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Erwerbsloser droht mit Hungerstreik

Re: Erwerbsloser droht mit Hungerstreik




kopiert aus: http://www.linkezeitung.de/cms/content/view/1481/32/


Hartz IV: Nach 3 Wochen Hungerstreik

stellt Rüdiger S. jetzt die Flüssigkeitsaufnahme ein

von Martin Behrsing , 21.12.2006


Hartz IV-Betroffener aus dem Landkreis Osterode kämpft für bezahlte Arbeit womit er seine Heizkosten bezahlen kann



Seit dem 29.11. befindet sich Rüdiger S. im Hungerstreik, da er nicht bereit ist einen Ein-Euro Job zu machen und gleichzeitig in seinem Haus frieren muss, da die zuständige Behörde ihm nicht die tatsächlichen Heizkosten bezahlt. Im Gegenteil wurde er aufgefordert, seinen Hund abzuschaffen. Seit gestern hat Rüdiger S. gegenüber der ARGE angekündigt, dass er nunmehr die Flüssigkeitsaufnahme einstellt. Dies bedeutet, dass Rüdiger S. wahrscheinlich nicht lange überleben wird. Die ARGE hat bisher lediglich ein Gespräch mit einem Sozialarbeiter des sozialpsychiatrischen Dienstes angeboten, der sich heute per E-Mail bei ihm gemeldet hat.

77,00 Euro Pauschalbetrag für Heizkosten zahlt die ARGE im Landkreis Osterode dem ALG II-Betroffenen monatlich. Der Betrag ist bei weitem nicht ausreichend. Das 150 Jahre alte Haus, in dem er wohnt, ist schlecht isoliert und wird über Nachtstromspeicheröfen geheizt. Auch bei äußerster Sparsamkeit sind die Heizkosten mehr als doppelt so hoch einzuschätzen. Im letzten Winter herrschten im Harz monatelang frostige Temperaturen. Rüdiger S. heizte gerade so viel, dass ihm die Wasserohre nicht einfroren. Die kalten Monate verbrachte er überwiegend in seinem nur 5 qm großen Badezimmer, weil er sich nicht traute mehr als diesen Raum zu beheizen. Trotzdem stottert er noch heute aus seiner Regelleistung eine Nachforderung des Energieversorgers von mehr als 600 Euro ab. Dabei weigert sich ARGE diese Kosten zu übernehmen, obwohl das Haus abbezahlt ist und für sie keine weiteren Kosten entstehen. Rüdiger S. verlangte von der ARGE die Vermittlung in einen regulären Job. Doch diese bot ihm unter Androhungen von Kürzungen eine Ein-Euro Job an. Für Rüdiger S. brachte dies das Fass zum Überlaufen. Er will es nicht einsehen, dass er einer Tätigkeit zum Wohle der Allgemeinheit nachgehen soll und als Dank dafür abends frieren muss und nicht weiß, wie er seine Stromrechnung bezahlen soll. Das er so seine Immobilie verkaufen muss, ist vorprogrammiert.

Mit seinem nunmehr letzten Schritt mach Rüdiger S. darauf aufmerksam, dass er sich keineswegs durch die ARGE zwingen lassen will, zum Wohle der Allgemein tätig zu sein, während sie ihn dazu nötigt in letztendlicher Konsequenz seinen Besitz zu veräußern. Dies möchte er dann lieber nicht überleben.

„Wir fordern die ARGE im Landkreis Osterode auf, dass diese dafür sorgt, dass Rüdiger S. seinen Hungerstreik beendet, indem sie ihm die tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 150 EUR bezahlt, sowie seine Schulden an dem Energieversorger zu begleichen. Der Behörde sollte bewusst sein, dass derartige Pauschalierungen nicht zulässig sind, da sich die Hilfe immer an den individuellen Verhältnissen zu richten hat. Es wird zunehmend deutlich, wie unmenschlich sich die Hartz IV-Behörden inzwischen in Deutschland gestalten. „Es zählt nur noch fordern. Fördern war wahrscheinlich aus versehen in das Gesetz aufgenommen worden", so Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland. Die Initiative kündigte an, sollte Rüdiger S. durch den Hungerstreik sterben, dies dann bei der Aktion am 2. Januar in Mainz breit thematisiert wird. Für diesen Tag wird dazu aufgerufen sich öffentlich zu waschen und rasieren und der SPD-Chef, Kurt Beck vergibt im Gegenzug Jobs an die Teilnehmer.


