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Der Fluch des Tutanchamun

Der Fluch des Tutanchamun

Am 4. November 1922 geschah ein Ereignis, das die ganze Welt bewegen würde: Howard Carter fand das versiegelte Grab des Tutanchamun. Noch nie zuvor war es jemandem gelungen, ein noch nahezu unberührtes Grab zu finden. Voller Freude telegrafierte Howard Carter seinem Mäzen Lord Carnarvon und berichtete ihm von diesem unglaublichen Glück. Zu dieser Zeit konnte noch keiner ahnen, welch schlimmes Schicksal über den Lord und vielen anderen Grabbesuchern kommen sollte ...

Als Lord Carnarvon nun das Telegramm bekam, versprach er am 20. November in Ägypten einzutreffen. Davor ließ er einen Wahrsager kommen, der ihn beschwor nicht zur Graböffnung ins Tal der Könige zu fahren. Zweifelnd ließ er noch andere Wahrsager kommen, die, unabhängig voneinander, ihn dasselbe bestätigten. Trotz der Warnungen siegte die Neugier und Lord Carnarvon machte sich mit seiner Tochter Evelyn auf nach Alexandria.

26. November 1922 - Nun ist es endlich soweit. Das Grab wird geöffnet. Hervor kommt ein fast noch ungeöffnetes Grab mit unsagbaren Schätzen.
In dieser Stunde, in der das Siegel des Grabes gebrochen wird, tötet eine Schlange den Wellensittich Howard Carters. Die Schlange galt als Beschützer des Pharao.
Die Arbeiter deuteten den Vorfall als böses Omen und fürchten, dass dies erst der Anfang sei. Howard Carter und Lord Carnarvon haben aber kein Gehör für derartige Warnungen und machen sich auf, die Katalogisierung und das Ausräumen des Grabes zu organisieren.

8. März 1923 - Als Lord Carnarvon an diesem Tag aus dem Grab kommt, wird er von einem Moskito in den Hals gestochen. Am Tag darauf schneidet er sich beim Rasieren den Moskitostich auf. Eine Blutvergiftung ist die Folge. Auf Anraten des Arztes reist Lord Carnarvon nach Kairo. Dort verschlechtert sich sein Zustand dramatisch.
Obwohl es ihm immer schlechter geht, speist er abends im exklusiven Mohamed-Ali Club. Später geht er noch in ein Kino. Während der Filmvorführung klagt Lord Carnarvon über Schwindelgefühle und starke Schmerzen, hielt den Abend aber noch durch.
Dies war sein letzter öffentlicher Auftritt. Zu der Blutvergiftung kam noch eine Lungenentzündung hinzu.

Am 5. April 1923 um 2 Uhr in der Früh stirbt Lord Carnarvon.
Genau zu diesem Zeitpunkt fällt auf unerklärlicher Weise in ganz Kairo der Strom aus.
Im entfernten England heult Lord Carnarvons Lieblingshund zur selben Zeit laut auf und fällt tot um.


Weitere Todesfälle folgten:

1924 stirbt der Konservator des Louvres Paris, George Benedit, am selben Tag, an dem er zum ersten mal das Grab betrat.

Ebenfalls 1924 stirbt Arthur Mace, der Sekretär Howard Carters und Konservator des Metropolitan Museums New York, an einem Lungenleiden. Er war derjenige, der den letzten Stein vom Eingang des Grab entfernte.

Douglas Archibald Reed stirbt 1924, nachdem er die Mumie Tutanchamuns entwickelt hatte.

Der Literaturwissenschaftler La Fleur stirbt 1924 zwei Tage nach Besuch des Grabes.

Der Assistent La Fleurs erhängt sich Tage später. In seinem Abschiedsbrief schreibt er, dass der Fluch ihn zum Selbstmord zwänge.

Der Milliardär George Jay Gould stirbt 1924, noch am selben Tag nachdem er das Grab besucht hat.

1929 wird der Sekretär Howard Carters, Richard Bethel, tot in seiner Wohnung aufgefunden. Die Ursache seines Todes wurde nie aufgeklärt.

Ein Jahr später begeht der Vater Richard Bethels, Lord Westbury, Selbstmord. Auf den Weg zum Friedhof überfuhr der Leichenwagen ein Kind.

1929 stirbt die Frau Lord Carnarvons ebenfalls aufgrund eines Insektenstiches.

Noch etliche weitere Menschen, die das Grab besucht hatten, oder die mit der Mumie Tutanchamuns in Berührung gekommen sind, starben kurze Zeit später.

Gibt es den Fluch wirklich?

Wenn man sich die vielen Todesfälle ansieht, kommt man schon mal ins Grübeln. Immerhin sind doch erstaunlich viele gestorben, die unmittelbar mit dem Grab zu tun hatten und die Liste auf der Seite zuvor ist noch lange nicht vollständig. Aber man sollte auch bedenken, dass die Presse einen sehr großen Anteil an der Geschichte des Fluchs hatte, ja, sie jubelte die Geschichte geradezu hoch: wenn jemand starb, der nur irgendetwas mit dem Grab zu tun hatte, wurde es mit den Fluch assoziiert. Ein Tourist wurde von einem Taxi überfahren: das muss der Fluch gewesen sein! Ein Grabbesucher wurde von seiner Frau erschossen: der Fluch hat wieder zugeschlagen! Sogar Menschen, die eines natürlichen Todes wie Altersschwäche oder nach langer Krankheit gestorben sind, wurden mit dem "Fluch des Pharao" in allen Gazetten betitelt. Manche hatten noch nicht einmal einen Fuß in das Grab gesetzt und trotzdem hatte auch bei ihnen der Fluch zugeschlagen. Es kursierte sogar die Schlagzeile, dass ein Angestellter des Britischen Museums beim Etikettieren von den Grabgegenständen Tutanchamuns tot umgefallen ist. Fakt ist, dass es zu der damaligen Zeit gar keine Objekte aus Tutanchamuns Grab im Britischen Museum gegeben hat!

