Eine deutsch-weißrussische Begegnung steht für ein in Eigeninitiative geplantes musikalisch-kulturelles Austauschprogramm und knüpft an ein erfolgreiches Projekt aus dem Jahr 2001 an. Das diesjährige Benefizkonzert unter der Schirmherrschaft von Frau Staatsministerin a.D. Dr. Hildegard Hamm-Brücher findet am 20. Jahrestag der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl statt.
Wir, der Chor Cantus Domus, fahren zunächst Ostern 2006 nach Minsk, um dort zusammen mit den weißrussischen Musikern zu proben und ein gemeinsames Konzert in der Minsker Philharmonie zu geben. Im Anschluss daran kommen die weißrussischen Musiker für ein zweites gemeinsames Konzert nach Berlin.
Dieses Berliner Benefizkonzert steht im Gedenken an die Opfer des Reaktor-Unfalls und wird dem Verein Heim-statt Tschernobyl zugute kommen. Dieser baut für Menschen aus verseuchten Regionen Häuser in unverstrahlten Gebieten und schafft für sie vor Ort neue soziale Perspektiven.
Zu diesem Konzert möchten wir Sie herzlich einladen.
Musik für ein Leben nach Tschernobyl Joseph Haydn: Die Schöpfung
Mittwoch, 26.04.06 Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche Breitscheidplatz 10787 Berlin
Beginn: 20 Uhr
Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 9 Euro
Vorverkauf: im Souvenirladen der Gedächtniskirche und bei allen Chormitgliedern Kartenreservierung: telefonisch unter 030/22430732 und im INTERNET: http://www.cantusdomus.de/
Cantus Domus Chor der Musikakademie Minsk Kammerorchester der Minsker Philharmonie Solisten: Anna Fleischer (Sopran), Sebastian Lipp (Tenor), Assaf Levitin (Bass) Leitung: Ralf Sochaczewsky
Informationen zum Verein, der mit dem Projekt unterstützt werden soll: http://www.desib.de/www.heimstatt-tschernobyl.org
"Glocken von Tschernobyl in Kiew-Swiatoschyn"
Am 26. April 2006 ist der 20. Jahrestag der Katastrophe in Tschernobyl. Was ist in der Ukraine (oder in Kiew und in Bojarka, einer der Kleinstädte des Bezirks) in diesem Zusammenhang passiert? Was sagen die Leute und welche Maßnahmen werden vorbereitet? Ob sich die Leute an dieses Datum erinnern?
Folgendes Material hat Alexander Wolf vorbereitet. Er ist Mitarbeiter einer Nichtregierungsorganisation «Glocken von Tschernobyl in Kiew-Swiatoschyn Bezirk», die Menschen hilft, die in Folge der Tschernobylkatastrophe behindert sind.
Die folgende Schilderung betrifft eine ganz bestimmte Personengruppe und mag daher von offiziellen Meldungen abweichen.
In Kiew, Bojarka und in den Dörfern des Kiew-Svjatoshinski Bezirks ist keinerlei Werbung für soziale Belange zu finden keines der Poster, Schilder, Plakatwände usw. erinnert an diese Tragödie. Dazu müssen Sie wissen, dass sich Bojarka und einige Dörfer des Bezirkes in der Zone befinden, die beim Reaktorunfall besonders zu Schaden gekommen ist. Auch in den Zeitungen gibt es praktisch keine Information anlässlich dieses Datums.
Alle 37 000 Bewohner Bojarkas (darunter, ca. 8.000 Kinder bis 18 Jahre alt) gelten als Opfer des Reaktorunfalls von Tschernobyl und haben eine spezielle Bescheinigung darüber. Aber um diese Bescheinigung zu erlangen, muss man sehr viele andere Dokumente sammeln, was sehr aufwändig ist. Es ist auch sehr schwer, die Abhängigkeit der Erkrankungen vom Unfall in Tschernobyl zu beweisen.
Es sind die staatlichen Abteilungen, die sich mit Tschernobyls Folgen befassen. Ihre Hauptaufgabe ist die Ausgabe der Dokumente an Personen, die an Spätfolgen des Unfalls leiden. Aber, der Vertreter der Bezirksverwaltung, in der eine solche Abteilung arbeitet, hat die aktive Teilnahme an der Arbeit des runden Tisches zum Thema «Die Probleme der Behinderten in Boyarka müssen gesellschaftliche Beachtung finden» abgelehnt.
Welchen Ausgleich erhalten diese Leute? Monatlich bekommen sie 2,5 UHR (0,5 Euro) als Entschädigung. In Bojarka existiert einzige Apotheke, die speziell für Opfer der Reaktorkatastrophe arbeitet. Dort sollten die Medikamente für die Behinderten, auch Kinder, kostenlos abgegeben werden. Doch gibt es dort nur billige und auch keine speziellen Medikamente.
In den Kindergärten und Schulen in Bojarka gibt es kostenlose Verpflegung.
Opfer des Reaktorunfalls können 5 Jahre früher in Rente gehen (d. h. Männer mit 58, Frauen mit 53 Jahren) und Steuerermässigung bekommen.
ZUR MEHRSPRACHIGEN WEBSEITE "GLOCKEN VON TSCHERNOBYL" http://www.dzwony.iatp.org.ua/
"Glocken von Tschernobyl in Kiew-Swiatoschyn"
Der Verein Glocken von Tschernobyl in Kiew-Swiatoschyn Bezirk e.V. (auf Ukrainisch Dzwony Tschernobylya Kiewo-Swyatoschynskogo rajonu) wurde im August 2004 gegründet. Anliegen des Vereins ist es, behinderte, alte und arme Menschen zu vereinen, deren Rechte und Interessen aufzuzeigen und zu verteidigen. Der Verein befindet sich im Rayon Kiew-Swiatoschyn des Kiewer Gebiets. Die Hauptverwaltung des Vereins befindet sich in Boyarka. Das ist eine kleine Stadt 25 km von Kiew entfernt.
Das Territorium des Rayons umfasst ca. 726.000 km. Im Rayon gibt es 156.000 Einwohner, 2 Städte und 28 Dörfer. In den Städten leben ca. 76.000 Menschen. Davon sind 42.000 Rentner und 8.000 Behinderte. Normaleweise erhalten sie ca. 60 Euro Rente pro Monat. 38.000 Personen der Stadt Boyarka, wo unsere Organisation ein Office hat, sind von der Verwaltung als Opfer von Tschernobyl anerkannt.
In August 2004 betrug die Mitgliederzahl des Vereins 36 Personen. Ein Jahr später betrug die Zahl 46 und im Oktober 2005 bereits 57 Personen. Heute (am März 2006) haben wir schon ca. 60 Personen. Die Zahl tendiert zu raschem Zuwachs, der nur deshalb zurückhaltend ist, weil der Verein zur Zeit keine ständige Finanzquelle und damit begrenzte Möglichkeiten hat.
