Freies Politikforum für Demokraten und Anarchisten - Wissen und Bildung

Menschliche Ungeheuer als "Wissenschaftler" getarnt

Menschliche Ungeheuer als "Wissenschaftler" getarnt




kopiert aus: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/politik/364726.html


Undercover im Affen-Versuchslabor

Heimliche Aufnahmen dürfen wieder gezeigt werden

Anke Brodmerkel


Es waren keine schönen Bilder, die das ZDF im Dezember 2003 in seiner Sendung Frontal 21 ausstrahlte. Sie zeigten Affenmütter, die mit weit aufgerissenen Augen mitansehen mussten, wie ihre Babys von Mitarbeitern des Versuchslabors Covance in Münster geschlagen und angeschrien wurden. Sie zeigten verängstigte, gefesselte Affen, denen per Spritze Gifte injiziert wurden. Aufgenommen hatte die Bilder der Münchner Fernsehjournalist Friedrich Mülln, der sich - als Tierpfleger getarnt - für fünf Monate in das Labor eingeschlichen hatte. Verdeckte Recherche nennt man so etwas im Fachjargon.

Im Februar untersagte das Landgericht Münster dem 24-jährigen Mülln, sein Filmmaterial öffentlich zu zeigen. Die Begründung: Das Persönlichkeitsrecht des Unternehmens sei höher zu bewerten als das Interesse der Öffentlichkeit an den Aufnahmen, die zudem illegal entstanden seien. Das ZDF löschte daraufhin alle Bilder aus dem Labor von seiner Homepage.

Nun hat das Oberlandesgericht Hamm das Urteil aus Münster teilweise aufgehoben. Mülln darf sein 40-stündiges Bildmaterial ab sofort wieder veröffentlichen. Der Journalist hatte gegen die einstweilige Verfügung geklagt und sogar Unterstützung von prominenter Seite erhalten: Günter Wallraff, der in den Siebzigerjahren als Praktikant Hans Esser die Arbeitstechniken der Bild-Zeitung aufdeckte, hatte ihm in seinem Kampf gegen das Urteil den Rücken gestärkt.

Die Entscheidung aus Hamm ist nicht nur ein Sieg für die Pressefreiheit. Sie ist auch ein Sieg für den Tierschutz - wenngleich der eigentliche Kampf erst jetzt beginnt. Er verhandele bereits mit mehreren europäischen Sendern, um nun das gesamte Bildmaterial an die Öffentlichkeit zu bringen, sagt Mülln. Tausend Affen dürften ihm dankbar sein. Denn so viele sterben zurzeit jedes Jahr im Covance-Labor.