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Es traf Klose

Es traf Klose

Ich hab hier was für euch, dass ist weniger ein Interview, viel mehr einfach nur ein Artikle über Miro, aber ich fand den so klasse geschrieben, dass ich finde er muss einfach hier her. Vielleicht kennen ihn ja schon einige von euch.

Es traf Klose

Wie der Stürmer Miroslav Klose, den es nie danach drängte, zum Führungsspieler der deutschen Nationalmannschaft wurde  Von Nicol Ljubic

Als Kloses Manager den Platz sah, ahnte er, dass etwas passieren würde, und ihm war klar, wen es treffen würde. Mehr als geradeaus laufen konnte man nicht auf diesem Platz, der eine Mischung war aus Schneematsch und Eisfläche. Selbst als Zuschauer vor dem Fernseher konnte Kloses Manager sehen, wie die Spieler ins Schlittern kamen. Es war das Viertelfinale im DFB-Pokal, St. Pauli gegen Werder Bremen, und Miroslav Klose war der Leidtragende jener Begegnung am 25. Januar. Er kugelte sich die Schulter aus, nachdem er einem Ball hinterhergesprintet und im Strafraum ausgerutscht war. Als Folge der Verletzung musste er vier Wochen lang pausieren.

»Ich ahnte, dass etwas passieren würde«, sagte der Manager nach dem Spiel, »weil Miro immer hundert Prozent gibt, der kann nicht anders.« Klose selbst sagt, es sei sicherlich so, dass manch anderer in der Aktion weggeblieben wäre. »Mir aber war der Platz letztendlich egal.«

Es ist diese Szene aus der 42. Minute, die so viel sagt über Miroslav Klose: Eher kugelt er sich den Arm aus, als dass er sich vorwerfen ließe, nicht alles gegeben zu haben. Das passt zum Bild, das man von Kahn hat, aber zu Klose? Diesem Spieler, der in natura noch schmaler wirkt als im Fernsehen, dem mit dieser braven Frisur, der sich während eines Spiels gegen die Bayern von Kahn den Zeigefinger in die Nase bohren ließ und der so anständig ist, dass er beim Stand von 0:0 auf einen Elfmeter verzichtete, den ihm der Schiedsrichter zusprechen wollte, weil der dachte, Klose sei gefoult worden, bis Klose sagte, da sei nichts gewesen. Das scheint das Schicksal von Miroslav Klose zu sein: dass man ihn permanent unterschätzt. Fünf Millionen Euro hat Werder Bremen im Sommer 2004 für ihn bezahlt, eine Summe, die Leverkusen für den 22-jährigen Stefan Kießling ausgibt; bei Klose aber hat das eine Debatte ausgelöst, ob er so viel Geld überhaupt wert sei. Er hatte zwar bei der Weltmeisterschaft 2002 einen Rekord aufgestellt, fünf Tore mit dem Kopf erzielt, was bis dahin kein anderer geschafft hatte, aber war das nicht das Einzige, was er konnte, im richtigen Moment den Kopf hinhalten? Wer hätte schon gedacht, dass er so klar die Bundesliga-Torschützenliste anführen würde? Mit 25 Treffern, dazu 14 Torvorlagen, der kicker bezeichnet ihn als das »Nonplusultra«, und bei einer Umfrage unter Bundesligaprofis ist er zum Spieler der Saison gekürt worden. Es scheint, als käme die Weltmeisterschaft für Miroslav Klose zur richtigen Zeit. Er selbst sagt, er sei in der Form seines Lebens. Er tanzt auf engstem Raum die Gegenspieler aus, er hat eine Übersicht wie kaum ein anderer, er spielt die entscheidenden Pässe. In den WM-Vorbereitungsspielen erzielte er Tore. Im deutschen Team ist er ein Führungsspieler, in einer Pressekonferenz der Nationalmannschaft sagte er: »Mein Ziel ist, dass die Mannschaft funktioniert.« Und wer hätte gedacht, dass der Mann, der vor der Kamera so dröge wirkt, Witz hat? Bei einer Signierstunde kurz nach einem Spiel in Gladbach, das Werder 1:3 verlor, beugte sich eine ältere Frau über den Tisch und fragte: »Herr Klose, haben Sie eigentlich mitgespielt?« Und Klose antwortete: »Ja, aber man konnte mich nicht sehen.«

Klose ist zehn Minuten zu früh da, er wartet vor dem Stadion und schreibt nebenbei ein paar Autogramme. Fast hätte man ihn übersehen, so unauffällig, wie er da steht in Jeans und Pullover. Miroslav Klose hat weder Bodyguards noch eine besondere Frisur, er hat noch nie einen Stinkefinger gezeigt, und statt eines Offroaders wie die meisten Fußballer fährt er einen Škoda. Er hat eine halbe Stunde Zeit, bevor er in die Kabine muss, um sich für das Training fertig zu machen. Er sucht einen Raum für das Gespräch, aber alle Türen sind verschlossen. Er denkt kurz nach, im Stockwerk drüber sind Business-Lounges, er will schon in den Fahrstuhl steigen, aber dann überlegt er es sich doch noch anders und klopft an die Tür neben dem Presseraum. Eine Frau öffnet, und im Hintergrund sieht man riesige Waschmaschinen, es ist die Wäscherei. »Könnt ihr mal aufschließen?«, fragt er. Die Frau holt den Schlüssel, schließt auf und sagt: »Aber macht das Licht wieder aus.« Und für einen Moment fragt man sich, ob ihr überhaupt klar ist, wer da gerade an ihre Tür geklopft hat.

