Enthält die Zahl Pi ein geheimes Muster?
Enthält die Zahl Pi ein geheimes Muster?
Fasziniert starren Mathematiker seit Jahrhunderten auf die Zahl Pi. US-Physiker haben jetzt herausgefunden, dass die endlose Ziffernfolge nach dem Komma weniger zufällig ist, als sie erscheint. Steckt in der irrationalen Zahl ein bislang unbekanntes Muster? (Die Frage nach "Zufall und Notwendigkeit" stellt sich auch bei den Naturkonstanten im Universum: Wenn nur eine einzige einen minim anderen Wert hätte, gäbe es zwar immer noch den Kosmos, aber kein Leben... Mehr zum "anthropischen Prinzip" in der A.A.S.-News vom 12.4.05)
29. April 2005 Druckversion | Versenden | Leserbrief
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MATHEMATIK
Enthält die Zahl Pi ein geheimes Muster?
Fasziniert starren Mathematiker seit Jahrhunderten auf die Zahl Pi. US-Physiker haben jetzt herausgefunden, dass die endlose Ziffernfolge nach dem Komma weniger zufällig ist, als sie erscheint. Steckt in der irrationalen Zahl ein bislang unbekanntes Muster?
"Gott würfelt nicht", sagte einst Albert Einstein. Der große Physiker wollte nicht so recht glauben, dass in unserer Welt Dinge vom Zufall abhängen, wie es die verbreitete Interpretation der Quantenphysik besagt. Bis heute debattieren Philisophen und Naturwissenschaftler darüber, was Zufall eigentlich bedeutet, ob es ihn tatsächlich gibt und ob nicht vielleicht doch ein allmächtiger Schöpfer im Hintergrund die Fäden zieht.
Einen kleinen Hinweis darauf, dass nicht alles unbedingt Zufall ist, was als solcher erscheint, haben jetzt Physiker der Purdue University entdeckt. Shu-Ju Tu und Ephraim Fischbach waren der Frage nachgegangen, ob die unendliche Zahlenkolonne der Nachkommastellen von Pi den Kriterien für perfekte Zufallszahlen genügt. Sie verglichen Sequenzen der sogenannte Kreiszahl, die das Verhältnis von Kreisumfang und Kreisdurchmesser beschreibt, mit Zahlenkolonnen, die von Zufallsgeneratoren am Computer erzeugt wurden. Das überraschende Ergebnis: Pi ist zwar eine brauchbare Zufallszahl, aber bei Weitem nicht die beste.
Pi gehört zu den irrationalen Zahlen, das heißt, sie kann nicht durch das Verhältnis zweier ganzer Zahlen - also als Bruch -, dargestellt werden. Vor dem Komma steht eine 3, danach folgt eine unendliche Folge von Ziffern, die mit 141592 beginnt. Am Computer wurde Pi bisher auf 200 Milliarden Stellen genau berechnet.
Die unendliche Ziffernfolge der Zahl Pi fasziniert nicht nur seit Jahrhunderten Mathematiker, sie dient Wissenschaftlern und Kryptografen auch als Quelle für Zufallszahlen. Bei Simulationen oder beim Verschlüsseln von Nachrichten - überall werden Zufallszahlen von möglichst hoher Güte benötigt.
Zufallsgeneratoren besser im Zufall
Pi galt bislang als besonders gute Zufallszahl. Doch die Untersuchungen von Tu und Fischbach stellen dies nun in Frage. Die beiden Physiker verglichen Pi mit 30 Software-Zufallsgeneratoren und einem Chaos-erzeugenden physikalischen System. Pi schnitt dabei zwar generell gut ab, die Softwaregeneratoren erwiesen sich jedoch als noch besser im Würfeln von Zahlenreihen, schreiben die Forscher im Fachblatt "International Journal of Modern Physics C" (Ausg. 16, Nr. 2).
Zwar glauben die Forscher bisher nicht, dass ihre Entdeckung bedeutet, dass es ein Muster in der Ziffernfolge von Pi gibt. Doch ganz ausschließen können sie es nicht. Um dem seltsamen Phänomen auf den Grund zu gehen, empfehlen die Forscher deshalb weitere Untersuchungen. Fischbach wies außerdem darauf hin, dass bei den Studien an seiner Universität nur ein Prozent der heute bekannten Pi-Nachkommastellen analysiert worden sei.
Bei sehr wichtigen Anwendungen, etwa in der Kryptographie, schreiben die Wissenschaftler, seien kommerziell angebotene Zufallsgeneratoren mitunter die bessere Wahl, auch wenn selbst diese ihre Grenzen hätten. "Streng gesehen kann ein Algorithmus keine perfekten Zufallszahlen erzeugen", erklärte Fischbach. Wenn man die verwendeten Formeln kenne, sei es möglich, den Output des Generators vorherzusagen. Kryptographen würden deshalb den Algorithmus geheim halten, damit ihre Verschlüsselung nicht geknackt werden könne.
Die Forscher untersuchten die ersten 100 Milliarden Nachkommastellen von Pi und zerlegten diese in Folgen aus zehn Ziffern. Vor die erste Ziffer fügten sie jeweils eine Null und ein Komma ein - aus 1415926535 wurde so 0,1415926535. Dann erzeugten sie aus den so erhaltenen Zahlen Punkte in einem dreidimensionalen Koordinatensystem: Die erste Zufallszahl wurde zur x-Komponente, die zweite zur y-Komponente, die dritte zur z-Komponente und so weiter.
Auch die per Software erzeugten Zahlenreihen wurden auf diese Weise in ein 3D-Diagramm eingetragen. Anschließend untersuchten die Forscher, wie gleichmäßig die Punkte im Raum verteilt waren. Bei idealen Zufallszahlen müssten die Abstände der Punkte zum Würfelmittelpunkt auf einer Glockenkurve liegen. Das taten sie auch, allerdings am besten bei den per Software generierten Zahlen.
Nur ein Prozent der Nachkommastellen untersucht
Pi erreichte ebenfalls gute Ergebnisse, betonten die Physiker. Die Zahl gelte nach wie vor als gute Zufallsquelle. Die Forscher seien jedoch erstaunt gewesen, dass einige der Generatoren mitunter besser abgeschnitten hätten.
Fischbach und Tu fordern in ihrem Artikel weitere Untersuchungen an der Zahl Pi. Beispielsweise sollte die Verteilung der Zahlen auch in höheren Dimensionen als drei und sechs analysiert werden, wie es bei der Studie an der Purdue University geschehen war.
Ein Jahr lang ließen die Forscher einen Computer an der Zufallsfrage rechnen. Für weitere Untersuchungen wollen sie ihre Software jetzt auch anderen interessierten Wissenschaftlern zur Verfügung stellen.
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Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,353818,00.html
liebe Grüße
Sandro