BND - perfides Herrschaftsinstrument der jeweils Mächtigen
kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2006/03-11/025.php
Alarm in Gehlens Klo
Wie der BND aus Wehrmacht und SS erstand, und was die ARD für uns daraus macht
Von Otto Köhler
Da es sich nun aber tatsächlich begeben soll, daß der Bundestag doch noch einen BND-Untersuchungsausschuß einsetzt, wie erfreulich war dieser Einfall der ARD: Sie begann am Montag damit, in zwei NDR-Dokumentationen den Bundesnachrichtendienst und seinen Gründer Reinhard Gehlen zu »beleuchten«. Bis in den allerletzten Winkel, NDR-Ankündigung: »Zum ersten Mal sind jetzt im Fernsehen Bild- und Tonmaterial aus dem Privatarchiv Gehlens zu sehen.« Das ist genau das, was wir in der gegenwärtigen Situation brauchen, um den Bundesnachrichtendienst und seine Aktivitäten gerecht zu beurteilen.
BND-Gründer Reinhard Gehlen 1945 als Leiter der Generalstabsabteilung Fremde Heere Ost
Foto: jW-Archiv
Der Film sagte es auch: »Zum ersten Mal sprechen Christoph und Dorothee Gehlen über ihr Leben an der Seite ihres legendären Vaters. Die Familie Gehlen hat exklusiv ihr Privatarchiv geöffnet, die vom Geheimdienstgeneral selbst gedrehten Superachtfilme zeigen sein bisher unbekanntes Privat- und Familienleben.«
Doch Gehlen war immer im Dienst. Sohn Christoph zeigt das häusliche Telefon, das auch am Sonntag läutete. Und da gibt es für die ARD noch so vieles aufzuklären. Das Erste macht nun endlich erstmals dem Zustand ein Ende, den Gehlens Tochter im Film beklagt: »Auch jetzt ist das so, daß viele Leute überhaupt nicht wissen, daß ich mit Reinhard Gehlen zu tun habe.«
Angesichts solch einmaliger Quellenlage konnte man getrost über die umfangreiche Literatur hinweggehen, die es von und zu Gehlen und seiner Organisation gibt. Über die Judenvernichtung im Osten, sagt Tochter Dorothee der ARD, also da hat er »relativ kaum etwas gewußt«. Aber: »Er hatte den Weitblick, Deutschland an das westliche Bündnis anzuschließen, und ich denke, er hat, in der Zeit, wo es auch wirklich so war, die Gefahr der kommunistischen Ideologie gesehen«, sagt die Tochter erstmals im Ersten, und das mag genügen.
Ja, doch der Handel den Hitlers Spionagegeneral, der Chef von Fremde Heere Ost, im Mai 1945 den USA vorschlug, er wurde nur knapp angetippt. Was er bedeutete, blieb ausgeblendet.
Ein Chef mit Augenmaß
Oberst Reinhard Gehlen war im April 1942 im Alter von vierzig Jahren zum Leiter der Abteilung Fremde Heere Ost ernannt worden, die er schnell zu einem bedeutenden deutschen Spionagezentrum gegen die Sowjetunion ausbaute. Hitler beförderte Gehlen noch im Dezember 1944 zum Generalmajor. Gehlen wiederum lobte in seinem Memoirenband »Der Dienst« von 1971 das außenpolitische wie psychologische Gespür Hitlers in den ersten Jahren seiner Regierung und bezeichnete es als »treffsicher«, tadelte aber dessen fehlendes Augenmaß auf militärischem Gebiet dafür, ob »das Wünschenswerte auch zu verwirklichen war«. Gehlen zeigte Augenmaß. Als sich die deutsche Niederlage abzeichnete, wollte er weiterarbeiten. Er beschloß, »so aussichtslos und widersinnig dies im Frühjahr 1945 auch erschien, daß der Versuch gemacht werden müsse wenn möglich ohne wesentliche Unterbrechung , den Kern für einen neuen deutschen Nachrichtendienst zu schaffen.«
Und da er Wert legte auf »einen gewissen legalen Hintergrund für unsere Zukunftspläne«, holte er gleich nach Kriegsende, im Mai 1945, die Genehmigung des Hitlernachfolgers Karl Dönitz ein. Dönitz und sein Vorgänger Hitler allerdings wußten mutmaßlich nichts davon, daß Gehlen schon seit März 1945 das gesamte Geheimdienstmaterial über die Sowjetunion auf Mikrofilm kopieren, und auf einsamen Almwiesen in den Alpen vergraben ließ.