Fazit: Die Presse hatte einen großen Anteil an der Geschichte des Fluches. Viele Todesfälle waren schlicht erfunden oder, in der Hoffnung auf reißenden Umsatz ihrer Zeitung, einfach mit dem Fluch in Verbindung gebracht worden. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass einige schon bevor sie das Grab besuchten krank waren. Touristen waren zu der Zeit meist ältere Leute, die in der Hoffnung auf Heilung ihrer Krankheit ins warme Ägypten fuhren, wie es damals üblich war. George J. Gould, z.B., der am selben Tag in dem er das Grab besuchte starb, war schon vorher krank und reiste aus gesundheitlichen Gründen nach Ägypten.

Auf jeden Fall lösten die Schlagzeilen eine wahre Hysterie in England aus. Kunstsammler bekamen panische Angst vor dem Fluch und schickten ihre ägyptischen Sammlungsstücke (egal ob antik oder Repliken) dem verzweifelnden Britischen Museum.


Wenn man von den hochgeputschten Artikeln der Presse absieht, bleiben trotzdem noch Todesfälle übrig, bei denen kein Wissenschaftler der damaligen Zeit so richtig in der Lage war, diese logisch zu erklären. So glaubte man noch lange Zeit später an den Fluch, denn dass Menschen das Grab betreten und Stunden später einfach sterben,...das konnte wirklich nur der auf Rache sinnende Pharao gewesen sein.
Erst Jahre später sollte man herausfinden, woran die Menschen wirklich gestorben sind.

In neuerer Zeit fanden Wissenschaftler heraus, dass die meisten an einem Lungenleiden gestorben sind. Das würde folgende Theorie beweisen:
In den geschlossenen Grabkammern ist der Sauerstoffgehalt fast erschöpft. Trotzdem haben sich dort kleine Schimmelpilze an den organischen Grabbeigaben und an der Mumie entwickelt und die Jahrtausende überlebt. Wenn gesunde Menschen den sogenannten Aspergillus Flavus einatmen, ist er eigentlich ungefährlich. Im Haushalt kann man ihn auf verfaultem Fleisch und in Blumenerde finden.
Bei Menschen mit schwachen Abwehrkräften, wie bei älteren und besonders bei lungenkranken, kann der Schimmelpilz in hoher Konzentration aber allergische Reaktionen hervorrufen und lebensgefährlich werden. Lord Carnarvon hatte nach einem Autounfall an Lungenproblemen zu leiden, wie auch Mace, der ebenfalls vor der Graböffnung schon lungenkrank war. Beide starben an einer Lungenentzündung.
Eine heftige allergische Reaktion war höchstwahrscheinlich der Grund des plötzlichen Todes von Benedit, Gould, La Fleur und Reeds, die alle, wenige Stunden nachdem sie das Grab betreten haben, an einer Lungenstauung gestorben sind.
Der Aspergillus Flavus löste bei den meisten keine allergische Reaktion aus. So starb z.B. Howard Carter erst 17 Jahre nach Entdeckung des Grabes - 1939 mit 66 Jahren.


Die mysteriösen Todesfälle scheinen also geklärt. Bleiben nur noch die seltsamen Ereignisse, die zum Todeszeitpunkt Lord Carnarvons passierten. Aber auch hier gibt es einige vernünftige Erklärungen, die die Autoren Christopher Frayling und Nicholas Reeves gegeben haben.

1. In dem Moment als das Grab geöffnet wurde, tötet eine Schlange Howard Carters Wellensittich
Aufklärung: Howard Carter gab den Vogel an eine Freundin namens Minnie Burton, die ihn später, wohlbehalten, einem Bankmanager gab

2. Bei dem Tod Lord Carnarvons fielen alle Lichter in Kairo aus
Aufklärung: Nur die Lichter eines Krankenhauses fielen ungefähr zu diesem Zeitpunkt aus.

3. Der Hund Lord Carnarvons starb genau zu dem Zeitpunkt in England als sein Herrchen starb.
Diese Geschichte konnte nie bewiesen werden.


Eine andere Variante zur Aufklärung der mysteriösen Vorfälle bei Lord Carnarvons Tod erzählt von einem Sergeant der das Grab Tutanchamuns bewachte und die aufdringlichen Reporter mit erfundenen Geschichten über den Fluch abwimmeln wollte.

Bei meinen Recherchen stieß ich auf widersprüchliche Geschichten über den Fluch. Einige waren überzeugt, dass Todesfälle nur auf ihn zurückzuführen wären,. Andere behaupteten, dass wenigstens einige Geschichten wahr wären. In den meisten Quellen fand ich z.B., dass die Geschichte mit dem Tod des Wellensittichs Howard Carters wahr ist. So sitzt die Geschichte des Fluches auch heute noch in den Köpfen der Menschen. Selbst ein Nachkomme Lord Carnarvons antwortete in einem Interview der NBC am 14.07.1977 auf die Frage über den Fluch, dass er ihn "weder für wahr noch für unwahr" halte, aber er würde "das Grab im Tal der Könige für keine Million britische Pfund betreten". Ich persönlich glaube eigentlich nicht an den Fluch, denn wenn es ihn wirklich gegeben hätte, wäre dann nicht erst recht der Entdecker des Grabes, Howard Carter, von ihm betroffen gewesen?

Wie dem auch sei, der Fluch des Tutanchamun beflügelte sowohl in der damaligen Zeit als auch noch heute die Fantasie der Menschen und sorgte für genügend Stoff in zahlreichen Horror-Büchern und Hollywood-Produktionen.