den ausführlichen Bericht!
Auch bei mir funktionieren Entspannungstechniken nicht, wenn ich in Panik gerate. Mir hat auch die Therapeutin mal gesagt, ablenkende Methoden seien keine Dauerlösung, sondern eine Anfangsstrategie. Später habe ich noch versucht, mir gut zuzureden (naja, eher energisch). Diese Entspannungstechnik nach Jacobson habe ich erfolglos trainiert. D.h. in Ruhe hat es schon funktioniert, aber niemals, wenn ich es gebraucht hätte. Wie sieht diese Methode nach Levine in der Praxis aus? Klingt interessant!
Die guten Neuigkeiten sind jedenfalls, daß ich derzeit keine Panikattacken mehr habe! Glücklicherweise! Nun schon seit einer Weile. Ob die nun wirklich weg bleiben, weiß ich nicht, aber derzeit...
Wie geht es dir mittlerweile?

Liebe Grüße

Evi