Eine ständige Finanzquelle haben wir nicht. Und natürlich stieg während der Ausbreitung unserer Aktivitäten in Dörfern die Mitgliederzahl des Vereins um das mehrfache. Das älteste Mitglied unserer Organisation ist 87 Jahre alt, das jüngste 14. Die Zahl des eigentlich Behinderten beträgt 27 Personen, 50 % von ihnen sind geistig behindert, der Rest (50 %) körperlich. Die anderen sind arme oder alte Menschen.
Glocken von Tschernobyl in Kiew-Swiatoschyn Bezirk ist gemeinnützliche, ehrenamtliche Organisation die nicht politisch und nicht kirchlich ist.
Direktor des Vereins ist Herr Alexander Wolf. Er wurde 1979 geboren und ist der einzige Pfleger seines geistig behinderten Großvaters, der 1929 geboren wurde. Die Präsidentin der Organisation ist Frau Diana Kuznetzowa, eine körperlich behinderte Frau, Mutter eines geistig behinderten Sohnes und Ehefrau eines behinderten Mannes. Also verstehen die Leiter des Vereins die Probleme der armen und behinderten Menschen, denen sie begegnen, sehr gut.
Zurzeit realisiert unser Verein ein Projekt, dessen Ziel darin besteht, den örtlichen Verwaltungsorganen und Geschäftsstrukturen Probleme der behinderten und armen Menschen in Kiew-Swiatoschyn-Rayon zu zeigen. Im Rahmen des Projektes finden 4 Ausstellungen der behinderten Künstler, 1 Mittagessen für unsere Mitglieder und Maßnahmen zur juristischen Hilfe für 8 Personen statt. An den Ausstellungen nahmen 20 Behinderte teil, und es waren 1000 Besucher. Am Mittagessen nahmen 20 Personen teil. Außerdem wurde im Rahmen dieses Projektes Materialhilfe mit Lebensmitteln, gebrauchten Kleidern und Schuhen erwiesen.
Inzwischen ist es uns während unserer 1-jährigen Tätigkeit gelungen, Kontakte mit den Stadtverwaltungen in Boyarka und Wyschenewe, den regionalen und gesamtukrainischen Presseorganen sowie den Sozialeinrichtungen in Kiew im Kiewer Gebiet zu knüpfen. Diese Beziehungen zeigen eine positive Entwicklungstendenz.
Wir bitten alle Menschen und Organisationen, die an unserem Verein Interesse haben, um Unterstützung unserer Aktivitäten. Das kann nicht nur eine finanzielle Unterstützung unserer Projekte, sondern auch ein Erfahrungsaustausch sein.
Da unsere Organisation aber noch ganz jung ist, braucht sie alles so z. B. gebrauchte Lehrmittel, Bücher, Computer, Drucker.
Wir suchen Sponsoren für die folgenden Projekte (vorbereitet von Herrn Alexander Wolf):
- Die Bildungsmaßnahme Erziehung von geistig behinderten Kindern und Die Rechte der Behinderten.
Dazu brauchen wir ungefähr 700 Euro, unser Beitrag ist ca. 400 Euro.
- Informationsveranstaltungen für die Bevölkerung und die örtlichen Verwaltungsorgane zum Thema Die sozialen und psychologischen Probleme der Behinderten.
Dazu brauchen wir ca. 700 Euro, unser Beitrag ist ca. 370 Euro.
- Die Eröffnung einer Kleider- und Schuhwerkstatt für Behinderte in Boyarka, wo auch Behinderte tätig sind und die Informationen über unsere sozialen Projekte verteilt werden.
Hier brauchen wir ca. 3000 Euro, unser Beitrag ist ca. 2000 Euro. Wir brauchen Ihre Unterstützung.
Wenn Sie weitere Fragen oder Interesse an der Zusammenarbeit mit der Ukraine oder an unserer Organisation haben, wenden Sie sich
- an Herr Alexander Wolf, erreichbar unter:
Email: var m = String.fromCharCode(109,97,105,108,116,111)+':';var e = 'dzwony'+String.fromCharCode(64)+'list'+String.fromCharCode(46)+'ru';document.writeln(''+e+'');dzwony@listru Telefon + 38 044 440 22 91 (Kiew) Mobil 0038 097 386 96 62
- oder an Frau Kuznetzowa (sie spricht nur Russisch), erreichbar unter:
... lieber Ralf, an den Tschernobyl-GAU und seine schlimmen Folgen kann gar nicht oft erinnert werden! ... weil uns nun besondere freundschaftliche Beziehungen nach Weiden in die Oberpfalz verbindet sollen hier ruhig auch die Aktivitäten der "Weißrußlandhilfe Oberpfalz" unserer Leserschaft vorgestellt werden ... zumal es ja auch unsere Forumshexe Baba Yaga - na sagen wir mal - mitbetrifft ... hab deshalb mal ein bißchen gegoogelt hier die wichtigsten Ergebnisse:
bei Eingriff an einem Siebenjährigen aus Weißrussland
Wladimir hat Glück im Unglück gehabt. Das Unglück musste er lange Zeit ertragen: der siebenjährige weißrussische Junge wurde mit einer schweren Fehlbildung des Hirn- und Gesichtsschädels geboren. Die Wendung zum Besseren soll am kommenden Dienstag eintreten. Am 4. September 2001 wird ein Team von Spezialisten aus Neurochirurgie sowie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums in Erlangen eine Operation durchführen, die diese Fehlbildung beheben soll. Vermittelt wurde der Fall über die Kinderklinik in Weiden und den Förderverein Weißrusslandhilfe Oberpfalz, der Hilfstransporte organisiert und Kindern zur Hilfe kommt, die durch den Unfall im Kernkraftwerk von Tschernobyl geschädigt wurden.
Ob die Verformung von Wladimirs Schädel eine Folge der Reaktorkatastrophe von 1986 ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. "Man kann die Fehlbildung nur schwer klassifizieren. Jedenfalls ist eine derartige Störung außergewöhnlich und kommt sonst in der klinischen Praxis selten vor", erklärt Prof. Dr. Jörg Wiltfang, leitender Oberarzt an der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der FAU (Vorstand: Prof. Dr. Friedrich W. Neukam). Wladimirs Kopf ist nicht regelmäßig geformt, sondern stark asymmetrisch. Sein Aussehen wirkt so fremdartig, dass seine Eltern sich erst nach Einbruch der Dunkelheit mit ihm ins Freie wagten. Seine geistigen Fähigkeiten scheinen dagegen kaum beeinträchtigt, obwohl auch das Gehirn durch die fehlgestellten Schädelknochen verformt ist.
Bei einer ZDF-Reportage im Jahr 1997 wurde Wladimir in einem Kinderheim gefilmt. Dr. Harry Nomayo, Oberarzt der Kinderklinik Weiden und Gründer des Vereins zur Weißrusslandhilfe, kamen diese Bilder vor Augen. Als er versuchte, den Jungen zu finden, war der Kleine aber aus dem Heim verschwunden. Über die Urgroßmutter im Süden des Landes konnte Dr. Nomayo schließlich die Adresse der Eltern erfahren, die Wladimir inzwischen zu sich genommen hatten. Er erreichte es, dass die Mutter einer Operation in Deutschland für den Fall zustimmte, dass genügend Spenden für die Kosten aufgetrieben werden konnten.
