Re: Die Polizei, dein Richter und Henker - gezielter Todesschuß auf 53jährige "psychisch kranke" Frau
könnte vielleicht auch ein wenig am Altersstarrsinn liegen
könnte vielleicht auch ein wenig am Altersstarrsinn liegen
Kürzlich ist auch in Oberhausen (Nordrhein-Westfalen) ein angeblich psychisch labiler Mensch, der mit einem Messer hantiert haben soll, von der Polizei abgeschossen worden. Neun Schüsse sollen abgegeben worden sein.
Gewiss, Messer sind gefährlich. In jeder Hinsicht. Wenn dies die Argumentation der Polizei ist, dann ist es mir jedoch ganz und gar nicht nachvollziehbar, dass ein Münchner Kriminaloberkommissar Sebastian Thurnhuber ein Kommando-Messer trägt und das im »Messer Magazin« 1/2009, S. 91 bewirbt, wo es sich dabei doch ersichtlich um eines von der Sorte handelt, deren Tragen seit dem 1.4.2008 mit § 42a WaffG verboten worden ist. Das Führen zumindest eines solchen Messers muss doch von der Polizei verfolgt und nicht beworben werden. Da wirft sich zunehmend die Frage auf, ob Polizisten sich von ihrer Klientel bloß noch durch das Preisschild am Ärmel unterscheiden.
Ich bin aber auch misstrauisch geworden, wenn Polizei und Justiz bei einem Eingriff in Rechte des Bürgers auf eine angebliche psychische Labilität bei dem Bürger hinweisen.
Besonders vorsichtig bin bei Aussagen der Polizei. Polizisten lügen. Polizisten lügen, um sich der Verantwortung zu entziehen. Polizisten lügen »grottendämlich«. Das ist übrigens die Erkenntnis von Herrn Steinhoff, Vorsitzender einer Großen Strafkammer. Mir kommt es da manchmal vor, als würde aus einer Traumwelt erzählt, die so verschieden von der Realität ist, dass dort schon mal die Naturgesetze aufgehoben sind. Ich neige überhaupt zu der Auffassung, dass Polizisten derart von sich selbst überzeugt in einer Vorstellungswelt leben, die mit der Realität und der Gesellschaftsordnung nicht vereinbar ist.
Mir scheint auch, dass Polizisten dazu förmlich eingeladen werden. Anklagebehörde und Gerichte sind auf Polizisten angewiesen -- um ein Verfahren zu Ende zu bringen, für die eigene Karriere. Dort wird wohl sehr weit gegrätscht zwischen » mal über die Strenge schlagen« und Missbrauch von Polizeigewalt. Diese Grätsche geht soweit, dass man -- wie z. B. in Nordrhein-Westfalen, wenn wir schon mal bei diesem Bundesland sind -- in Fällen von Missbrauchsverdacht der verdächtigten Polizei, zumindest in institutioneller und hierarchischer Verbindung, die Ermittlungsführung überträgt. Die lädt das Opfer dann auf den mutmaßlichen Tatort seiner Peinigung, wo es quasi vom Missetäter vernommen wird und der mithin entscheidet, ob er der Missetat überführt werden soll. Man wird sich vorstellen können, dass ein solches Verfahren geeignet ist, die Kriminalstatistik zu glätten. Dazu gehören wohl auch Gegenanzeigen und prophylaktische Anzeigen wegen »Widerstands«, woraufhin sich der UN-Ausschuss gegen Folter bereits besorgt gezeigt hat.
Jedoch scheint mir bei der Justiz wenig Neigung erkennbar zu werden, dass man ein Fehlverhalten der Polizei überhaupt in Erwägung zieht; wenn sich der Fall vernünftig nicht mehr erklären lässt, dann scheint man es als näher zu liegend zu betrachten, dass der Beschuldigte eben geistesgestört sei. Bei 82 Millionen Einwohnern in Deutschland fällt es nicht weiter auf, wenn einer fehlt. Das Funktionieren der Polizei ermöglicht dagegen die 82 Millionen zu verwalten.
Wie sich das bei der getöteten Dame verhält, weiß ich nicht. Mir ist das aber aus einem Fall bekannt, der jetzt im zweiten Jahr vor dem Amtsgericht verhandelt wird. Der Angeklagte hatte alleine an einer öffentlichen Bushaltestelle auf den Linienbus gewartet. Da es Winter war, meinten Polizisten, sie haben dem »unauffälligen«, der Witterung angemessen und distinguiert gekleideten, im Übrigen nicht vorbestraften Herrn beim Warten helfen und ihn durchsuchen müssen. Nun gibt es seit dem Ende des Pleistozäns hierzulande Winter und Sommer, worauf sich 82 Millionen Einwohner in Deutschland Jahr für Jahr einzustellen wissen. Der Angeklagte wollte daher nicht einsehen, dass er seine Durchsuchung zu dulden hätte. Darin erkannten die Polizisten Widerstand, der konkret z. B. so dargestellt wurde: »Er machte einen Schritt zur Seite«. Die Durchsuchung wurde im Polizeigefängnis noch einmal gründlich, einschließlich Rektaluntersuchung nachgeholt und der Mann in Nackthaltung 12 Stunden gefangen gesetzt. Die Polizisten erstatteten Strafanzeige. Der Fall kam vor den Einzelrichter. Der stellte sich kurzen Prozess vor. Doch der hat sich mittlerweile über sieben Verhandlungstage hinweggezogen -- Ende nicht in Sicht. Denn anstatt zu gestehen, dass er falsch auf den Bus gewartet und daher 500 Euro Geldbuße zu zahlen hätte, beantragte der Angeklagte, ihm ein strafbares Verhalten nachzuweisen.
Da es nun explizit nicht strafbar ist, wenn eine unverdächtige Person an einer unverdächtigen Haltestelle auf den Bus wartet, erscheinen die Umstände des Polizeieingriffs merkwürdig. Dem Richter fiel dies auch auf. Ein Fehlverhalten der Polizei schloss er jedoch a priori aus. Er schloss vielmehr auf eine »querulatorische Störung« beim Angeklagten. Also auf den psychiatrischen Befund F.60 nach der ICD-10-Klassifizierung, mithin auf einen Hirnschaden. Auf das freundlich gemeinte Unterstützungsangebot der Polizisten habe der Angeklagte aufgrund seines Hirnschadens aggressiv reagiert. In dem Beschluss über das Ablehnungsgesuch des Angeklagten wegen Befangenheit des Einzelrichters heißt es, diese Annahme entlaste den Angeklagten und begründe daher keine Befangenheit.
Ärztlich festgestellt ist der angebliche Hirnschaden nicht und einen medizinischen Hinweis darauf gibt es auch nicht. Die Strafanzeige des Angeklagten gegen die Polizisten scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Ein Ermittlungsverfahren ist nicht bekannt.
So scheint es mir, im Hinblick auf die Abschüsse angeblich psychisch labiler Menschen, als wäre dringend vor dem Reisen mit dem ÖPNV zu warnen.