Zwei Tage vor Hitlers Tod, am 28. April 1945, erstieg General Gehlen selbst die Berge nicht ohne Bedenken: »Der nüchterne und zweifelnde Verstand sagte mir, während ich mühsam meinen Weg suchte, daß unser Unterfangen eigentlich recht utopisch sei.«
Doch er war auf dem richtigen Weg: »Ich war schließlich wie erlöst, als der Wald aufhörte. Eine sanft ansteigende Schneelandschaft tat sich auf, in deren Mitte eine Hütte lag: die Elendsalm.«
Während Deutschland, während Europa nicht ohne seine Mitwirkung in Trümmern lag, frohlockte der deutsche General auf der Elendsalm, die nur so hieß: »Hier fand ich die Kameraden und Mitarbeiter ... versammelt, die mich freudig begrüßten: sechs Offiziere und drei Stabshelferinnen.«
Sie erlebten alle zusammen eine »Idylle« wie der General später schriftlich bestätigte: »Diese Tage des Lebens in der freien Natur waren wirklich bezaubernd. Wir hatten uns daran gewöhnt, uns sehr ruhig zu verhalten; so schärften sich die Sinne für die Geräusche in der Natur«. Gehlen weiter: »Wenn nicht die Ungewißheit der Zukunft auf uns gelastet hätte, so wäre dieser Gebirgsaufenthalt ein schöner, vielfach anregender Urlaub gewesen, nicht zuletzt durch die Gespräche, die wir in der Sonne sitzend miteinander führten.«
Es war das Kräftesammeln vor neuen Taten:
»Wir genossen diese letzten Tage in der Freiheit ... intensiv; unsere besondere Freude waren Gemsen, die wir in diesem Gebiet auf Schritt und Tritt trafen und die alle Scheu vor uns verloren hatten.«
Doch dann stieg man hinab ins Tal. Der dreiwöchige Almurlaub zwischen dem Heißen alten und dem neuen Kalten Krieg, den der deutsche General kunstgerecht anzuheizen gedachte, war zu Ende.
Beinahe noch hätten unterwegs französische Soldaten den General und die Seinen gefaßt, die Utopie wäre gescheitert, es hätte nie eine Organisation Gehlen und damit auch keinen Bundesnachrichtendienst gegeben, der unser Land in den Stand einer Aufklärung versetzte nachrichtendienstlich, doch da erreichten sie doch noch sicher die Linien der US-Army. Gewiß, auch dort war der Empfang zunächst kühl, die GIs kannten den bedeutenden General Reinhard Gehlen noch nicht. »Auf der einen Seite empfand ich eine Art von Galgenhumor, daß ich immerhin Generalmajor in einer wesentlichen Stellung während des Krieges mich nunmehr einem jungen amerikanischen Oberleutnant ausliefern mußte. Andererseits gab es kein Zurück.«
Neue Allianzen
Der Ortskommandant sprach kein Deutsch und Gehlen und seine Leute kein Englisch. Ein General und vier Generalstabsoffiziere »welchen Fang er gemacht hatte, konnten wir ihm nicht auseinandersetzen.«
Doch dann endlich stieß der Deutsche auf Captain John Boker, zwar nur Hauptmann, aber er, so Gehlen, »entsprach in seiner Haltung und in seinem Auftreten unseren deutschen Vorstellungen über den Offizier schlechthin«.
Und tatsächlich floß auch, wie der General später erfuhr, deutsches Blut in Bokers amerikanischen Adern.* Damit war die Nachkriegsordnung erreicht. Boker schleuste Gehlen weiter an die richtigen Stellen, der General wurde mit seinen Almgenossen in die USA geflogen. Und die Amerikaner rekrutierten den Spionagechef ihres Feindes zu Aufträgen gegen den eigenen Verbündeten, die UdSSR. Zu verlockend schien, was er zu bieten hatte: ein ganzes Netz von Spionen hinter den sowjetischen Grenzen und Zehntausende von Vernehmungsprotokollen sowjetischer Kriegsgefangener. Daß an Gehlens Papieren Blut klebte, daß die Kriegsgefangenen, die er hatte verhören lassen, gefoltert, ermordet oder dem Hungertod in den Lagern ausgeliefert worden waren, störte nicht.
