Die Phileasson Saga - Spielberichte

019 - Von Möchtegernhelden, Geistern und Ogerstämmen

019 - Von Möchtegernhelden, Geistern und Ogerstämmen

Eintrag ins Reisetagebuch, Thoram
Ort: Vallusa und Ysilia
Titel: Von Möchtegernhelden, Geistern und Ogerstämmen
Zeit: 15.Ingerimm – 27.Ingerimm

Liebster Onkel Kirgam,

lass mich dir beschreiben, was uns seit meinem letzten Schreiben alles passiert ist.
Ich habe dir ja bereits geschrieben, dass wir uns auf den Weg nach Vallusa machen wollten. Vallusa ist eine schöne Stadt, ordentlich, freundliche Menschen und so weiter und so fort. Kommt vermutlich vom Angrosch-Tempel, der da an der Kai-Mauer steht.
Vor 3 Tagen sind wir ankommen, doch es war schon spät, und so gingen wir alle früh zu Bett.
Am nächsten Morgen haben sich Alfonso der Magier und Ohm, unser Barde, zur Spurensuche in die Bibliothek begeben, der Elf, Dirona und ich haben uns auf dem Markt nach Infos über die Stadt erkundigt. Laut der diesmaligen Aufgabe sollten wir „den Schleier der Vergangenheit zerreißen und eine silberne Flamme finden“. Auf gut Rogolan heißt das: „Da ist ein fettes Schwert, das silberne Flamme heißt und die Leute wissen, wo wir's finden können.“ Aber das wäre ja zu einfach gewesen. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht. So ganz verstehe ich diese Logik immer noch nicht, aber die anderen Völker Aventuriens halten daran fest.
Hast Du schon mal was von Erm Sen gehört? Ich auch nicht, war so ein der Möchtegernheld. Er war Fechtlehrer in seiner eigenen Fechtschule in Ysilia und hat die Menschen mit einem simplen Trick (einem einfachen Stich auf die Kehle des Gegners) geblendet, so dass sie ihn fast verehrten. Aber was verehren die Menschen nicht alles...? Angeblich war einmal ein Soldat des Mittelreichs und wurde von seltsamen Attentätern verfolgt, die alle von ihm besiegt wurden und anschließend zu Staub zerfielen. Na, wer’s glaubt…
Auf jeden Fall fanden wir heraus, dass dieses Dörflein noch eine andere Besonderheit außer diesem Degenheini hat: Auf dem Zwergenmarkt (ich sagte doch schon: sehr sympathisches Städtchen) stehen vier Wolfstatuen. Warum es nicht eine getan hat, weiß ich nicht, aber es hieß, dass auf diesem schönen Plätzchen nachts ein Geist haust, angeblich einer der Attentäter auf Erm Sen, den dieser wohl getötet hat. Das mussten wir natürlich gleich überprüfen. Leider hatten Eigor, der andere Zwerg, von dem ich dir schon oft erzählte, und ich Mühe, die anderen Angsthasen zu überreden. Nachdem sie sich erstmal mittags ausruhen mussten, damit sie in der Nacht nicht einschliefen, haben sich der Elf, Dirona, Alfonso und wir zwei Zwerge uns mitten in der Nacht auf den Markt gesetzt und gewartet. Du wirst es nicht glauben, aber da war tatsächlich etwas, was ich noch nie zuvor erlebt habe, es war so...anders als sonst; die Anderen haben es als unheimlich beschrieben. Es wurde unnatürlich kalt und Nebel zog auf, wie ein bei einem fremden Zauber. Plötzlich hörten wir eine Stimme, die von nirgendwo und doch überall kam. Sie hauchte in unser Hirn, dass wir die „Silberne Flamme“ zurückbringen sollen. Du wirst lachen, aber Geister können sprechen. Den anderen war gar nicht so zu lachen, dem Elf zitterten die Knie während er später behauptete, er habe keine Angst gehabt. Komischer Vogel...
