Die Phileasson Saga - Spielberichte

027 - Von drei alten Freunden, Fünf gegnerischen Lagern, Zwölf Kameraden und einer unbestimmten ...

027 - Von drei alten Freunden, Fünf gegnerischen Lagern, Zwölf Kameraden und einer unbestimmten ...

Eintrag ins Reisetagebuch, Tharan Drachentöter vom Waldvolk
Aufgezeichnet von Ohm Volker
Ort: Sargassosee – Dämonenland; 350 Meilen südöstlich von Maraskan
Titel: Von drei alten Freunden, Fünf gegnerischen Lagern, Zwölf Kameraden und einer unbestimmten Anzahl an großen und kleinen Spinnen
Zeit:

Von Beorn dem Blender und Foggwulf Phileasson, die auszogen einen Dämon zu besiegen, einen Kelch zu finden und ewigen Ruhm zu ernten
Von Shaya, der Geweihten, die mit rauen Männern auszog um ihrer Göttin zu dienen Von Raluf dem Kühnen, der stets an unserer Seite stand
Von Crottet, dessen Besonnenheit stets ein ruhender Pol im Chaos war
Von Eigor, der nie viel sagte, aber viel sprach
Von Ohm Volker, dessen Legende uns unsterblich machen wird
Von dem Moha, der immer da ist, obwohl wir ihn nie beim Namen rufen (können)
Von Dirona, die nicht nur uns mit ihrer Anwesenheit ablenkt
Von Abdul, der stets für einen guten Scherz zu haben ist und uns täglich neu überrascht
Von Osfalai Feuer-zwischen-den-Fingern, auch Alfonso di Cerbesson genannt, der immer noch ein klein wenig Magie aus dem Ärmel schüttelt und uns zeigt, wie man es besser nicht macht
Von Thoram, Sohn des Coram, der seine Axt überall reinsteckt, wo es ihm in den Sinn kommt und dessen Schlachtgesang weithin gefürchtet wird
Und auch von Tharan, der stets auf seine tapsigen und übel riechenden Schäfchen aufpasst und ihnen die Schönheit des Lebens durch seine Anwesenheit vor Augen hält

Wir saßen fest. Tief in der Einöde der Tanginsel. Auf einem Schiff mit einem verruchten und undurchsichtigen Schwarzmagier namens Vespertilio. Eindeutig waren wir am richtigen Platz, wieder einmal bestätigte sich auf mysteriöse Art und Weise die Prophezeiung.
Und doch fehlten uns noch die drei alten Freunde, aber zu leer war diese Gegend, als dass wir dieses Rätsel nicht auch noch lösen würden.
Und so war es diesmal Alfonso der den richtigen Pfad fand. Entgegen Vespertilios Behauptungen musste er einer der drei Freunde sein und Vermis, der andere Schwarzmagier auf diesem Eiland der zweite. Hatten sie den Tang erschaffen? Wie standen sie in Verbindung zu dem mächtigen Spinnendämon auf dessen Kreaturen wir schon vorgestern gestoßen waren?
Zunächst galt es mehr über unseren Gastgeber herauszufinden. Seine Diener, diese hässlichen Lederschwingen flogen den ganzen Tag kreischend über das Schiff, missgestaltet und geistig wenig entwickelt. Vespertilio hatte sie sich untertan gemacht und ihnen seinen Willen aufgezwungen – ein verdammungswürdiges Unterfangen, gegen das wir jedoch absolut machtlos waren. Wir waren seine Gäste und gerettet hatte er uns dazu auch noch – Beorn war bei seinem Feind Vermis untergekommen und ohne Trinkwasser waren wir in dieser Einöde verloren.
Zu menschlich sahen die Kreaturen aus, um nichtmenschlichen Ursprungs zu sein und ganz eindeutig log Vespertilio uns an. Er wusste mehr, als er vorgab, aber in unserer Lage nahmen wir jede Information auf, die er schließlich doch gab.
Osfalai hatte einmal versucht unter Deck zu gelangen, war aber von einer Lederschwinge aufgehalten worden – wieder ein Zeichen, das wir hier sowohl Gäste, als auch Gefangene waren.
Im Verlaufe des Tages besprachen wir auch mit Vespertilio die Lage. Nach ihm hielt Vermis Sklaven und seine abscheulichen Kreaturen, die Hummmermorfus waren wohl so etwas wie Experimente. Ich konzentrierte mich nicht darauf, sondern ließ meine Gedanken schweifen. Alles hier war trist und gleich. Überall Grün, aber kein saftiges, lebendes Grün, sondern ein Schales, Monotones. Fern weilten meine Gedanken, hingen in nebelverhangenen Baumwipfeln und sahen dem Kommen und Gehen der Jahreszeiten zu. Das Zirpen von Grillen, das Leuchten von Glühwürmchen, der Geruch einer Esche - wann war ich das letzte Mal in einem Wald gewesen – selbst auf Maraskan hatte ich nur einen Blick auf den Dschungel erhaschen können.
Ich stand auf, nicht mehr in der Lage herumzusitzen und auf irgendetwas zu warten. Nach einer kurzen Besprechung mit Phileasson zog ich mit Thoram, Alfonso, Crottet und dem Moha los um Beorn auf seinem Schiff zu belauern.

