RAF - oder warum die herrschenden Politverbrecher noch immer außer sich sind
kopiert aus: http://ad-sinistram.blogspot.com/2009/08/hattest-du-nur-teitelbaum-ermordet.html
Hättest du nur Teitelbaum ermordet...
Samstag, 29. August 2009
Wenn er nur Goldstein geheißen hätte, oder Weizman oder Teitelbaum. Dann wäre der Fall schon lange abgeschlossen. Aber Buback! Einen Fall Buback kann man nicht einfach ad acta legen. Ein Buback hat Anrecht darauf, nie vergessen zu werden! Es darf nie wieder, nie wieder geschehen!
Hätte er sich nur Oury Jalloh genannt, wäre versehentlich in Polizeigewahrsam verbrannt, oder hätte er in Asylbewerberheimen geglüht oder damals in Mölln und Solingen gelitten. Heute wäre er vergessen, heute wäre er weit, ganz weit unter den Teppich deutscher Nachteilungsgeschichte geschoben. Aber Buback! So einen hymnischen Namen vergisst man nicht, da bleibt man ermittelnd immer am Ball.
Einen Ohnesorg kriminalisiert man, einen Dutschke macht man zum Extremisten. Die haben nur ihr Fett weggekriegt, weil sie frech die Straßen belagerten und einen Dreck auf die Staatsmacht gaben. Aber ein Buback, der faire Prozesse für Terroristen für eine Fahrlässigkeit der Demokratie hielt, der Linke kriminalisieren, abhören, isolieren, weiß foltern, verfolgen, aus ihren Arbeitsverhältnissen werfen ließ, an diesen Mann mit jenem Namen, der wie eine Maschinengewehrsalve klingt, wie ein Buback ...back ...back ...back, erinnert man sich noch heute liebevoll und voller Hochachtung.
Er trägt den richtigen Namen, denn er trägt einen jener Namen, denen in der bundesrepublikanischen Geschichte Heldenverehrung zuteil werden. Der harte Hund Buback hat mit allen Mitteln - wirklich mit allen Mitteln! - gegen den Terror der Anarchisten gefochten. Die anarchistischen Tendenzen der Studentenunruhen waren urplötzlich vereint mit den Bombern und Todesschützen - der Anarchist, dieser staatslose Versager, mordet eben immer, weil er keine Ordnung, keine Moral, keine Werte kennt. Buback hat stets penibel darauf geachtet, die RAF nicht beim Namen zu nennen, sie als anarchistische Bande zu bezeichnen. Wer soviel Eifer bei der Hatz auf anarchistisches Pack an den Tag legt, der hat auch die Aufklärung seiner Todesumstände verdient, dessen Staat - für den er ja lebte und arbeitete - will als kleines Dankeschön die Wahrheit ans Tageslicht fördern - und sei sie auch nicht wahr, Hauptsache sie wird wahr gemacht.
Dabei ist es nur die Betroffenheit einer ganz bestimmten Gruppe von Menschen, die diese Emsigkeit der ermittelnden Behörden befürworten. Leute, die Bubacks jeglicher Art brauchen, die sich glücklich schätzen können, harte Hunde dieser Art in ihren Personallisten gedruckt stehen zu haben, die beruhigten Gewissens schlafen können, weil das menschgewordene Maschinengewehr unentwegt feuert - ...back, ...back, ...back. Bubacks mähen feindliche Heerscharen nieder, zerschießen alles Linke, lassen ihrem persönlichen Hass auf solche, die von Umverteilung, Veränderung der Macht- und Besitzansprüche, von Lockerung staatlicher Allmacht träumen, freien beruflichen Lauf. Leb' dich nur aus, Buback, nähr' privat deinen Hass und therapier' dich hinter deinem Schreibtisch gesund!
Und die anderen, die keinen harmonischen Namen trugen, die nicht salvungsvoll ratterten, die eben Teitelbaum oder Weinreb oder Zuckermann hießen, die nunmehr auch schon seit Jahrzehnten unter der Erde liegen - sofern man dieses unterirdische Dasein nur metaphorisch aufgreift, denn bei vielen gab es nicht mal mehr einen Leichnam, den man hätte beerdigen können -, die liegen da ungesühnt. Andere wurden nur spärlich gesühnt, das Attentat auf einen Asylanten oder auf einen demonstrierenden Studenten ist tragisch, heuchelte die Justiz beizeiten, aber letztlich doch entschuldbar - man muß doch verzeihen können, der Staat ist ein Allerbarmer. Haftstrafen gibt es für solche Gewaltakte nicht, denn man hat dort nicht die Richtigen getötet, als dass es dafür Haftstrafen geben könnte. Das heißt, man hat eigentlich schon die Richtigen getötet, denn es mag zwar tragisch gewesen sein, für die Hinterbliebenen allemal, aber von Bedeutung waren deren Tode nicht. Ja, es hat da die Richtigen getroffen, denn deren Himmelfahrt ist verkraftbar. Aber wer ersetzt uns unseren harten Hund?
