Ne ohne die Outings gäbe es definitiv keine "Homo-Ehe" und viel weniger Selbstbewusstsein... Aber zwischen Outing und seine Vorlieben jedem vor die Füße zu schmeißen besteht ja noch'n Unterschied. Trotzdem es für viele besser laufen könnte bzgl ihres Outings und ihres Umfelds muss ich sagen wir haben jetzt einen "ganz guten" Zustand der Akzeptanz erreicht. Klar wirds immer Deppen geben die einen ausgrenzen wollen, aber das würden sie auch weil man komische Schuhe trägt oder eine lange Nase hat.
Peace
And everywhere I am there you'll be.
Flecktarn!!
Good night, white pride!
Re: Deine eigene Coming Out Geschichte!
ich bin in einer anderen zeit aufgewachsen. damals wurde nicht über sex geredet und aufklärung gab es auch nicht...das erfuhr man dann so eher zufällig nach und nach. in meiner heimat waren alle streng katholisch und sowieso alle ganz brav. mein schwulsein zu entdecken war für mich mehr ein erschrecken als alles andere. ich hatte freundinnen gehabt, aber keinen sex und immer wenn das in die nähe kam, wollte ich nicht mehr. kann ich mir auch heute nicht vorstellen, mit einer frau sex zu haben, da klingt bei mir keine einzige saite. naja, aus diesem gefühl heraus, irgendwie anders zu funktionieren und nicht richtig zu funktionieren, habe ich das einfach verdrängt. ich wurde soldat und habe eine von anfang an gute karriere gemacht. aber sex und kuscheln und geborgensein und überhaupt drüber reden zu können wird mit den jahren immer wichtiger (freut euch, ihr jungen!). ich habe unter der situation sehr gelitten, konnte aber mit niemandem reden. 1985 war ich auf einem lehrgang in hamburg und da habe ich mir einen schwulen roman gekauft....huh, echt scharf! ("ein fall von liebe" von gordon merrik, rororo). und durch diesen roman merkte ich, dass es ja offenbar noch andere wie mich geben muss. ich hatte bis dahin noch nie einen anderen schwulen erlebt, ich war schon 31! darüber habe ich mit einem befreundeten ehepaar geredet und die haben mir wirklich sehr geholfen, vor allem durch zuspruch. danach habe ich es meiner mutter gesagt und die hat es meinen geschwistern gesagt. meine mutter hat anfangs geheult, aber dann hat sie alles gelesen, was man über schwulsein wissen kann. sie hat mich, wie ich bin, akzeptiert, aber sie will nicht, dass ich es weiter erzähle. 1995 (ich war 40) war ich in bonn (bonn!) das erste mal in einem szenelokal....meine güte, ich wurde angemacht ohne ende...und ich war damals noch hübscher als heute! aber den ersten sex (nee, halt! da gab es schon was in der jugend mit meinen brüdern....fummeln und so) hatte ich erst 1999. und seit dem wenig, nicht jedes jahr, aber in manchen dafür öfter. ich habe bis heute keine lust auf beliebigen sex oder welchen, den man im internet vereinbart. ich mag es, wenn man sich kennenlernt in live und dann irgendwie aufeinander abfährt und dann mag sich alles ergeben. aber am besten wäre, einen freund für sich alleine zu haben. offene partnerschaften halte ich für verlogen, darauf möchte ich mich nicht einlassen. mein gott, was schreib ich denn hier???
Re: Deine eigene Coming Out Geschichte!
So ich erzähle nun meine eigene teils traurige Geschichte, obwohl mein Coming Out bei den für mich wichtigen Menschen noch nicht abgeschlossen ist, wie ich oben auch schon schrieb!