Hektik und laute Betriebsamkeit herrschte auf Vermis Boot. Wie Vespertilios Schiff war es exzellent zu verteidigen, 200 Schritt freies Land in jede Richtung. Beorn, seine Geweihte Lenya, die Magierin und weitere 6 Mann wuselten auf Deck herum und schärften Waffen, setzten Rüstungen wieder instand. Auch Vermis ließ sich blicken.
Bei dieser Gelegenheit fiel mir auf, wie sehr sich unsere Geweihten voneinander unterscheiden, obwohl sie doch derselben Götze dienen. Lenya gab Kommandos, wie ich es von Buckmann, dem Steuermann der Sturmvogel kenne und die Leute hörten auf sie. Aber eindeutig war zu erkennen, dass auch sie keinen Kelch hatten und so beschlossen wir, wieder zurückzukehren. Crottet würde als Wache bleiben und uns informieren.
Thoram ergänzte auf dem Heimweg Osfalais Theorie der drei Freunde. Vespertilio, Vermis und der Spinnendämon mussten in einer Art von Beziehung stehen, die nicht offensichtlich war und anscheinend geheim bleiben sollte. Wie ich jetzt feststellen muss: Wie können Dämonen und Schwarzmagier nicht in Beziehung zueinander stehen. Osfalai vermutet, dass Vespertilio und Vermis den Dämon riefen, ihn aber nicht kontrollieren konnten. Telori! Wie die Hochelfen erheben sie sich voll Stolz und meinen den Himmel erobern zu können und fallen letztlich über ihre Füße...