Im Mai 2001 reisten Mutter und Kind in einem der Busse, die Hilfsgüter des Vereins von Deutschland nach Weißrussland bringen, auf der Rückfahrt mit. Wladimir wurde in der Kinderklinik der Universität Erlangen-Nürnberg (Vorstand: Prof. Dr. Wolfgang Rascher) vorgestellt und fiel Prof. Dr. Dieter Wenzel auf, der die dortige Abteilung für Neuropädiatrie leitet. Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Dr. Martin Zenker, Prof. Wiltfang und Prof. Dr. Michael Buchfelder, leitender Oberarzt an der Neurochirurgischen Klinik der FAU (Vorstand: Prof. Dr. Rudolf Fahlbusch), unterstützte Prof. Wenzel den Eingriff, der dem Siebenjährigen zu einer symmetrischen Form des Schädels verhelfen soll.
Neben den kosmetischen Aspekten berücksichtigt das interdisziplinäre Konzept der craniofacialen Sprechstunde vor allem entwicklungsneurologische Aspekte einer ausgewogenen Gehirnreifung. Wladimirs Gehirn soll aus seiner "Zwangslage" befreit werden und sich normal weiterentwickeln können. Die operative Planung wird gemeinsam mit den Spezialisten aus Kieferchirurgie und Neurochirurgie besprochen. Den Klinikaufenthalt finanziert der Förderverein Weißrusslandhilfe aus Spendengeldern; für den Eingriff selbst wird keine Bezahlung verlangt.
Am Montag, den 3. September, wird Wladimir in der Neurochirurgischen Klinik aufgenommen, und für den Tag darauf ist die Operation zur Korrektur der "craniofacialen Fehlbildung" durch Prof. Buchfelder und Prof. Wiltfang vorgesehen. Es handelt sich um keine einfache Prozedur: aus dem Schädel müssen Knochensegmente herausgelöst und neu zusammengesetzt werden. Wie aus dreidimensionalen Puzzleteilen werden andere Konturen geschaffen. Gehirn und Nervenstränge dürfen dabei nicht beschädigt werden. Zur Stabilisierung der Schädelknochen des Jungen werden Platten aus einem Material eingesetzt, das sich nach einer Weile von selbst auflöst. Verläuft der Eingriff erfolgreich und ohne Komplikationen, kann Wladimir nach etwa einer Woche in die Kinderklinik Weiden zurückverlegt werden, die die Nachbehandlung übernimmt. Wenn er wirklich Glück hat, beginnt danach für ihn ein völlig neues Leben.
Delegation der "Weißrußlandhilfe" liefert erneut medizinische Hilfsgüter nach Belarus Weiden. Jede Menge bürokratische Hürden musste die "Weißrußlandhilfe Oberpfalz" überwinden, bis sie ihre Hilfslieferungen in diesem Jahr bei den Menschen in Belarus abliefern konnte. Neben der Übergabe eines dringend benötigten Krankenwagens in Gomel gab es auch ein Wiedersehen mit dem kleinen Wowa. Er führt - dank des Engagements von Dr. Harry Nomayo und der Unterstützung der NT-Leser - mittlerweile ein ganz normales Leben.
Am 14. Mai um 1.30 Uhr startete die Delegation - bestehend aus den Vereinsmitgliedern Ingeborg und Alfred Stetter, Günter Schindler und Dr. Harry Nomayo aus Weiden bzw. Parkstein - mit einem von Spendengeldern gekauften Rettungswagen und einem von Günter Schindler kostenlos zur Verfügung gestellten privaten Begleitfahrzeug. Am 16. Mai gegen 14 Uhr traf die Gruppe endlich in Gomel ein. Dolmetscher Dennis hatte leider eine schlechte Nachricht: Die Genehmigung zur Verteilung der Hilfsgüter lag noch nicht vor.
Rettungswagen übergeben
Die Zollabfertigung für den Rettungswagen am Gomeler Zollamt dauerte tags darauf den ganzen Vormittag. Anschließend erfolgte die Übergabe an den Vorsitzenden des Gomeler Invalidenvereins, Herrn Gernadi. Er informierte über den dringenden Bedarf an Trainingsgeräten für die meist querschnittsgelähmten Vereinsmitgliedern und bat um Kontakte zu Behinderten-Sportvereinen in Deutschland. Die "Weißrußlandhilfe" will deshalb bei der Rollstuhlabteilung des Weidener Behinderten- und Versehrten-Sportvereins vorstellig werden.
Am 18. Mai stand das Wiedersehen mit dem kleinen Wowa Aksjonow auf dem Programm. In Begleitung von Vater, Mutter und Schwester war er aus dem zirka 55 Kilometer entfernten Wohnort Tscherchesk nach Gomel zu Besuch gekommen, um seine Helfer aus der Oberpfalz zu treffen. "Es geht ihm blendend", berichtet Dr. Nomayo. "Und er hat weitere Entwicklungsfortschritte gemacht." Nach Angaben der Mutter Ludmila Aksjonowa wird Wowa zu Hause weiterhin von einer Logopädin gefördert. Er besucht sogar wie seine jüngere Schwester die zweite Volksschulklasse. "Er ist seit seiner letzten Operation in Deutschland nicht mehr krank gewesen." Für die Mutter und den kleinen Wowa hatte die Gruppe Geschenke im Gepäck.
Da die Genehmigung zur Verteilung weiterer Hilfsgüter auf sich warten ließ, besichtigten die Mitglieder der "Weißrußlandhilfe" am nächsten Tag das Waisenheim für Säuglinge und Kinder bis vier Jahre. Nach dem Gespräch mit der Direktorin Tatjana Afanasenko besorgten sie mit Hilfe eines Mitarbeiters des Gomeler Partnervereins Windeln und Waschpulver als Sachspende. Für den befreundeten Gefäßchirurgen Boris und die Anästhesistin Irina hatte die Delegation Operationsbestecke, Notfallkoffer und weitere Hilfsgüter, die sie beim abendlichen Treffen übergab.
Gute Nachrichten gab es anderntags beim Besuch der Dialyseabteilung des Regionalkrankenhauses in Gomel. Chefarzt Dr. Michail Pilipenko berichtete, dass die vom Verein gespendeten Dialysegeräte einwandfrei funktionieren. An einem dieser Geräte war zum Zeitpunkt des Besuches gerade ein Patient angeschlossen.
Im cardiochirurgischen Zentrum in Gomel beklagten die Direktorin und der junge Chefarzt der Herzchirurgie unter anderem den Mangel an funktionsgerechten Patientenbetten. Der Mangel an staatlichen finanziellen Zuwendungen führe oft zur mangelhaften Patientenversorgung. Einmalspritzen, OP-Nahtmaterialen und
-Handschuhe müssten die Patienten selbst kaufen. Für mittellose Patienten sei man deshalb dringend auf die Unterstützung ausländischer Hilfsorganisationen angewiesen.