Naja ich wurde geboren als Sohn einer deutschen Mutter und eines griechischen Vater, der hier in Deutschland in den 60ern Architektur studiert hatte und dann 1964 meine Mutter heiratete. Zuerst kam 1968 meine Schwester auf die Welt und dann kam ich als Nachzügler und Nesthäckchen 1976 nach. Meine Kindheit war sehr geborgen und ich lebte immer im Herzen von Köln mit meiner Familie in einer großen Mietwohnung! Ein richtiges Mama Kind war ich und verwöhnt wurde ich auch sehr! Nur war ich bei Fremden immer sehr zurückhaltend und voll von Ängsten...schon als Kind! Als ich dann älter wurde und mit 15 ca. das erste mal mit meinem besten Hetero Freund wichste (zu RTL Softpornos! ) da merkte ich schon, allerdings irgendwie unbewusst, dass ich schon in diesen Filmchen immer mehr die Männer anschaute und auch am Geschlechtsteil meines Freundes war ich sehr interessiert, aber ich betrachtete es nur aus der Ferne! Tja in meinen ersten Fantasien versuchte ich mir andauernd nackte Frauen vorzustellen mit denen ich Sex hätte...allerdings kamen immer mehr männliche Klassenkameraden in meinen Fantasien auf und die Frauen verschwanden immer mehr, bis ich es am Ende in meiner Fantasie nur noch mit Männern trieb! Als mir das dann im Alter von 16/17 Jahren langsam wirklich bewusst wurde, dass ich "schwul" oder "anders" bin konnte ich damit nicht umgehen. Zu dieser Zeit hatte ich auch sehr viel Übergewicht und wog 110 KG. In meiner Schulklasse war ich daher immer nur das "fette schwule Schwein", obwohl ich niemandem gesagt hatte dass ich wirklich schwul bin...aber das haben die wohl damals gerochen, denn für Mädchen hab ich mich ja nie interessiert. Überhaupt war ich der totale Aussenseiter. Nachdem ich dann mit der Schule fertig war wollte mich die Bundeswehr haben und davor hatte ich extremste Angst, da ich mir vorgestellt habe dass es grad für einen Schwulen ein Horror sein musste beim Bund zu sein. Also verweigerte ich....und wurde zurückgestellt....erst zwei Jahre später in denen ich nichts machte ausser so in den Tag zu leben und bei meinen Eltern zu wohnen wurde ich endlich ausgemustert. Nun begann ich abzunehmen....35 KG in einem halben Jahr. Zu dieser Zeit begann ich auch meinen ersten Studiengang, aber das brach ich schnell ab, da ich körperlich plötzlich total abbaute...ich hatte riesige Angst HIV zu haben, aber sagte niemandem was davon denn sonst hätte ich mich ja outen müssen. Es folgten psychische Probleme, die wieder Monate anhielten bis meiner Mutter der Kragen platzte und sie für mich einen Termin bei einem Psychologen machte! Zuerst sträubte ich mich, aber dann ging ich in Therapie und das war genau das richtige...dem Therapeuten offenbarte ich mich zum ersten mal...es war mein erstes Coming Out....allein das reden heilte die innerlichen Wunden zumindest teils, so dass ich neue Kraft tankte und mir es schon bald wieder gut ging. Auch mein Studium nahm ich wieder in Angriff, doch weiterhin lebte ich ungeoutet bei meinen Eltern. Ich lernte eines Tages ein schwules Pärchen kennen, dass mir damals sehr half. Das war ca. 2003. Die beiden nahmen mich etwas unter ihre Fittiche und ich fing an ein neues Selbstbewusstsein zu entwickeln...dann aber folgte im März 2004 die Katastrophe...meine Mutter war zu der Zeit mit meinem Vater in Griechenland und dort erkrankte sie schwer an Lungenkrebs und damit einhergehenden Gehirntumoren. Das war zuviel für mich....wieder brach ich mein Studium mitten im Semester ab und reiste mit meiner Schwester nach Griechenland...dort wurde meine Mutter am Gehirn operiert. Erst ein Monat später kam meine Mutter nach Deutschland zurück (Mai 2004), doch schon eine Woche nach ihrer Rückkehr musste sie wieder ins Krankenhaus. Nach einer zweiten Operation Ende Juni verstarb sie am 21.Juli 2004...ich war der letzte an ihrem Totenbett saß...ein schrecklicher Tag...ich war der letzte der den Raum in dem sie aufgebahrt lag verließ.....ich flüsterte ihr zu was ich zuvor nie über die Lippen brachte...Mama ich bin schwul...sie konnte es nicht mehr hören! Unsere Familie stand unter Schock und so brach mein Vater erstmal die Brücken zu Deutschland ab und löste die Wohnung meiner Eltern auf. Er ging nach Griechenland wo er immer noch lebt. Ich zog zu meiner älteren Schwester. Im November desselben Jahres war es dann soweit....nach langen Gesprächen mit meinen Freunden nahm ich mein Herz in die Hand und nachdem ich meine Freunde besucht hatte kam ich nach Köln zurück und sagte meiner Schwester, dass ich schwul bin. Ich weiß noch ganz genau...wir saßen im Auto und fuhren etwas einkaufen....kurz vor Ladenschluss...sie reagierte aber ziemlich ruhig und hat es im Nachhinein gesehen ziemlich locker aufgenommen. Seitdem lebe ich bei meiner Schwester und hab ja auch mein Studium welches sich andauernd verzögert hatte wieder aufgenommen. Heute 2007 ganz aktuell fragt mein Vater am Telefon immer mehr danach wann ich denn endlich eine Freundin bekomme. Es wird wieder einmal enger für mich aber solang ich noch studiere will ichs ihm nicht sagen! Erst wenn ich mein eigenständiges Leben und Auskommen habe bin ich dazu wirklich bereit! Aber ich hab mir fest vorgenommen...niemals werde ich ein verstecktes Leben führen oder mir eine "Alibi" Frau suchen. Hinzu kommt immer, dass mein Vater als in diesen Fragen typischer Grieche von mir Enkel und wenn möglich einen "Stammhalter" erwartet. Ein Wunsch von dem ich weiß, dass ich ihm diesen niemals erfüllen kann. Ich hoffe er wird mich wenn er es erfährt nicht aus seinem Leben verbannen! Meine Familie bedeutet mir sehr viel.