Re: Erwerbsloser droht mit Hungerstreik




kopiert aus: http://www.linkezeitung.de/cms/content/view/1482/32/


Verwaltung zeigt sich beim hungerstreikenden Rüdiger S. unnachgiebig

von Prof. Peter Grottian (FU Berlin)/Erwerbslosen Forum Deutschland/Aktionsbündnis Sozialproteste , 22.12.2006


Zwei Initiativen und der Berliner Politikwissenschaftler Prof. Grottian bieten Vermittlung an. Der Fall wäre lösbar.


(ein "rechtschaffener" Entscheidungsträger, der mit diesen seinen "Tugenden" auch ein KZ leiten könnte - Einschub, bjk)

Im Fall des seit drei Wochen im Hungerstreik befindlichen Rüdiger S. zeigt sich der Landkreis Osterode unnachgiebig. Gegenüber dem Erwerbslosen Forum Deutschland sagte der erste Kreisrat Gero Greißlreiter, dass es keine Ausnahme und keine Rücknahme der Sanktionen gäbe, da Rüdiger S. die Annahme eines Ein Euro Jobs abgelehnt hätte.

Hintergrund ist, dass Rüdiger S. eine Vermittlung in einen Job
erwartet, wodurch er seine erhöhten Heizkosten bezahlen kann. Die Verwaltung hingegen möchte, dass er sein Haus verkauft, da es in einem sehr schlechten Zustand ist und die Kosten einer vernünftigen Isolierung unverhältnismäßig wären.

Man sei jedoch ernsthaft besorgt, da Rüdiger S. die Flüssigkeitsaufnahme eingestellt hätte und lasse ihn durch den sozialpsychiatrischen Dienst beobachten.

Ein Besuch des sozialpsychiatrischen sei für den 27.12.2006 geplant. Viel zu spät, meint Martin Behrsing.

Das Erwerbslosen Forum Deutschland, das Aktionsbündnis Sozialproteste und der Berliner Politikwissenschaftler Prof. Peter Grottian haben eine Vermittlung zwischen Rüdiger S. und der Verwaltung angeboten, da sie Lösungsmöglichkeiten in der scheinbar verfahrenen Situation sehen.

Dazu Prof. Peter Grottian:

„ Die Härte der Hartz IV-Gesetze darf nicht dazu führen, dass möglicherweise Menschen in den selbst gewählten Tod getrieben werden, deshalb bieten wir eine Rüdiger S. und der Verwaltung im Landkreis Osterode eine Vermittlung an. Wir sehen noch eine Reihe von Möglichkeiten, die man ausnutzen könnte"

Konkret wurde durch Martin Behrsing vorgeschlagen, dass zuerst die schon jetzt eingetretenen Sanktionen zurück genommen werden und die heizkosten für den Winter vorerst voll übernommen werden. Danach sollte zusammen mit Rüdiger S. eine realistische Kosten-Nutzenanalyse seiner Immobilie übernommen werden, um dann tatsächlich zu sehen, ob eine mögliche Sanierung des Hauses im Verhältnis steht. Weiterhin müsste der Job-Center sich verstärkt um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für Rüdiger S. kümmern. Arbeitsgelegenheiten werden nicht als Möglichkeiten gesehen, da sie erfahrungsgemäß nicht zu einem Arbeitsplatz im ersten Arbeitsmarkt führen. Weiterhin müsste nach Beendigung des Hungerstreiks eine umfassende medizinische Versorgung stattfinden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

anbei übermitteln wir Ihnen wichtige Telefonnummern, damit Sie mit den entsprechenden Personen selbst Kontakt aufnehmen können, da es eilt.

Prof. Peter Grottian: 0171 - 8313314
Martin Behrsing (Erwerbslosen Forum Deutschland): 0160 - 99278357
Edgar Schu (Aktionsbündnis Sozialproteste): 0179 - 672 97 24

Justitiariat Gero Geißlreiter (Landkreis Osterode): 05522 / 960-103
Job-Center Landkreis Osterode am Harz: 05522-31420