Hilfe für Masha
Am 20. Mai startete die Gruppe aus der Oberpfalz nach Mozyr. Tatjana Dubiskowskaja, Leiterin der Jugendfürsorge der Stadt, betreut rund 700 Not leidende kinderreiche Familien in diesem Gebiet. Sie ist zudem Vorsitzende der Hilfsorganisation "Hageruga", die zu den Empfängern der von der "Weißrußlandhilfe Oberpfalz" gelieferten Hilfsgütern zählt. Auch in Mozyr besuchten die Gäste aus der Oberpfalz die Dialyeabteilung des Regionalkrankenhauses, in der gerade zwei der von der "Weißrußlandhilfe" gespendeten Geräte im Einsatz waren.
Tags darauf steuerten sie Minsk an. Dr. Wladimir Krawtschenko, Vorsitzender der Minsker Partnerorganisation "Belarusische Bewegung der Mitarbeiter des Gesundheitswesens" und Direktor einer Minsker stomatologischen Poliklinik, freute sich über die mitgebrachten Rollstühle und zahnmedizinischen Instrumente.
Am Nachmittag kamen Masha Bobrowskaja und ihre Mutter Oxana zum Besuch ins Hotel. Sie freuten sich über die aus Deutschland mitgebrachten Materialen für Mashas neue Handprothese. Masha, die seit zwei Jahren Englischunterricht hat, fungierte sogar als Dolmetscherin für ihre Mutter.
Weidener Verein unterstützt Opfer von Tschernobyl - Bitte um Geldspenden
Weiden. Elf Tonnen Hilfsgüter sind auf dem Weg von Weiden nach Weißrussland. Zugute kommen sie Tschernobylopfern im am stärksten betroffenen Gebiet im Süden der Republik Belarus. Mitglieder des Weidener Vereins "Weißrusslandhilfe-Oberpfalz" unter Leitung von Dr. Harry Nomayo verluden die Waren kürzlich im Vereinslager in Schwarzenbach, nachdem sie alle gespendeten Hilfsgüter sorgfältig begutachtet und verpackt hatten.
In Belarus sind zur kostenlosen Verteilung für Wohlfahrtsorganisationen, Vereine und Waisenheime und andere Institutionen bestimmt, die sich um Hilfsbedurftigen und Opfer der Tschernobylkatastrophe kümmern. Die Verteilung verläuft in enger Abstimmung und mit Hilfe des Vereins "Leben mit Tschernobyl" in Gomel. Laut Dekret des Präsidenten der Republik können humanitäre Hilfsgüter weiterhin kostenlos an Personen, die auf den verstrahlten Gebieten wohnen, an kinderreiche Familien, Alleinerziehende, Waisenkinder, Behinderte und sozial schwache Familien gegeben werden. Medizinische Geräte, die älter als fünf Jahre sind, dürfen jedoch nur noch nach Genehmigung durch das Gesundheitsministerium eingeführt werden. Medikamente müssen eine Mindesthaltbarkeit von einem Jahr haben.
Verdorbene Waren
Diese neuen Bestimmungen wurden zum Bedauern von Dr. Nomayo notwendig, da von manchen Organisationen abgelaufene Medikamente und verdorbene Lebensmittel sowie zerissene Kleidung nach Belarus geliefert wurden. "Hilfsgüter", die dort mit hohem Aufwand vernichtet werden mussten. Eine Fortsetzung der Arbeit des Vereins sei aus humanitären Gründe notwendig, betont der Vorsitzende. "Außerdem dient sie der Idee der Volksdiplomatie und der Versöhnung zwischen Deutschen und Belarussen."
Um die gemeinnützige Arbeit fortführen zu können, benötigt der Verein, der vom Finanzamt Weiden als wohltätig anerkannt und beim Landgericht Weiden in die regionale Liste der gemeinnützigen Einrichtungen eingetragen ist, dringend Geldspenden: Spendenkonto 177 113 bei der Stadtsparkasse Weiden, BLZ 753 500.
Wowa Aksjanow (11) aus Weißrussland entwickelt sich prächtig - Flink am Computer
Weiden. (kä) Er schreibt, er spricht, er liest, er spielt. Am Computer ist Wowa in seiner dritten Klasse der Förderschule ohnehin der flinkste. Ein solch technisches Wunderwerk - ein PC - wäre denn auch der größte Wunsch des Elfjährigen. Kurzum: Wladimir Aksjanow, der in Folge der Tschernobyl-Katastrophe 1994 schwer missgebildet zur Welt kam, geht es "blendend", wie Dr. Harry Nomayo versichert: "Er ist ein anderes Kind."
Im Alter von drei Jahren war Wowa dem Kinderarzt aus Weiden im Babyheim in Gomel aufgefallen. "Er hat mir sehr, sehr leid getan." Die Eltern hatten ihn nach der Geburt dort abgegeben. Wowa hatte nie sprechen gelernt. Der Bub konnte ein Auge nicht mehr schließen. Er litt an einer Lidspalte, einer Gaumenspalte, hatte einen verformten Schädel und missgebildete Füße. Durch sein aufgewecktes Wesen fiel er dennoch auf, übrigens nicht nur Dr. Harry Nomayo und Hildegard Werth, ZDF-Redakteurin, die mehrere Beiträge über ihn drehte, sondern auch Ex-Kanzlergattin Hillu Schröder bei einer humanitären Aktion in Belarus.
Bei einem späteren Besuch Nomayos Ende der 90er Jahre war das Kind dann plötzlich weg: Die Eltern hatten es aus dem Waisenheim zurück geholt. Jahrelang ging der Kleine den beiden Vorsitzenden Nomayo und Günter Schindler nicht aus dem Kopf. "Bis wir gesagt haben: Komm', jetzt suchen wir ihn." In der weißrussischen Provinz im Bezirk Gomel fanden sie nach einer abenteuerlichen Tour über die Dörfer, begleitet von einer Dolmetscherin, den Buben. Isoliert im Haus der Eltern, nicht zugelassen für den öffentlichen Kindergarten. Die Mutter traute sich mit dem Kind kaum auf die Straße.
All das ist Vergangenheit. Die Weißrusslandhilfe ermöglichte seit 2001 eine Reihe von chirurgischen Operationen, unter anderem an der Universitätsklinik Erlangen. Neben den kosmetischen Aspekten berücksichtigten die Ärzte vor allem entwicklungsneurologische Aspekte einer ausgewogenen Gehirnreifung. Wladimirs Gehirn wurde aus seiner "Zwangslage" befreit, um sich normal weiterentwickeln zu können. In seiner Heimat ermöglicht der Weidener Hilfsverein Stunden beim Logopäden. Ein ganz anderes Kind - eine ganz andere Familie. "Die Mutter spricht sehr stolz von ihm", hat Dr. Nomayo beim jüngsten Besuch im Mai 2005 beobachtet.