Normalerweise gehe ich ja nicht auf solche unverschämten Forderungen wie die des Geistes ein, aber bei so einem Geist ist das etwas Anderes als bei normalen Menschen. Wir versuchten mit allen Mitteln ihm das Geheimnis, das er verbarg, so zu entlocken, aber Geister lassen sich von keinem Felsspalter dieser Welt einschüchtern, wie es scheint. Er blieb stur wie ein Elf und wartete noch nicht einmal, bis dass wir ihm zusagen konnten. Wir wären informations- und damit recht hilflos gewesen, wenn ich nicht eine geheime Botschaft auf der Schulter der Statue entdeck hätte. Es stand geschrieben:
“Mein Bruder wurde gemordet und ist nach Gontarin gegangen. Nun ist es an mir, unsere Schande zu tilgen. Das Orakel sagt, an einem Ort, Blutturm genannt, werde ich die letzte meines Stammes sein, die den Räuber bekämpft. So ist sein Schicksal besiegelt und Selflanatil wird nach Tie’shianna zurückkehren.“
Mit messerscharfem Verstand schloss ich, dass dieser Text wohl von der Schwester des Attentäters auf Erm Sen verfasst worden ist. So führte der Weg also zum Blutturm. Durch die vielen Informationen wussten wir, dass sich dieser in Ysilia steht bzw. stand.
Phileasson (unser thorwalischer Anführer), mussten wir alles Erlebte noch einmal unterbreiten. Es wurde ein recht flüssiger Abend.
Angefiebert vom neuen Reiseziel, nämlich Ysilia, einer Stadt im Nordwesten, brachen wir am nächsten Morgen auf. Nach dem wir mal wieder den ganzen Tag geritten waren, haben wir uns zuerst um eine Bleibe gekümmert. Zum Glück stehen dort genügend verlassenen Bauernhöfe in denen wir uns problemlos einquartieren konnten. Warum dort sonst keiner wohnen wollte war offensichtlich: durch einen Generationen zurückliegenden Ogerüberfall ist die gesamte Gegend verwüstet. So auch Ysilia. Von der Fechtschule war nicht mehr viel übrig. Man konnte so grade noch erkennen, dass es einst zwei hohe Türme, gemauert aus roten Steinen, gewesen waren, doch es bestand nur noch die erste Etage von einem der beiden Türme, der andere war vollends zerstört. Das kommt davon, wenn man nach oben anstatt nach unten baut, aber die lernen es wohl nie. In dem Turm, der nicht ganz zerstört wurde fanden wir eine Tafel, die unseren Verdacht bestätigte.
Kurze Zwischenfrage: erinnerst Du dich noch an meine Erzählungen über Beorn den Einäugigen? Genau, das ist der, gegen den wir gewinnen müssen. Wir müssen schneller sein, doch leider konnte mein geschultes Auge direkt erkennen, dass diese Steintafel, die sowieso schon vor 7 Jahren zerschlagen worden war, nur wenige Tage vor uns noch einmal zerkleinert worden war. Beorn ist also wieder vor uns.
Unser Baumliebhaber hat natürlich erstmal den Wald durchforstet und ist prompt auf eine Lichtung, auf der ein großer Stein lag, gestoßen. Da er allein selten zu Recht kommt, half ich ihm, den Felsbrocken zu untersuchen. Auf ihm prangte der schöne Reim „Wanderer lege hier nicht dein Haupt zur Ruh, oder du machst für immer deine Augen zu.“ Eine Warnung für die wir natürlich nur ein müdes Lächeln übrig hatten. Wir zwei gingen anschließend auf die Jagd und ich entdeckte sogar Ogerspuren, im Gegensatz zum unfähigen Elfen, der nur Gänseblümchen auf die Schliche kam. Oger kann man zwar nicht essen, aber das sollte uns nicht abhalten, den Spuren zu folgen. Meinem noch recht neuen Felsspalter ist zu lange Ogerblut verwehrt worden, ich konnte ihn nicht mehr aufhalten. Nachdem wir also als logische Konsequenz zwei Oger mittlerer Größe erlegt hatten (von denen einer einen recht guten linken Schlag hatte, möge Angrosch seiner Seele gnä...hm, vielleicht doch nicht), ließen wir gnädigerweise drei weitere, die aus dem Wald zurückkamen, am leben. Zumindest bis auf weiteres. Den restlichen Tag verbrachten wir mit Erzählungen und den üblichen Zeitvertreiben. Auf solchen Reisen lernt man ungeheuer interessante Beschäftigungstherapien kennen. „Hau den Elfen“ oder „Such deinen Geldbeutel“, um nur einige zu nennen. Eigentlich ein ganz normaler Abend, sollte man meinen.
