amüsant, gute aufheiterung
hi,kann man leicht auf andere veranstaltungen, bis auf einige unterpunkte ,übertragen:
Kirmes
Einmal im Jahr is in jedem Dorf der Ausnahmezustand. Diese Orgie heißt
dann Kirmes, Kerb,Feuerwehr-, Schützen-, oder Sängerfest oder meinetwegen
Hühnerwämserball, is vollkommen egal, weil is alles dasselbe.
Dann wird nen Zelt aufgebaut irgendwo und mindestens drei Tage
getestet, wieviel Ballerbrühe die alte Karkasse noch aufsaugen kann.
Fängt meist schon Tage vorher an; aufbauen, schmücken, mit Kränzeflechten,
Birkenbraken anne Verkehrsschilder nageln oder weiß der Henker: Haupsache
mitn Trecker rumnageln und Kiste Bier dabei. Während die Männer in der
Wildnis das gefährliche Tannengrün erlegen,sitzen die Weibchen im Kreis und
basteln daraus meterlange Kränze oder
dekorieren de Zelt. So wird die traditionelle Rollenteilung gefestigt und
keiner kommt auf dumme Gedanken. Die Sitte des Kränzens is uralt.
Früher bein Schützenfest kamen immer mehrere Leute zu Tode:
Kaputtgesoffen, anner Theke totgetrampelt oder anner achten Bratwurst
erstickt. Ja und
weil das ganze Dorf nachn Zeltfest zu tattrig war, um nen Kranz für die
Beerdigungen zu flechten wurden die vorher auf Vorrat fertiggemacht.
Mußte man Montag dann bloß noch auf Ende schneiden das Gestrüpp, Papierblume
dran und ab nachn Friedhof. Heute gibs ja kaum noch Tote bei Zeltfesten,
nich mal mehr Schlägereien... Die warn ja früher der Höhepunkt.
Die Schlägerei ist die Form, in der der Mann vom Lande einem andern
sagt, daß er ihn lieb hat. Und nach der Massenschlägerei in der Sektbar
waren alle Männer Blutsbrüder - das waren noch Zeiten. Doch die soziale
Kälte is
auch aufm Dorf zu spüren:
Keiner haut mehr dem anderen einfach so einen in die Fresse.
Ein heimlicher Höhepunkt beim Zeltfest ist der spontane Geschlechtsverkehr
an der Rückwand vom Festzelt. Wenn die Kerle zum Pissen irgendwo ins
Gebüsch verschwinden, erinnern sie sich plötzlich, daß sie nich bloß ein
Loch
im Kopp haben, wo man Bier reinschütten kann, sondern daß es zwischen den
Beinen auch wieder rauskann. Und mit dieser verkümmerten Restexistenz
hatten sie früher doch auch immer viel Spaß. Und jetzt schlägt die erotische
Phantasie gnadenlos zu: Sex ohne sich groß ausziehen zu müssen, is das
allergrößte. Hose is eh noch auf vom Pissen, quasi die halbe Miete.
Jetzt fehlt bloß noch die Gelegenheit. Doch da siehts dann finster aus:
Die Anzahl der willigen Tanten, die teilentblößt an der Zeltwand lehnen,
hält
sich doch in Grenzen oder die Alten hat schon jeder jehabt, also blöd zum
rumerzählen. Und so laufen Dutzende von halbbesoffenen Typen mit
offener Buchse hinterm Zelt rum und verstehen die Welt nich mehr. Müßt Ihr
mal
drauf achten, so ab 23 Uhr etwa geht's los: Dann schleichen hier überall die
Männer durchs Unterholz. Offiziell wollen sie natürlich nur zehn Liter
Gerstenaufguß nach draußen bringen, in Wahrheit sind sie auf Suche
nach erotischen Abenteuern.
Es gibt auch Männer, die gehen zum Pinkeln in den Toilettenwagen,
die haben die Hoffnung schon aufgegeben, daß da
draußen in der Wildnis noch irgendwas zu löten wäre. Aber auch bei den
andern
sieht die Realität nich besser aus: Nach dem Strullen kommen sie total
gefrustet
wieder zurück ins Zelt. Früher entlud sich dann der Frust in einer
homoerotischen Ersatzbefriedigung: Der Massenschlägerei. Haben wir
schon gesehen: Gibs heute kaum noch.
Was bleibt also:
Das EINE: Körper stillegen durch Alkoholzufuhr. Das hört sich einfach
an, isses aber nich, weil beim Zeltsaufen gibt es festgelegte Rituale, die
man unbedingt beachtet muß:
1. Ein Bier bestellen geht gar nich. Damit sagt man, daß man ne
knickrige Sau is, keine Freunde hat oder Antialkoholiker, quasi das
allerletzte.