Von Anastasia Poscharsky-Ziegler | 22.09.2004 | Netzcode: 10617028
Eine zehnjährige Erfolgsstory ohne Ende
Internationale Junge Orchesterakademie begeisterte in 52 Konzerten die Region
Weiden. Alles begann mit dem Konzert am 6. April 1995 in der Max-Reger-Halle vor vierhundert Besuchern. Und die Bilanz nach zehn Jahren kann sich sehen lassen: Die Musiker der 1994 gegründeten Internationalen Jungen Orchesterakademie kamen aus 52 Nationen, gaben insgesamt 52 Konzerte, die von 11750 Zuhörern besucht wurden, produzierten elf Compact Discs, und erarbeiteten so insgesamt den caritativen Erlös von 130 000 Euro für die Kinderklinik Weiden und dortige wichtige Investitionen.
Fortsetzung erwünscht
Der Gründer und Leiter der Orchesterakademie, die seit drei Jahren durch eine Stiftung gestärkt wurde, Professor Ulrich Schubert, zog gestern im kleinen Sitzungssaal des Neuen Rathauses beeindruckende Bilanz, für die Oberbürgermeister Hans Schröpf dem Mann "der jedes Jahr um Ostern, die Kultur der Region für einen guten Zweck bereichert" mit einem Gemälde vom Alten Rathaus dankte.
Für die Kinderklinik Weiden sprach Oberarzt Dr. Harry Nomayo: "Nicht, dass wir keine Wünsche mehr hätten. Aber eine der Kinderklinik angeschlossen Betreuung von chronisch kranken Kindern, wäre uns besonders wichtig!" unterstrich der Kinderarzt, die Bedeutung einer Fortsetzung der Akademiekonzerte in der Region.
Ein entscheidender Schub, der das Ostermontagskonzert in der Weidener Max-Reger-Halle zu einem Osterfestival in der gesamten Nördlichen Oberpfalz ausweitet, war 2002 die Unterstützung durch die Sparkassen der Region, sowie überhaupt die Wahl der Rosenquarzstadt Pleystein als pulsierendes Zentrum des gesamten Projekts. Von Beginn an wird das Projekt auch durch das Medienhaus "Der neue Tag" tatkräftig über das Publizistische hinaus unterstützt.
Unterstützung zugesagt
Höhepunkt der gesamten positiven Entwicklung sei aber dieses Jubiläumsjahr mit sechzehn konzertanten Veranstaltungen verschiedener Stilrichtungen in der Nordoberpfalz, dem absoluten Besucherrekord von 2600 Besuchern und der Erstaufführung von Mahlers monumentaler "Auferstehungssinfonie" in Weiden mit 300 Mitwirkenden und der Einbindung fünf regionaler Chöre, sowie Aufführungen in der Basilika Waldsassen und in der Thomaskirche Leipzig gewesen, betonte Schubert. Doch am Ende seiner Ziele ist der emsige Initiator nicht. Schubert sucht schon jetzt ein Highlight für das fünfzehnjährige Bestehen im Jahr 2009. Es geht also weiter - und alle Bürgermeister von Weiden, Grafenwöhr und Pleystein, wohin von München der Hauptsitz der Orchesterakademie verlegt wurde, sagten ihre Unterstützung zu.
Wie auch die kulturfreundlichen Sparkassen der Region (Weiden, Neustadt/WN und Tirschenreuth), sowie der amtierende Präsident des Rotary Clubs Weiden, Dr. Karl Gmeiner, der begeistert in die Fußtapfen all seiner Vorgänger seit 1995 tritt und wie vom allerersten Tag auch in Zukunft die Ziele der Internationalen Jungen Orchesterakademie auch auf seine Fahne und die der 56 Mitglieder schreibt: Musik, Völkerverständigung und der Dienst für eine gute Sache.
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Mensch bleiben muß der Mensch ... von Tegtmeier
Re: 20. Jahrestag: Tschernobyl
kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2006/04-08/001.php Am 5. April in der 30-km-Zone: Erinnerungskonzert in Illintsi Foto: AP
»Es gibt noch keine endgültigen Antworten
auf Tschernobyl«
Gespräch mit Ute Watermann und Reiner Braun. Über die Folgen des Reaktorunfalls von Tschernobyl 1986 und die Kontroverse darum, den Einfluß der Atomlobby auf die deutsche Politik und die militärische Komponente von Atomenergie
Die Ärztin und Journalistin Dr. Ute Watermann ist Mitglied der Vereinigung Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW)
Reiner Braun leitet das Verbändenetzwerke »Tschernobyl+20«. Siehe http://www.friedenskooperative.de
F: Am 26. April 1986 kam es in dem ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl zum bisher größten Unfall in der nuklearen Energieerzeugung. Eine radioaktive Wolke zog über halb Europa. Welche Auswirkungen hatte aus heutiger Sicht der Reaktorunfall?
Ute Watermann: Am schwersten war die umliegende Region betroffen: Belarus, die Ukraine und europäische Teile Rußlands, insgesamt neun Millionen Menschen. 135 000 Einwohner mußten sofort evakuiert werden, 400 000 verloren später ihre Wohnungen, weil die Gebiete kontaminiert waren und es bis heute sind insgesamt 160 000 Quadratkilometer. Das ist z. B. für ein Land wie etwa Belarus eine schwere Bürde. 30 Prozent des Staatsgebietes sind verseucht, u. a. die ehemalige Kornkammer des Landes. Bis heute sind die Böden z. B. mit Cäsium 137 kontaminiert, das in die Nahrungskette von Tier und Mensch eingeht. So sind die Auswirkungen von Tschernobyl dort bis heute spürbar.
Auch im übrigen Europa ist viel Radioaktivität niedergegangen, in Skandinavien, der Schweiz, in Deutschland, hier besonders Süddeutschland, aber auch in Tschechien, Griechenland und anderen Ländern. Bis heute wird offiziell davon abgeraten, in bestimmten Wäldern Bayerns, Pilze, Wild und Beeren zu essen. Anderswo ist es nicht empfehlenswert.
Reiner Braun: Tschernobyl ist nach meiner Meinung für eine ganze Generation prägend gewesen. Erstmals konnten Kinder nicht mehr draußen spielen, konnte Salat nicht mehr gegessen werden, es war eine psychosoziale Notsituation für Millionen Menschen. Erstmals wurde 1987 ein Bundesumweltminister ernannt. Die Debatte über eine andere Energiepolitik und über einen anderen Umgang mit unserer Umwelt, über deren Verletzlichkeit, wurde durch dieses Ereignis grundsätzlich verändert. Eine Folge ist, daß bis heute Mehrheiten konstant die Atomenergie ablehnen, was für die Atomkonzerne ein echtes Problem ist.
F: Um die Auswirkungen des Reaktorunfalls von Tschernobyl gibt es eine scharfe Kontroverse. Sie wurde befördert durch die im September 2005 vorgestellte Studie des »Tschernobyl-Forums«, das u. a. von Belarus, der Ukraine, Rußland und von UN-Organisationen, darunter die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) und die Weltgesundheitsorganistion (WHO), getragen wird. Dort wurde die Zahl der Todesopfer, die durch direkte Strahlungen ums Leben kamen, auf 56 beziffert, es war die Rede davon, die endgültige Zahl der Opfer könne 4000 betragen. Manche Experten sprechen aber von bis zu 500000 Toten, die der Reaktorunfall zur Folge gehabt habe. Die Vorsitzende der IPPNW, Angelika Claußen, hat in einem Fernsehinterview in dieser Woche gesagt, die »Die IAEA lügt«. Worauf stützt sich dieser Vorwurf?