Todesschütze dieses vornehmen Herrn, es gelingt nicht, viel Sympathie für dich aufzubringen. Die "Betroffenheit" ob des Ablebens ist eine eingeschränkte, so wie damals viele eingeschränkt betroffen waren. Was kann man dafür, wenn das Mitleid, die Betroffenheit sich nicht einstellen will? Für Gefühle kann man nichts; für ungefühlte Gefühle sowieso nicht. Aber das bedeutet nicht, unbekannter Todesschütze, dass man dir dankbar sein müßte. Der Mord bleibt immer Mord, auch wenn jemand ermordet wird, um den zu trauern unsittlich erscheint. Du hast einfach nur den Falschen ermordet, Todesschütze. Der Mord ist in diesem Land nicht verpönt. Gut, verboten ist er offiziell schon, aber er ist nicht moralisch verwerflich. Wie sonst kann eine Bande von Volksvertretern Berufsmörder engagieren, die den Mittleren Osten reinigen? Nein, Mord ist nicht verpönt, man muß nur richtig, angebracht, vorallem aber die Richtigen töten. Hättest du nochmal einige Jahre mit deinen Mordgelüsten hinter dem Berg gehalten, geduldig gewartet, dann in Kriegen mit deutscher Beteiligung tausendfach gemeuchelt: du hättest einen Orden erhalten. Vielleicht bist du auch schon sehr alt, immerhin bist du ja unbekannt, möglich ist es also. Wenn dem so ist: warum hast du nicht in Auschwitz angeheuert? Man hätte dich dort gebraucht. Sicher, nach dem Krieg hätte das Bürgertum seine "Betroffenheit" gezeigt und dir den Prozess bereitet. Aber lange Haftstrafen bekommen KZ-Wärter nur im Kino oder im Roman - im echten Leben war tausendfacher Mord für fünf Jahre Knast zu haben. Damit wärst du besser gefahren als mit der lebenslangen Haft und der Sicherheitsverwahrung, die du für das Attentat auf den Generalbundesanwalt erhalten würdest - oder wirst, vielleicht fassen dich die Häscher der ewigen Gerechtigkeit ja doch noch.
Todesschütze, hier erhältst du keine Moralpredigt. Fassen sie dich, dann bekommst du sowieso Predigten, die sich gewaschen haben. Die bürgerliche Presse wird dich in ihrem moralischem Geifer baden. Und fassen sie dich nicht, dann wirst du selbst damit klarkommen müssen. Und man darf sich sicher sein: du leidest darunter. Wenn man als Kind einen Regenwurm zerstückelte, ganz genussvoll das Leiden in die Länge zog, ihm zusah wie er langsam einging, dann denkt man als Erwachsener immer noch daran. Dieses kleine, nichtige, für uns Menschen bedeutungslose Leben brennt sich in unsere Erinnerungen ein. Zuweilen leidet man an der Bösartigkeit, die man damals zur Schau gestellt hatte. Wie muß es da sein, wenn man einen Menschen tötet? Aber wie gesagt, keine Moralpredigt! Du sollst nur erfahren, wie du hättest töten dürfen. Warum bist du denn seinerzeit nicht zur Polizei gegangen, hast nicht im Namen deines Arbeitgebers Linke gequält und ab und an - versehentlich natürlich - gefoltert? Und auf der RAF-Jagd, den Stadtguerillero im Namen des Staates mimend, hättest du sogar töten dürfen, ganz legitim, mit dem Segen der Gesellschaft. Aber nein, du tötetest jemanden, der von Bedeutung war, jemanden, dem die Züge des degenerierten Rechtsstaates ins Gesicht gefurcht waren. Jallohs hättest du morden dürfen, Ohnesorgs ganz ohne Sorge, Teitelbaums sowieso, auch Zaids dürftest du derzeit töten - aber doch nicht dieses Sturmgeschütz bürgerlicher Lebensart.
Du hast dich unproduktiv verhalten, nicht ökonomisch. Tausendfacher Mörder hättest du sein dürfen, dafür mit Orden und Auszeichnungen überhäuft werden können. Wäre das nicht profitabler gewesen? Was für ein Mehrwert! Aber du hast nur einen Mann erschossen! Mehrwert ausgeschlossen! Er mäht dich immer noch nieder, hörst du es nicht? ...back, ...back, ...back. Sein Tod hat ein gut geöltes Maschinengewehr hinterlassen. Das war der ganze Segen des kopflosen Mordens. Er hat den Staatsapparat noch rigider gemacht, noch unerträglicher, Maschinengewehre zum Standardrepertoire werden lassen. Das wissen auch die Häscher, sie wissen, dass Bubacks Tod nicht umsonst war, er hat Repressionsmaßnahmen gegen die Bevölkerung erleichtert, quasi legitimiert. Aber das erzählen sie uns nicht, denn Buback war jemand aus ihrer Mitte, man muß ihn auf Gedeih und Verderb sühnen. Wenn du, Todesschütze, einen Teitelbaum ermordet hättest, heute würde kein Hahn mehr nach dir krähen. Was hat Teitelbaum auch schon für dieses Land geleistet?
Der Tod der Weizmans und Teitelbaums hat den deutschen Staat ja eher behindert, weil nach dem Kriege keiner mehr einen repressiven, hierarchischen Staat haben wollte. Das Unterdrückungspotenzial mußte man sich in langen Jahren erst wieder erkämpfen. Teitelbaum hat nichts geleistet, er hat den Staat nur zurückgeworfen, ihn liberaler, friedliebender, weniger repressiv gemacht. Mensch, Teitelbaums Tod war fast ein anarchistischer Akt, weil er einen schwachen Staat begünstigte. Aber Buback! Der hat was getan! Und den ermordest du! An Teitelbaum hättest du dich halten sollen, dann wärst du nach kurzer Sühne wieder mit offenen Armen in die Gesellschaft integriert worden. Der Teitelbaum hat es doch verdient, stirbt einfach so an Arbeit, die ihn hätte befreien sollen, ermuntert dabei noch seine Mitgefangenen, einfach mitzusterben und tat dem neuen Deutschland damit Böses - "nie wieder!" haben sie dann alle geschrieen. Und die Riege um Buback hat das auch laut gegrölt: Nie wieder! Nie wieder ein Staat, in dem linke Positionen auch nur den Hauch einer Chance haben können!
Geschrieben von Roberto J. De Lapuente
Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!