In den USA einigte man sich in monatelangen Verhandlungen, und am 1. Juli 1946 kam Reinhard Gehlen zurück nach Deutschland. Die Organisation Gehlen wie sie genannt wurde nahm ihren Dienst auf, untergebracht in Pullach bei München in einem ehemaligen Ausbildungszentrum der SS.
Was dies für uns, für die USA, für die ganze Welt bedeutete, blieb im ARD-Film ungesagt; wo man exklusiv die schönen Amateurfilme aus dem Familienleben des Spionagegenerals vorzeigen konnte, läßt sich auf historische Hintergründe gut verzichten.
»Gehlen mußte sein Geld verdienen, indem er eine Bedrohung schuf, vor der wir Angst hatten, so daß wir ihm weiteres Geld gaben, damit er uns mehr darüber erzählte«. Das erklärte der ehemalige CIA-Chefauswerter Victor Marchetti 1984, und er fuhr fort: »Meiner Ansicht nach lieferte die Organisation Gehlen nichts, das zum Verständnis oder zur richtigen Einschätzung des politischen und militärischen Potentials in Osteuropa oder sonstwo beitrug. Statt dessen wurde jetzt behauptet, daß die Sowjets in der Lage wären, in Europa, im Nahen und im Fernen Osten gleichzeitig große Offensiven zu starten.«
Mit Gehlen zogen die USA in den Kalten Krieg. Arthur Macy Cox, Auswerter bei der CIA und im US-Außenministerium: »Die Organisation Gehlen war die einzige Gruppierung, die über Netze in Osteuropa verfügte, und deshalb haben wir sie angeheuert. Doch daß wir Gehlen angeworben haben, war der größte Fehler, den die USA je begangen haben. Unsere Verbündeten warfen uns vor: Ihr stellt Nazis auf der obersten Ebene eures Geheimdienstes ein, und sie hatten damit recht. Dadurch wurden die Vereinigten Staaten unglaubwürdig.«
Das störte nicht. »Er steht auf unserer Seite, und nur darauf kommt es an.« So stellte sich CIA-Chef Allen Dulles hinter Gehlen.
Und Park Armstrong, der Geheimdienstchef im Außenministerium, erkannte: »Die Beiträge unseres deutschen Verbündeten zu unserem Wissen über das sowjetische Militär waren zeitweise der Maßstab für unsere Anstrengungen.«
Der Selbsterhaltungseinfall hatte funktioniert. Und Gehlen mußte sogar den Betrieb ausweiten, seine alten Kameraden von Fremde Heere Ost, die ja alle hocherfahren im Umgang mit dem Kommunismus waren, reichten nicht mehr aus. Er brauchte noch mehr Fachleute.
Und diese neuen Mitarbeiter kamen aus dem Reichssicherheitshauptamt. Emil Augsburg, zuvor SS-Standartenführer und SS-Oberführer Franz Alfred Six, beide Leiter von mobilen Mordkommandos im Osten, widmeten sich jetzt bei Gehlen den Ostemigranten. Und sie brachten ihre alten Leute mit. Andere frühere SS-Größen waren auch dabei: Obersturmführer Hans Sommer, der sieben Pariser Synagogen hatte in Brand stecken lassen, Standartenführer Willy Krichbaum, oberster Gestapochef in Südosteuropa, Sturmbannführer Fritz Schmidt, Gestapochef von Kiel, sie alle fanden sich natürlich im Gesamtinteresse des Westens auf verantwortlichen Posten in der Organisation Gehlen wieder.
Und von da agierte er dann auch in aller Welt. In Südafrika unterstützte er das Regime der Apartheid, in Moçambique die Terroristen von Renamo. Und Saddam Hussein hatte seine Folterknechte beim BND ausbilden lassen, lange bevor der BND die Koordinaten des Bagdader Geheimdienstquartiers der US-Army übermittelte zwecks gefälliger Bombardierung. Für die Ausbildung sorgte ausgerechnet der spätere Bundesaußenminister Klaus Kinkel als zeitweiliger Präsident des BND.
Einfahrt zur BND-Zentrale in Pullach (50er Jahre)
Foto: jW-Archiv
Aus dem Privatleben
Der Anteil von erfahrenen Massenmördern an der Organisation Gehlen wäre übrigens im Verborgenen geblieben, wenn nicht Historiker in den USA Zugang zu den einschlägigen Akten gefunden hätten aufgrund des »Freedom of Information Act« für uns ein Fremdwort. Während die Stasi-Akten im Osten frei zugänglich sind, haben wir im Westen nicht einmal die Möglichkeit, BND-Akten einzusehen, die die sonst übliche Sperrfrist von dreißig Jahren überschreiten.