Ute Watermann: Wir müssen unterscheiden zwischen der Pressemitteilung der IAEA, der eigentlichen Studie der WHO und den Originalarbeiten, auf die sich die WHO bezieht. Denn bei der WHO-Studie handelt es sich um eine Literaturstudie, eine Auswertung.
Sieht man sich die IAEA-Pressemitteilung an, werden dort sehr, sehr geringe Zahlen angegeben: Etwa 60 Tote bis heute, 4000 mögliche Tote in der Zukunft. Die WHO-Studie spricht schon von 9000 zukünftigen Toten. In der Originalarbeit, auf die sich die WHO-Studie bezieht, ist von 8000 bis 22000 Toten die Rede. Das ist Manipulation. Man nimmt immer den untersten Wert der jeweiligen Skala bis hin zur Pressemitteilung. Hinzu kommt, daß sich die WHO auf Arbeiten bezieht, die fast alle zehn Jahre alt und älter sind. Wir wissen aber aus Hiroshima und Nagasaki, daß sich die Auswirkungen von Strahlungen erst nach zwei, drei oder vier Jahrzehnten zeigen.
Ein weiterer Kritikpunkt: Es ist bekannt, daß 600000 bis 860000 Aufräumarbeiter, die sogenannten Liquidatoren, in den Monaten nach dem Unfall direkt in der betroffenen Region gearbeitet haben und radioaktiv belastet wurden, daß aber nur 350000 offiziell registriert wurden wurden. Die Studie berücksichtigt gar nur 200000. Was ist mit den anderen?
Ich könnte viele Kritikpunkte mehr aufzählen. Wesentlich ist, daß die IAEA erklärt, daß sie mit dieser Studie, ich zitiere, »endgültige Antworten auf Tschernobyl« gibt. Das ist unseriös. Es gibt noch keine endgültigen Antworten auf Tschernobyl, und die Frage ist, ob es die sie je geben wird. Die Datenlage ist schlecht, vieles wurde in der Sowjetunion, auch durch den KGB, geheimgehalten. Es gibt nicht wie in Hiroshima und Nagasaki eine großangelegte Studie, die die gesundheitliche Entwicklung der betroffenen Menschen verfolgt. Wir sind auf kleinste Studien angewiesen, die wie ein Mosaik zusammengefügt werden müssen. Das hat die WHO gemacht, die sich aber unseres Erachtens auf sehr alte, einseitige Studien bezogen hat und diese wiederum sehr einseitig interpretiert.
Wir haben, weil wir im September 2005 über die IAEA/WHO-Zahlen so empört waren, Ärzte und Wissenschaftler in der Region gebeten, uns ihre Studien zu geben, haben sie übersetzt, zusammengestellt und kommen zu anderen Zahlen. Wir gehen davon aus, daß zwischen 50000 und 100000 Aufräumarbeiter durch Tschernobyl gestorben sind, daß mehrere 100000 Menschen bis heute schwer erkrankt sind, daß die Säuglingssterblichkeit nicht nur in der Region, sondern in ganz Europa stark zugenommen hat. Die vorliegenden Studien geben für Europa Todesfälle unter Säuglingen knapp 5000 an. Insgesamt gab es in Europa bis zu zirka 10000 schwerwiegende Fehlbildungen. Wir wissen außerdem, daß bisher 10000 Menschen an Schilddrüsenkrebs erkrankt sind und rechnen in der Zukunft mit 100000 Schilddrüsenkrebs-Erkrankten allein in den am meisten betroffenen Gebieten von Belarus.
Zwar haben wir keine großangelegte Studie, das ist ein erhebliches Manko, aber die kleinen Studien zeigen die verheerenden Wirkungen der Strahlung. Etwa eine Studie des Neurochirurgischen Institutes in Kiew, in der sehr eindrücklich beschrieben wird, daß die Hirntumore bei Kleinkindern unter drei Jahren in der Ukraine um das Siebenfach zugenommen haben. Die IAEA erklärt so etwas mit dem ungesunden Lebensstil der Menschen in der Region nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion: Es liegt am Alkoholkonsum, am Nikotin, an häufig wechselnden Geschlechspartnern, an der fatalistischen Einstellung. Da sagen wir: Was ist mit diesen Kleinkindern? Trifft das alles für die auch zu?
F: Wie verhalten sich die unmittelbar betroffenen Länder wie die Ukraine und Belarus dazu? Wenn ich es richtig sehe, standen sie hinter der Studie des »Tschernobyl-Forum
Ute Watermann: Das stimmt so nicht. Es waren Vertreter aus Belarus und der Ukraine mit dabei, aber Regierungsvertreter beider Länder haben gegen diese Zahlen scharf protestiert, z. B. die ukrainische Ministerin für Katastrophenschutz.
Reiner Braun: Die unmittelbar betroffenen Länder sind einerseits daran interessiert, daß die Katastrophenauswirkungen sehr hart dargestellt werden, um westliche Hilfe zu bekommen. Außerdem sind sie einfach mit der schlechten Situation der Menschen in ihrem Land konfrontiert. Gleichzeitig sind diese drei Länder große Förderer der Kernenergie. Es gibt eine Gesetzesvorlage fürs ukrainische Parlament, wonach in den nächsten 20 Jahren 34 neue Kernkraftwerke gebaut werden sollen. Begründung: Nur so ist die Energieunabhängigkeit von Rußland zu gewährleisten. Das Argument sticht schon deswegen nicht, weil sowohl die Endlagerkapazitäten nur in Rußland wären, und das Uran nur über Rußland kommen kann. Wenn es zu einem größeren Bau von Kernkraftwerken kommt, würde sich die Ukraine beim Internationalen Währungsfonds und bei der Weltbank extrem verschulden, was bedeutet, daß das Land in die Schuldenfalle hineinfallen würde. Unter ökonomischen, ökologischen und sozialen Gesichtspunkten handelt es sich um eine Katastrophenpolitik. Es muß alles getan werden, damit es wenigstens von deutscher Seite keine Bürgschaften, Hermes-Kredite oder ähnliches gibt.
F: Wie steht es um die medizinische Versorgung der Tschernobyl-Opfer in diesen Ländern?
Ute Watermann: In beiden Ländern sind Tausende Aufräumarbeiter als Opfer anerkannt. Allein in der Ukraine erhalten 17000 Familien von verstorbenen Liquidatoren Finanzhilfen. Ähnlich ist es in Belarus. Das Problem ist die medizinische Betreuung. Das Gesundheitswesen ist überfordert. Die ukrainischen Bezirkskrankenhäuser geben an, daß gegenwärtig 80 Prozent der Kinder aus der Region krank sind. Wie soll das bewältigt werden?