Das war meine Geschichte und wenn ich das so Revue passieren lasse dann wird mir klar weshalb bisher noch kein Mann Platz in meinem Leben hatte (obwohl ich trotzdem schon ne Menge sexueller Erfahrungen gesammelt habe)..ich war immer zu sehr mit mir selbst beschäftigt, aber ich wünsche mir nichts sehnlicher als jemanden zu finden der zu mir steht und endlich ein erfülltes Leben führen zu dürfen.
Das ist meine ganz persönliche Geschichte!
Re: Deine eigene Coming Out Geschichte!
Das ist eine sehr berührende Geschichte, und ich sage erstmal nur dazu, dass ich dir alles Gute und Beste wünsche dazu, dass eine echte und gute Liebe dich befreit und beflügelt - dann wird manches selbstverständlich, was vorher unmöglich schien.
Natürlich kann man Liebe nicht erzwingen, und sie löst nicht alle Probleme, schafft oft auch neue, aber befreiend wirkt sie allemal.
Wenn dein Vater dich liebt, wird er dich so akzeptieren, wie du bist. Wenn er dich dazu nicht genug liebt, kann auch seine Meinung für dich nicht so zentral wichtig sein.
Meine Eltern habens nach und nach ohne grosse Szenen gemerkt, aber es tat (tut) mir auch leid, dass ich sie nicht zu Grosseltern gemacht habe. Aber wir habens trotzdem schön zusammen.
Nun, mein coming werde ich ein andermal zu erzählen beginnen hier, von meiner ersten Liebe mit fünf bis... heute ists zu spät oder zu früh dazu.
Re: Deine eigene Coming Out Geschichte!
Ich habe keine CO-Geschichte, ich BIN Geschichte
Nein, mal im Ernst: Das ganze Drama, was viele erlebt haben oder erleben, ist mir nie passiert. In der bürgerlichen Vorstadtwelt, in der ich groß wurde und heute noch lebe, spielte das alles keine Rolle. Mit 11-12 war mir klar, dass die beste Art&Weise der Fortsetzung von Doktorspielchen mit anderen Jungs der schwule Sex sei. Am schönsten war das Duschen nach dem Fussballspielen Danach entwickelten sich immer wieder mehr oder weniger langfrsitige Kontakte zu Klassenkameraden oder zu Leuten in der Jugendgruppe, die allesamt heute hetero sind (oder es zu meinen glauben... *harhar*). Aber zu keinem Zeitpunkt hatte das andere Geschlecht einen Reiz auf mich ausgewirkt. Mit knapp 16 düste ich in der Schwulenszene rum, immer die Hintertür im Auge behaltend, weil die Bullerei dann doch gelegentlich die Ausweise kontrollierte und ich keine Lust hatte, zuhause abgeliefert zu werden mit dem Hinweis, ich sei in einer Homo-Bar aufgegriffen worden. Solange mein Vater lebte, hielt ich das gegenüber meinen Eltern geheim. Allerdings bekam das meine Mutter und meine Schwägerin doch schon eher mit, aber erzählten meinem Vater nichts davon. Mir war das eigentlich eher egal, denn so wichtig war mir meine Familie auch nicht. Andererseits machte es mich dann schon stolz, dass meine Nechten und Niffen stolz sind, dass sie einen schwulen Onkel (oder sagt man dann "Tante"?) haben. Das mit dem Vater geschah aus Rücksicht. Und schließlich wollte ich mir nicht anhören, dass ich schuld an dessen vorzeitiges Ableben sei. Riskant war es trotzdem, da ich schon 5-6 Jahre vor dessen Tod in der Schwulenszene aktiv und auch gelegentlich im Fernsehn war. Aber er hat das nie gerafft ;-) Jetzt ist das alles eh kein Thema. Für mich ist das so unendlich normal, schwul zu sein, dass ich nur dann reagiere, wenn andere Leute, insbesondere vorgeblich aufgeklärte und progressive Leute, Schwule diffamieren. Bei den anderen ist das ja normal ;-) Von daher war mein CO wohl eher schleichend, als dass ich das an irgendwelchen Erlebnissen festmachen könnte. Aber wenn es schon nicht spannend war, so schaue ich da sehr positiv darauf zurück: Nichts würde ich anders machen. Mann, bin ich col...