Einmal schrammt der ARD-Film hart an die Wahrheit heran, als er dem kanadischen Historiker Timothy Naftali ein allzu knappes Statement erlaubte. Naftali konnte bisher als geheim eingestuftes CIA-Aktenmaterial einsehen. Die Akten zeigen, sagte er, daß »viele ehemalige Nazis für die von der CIA finanzierte Organisation arbeiteten.« Mindestens 100 Mitglieder der SS seien für Gehlen tätig gewesen.
Wer? Einfache Mitglieder? Höchstrangige Massenmörder? Der ARD-Film gibt keine Antwort, er hat an dieser Stelle Wichtigeres zu beschreiben, er fährt unmittelbar nach Naftali fort: »Obwohl einige US-Geheimdienstler davon wissen, lassen sie Gehlen gewähren. 1949 kauft er für sich und seine Familie am Starnberger See ein Haus und läßt eine Alarmanlage einbauen.« Der sachkundige Sohn klärt die ARD-Zuschauer auf: »Also hier diese Fenster außenrundherum waren alle mit Öffnungskontakten an die Alarmanlage angeschlossen. Probleme ergaben sich hier bei diesen kleinen Fenstern, weil hier eine Speisekammer war, die immer kalt sein sollte. Und hier war eine Toilette, wo nachts Blumen drin stehen, auch unbedingt kalt, und dafür wurden die Türen innen gesichert. Die Tür von der Speisekammer war natürlich ein besonderer Problem, wenn jemand nachts noch mal etwas aus dem Kühlschrank holte, ging natürlich die Alarmanlage los, alle schossen aus dem Bett, und es war wieder einmal Fehlalarm gewesen.«
Sagt Christoph Gehlen erstmals im Deutschen Fernsehen. Und dazu exklusiv für die ARD-Zuschauer im Deutschen Fernsehen: Vater Gehlen im gestreiften Morgenmantel durch den Garten hüpfend.
Der kurz zitierte kanadische Historiker Naftali hätte Namen nennen können von SS- und SD-Leuten, die in aller Welt im Dienst der Organisation Gehlen und dann des BND standen. Aber darauf verzichtete der ARD-Film zugunsten der von Gehlens Kindern bereitwillig zur Verfügung gestellten Amateurfilme aus dem Privatleben des BND-Gründers, aus Vaters Klo und Speisekammer.
Vor einiger Zeit standen Esther Schapira und Georg M. Hafner von der ARD in Frankfurt vor sorgfältig abgedichteten Archiven in Pullach. Sie waren Alois Brunner auf der Spur, dem ehemaligen SS-Sturmbannführer und Stellvertreter von Adolf Eichmann.
Gehlen hatte den bewährten Massenmörder, der auch ungezählte Kinder in den Tod schickte, unter dem Decknamen Georg Fischer als Residenten in Damaskus in seinen Dienst genommen. Wie so viele Tötungsspezialisten aus der SS, deren klarer Antisemitismus der Organisation Gehlen im Nahen Osten Tür und Tor öffnete. Brunner hat in Syrien auch Folterspezialisten ausgebildet zum Nutzen Deutschlands und des BND. Jetzt konnte unser demokratisch kontrollierter Bundesnachrichtendienst die Früchte aus Brunners Saat ernten. Der syrische Geheimdienst stellte Folteropfer bereit, damit sie von eigens eingeflogenen BND-Beamten verhört werden konnten. Aber Brunners Akten beim BND sind nicht aus Rosenholz, sie blieben der ARD fest verschlossen. Denn die SS war die Vorschule der Organisation Gehlen. Und die wurde die Vorschule des BND.
Nützliche Scharfmacher
Am 5. März 1948 telegrafierte der Militärgouverneur Lucius D. Clay nach Washington: »In den letzten Wochen habe ich eine unmerkliche Veränderung der sowjetischen Haltung gespürt, die mir jetzt das Gefühl gibt, daß der Krieg mit dramatischer Plötzlichkeit ausbrechen könnte.« Das Gefühl stammte von Hitlers General. Gehlen behauptete, daß 175 voll ausgerüstete Divisionen der Roten Armee in der Sowjetzone ungeduldig darauf warteten, bis zum Atlantik vorzustoßen.