2. Also immer mindestens zehn Stück, einen Meter oder ein ganzes
Tablett. Nie vorher abzählen, wieviel Leute um einen herumstehen und dann
genau
die Anzahl bestellen. Am besten irgendeine Zahl über die Theke grölen und
ab dafür.
3. Ganz falsch: Die Umstehenden fragen, ob sie überhaupt noch ein Bier
haben wollen. Wichtige Regel:
Gefragt wird nich. Saufen ist schließlich kein Spaß.
4. Wenn der Stoff da is, nich blöd rumgucken und überlegen, wem man
denn eins in die Hand drücken soll. Am besten die Gläser wild in der
Umgebung verteilen, denn nur so zeigt man seine Großzügigkeit. Nur der
kleinkarierte Pisser stellt sich da an.
5. Wer zahlt wann welche Runde? In der Regel kommt jeder der Reihe
nach dran. Ganz miese ******* saufen die ersten neun Runden an der Theke
mit und wenn sie an der Reihe wären, müssen sie plötzlich pissen. Der erste
Besteller übernimmt Verantwortung, denn er bestimmt meist die Dauer
des Projekts:
Wenn er zwölf Bier bestellt, müssen alle solange warten, bis zwölf Runden
durch sind.
Wichtig ist, daß der Strom nie abreißt. Also wenn alle noch die Hälfte im
Glas
haben, sofort die nächste Runde ordern und das neue Glas in die Hand
drücken. Was voll peinlich ist: Mit zwei Gläsern in der Hand an der
Theke stehen, deshalb is Tempo angesagt beim reinschütten, is schließlich
kein Kindergeburtstag.
6. Richtig fiese Schweine bestellen zwischendurch noch ne Runde Korn
oder die absolute Hölle: " Kümmerling" , eine Art braunes Schlangengift, daß
mit dem Eiter von toten Fröschen verfeinert wurde. Hier wird's ernst.
Sollte sich sowas andeuten, kann man bloß noch die Flucht ergreifen. Merke:
Biersaufen kann man überleben aufm Zeltfest mit etwas Planung und
Glück; nach Underberg weigert sich sogar der Notarzt, diese Schweinerei
wiederzubeleben.
7. Konsequent durchgezogen, bist Du normalerweise aufm Zelt um halb
Neun stramm wie die Kesselflicker. Geht natürlich nich, weil Du kannst ja
noch nich Hause, wegen Verdacht auf Weichei und so. Was also dann?
Pausen machen! Dafür sind in der Regel zwei Sachen vorgesehen:
Bratwurstfressen und Tanzen.
Erstens: Bratwurstfressen
Vorteil: an der Bude gibs kein Kümmerling , da bist Du also ne
zeitlang sicher vor der Alkoholvergiftung durch andere. Nu sind die
Bratwurststände auf Zeltfesten immer so konzipiert, daß die Nachfrage
immer größer ist als das Angebot. In der Bude arbeiten dann auch meistens
junge,
innovative, gutaussehende Fachkräfte, denen man beim
Grillen ohne weiteres die Schuhe besohlen kann. Einzige Qualifikation:
Sie können mit einem Sauerstoffanteil in der Luft von unter 1% überleben,
deswegen
wirken sie auch so scheintot. Nu sagt der Laie: Watn Scheiß, das könnte man
doch viel besser organisieren: Zackzack kämen die Riemen übern Tresen.
Aber falsch: Die mickrigen Bratwurstbuden mit den Untoten am Grill
stehen da nich aus Versehen, sondern absichtlich. Hier kann man Asyl
beantragen von
der Sauferei und je länger man auf den verkohlten Prengel warten muß,
desto größer die Überlebenschancen während den gesamten Feierlichkeiten.
Zweitens: Tanzen
Im Vergleich zu Bratwurstfressen natürlich die schlechtere Wahl, weil
anstrengend und mit Frauen. Aber irgendwann geht halt kein Riemen mehr rein
in den Pansen und Du mußt in den sauren Apfel beißen. Also zack, einen
Rochen von den Bänken gerissen und irgendwie bescheuerte Bewegungen
machen. Wenn Du Glück hast, spielt die Kapelle mehr als zwei Stücke und Du
kannst Dir ein paar Bier ausse Rippen schwitzen. Hast Du Pech, kommt sofort
nachm ersten Stück der Thekenmarsch oder "Ein Prosit der Gemütlichkeit", und
Du stehst wieder da, von wo Du gerade geflohen bist.