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Er setzt sich an eine der Tischreihen und legt sein Handy auf den Tisch. »30 Minuten reichen doch, oder?«

Klose ist derzeit sehr gefragt, er ist Gast bei Wetten, dass..? gewesen, Gast in der Fußball-WM-Show, sein Manager sagt, er habe so viele Presseanfragen, dass er jeden Tag Termine machen könnte. Aus der ganzen Welt kommen die Fernsehteams, aus Ecuador, Italien und Polen. Für die Weltmeisterschaft hat er sich vorgenommen, mehr Tore zu schießen als bei der letzten. Falls ihm das gelingen sollte, wird es eine Aufregung geben wie bei der vergangenen Weltmeisterschaft, als Rummenigge vom neuen Stern schwärmte, der am Fußballhimmel aufgegangen sei, als Beckenbauer ihn mit Uwe Seeler verglich und von Angeboten aus Italien über 15 Millionen Euro die Rede war. Nur einer blieb auf dem Boden: Miroslav Klose. »Ich weiß«, sagte er damals, »dass es wieder ein Loch geben wird. Irgendwann.« Und dieses Mal? Schon jetzt ist die Rede davon, Klose könnte nach der Weltmeisterschaft ins Ausland wechseln. Für 15 oder 20 Millionen. Wird er nächste Saison überhaupt noch in Bremen spielen? »Klar«, sagt er, »wo sonst? Trotzdem ist im Fußball vieles möglich.«

Es ist ein Jahr her, da hatte er eine Phase, in der er das Tor nicht traf. Es hatte gut angefangen, bis zum 20. Spieltag hatte er zwölf Tore erzielt, danach aber traf er in sieben Spiele nicht mehr. Man saß mit ihm im Café Ambiente mit Blick aufs Weserstadion und suchte nach Gründen. Er habe eine Grippe gehabt, sagte er, eine Woche lang im Bett gelegen, das habe ihn um Wochen zurückgeworfen. Er sei ein Spieler, sagte er, der jeden Tag trainieren müsse. »Wenn ich im Urlaub mal ein paar Tage nichts mache, dann spüre ich das sofort.« Irgendwann, in einem Halbsatz, der bei der leisen Stimme und dem Geräuschpegel im Café fast unterging, sagte er: Man brauche einen freien Kopf. Thomas Schaaf, der Trainer, sagte damals: »Manchmal denkt er noch zu viel nach, ist zu selbstkritisch. Wenn er das abstellen kann, dann wird er noch besser.«

Seine Mannschaftskollegen fahren Geländewagen, Klose fährt Škoda

Auf die Frage, was er tun könne, um wieder zu treffen, sagte Klose: »Mehr trainieren. Von nichts kommt nichts.« Man erinnert sich an das anschließende Training, in dem Klose eine Reihe guter Torchancen hatte, aber kaum eine nutzen konnte. Mal schoss er vorbei, mal dem Torwart in die Arme. Dass er die Chancen habe, sagte Thomas Schaaf damals, sei entscheidend. »Irgendwann wird er zwangsläufig wieder seine Automatismen finden.« Diese Automatismen, die gemeint sind, wenn vom freien Kopf die Rede ist, dieses instinktive Vertrauen in das eigene Können. Schaaf erzählte von einem Stürmer, den er mal zwei Meter vors Tor gestellt und dem er die Bälle zugeworfen habe, damit der sie ins leere Tor schieße. Dann habe er ihn gefragt, ob er das auch noch schaffe, wenn er drei Meter weiter zurückgehe. Und irgendwann habe der Stürmer vom Sechzehner alle reingehauen und erleichtert festgestellt: »Ich treffe wieder!«

»Ja«, sagt Klose, »Selbstvertrauen ist das A und O. Mit Selbstvertrauen läuft der Ball einfach, man macht sich keine Gedanken.«

Was ist passiert in diesem einen Jahr? Warum trifft er jetzt und damals nicht? »Das ist immer so«, sagt Klose, »man hat Berg und Tal, je älter man aber wird, desto mehr Konstanz bekommt man, und da bin ich jetzt auf einem guten Weg.« Also unterscheidet sich Klose 2005 nicht von Klose 2006? Klose 2006 sagt: »Ich glaube nicht, dass ich etwas anders mache. Ich habe mir andere Ziele gesteckt als 2005.« In der Saison 2004/05 hat er 15 Tore in der Liga geschossen, diese Saison wollte er mehr schießen. Das ist ihm geglückt. Da weiß man, wie schwer es nächstes Jahr wird. Aber er wird wieder hundert Prozent geben, er kann nicht anders. Er gibt sich nie zufrieden. Und er ist stolz darauf, sagt er, dass er die Leiter nicht hinaufgesprungen sei, sondern jede Sprosse einzeln genommen habe.