Geheimdienstforscher Christopher Simpson, dessen grundlegende Studie aus US-Aktenmaterial »Der amerikanische Bumerang NS-Kriegsverbrecher im Sold der USA« 1988 gleich nach ihrem Erscheinen in den USA nicht in der westdeutschen Bundesrepublik, wohl aber im österreichischen Ueberreuter Verlag erschien, vermerkt in seinem umfangreichen Gehlen-Kapitel: »Die früheren Einschätzungen der US Army bezüglich der Transport- und Nachschubprobleme der Roten Armee verschwanden aus den geheimen Beurteilungen des sowjetischen Potentials. Statt dessen wurde jetzt behauptet, daß die Sowjets in der Lage wären, in Europa, im Nahen und im fernen Osten gleichzeitig große Offensiven zu starten.«
Gehlens Zahlen waren falsch, aber sie waren nützlich. Nützlich für die Kräfte in den USA, die auf Kalten Krieg und eine Veränderung der Fronten setzten. Und nützlich für Gehlen selbst: er machte sich und seine Organisation unentbehrlich. Die Berichte des eigenen Geheimdienstes der US-Army waren plötzlich bedeutungslos. Keiner fragte mehr, warum die Sowjets ein Drittel des ostdeutschen Schienennetzes, darunter strategisch wichtige Strecken, demontiert hatten, wenn sie doch einen Blitzkrieg gegen den Westen planten.
Kaffeeplausch mit Frey
Jetzt machte der von Gehlen gegründete Bundesnachrichtendienst aus Deutschland, dessen Regierung sich im Wahlkampf 2002 eindeutig zum Frieden bekannte, einen heimlichen Kombattanten der USA im Krieg gegen Irak. Damals trieb Gehlen mit seiner frisch von den Nazis übergewechselten Organisation durch seine Erfindung von 175 Sowjet-Divisionen, die zum Angriff bereitstünden, die USA tief in den Kalten Krieg. Das muß heute wissen, wer ergründen will, woher der Bundesnachrichtendienst kommt und wohin er uns mit seiner anscheinend geduldeten, wenn nicht geförderten Sabotage der offiziellen Friedenspolitik treiben kann.
Doch der ARD-Film vom Montag wußte Wichtigeres.
»Am Ende seines Lebens hat er einen zufriedenen Eindruck gemacht«, sagt die Tochter des Hitler-Generals zum ersten Mal exklusiv in der ARD.
»Er hat uns viele Werte einfach vorgelebt, vorgelebt das ist besonders wichtig, weil sagen kann man viel, aber vorleben, daran kann man sich orientieren«, sagt der Sohn zum ersten Mal exklusiv in der ARD.
Als Gehlen 1979 gestorben war, veröffentlichte die rechtsextremistische Deutsche Nationalzeitung nun ihrerseits exklusiv und zum ersten Mal einen Briefwechsel unter Freunden: Reinhard Gehlen schrieb Gerhard Frey, dem Führer der neonazistischen DVU, der Deutschen Volksunion:
»Ihr Artikel über die gegen mich laufenden Angriffe hat gut getan.« Gehlen versprach: »Ich werde mich, sobald es geht, wieder melden.« Gehlen berichtete: »Wir haben diesen Geburtstag ... gemütlich im kleinen Familienkreis gefeiert, im Beisein von sieben unserer neun Enkel.« Und endete: »Mit herzlichen Grüßen und Empfehlungen an Ihre Frau, auch von der meinigen, Ihr Reinhard Gehlen.«
Das allerdings fehlt dem Exklusivfilm der ARD, der so vieles zum ersten Mal anzubieten vermag. Gab es keine Privataufnahmen vom gemütlichen Kaffeeplausch zwischen dem Neonaziführer und dem Chef des Bundesnachrichtendienstes samt Familien?
Nach Gehlens Tod, behaupten die Autoren des ARD-Filmes, hätte sich der BND geändert, von einem wie sie formulieren »patriarchalisch geführten zu einem demokratisch kontrollierten« Nachrichtendienst.
Doch der BND hat, wie schon sein pensionierter Patriarch 1975 in einem Rundfunkinterview verriet, zu viele Journalisten und Redaktionsleiter in der Tasche, Gehlen: »Es sind viele Journalisten interessiert worden für den BND, um public relations zu machen und falsche Vorstellungen zu beseitigen
«
* The Gehlen Memoirs. London 1972 (erweiterte Übersetzung von Gehlen 71) S. 20
Mensch bleiben muß der Mensch ...
von Tegtmeier