In der Zwischenzeit hatte Foggwulf über Vespertilio herausgefunden, dass der Spinnendämon das Artefakt hatte. Vespertilio hatte seine Hilfe angeboten und so klärte er uns jetzt über das Schiff des Dämons auf. Es war ein altes Kriegsschiff der Hochelfen, in welchem der Kelch wohl befördert worden war – wieder ein Zeichen hochelfischer Kultur, welche uns all die Zeit, wie ein Schatten zu verfolgen schien.
Das Schiff war unterteilt in Ober-, Ruder- und Unterdeck. Raluf und Eigor brachen auf um aus alten Schiffsteilen Sturmleitern zu bauen, mit denen wir an Deck gelangen konnten. Sie waren erst eine kurze Weile weg, als Crottet zurückkehrte: Beorn war aufgebrochen und so machten auch wir uns auf den Weg.
Wir teilten uns in zwei Sturmgruppen auf. Foggwulf, Raluf, Ohm, Thoram, Osfalai und ich wurden mit Lederschwingen auf das Boot gebracht und abgeworfen, während der Rest mit Sturmleitern folgte. Auch Abdul und Shaya hatten wir dabei, weil wir nicht das Risiko eingehen konnten, sie irgendwo zurückzulassen.
Noch in der Luft wob ich einen mächtigen ama tharza und ließ mich geschickt auf das Deck fallen. Überall waren Spinnenweben und einzig ein großes Loch (mit einem Durchmesser von einem Schritt) zeigte eine Verwüstung des Schiffs.
Es war totenstill an Deck. Mittlerweile war auch unsere Bodeneinheit aufs Schiff gelangt und so tasteten wir uns langsam vor. Und dann schnappte die Falle zu.
Von einem Moment auf den anderen war das Deck überströmt mit Spinnen. Sowohl 2 Spann großen, beharrten Biestern, die wie ein haariger Teppich auf uns zuwogten und auch noch größere bläuliche Spinnen, deren Chitinpanzer matt glänzte. Thoram legte mit seiner Armbrust an und fegte die erste Spinne weg. Dann riss er seine Axt hervor und warf sich in die Menge. Auch von hinten hörte ich schon Lärm. Raluf und Eigor hatten eine Kajüte an bord inspizieren wollen und wurden nun ebenfalls von Spinnen überrascht und zurückgetrieben. Osfalai, der als nächster zu mir stand war ebenfalls nicht gut davongekommen. Eine blaue Spinne schoss einen klebrigen Faden und verheddert stolperte er zurück. Ich hatte mich bewusst aus dem Kampfgetümmel zurückgehalten und stimmte nun den a’sela dhao biundawin an. Nur würde ich mich nicht nur selber beschleunigen, sondern auch noch meine Kameraden. Für diesen mächtigen Zauber musste ich mich stark konzentrieren und so versank die Welt um mich herum im Dunkeln.
Foggwulf und Thoram stürmten mit blutbeschäumten Waffen immer weiter vor, doch für eine Spinne schien stets eine Neue zu erscheinen und so war jeder Meter hart erkämpft. Endlich war ich fertig und spürte das vertraute Ziehen und Strecken meiner Muskeln. Thoram und Osfalai wurden jetzt ebenfalls von der stärkenden Wirkung erfasst und ihre Hiebe prasselten immer schneller auf die Gegner ein.
Ich zückte meinen Bogen. Zu viele blaue Spinnen waren an unerreichbaren Stellen und so war es meine Aufgabe, jede einzeln herunterzuholen. Mittlerweile hatten wir uns bis zur Treppe zum Ruderdeck vorgearbeitet und ich sprang als Erster ins Unbekannte. Noch mehr Spinnen erwarteten mich. Auf Anhieb konnte ich 4 weitere Blaue sehen, auf die ich mich sofort stürzte. Im Heck waren übermäßig viele Spinnenwachen, die Stellung hielten als Foggwulf mit den anderen nachrückte.
Von einer Seite des Schiffes erklang Lärm, irgendetwas schien sich durch die Holzwand brechen zu wollen und im nächsten Moment teleportierten sich die Magierin Belasca, Lenya und zwei Matrosen in den Raum und gingen sofort in den Angriff über.
Während Phileasson die im Näher stehenden neu positionierte und zum Heck delegierte wand ich mich zum Bug. Irgendwo musste der Kelch sein und da ich der Schnellste war, würde ich ihn finden. Beorn brach mit seinen Leuten nun durch die Wand auf das Ruderdeck ein. Auch Vermis begleitete ihn. Vespertilio, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte, schrie bei seinem Anblick Vermis Namen und ebenso tat es Vermis. Also waren sie die alten Freunde und als Osfalai über die Menge schrie: „Wahrscheinlich ist der Dämon doch von den beiden!“ wurde mir auch klar, dass wir unter Umständen nicht mehr mit ihrer Hilfe zu rechnen hatten. Dann schmetterten sich die beiden gegenseitig magisches Feuer entgegen und gingen zu Boden.