Mit acht Jahren ist er mit seinen Eltern aus Polen über Frankreich nach Deutschland gekommen, nach Kusel in der Pfalz. Mit zehn hat er angefangen, Fußball zu spielen, was sehr spät ist, mit zehn bekommen andere schon ihre ersten Verträge; mit 17 begann er eine Lehre als Zimmermann, und es ist diese Zeit als Lehrling und später als Geselle, die ihn geprägt hat. »Man fährt nicht irgendwohin, und das Dach ist schon fertig, man muss erst mal was arbeiten. Und das ist beim Fußball nicht anders.«

Es war nicht Miroslav Klose, der damals beim Fußball aufgefallen ist, es waren immer andere. Bei der SG Blaubach-Diedelkopf war es Michael Berndt, dem eine große Karriere prophezeit wurde und der in der Jugendnationalmannschaft spielte – im Gegensatz zu Klose. Der hat es einmal zum Training für die Südwestdeutsche Auswahl geschafft, und schon nach der ersten Trainingseinheit schickte ihn der Trainer wieder nach Hause. Bei den Amateuren von Kaiserslautern spielten Benjamin Auer und David Graf, während Klose auf der Bank saß. Und bei den Profis kam er lange nicht an Olaf Marschall und Vratislav Lokvenz vorbei. Klose weiß, wie es sich anfühlt, auf der Bank zu sitzen. Auch nach dem Wechsel zu Werder Bremen verbrachte er die ersten Wochen auf der Bank. »Ich hatte es verdient«, sagt er, »ich habe schlecht gespielt. Aber das war ein Ansporn, im Training noch mehr Gas zu geben. Irgendwann kam der Trainer nicht mehr an mir vorbei.«

Er hat sich nur einmal beschwert – über den Müll im Mannschaftsbus

 

Er würde sich nie, wie sein Sturmpartner Ivan Klasniæ, darüber beschweren, dass der Trainer ihn nicht von Beginn an spielen lässt. Das ist nicht Kloses Art. Er hat sich bislang nur einmal beschwert, und zwar über die jungen Spieler, die im Mannschaftsbus ihre Essensreste liegen lassen hatten, statt sie in die Abfalleimer zu werfen. Das sei eine Sache des Charakters, sagte er, und dass man so was zu Hause auch nicht mache.

Das war er wieder, Klose, der »Anti-Star«, wie ihn die Süddeutsche Zeitung mal nannte. Der das richtige Entsorgen von Essensresten zur Charakterfrage macht, der seinen Ausgleich zum Fußball in der Familie findet, für den es kein Problem ist, um fünf Uhr aufzustehen, um seinen Zwillingen Luan und Noah das Fläschchen zu geben, und der sagt: »Es gibt nichts Schöneres als eigene Kinder.« Auch wenn es ihm direkt nach der Geburt seiner Kinder schwer fiel, sich voll auf Fußball zu konzentrieren, und er deswegen den Sportpsychologen der Nationalmannschaft um Hilfe bat. Und schon wieder ist man von Klose überrascht, wie selbstverständlich er vom Psychologen redet, und das als Fußballer, in einer Welt, in der heftig darüber diskutiert wurde, ob die Nationalmannschaft einen »Mentaltrainer« braucht oder nicht.

Klose schaut auf sein Handy. »So«, sagt er, »ich muss in die Kabine.« Und bevor er den Raum verlässt, macht er das Licht aus. Quelle : www.zeit.de




Re: Es traf Klose

das ist ein echt klasse artikel! zwar kannte ich ihn schon, aber des hat spaß gemacht,ihn nochmal zu lesen



Re: Es traf Klose

Hey Leutz!

Ja, find ich auch. Kannte den Artikel auch schon, find ihn aber immer wieder im Internet... Der ist echt genial, vor allem das mit dem Licht ausmachen und so.

Ich könnt mir den täglich und stundenlang durchlesen!!!

LG, Vanessa.




*fähnchenschwenk* *miroplakathochhalt* *antiballackschrei*

Re: Es traf Klose

cool


immer schön "werder" bleiben =D

Re: Es traf Klose

Ich find den Artikel auch richtig klasse! 

Re: Es traf Klose

ich habe auch noch eines:

http://www.zeit.de/2006/39/Interview-Klose?page=1

ciao




Re: Es traf Klose

#1

ich liebe den text :)