Doch während der Nacht geschah etwas, was ich noch nie erlebt hatte. Ich hatte einen Traum, der aber so echt schien, dass ich fast glaube, es war Wirklichkeit. Hast Du schon mal so was erlebt? Und was noch seltsamer war, Alfonso hatte exakt denselben Traum. Behauptet er zumindest.
Ich träumte, dass genau in dem Bauernhof, in dem wir waren, ein dunkles Etwas, ein schwarzer Schleier geradezu, zwei Kinder tötete. Als die Kinder von ihrer Mutter gefunden wurden, war sie so geschockt, dass sie vom Heuboden die Treppe hinunter stürzte und sich den Hals brach. Traurig, aber auch wahr? Auf jeden Fall war in dieser Nacht etwas Faul, denn vielen von uns fehlten am nächsten Morgen schwarze Tücher und Kleidungsstücke, obwohl definitiv keiner nachts in den Raum gekommen sind. Das hätte ich bemerkt. Unser Elf behauptete, jemand hätte seinen Bogen gestohlen, doch ich denke, er wollte sich mal wieder nur wichtig machen. Außerdem, wer würde so etwas schon stehlen?
Aber damit nicht genug: Es geschah noch etwas Ungewöhnliches ist in jener Nacht, als wenn wir nicht schon genug Absonderlichkeiten gehabt hätten: Der große Fels, den wir auf der Lichtung gefunden haben, lag nun umgewälzt auf dem grünen Gras. Wir untersuchten ihn, als wir ihn am nächsten Morgen fanden umgehend. Es war ein wirklich gewaltiger Fels, den man nicht mal eben so zur Seite schieben konnte. Auf seiner nun sichtbaren Seite standen die Worte „Diesmal war es anders als sonst. Es war, als löste sich ein Schatten von ihr, als sie zu Staub zerfiel. Welcher Fluch lastet auf mir? Habe ich Schuld auf mich geladen? Ich werde dorthin ziehen, wo das geflügelte Grauen auf einem Bett von Gold ruht, um darauf zu warten, dass mein Schicksal sich erfüllt.“ Als wäre es nicht schon offensichtlich genug, dass dieser Text von unserem Freund Erm-Sen stammt, prangte unter dieser Schrift ein Wolfskopf, sein inoffizielles Zeichen. Wir beschlossen also in die Drachensteine zu ziehen, um dort das „geflügelte Grauen“ nach Erm-Sen zu fragen. Vorher hatten wir allerdings noch ein paar Sachen zu erledigen. Eigor und Dirona meldeten sich fast freiwillig dazu bereit, die zertrümmerte Steintafeln in der Fechtschule wieder zusammenzubasteln, doch sie brachte nur ein paar Namen (zum Beispiel den Erm Sens) zutage. Des Weiteren musste ich dem Elfen helfen, einen neuen Flitzebogen zu erstehen, weil er gänzlich unfähig ist mit Zahlen umzugehen und bereit war, einen Horrorpreis für ein altes Stück Holz zu bezahlen. Außerdem legte sich die Anspannung meiner Kollegen wieder, als wir erfuhren, dass unser Rivale Beorn zu einem Orakel auf dem Purpurberg gefahren ist. Doch das Wichtigste war, dass ich durch eine ausgeklügelte Schlachttaktik einen Angriff gegen den mächtigen Ogerstamm in der Nähe, den ich mit dem Elfen aufgespürt habe, zu führen. Wir hatten beschlossen, dass die Schonfrist abgelaufen war. Wir töteten mindestens 10 Oger, 6 davon ich alleine.
Nach diesem erfolgreichen Nachmittag konnten wir gelassen die Reise zu den Drachensteinen antreten. Möge Angrosch uns beschützen.
Somit wärst Du, verehrter Onkel, wieder auf dem neuesten Stand der Dinge.
Gib diesen Brief bitte auch Thorescha, an die ich die ganze Zeit denken muss.
Mit besten Wünschen aus der Ferne,
Dein Neffe


Thoram