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Venedig

Venedig

Alt-Venedig ist seit 1846 durch eine 4 km lange Eisenbahnbrücke und seit 1933 durch eine parallel dazu verlaufende Straßenbrücke mit dem Festland bei Mestre verbunden. In der Stadt spielt sich der Boots- und Gondelverkehr auf 160 Kanälen, besonders dem 3,8 km langen und bis zu 70 m breiten Canal Grande, ab. Zentrum der Stadt sind der Markusplatz und die anschließende Piazzetta mit dem byzantinisch-venezianischen Markusdom (9. Jh., vorwiegend 11.–13. Jh.), dem 99 m hohen Campanile (9. Jh., Wiederaufbau 1912), dem Uhrturm (15. Jh.) und dem Dogenpalast (14./15. Jh.) mit der Seufzerbrücke. Am Canal Grande mit der Rialtobrücke (16. Jh.) zahlreiche bedeutende Paläste (darunter Ca'd'Oro) und die Kirche S. Maria della Salute (17. Jh.); unter den mehr als 100 Kirchen zahlreiche kunsthistorisch interessante (u. a. San Giovanni e Paolo, S. Maria dei Miracoli und die Frari-Kirche) sowie Museen und Gemäldegalerien; Universität (gegr. 1868) und weitere Hochschulen, Kunstakademie, Musikkonservatorium, Markusbibliothek (gegr. 1486), Staatsarchiv; internationale Festspiele für zeitgenössische Kunst (Biennale), Kunstausstellungen; Fremdenverkehr. – In Altvenedig, Murano und Burano vorwiegend handwerkliche Glas- und Textilverarbeitung. Außer dem Hafen der Inselstadt wurde ab 1917 ein neuer Großhafen in Marghera mit Industrieflächen gebaut; hier befindet sich die Großindustrie in zwei Industriezonen; die Anlage einer dritten Zone ist aus Umweltschutzgründen stark umstritten. Vorwiegend petrochemische Industrie, Raffinerien, Aluminiumhütte, Eisen- und Stahlwerk, Werftindustrie; Hafen (Erdölimporte), Flughafen Marco Polo auf dem Festland. Die Altstadt ist in zunehmendem Maße von Luft- und Wasserverschmutzung sowie von Überflutung bedroht.

Geschichte: Venedig wurde im Altertum von den Venetern bewohnt. Nach der Zerstörung des Bischofssitzes Aquileia und anderer wichtiger Städte Venetiens durch Attila 452 flüchteten viele Bewohner Venetiens auf die Laguneninsel und begannen dort auf künstlichem Baugrund die Stadt zu bauen. Bereits im 8. Jh. war Venedig Seemacht. 724 wurde es Bistum. Seit 742 trug der gewählte Führer den Titel Doge. 811 wurde die schwer zugängliche Laguneninsel Rialto Regierungssitz. Die unabhängige Stadtrepublik bildete sich im 11. Jh. unter Führung der Dogen, beraten durch den Großen Rat (Rat der Weisen). Um 1000 begann Venedig im Interesse seines Orienthandels die Küsten Istriens und Dalmatiens zu unterwerfen, und während der Kreuzzüge entstand sein Kolonialreich auf dem Balkan bis nach Kleinasien. Unter dem Dogen Enrico Dandolo wurde mit Hilfe der Kreuzfahrer 1203 Konstantinopel erobert und das unter venezianischem Einfluss stehende Lateinische Kaiserreich errichtet. Die Konkurrenzmacht Genua wurde nach Kampf 1256–1381 überflügelt. 1297 wurde die Verfassung im aristokratischen Sinn umgebildet. Der Große Rat wurde auf Mitglieder der 287 im „Goldenen Buch" verzeichneten Familien beschränkt. Er wählte den Dogen auf Lebenszeit, seine 6 Räte, den kleinen Rat, aus dem sich seit dem 13. Jh. das eigentlich regierende Gremium entwickelte, sowie den aus 60 Mitgliedern bestehenden Consiglio dei Pregadi, später Senat genannt. 1310 bildete sich der Rat der Zehn (Consiglio dei dieci), der die anderen Gremien kontrollierte. Im 14. Jh. wurden verschiedene Verschwörungen, u. a. die des Dogen M. Faliero (1355), blutig unterdrückt. Ende des 15. Jh. wurde Zypern gewonnen (bis 1571). Im 15. Jh. hatte Venedig 200000 Einwohner u. besaß eine riesige Handels- und Kriegsflotte. Seine Bedeutung als Handelsmacht ging durch die Ausdehnung des Osmanischen Reiches und die Verlagerung der Handelswege nach den überseeischen Entdeckungen erheblich zurück.

Im Kampf mit Mailand eroberte Venedig in der ersten Hälfte des 15. Jh. die terra ferma (Festlandbesitz), deren Ausdehnung seit dem Frieden von Lodi 1454 kaum noch verändert wurde. Im Frieden von Skutari 1479 musste Venedig erstmals gegen die Osmanen erhebliche Gebietsverluste hinnehmen. Kreta ging nach langem Kampf (1645–1669) verloren. 1684 gelang es noch einmal, den Peloponnes zu erobern und ihn bis 1715 zu halten. 1718 ging er im Frieden von Passarowitz endgültig verloren. Die Bedeutung Venedigs im 18. Jh. lag in seiner hochentwickelten Diplomatie und seinem regen gesellschaftlichen und künstlerischen Leben. 1797 wurde der Staat Venedig durch französische Truppen aufgehoben. 1798 kam er an Österreich, 1805 zum Königreich Italien, 1815 wieder an Österreich (Lombard.-Venezian. Königreich); 1866 zurück an Italien.

(Die große Coron Enzyklopädie)