Viele Kranke sind auf westliche Hilfe angewiesen. In dem am stärksten betroffenen Gebiet von Belarus, in Gomel, gibt es z. B. eine Schilddrüsenklinik, die mit deutschen Spendengeldern betrieben wird. Allein in Deutschland gibt es 600 Initiativen, die helfen Bauarbeiter, die dort Häuser bauen, Krankenschwestern, die kranke Kinder nach Deutschland holen. Alles rein privat.
Es gibt bisher keine staatliche internationale Hilfe für die Opfer. Das Gesundheitswesen ist völlig überfordet. Die ukrainischen Bezirkskrankenhäuser geben an, daß gegenwärtig 80 Prozent der Kinder aus der Region krank sind. Wie soll das bewältigt werden?
Reiner Braun: Ein Großteil der Liquidatoren lebt nicht mehr in der Ukraine bzw. in Belarus. Sie waren Armeeangehörige und Mitglieder von Notstandsdiensten aus Moskau und Umgebung, schätzungsweise 300000 bis 400000 Menschen. Sie mußten in den ersten Monaten nach dem Reaktorunfall dort Dienst tun. Sie erhalten überhaupt keine Hilfe. Viele sind jetzt krank geworden und leben auf dem untersten Lebensniveau von Moskau, aber sie sind nicht offiziell als Opfer einer Katastrophe anerkannt.
F: Bestimmen demnach Desinformation, Panikmache und das Schüren starker Emotionen die Debatte?
Reiner Braun: Es gibt wahrscheinlich kaum einen Bereich, der von Anfang an derartig von Desinformationen, Lügen, Verharmlosungen und Verdrehungen bestimmt war. Das beginnt mit der Diskussion über friedliche und zivile Nutzung und geht über die gesamte Entwicklung der Kernenergie bis heute. Die Bundesrepublik baut z. B. gegenwärtig die Urananlage in Gronau aus, 2003 ging der Forschungsreaktor FRM II in Garching in Betrieb, der mit hoch angereichertem Uran arbeitet. Beide Projekte ermöglichen technologisch den direkten Griff zur Bombe. Aber in der Iran-Auseinandersetzung behauptet die Bundesregierung, daß sie nicht nach Atomwaffen strebt. 1986 wurden vier bis sechs Wochen nach Tschernobyl fast alle Schutzmaßnahmen mit Ausnahme der Warnungen vor Pilzen aufgehoben, obwohl klar war, daß die Radioaktivität gar nicht weg sein konnte. Das geschah, um das eigene Aufbauprogramm zu legitimieren und fortsetzen zu können.
Es war damals erst wenige Jahre her, daß die Angst vor einem begrenzten Atomkrieg Millionen Menschen auf die Straße getrieben hatte. Nun gab es gespenstische Bilder von Hubschraubern über dem Reaktorgebäude, in das Sand geworfen wurde und in dem einige Menschen herumturnten. Nach ein paar Tagen mußten Hunderttausende das Gebiet um Tschernobyl verlassen. Weitere Informationen gab es kaum. Es herrschte nicht Panik, aber totale Verunsicherung und Angst.
Die offizielle Politik schwankte zwischen drei Dingen: 1. Sowjetische Kernkraftwerke sind schlecht. 2. Wir müssen unsere eigenen Kernforschungsprogramme fortsetzen. 3. Die Auswirkungen von Tschernobyl müssen kleingeredet werden, damit niemand fragt, ob das überall passieren kann.
F: Das gilt offenbar bis heute. Am Mittwoch behaupteten die Sprecher der Unionsfraktion für Energiefragen, Marie-Luise Dött und Philipp Mißfelder, so etwas wie in Tschernobyl sei in Deutschland zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen.
Reiner Braun: So dummdreist wird in ehrlichen konservativen Kreisen nicht mehr gesprochen. Dort ist die Rede von Übergangstechnologie, auf die z. B. wegen Klimaschutz nicht verzichtet werden kann. Die drei Grundargumente gegen Kernergie sind gültig: Zu gefährlich, nicht beherrschbar wir wissen nicht wohin mit dem radioaktiven Müll , und zu teuer. Die Technologie gehört ins Museum.
Ute Watermann: Deutsche Atomwissenschaftler haben übrigens wenige Monate vor dem Super-GAU erklärt, daß Tschernobyl ein absolut sicheres Atomkraftwerk ist. Heute sind die Atomkraftwerke auch in Deutschland alt. Das gilt besonders für Kraftwerke wie Biblis A und B. Das sind Schrottreaktoren, die dringend vom Netz müssen. Käme es dort im Rhein-Main-Gebiet zu einer Kernschmelze, wären Millionen Menschen betroffen und die Bundesrepublik sicherlich für die nächsten Jahrzehnte wirtschaftlich am Boden.
Reiner Braun: Nicht zu vergessen der erste große Unfall bei Harrisburg in den USA. Von daher ist das Argument, daß unsere Reaktoren angeblich sicherer als die im Osten sind, einfach Demagogie.
F: Wie stark ist der Einfluß der Atomlobby?
Reiner Braun: Die Geschichte der Bundesrepublik ist die Verbindung von Atomindustrie und Politik. Beginnend mit dem Namen Franz-Josef Strauß geht das bis heute im Wechsel von Ministern in die Atomindustrie und umgekehrt. Man darf nicht vergessen, daß in dieser Branche ungeheuer viel Geld verdient wird, daß die Profitraten exorbitant sind. Heute sind alle Kernkraftwerke abgeschrieben. Jeder Tag, an dem sie weiterlaufen, ist wie Geld drucken. Deshalb wird auch um jedes Jahr Laufzeit gefeilscht.
Ute Watermann: Der ehemalige RWE-Manager, dann Bundeswirtschaftsminister bei Schröder und jetzige RAG-Chef Werner Müller erklärte uns in einem internen Gespräch der Atomausstieg war gerade beschlossen: »In fünf Jahren haben wir das wieder abgeschafft.«
F: Gibt es nukleare Einrichtungen ohne militärische Komponenten?
Reiner Braun: Wer ein Kernkraftwerk bauen kann, kann auch eine Bombe bauen. Das sind etwa 40 bis 50 Staaten, darunter die Bundesrepublik. Wenn Verteidigungsminister a. D. Rupert Scholz vor kurzem wieder die deutsche Atombombe in die Debatte gebracht hat, geschieht das sehr bewußt. Der alte Traum der deutschen Konservativen, irgendwann näher an die Bombe zu kommen, und sei es zur europäischen Bombe, ist nicht ausgeträumt, auch wenn er heute nicht aktuell ist. Nur wenn wir aus der Atomenergie aussteigen, können wir auch die Atomwaffengefahr endgültig bannen. Deswegen ist das, was die IAEA macht, so verheerend. Man kann nicht gleichzeitig Förderer der Kernenergie und Wächter über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen sein. Aus meiner Sicht ist eine Neuformulierung der Aufgaben der IAEA notwendig. Entweder wird sie eine Kommission zur Überwachung des Atomwaffensperrvertrages, dann muß sie eine klare kritische Position zur Atomenergie haben, oder sie ist eine Promotionorganisation für Atomenergie, dann brauchen wir eine andere unabhängige Organisation, die die Nichtweiterverbreitung der Atomwaffen überwacht.