Weiterer Verlauf des Abends: Sektbar
Eine richtig gruselige Bude, quasi die Abferkelbox im Festzelt. Hier isses
so voll und eng, hier bleibst Du auch noch stehen, wenns eigentlich
nich mehr geht. Es soll schon Kriegsverletzte gegeben haben, denen hat man
in der Sektbar beide Beinprothesen geklaut und sie habens nich gemerkt. Doch
der Preis, den Du für die Stehhilfe zahlst is hoch: Du mußt Sekt saufen
aus so mickrigen Blumenvasen, die man von der Spermaprobe beim Urologen
kennt.
Ziemlich eklig alles. Wenns keine Sektbar gibt, gibst meist ne
Cocktailbar:
Cocktail heißt im Zelt aber nich Caipirinha oder Margerita sondern
Fanta/Korn oder Korn mit Fanta. Also vorsichtig. Hier kanns ganz
schnell zu ende gehen. Eine Alternative für den ganzen schnellen Weg ins
Nirwana is noch der hessische Zaubertrank: Asbach/Cola. Vom
Preis-Leistungs-Verhältnis her immer noch ne reelle Sache: So besäuft
sich der kritische Verbraucher und hat es ruckzuck geschafft. Doch bevor Du
nach Hause darfst, kommt noch ein ganz wichtiger Punkt, nämlich...
Kotzen
Klingt scheiße, is aber garnich so. Du wirst dankbar sein, wenn Dein
Körper, Dir dieses Geschenk bereitet. Du hast Platz für neue Schoppen und
Bratwürste und vielleicht sogar Glück, daß Du die letzten zwanzig Bier noch
erwischt, bevor sie Dein Gehirn erreicht haben. Der Profi jedenfalls kotzt
oft und gern - sagt man.
So jetzt wären wir auch schon bald beim Nachhause gehen. Haha. Wenn Du
aber den Zeitpunkt verpaßt hast, und Du kommst vom Pissen oder
Bratwurstkotzen wieder ins Zelt und es sind bloß noch zwanzig Mann übrig.
Ätsch: Arschkarte gezogen. Denn jetzt heißt es: Die Letzten!!!
Ab jetzt geht es um so spannende Sachen wie Faßaussaufen - denk dran:
Es is immer mehr drin, als Du denkst... Oder Absacker trinken, wenns ein
Kümmerling ist,
kannst Du Dir gleich den Umweg über den Notarzt sparen und den
Bestatter anrufen. Vorsicht: Jeder paßt jetzt auf, daß keiner heimlich
abhaut,
denn die, die wirklich am nächsten Tag was wichtiges Vorhaben, sind
schon lange nach Hause. Die Ersten sacken einfach so vor der Theke zusammen,
damit sie jedenfalls nich noch mehr saufen müssen. Vorteil dieser Phase des
Zeltfestes:
Du mußt nich mehr extra mehr nach draußen latschen für Pissen und Kotzen:
Geht jetzt alles vor Ort, juckt keine Sau mehr.
Nun: Nach Hause
Fällt aus. Mach Dir keine Illusionen: Alleine schaffst Du?s nich mehr,
Taxis gibst nich aufm Land, und wenn, würden sie Dich nich mitnehmen. Deine
Frau kommt nich, um Dich zu holen, die is froh, daß dieses Wrack nich inner
Wohnung liegt und der Gestank in die Möbel zieht. Was bleibt is..
Der Morgen danach
Die ersten Sonnenstrahlen brechen durch die Ritzen in der
Zeltfestplane.
Du wirst wach von einem Zungenkuß, wie Du ihn noch nie in Deinem Leben
gekriegt hast. Leidenschaftlich küßt Du zurück. Dann machst Du Deine
verklebten
Augen auf und blickst in das fröhliche Gesicht des zottigen Köters von dem
Karusselfritzen - und Du freust Dich: Gleich küsst Du wieder ?nen
Kumpel, die Homoerotik auf solchen Veranstaltungen wird, wie gesagt,
extrem grossgeschrieben. Und mit einem eigenen Beitrag zum Thema
Würfelhusten fängt der Tag wieder an. Dein Kopf fühlt sich an wie nach einem
Steckschuß.
Jetzt hilft nur noch: Stützbier rein bis die Maschine wieder halbwegs normal
läuft und ab nach Hause...oder abbauen.
Seid froh, dass die Kirmes - Saison vorbei ist, wir alle hier können
stolz und fröhlich sein, denn wieder einmal haben wir es überlebt.
who dares wins!