Die IAEA wurde unter dem Einfluß von Albert Einstein als Alternative gegen die militärische Nutzung gegründet, mit der Vision, daß die Kernenergie die Energieprobleme der Menschheit lösen könne. In den 50 Jahren hat sich gezeigt, daß das ein Fehler war. Jetzt ist es Zeit, diesen Weg endgültig zu beenden.
Das Gespräch führte Arnold Schölzel
Termine zu 20 Jahre Tschernobyl: Dienstag, 11.4., Hamburg: Film »Stealing the fire« von Jon Friedman und Eric Nadler, 19 Uhr, B-Movie, Brigittenstr. 5
Dienstag, 11.4., Heidelberg: Film »Die Wolke«, nach einem Roman von Gudrun Pausewang, Schloßkino, anschließend Diskussion über das Filmthema
Sonnabend, 15.4., Berlin: »Das Kreuz mit der Atomkraft« mit Jörg Welke (Pressereferent der IPPNW), 19 Uhr, Lutherkirche, Lutherplatz 3 (Spandau)
Sonnabend, 15.4., und Sonntag, 16.4., Cherbourg/Frankreich: Internationale Demonstration »No to nuclear reactor EPR Yes to energy alternatives« gegen den EPR-Reaktor mit Foren, Aufführungen, Austellungen. Internet: http://www.sortirdunucleaire.org
Montag, 17.4., Wehnde/Duderstadt: 4. Eichsfelder Ostermarsch »20 Jahre Atomkatastrophe Tschernobyl zivile und militärische Bedrohung überwinden«
Dienstag, 18.04., München: Vortrag und Diskussion »20 Jahre Tschernobyl Eine Liquidatorin berichtet« mit Natalia Manzurova (von 1987 bis 1991 in Tschernobyl bei den Aufräumarbeiten beteiligt) und Dipl.Phys. Karin Wurzbacher, 19 Uhr, EineWeltHaus München, Schwanthalerstr. 80
Mittwoch, 18.4., Weiden: Podiumsdiskussion »Oberpfälzer Energiegipfel Renaissance der Kernenergie?« mit Albert Rupprecht (MdB CSU), Marianne Schieder (MdB SPD), Dr. Ludwig Trautmann-Popp (Bund Naturschutz), Christian Meyer zu Schwabedissen (Framatome), u. a., 1618 Uhr, Gaststätte »Postkeller«, Leuchtenberger Str. 66
Mittwoch, 19.4.,Hamburg: Infoveranstaltung »Tschernobyl 20 Jahre nach der Katastrophe«, 19 Uhr, Rote Flora, Achidi-John-Platz 1 (ehemals: Schulterblatt 71)
Donnerstag, 20.4., bis Sonntag, 23.4., Berlin: Europäischer Jugendkongreß anläßlich des 20. Jahrestages der Tschernobyl-Reaktor-Katastrophe. Freie Waldorfschule Kreuzberg, Ritterstr. 78 (Bln-Kreuzberg. Internet: http://www.yes2006.de
Siehe auch http://www.info-tschernobyl06.de
Mensch bleiben muß der Mensch ... von Tegtmeier
Re: 20. Jahrestag: Tschernobyl
... hier noch ein bewegender Artikel aus über das erfolgreiche Wirken der "Weißrußlandhilfe Oberpfalz" ... kopiert aus: http://www.oberpfalznetz.de/onetz/657464-118,1,0.html
24.12.2004 | Netzcode: 10657464
Polina eine kleine Spanierin
Weiden. (kä) Sie ist eine der ganz großen Erfolgsgeschichten der Weißrusslandhilfe Oberpfalz: die zehnjährige Polina Ullrich. Derzeit lebt das Mädchen mit ihrer Adoptivfamilie aus Wildenreuth in Spanien und geht dort in eine internationale Schule. Für Vorsitzenden Dr. Harry Nomayo war der Besuch des Mädchens mit ihrer Mutter Waltraut Ullrich kurz vor Weihnachten daher eine besondere Freude. "Sie spricht schon fließend Spanisch", staunt der Kinderarzt aus Hammerles. Polina sei zudem musikalisch sehr begabt und setze in Spanien den in Deutschland begonnenen Geigenunterricht fort.
Anlass des Besuchs in Weiden war auch die Anpassung einer neuen Prothese. Mit ihrem künstlichen Bein ist das Mädchen sehr beweglich, nimmt am Sportunterricht teil und reitet gern. "Polina hat sich dank der liebevollen Zuwendung ihrer Adoptivfamilie Ullrich trotz ihrer angeborenen Behinderung optimal entwickelt", freut sich Dr. Nomayo.
1995 war Polina als schwerkrankes Baby aus dem Waisenheim Nr. 1 in Minsk nach Weiden gebracht worden. Sie war in der Folge der Tschernobyl-Katastrophe mit Behinderungen zur Welt gekommen. Polina litt unter anderem an einem offenen Rückenmarkskanal, hatte ein Spiegelbein und zehn Zehen am linken Fuß. Die Weißrusslandhilfe ermöglichte Operationen. Das linke Bein musste amputiert werden, seither lebt Polina mit einer Prothese.
Mensch bleiben muß der Mensch ... von Tegtmeier
Re: 20. Jahrestag: Tschernobyl
Wer gründet eine neue ehrliche offene Weltpolitik ? Die nächste Eiszeit kommt bestimmt. Eine 3 bis 5 km dicke Eisdecke zerstört alles, alle AKW und "Endlager". Betroffen: Russland, China, Japan, Europa und USA. Wer verhindert dies ?Weltuntergang NACH der nächsten Eiszeit. Politiker, die AKWs fördern? Bestimmt nicht. Nachtrag: Schon gewusst? Jeder Atommeiler verbraucht ca. alle 2 bis 5 Stunden eine Menge von Kühlwasser, in der Menge vom Volumen von einem öffentlichen Hallenbad, an destilliertem Wasser. Hergestellt durch giftige Säure ebenfalls in der gleichen Menge. Denn zu stark kontaminiertes Kühlwasser darf nicht in die Flüsse und ins Meer verklappt werden. Folge: Immer mehr Parasiten zerstören alles normale Leben in allen Weltmeeren. Es dürfen offiziell nicht alle gestrandeten Wale untersucht weredn, nur 2 bis 3 verendete Tiere.Was bedeutet der Weltuntergang spätestens nach der nächsten Eiszeit. Durch kontaminiertes Grundwasser, und damit kontaminierte Weltmeere, verbreitet sich das langsamse grausame Ende mit Fallout. Des Ende kommt mit grossen Schritten. Jetstreams, mehrere Windgürtel reichen rund um den Globus, Geschwindigkeit ca. 500 km/h, besonders von Pasagierflugzeugen genutzt. Zuletzt verändertes Ergbut für alles und jeden. Missbildung ist das Grausamste. Wer gründet eine neue ehrliche offene Weltpolitik ?