Eigor zuckte zusammen und blieb einen Moment wie erstarrt stehen – nur um Sekunden später vor etwas davonzulaufen, was noch nicht einmal in diesem Raum weilte...Die hintere Wand erbebte plötzlich und ein zwei Schritt hohes Wesen brach durch die Wand. Über drei Meter lang erstreckte sich ein aufgedunsener Spinnenleib, dessen haarigborstiger Rücken mit fünf orangenen Hörnern gespickt war. Wo Spinnen normalerweise Augen haben, waren bei diesem Monster nur Tentakel und ein großer Schnabel zu sehen, den ein underisches blaues Licht umspielte. Dies war der Spinnendämon Mactans, vor dem uns Vespertilio gewarnt hatte und der gegen alles immun war, was wir aufbieten konnten. Weder Magie noch unsere Waffen würden in der Lage sein ihn zu verletzen und so blieb unsere letzte Hoffnung in der letzten Prophezeiung, dass die Reißzähne einer Seeschlange uns in der Not helfen würden, wo keines Menschen Hand etwas auszurichten vermag.

Ich verließ das Schlachtfeld und wandte mich dem Unterdeck zu. Viele Spinnen wuselten hier herum und im dämmrigen Licht konnte ich mehrere Dutzend Kokons erkennen. Waren Menschen hier eingesperrt und als Brutstätte für diese Alptraumwesen benutzt worden? Ich würde später Zeit haben, darüber nachzudenken, an anderer Stelle wurde ich gebraucht und die Schreie meiner Gefährten klagten in meinen Ohren...

Auf dem Ruderdeck herrschte das reine Chaos. Weder gab es noch eine feste Schlachtreihe, noch war ein Sieg für eine der vielen Seiten abzusehen. Der Dämon tobte unter Beorns Leuten und zerfetzte sie der Reihe nach. Aber nicht nur schien er Leute zu zerhacken und zu zerfleischen, er ruckte auch herum, als ich wieder auf Deck erschien. War es meine Aura, die ihn aufmerken ließ oder die Sphärenkraft die hell in meinen Adern pulsiert – er visierte mich an und spie ein Spinnennetz auf mich. Im letzten Augenblick wich ich zur Seite aus und das Netz verfehlte mich um wenige Haarlängen, bis es dann hinter mir auf den Boden traf. Alles hinter mir wurde zu einem grauen Mahlstrom ins Nichts. Mehrere Spinnen wurden augenblicklich hineingezogen und verschwanden spurlos. Ich gab einen weiteren Pfeil in die Spinnenmenge ab und flüchtete aus dem Blickfeld des Dämons.
Raluf wurde hart bedrängt. Mindestens vier der Spinnen hatten ihn umzingelt und durch viele Fäden behindert wurde er überwältigt. Ich sah noch wie sein Körper unter Spinnen begraben wurde, dann wurde ich selber wieder hart bedrängt. Der Moha rettete Raluf, indem er sich gegen die Spinnen warf und sie letztlich vertreiben konnte, aber ich wurde durch den Dämon wieder abgelenkt.
Diesmal hatte er sich zwei von Beorns Leuten ausgesucht. Plötzlich stoben seine Diener auseinander und er spie sein graues Netz. Die beiden konnten weder ausweichen noch sich retten – sie verschwanden und nichts kündete mehr von ihrer Existenz.

Ich war weit vom Hauptgeschehen abgedrängt worden. Phileasson und Thoram und der Moha waren als Einzige noch als Fels in der Brandung zu erkennen. Crottet und Ohm waren weiter hinten und hielten die Massen von Spinnen zurück – Shaya war schließlich nicht in der Lage sich selbst zu verteidigen. Auch Abdul, dem ich vor dem Kampf mein Kurzschwert gegeben hatte, kämpfte nicht wirklich, aber sein Zustand ließ das wohl auch nicht zu...
Wieder nahm ich mir blaue Spinnen vor, die uns aus dem Hinterhalt verklebten und fegte sie mit wohlgezielten Pfeilen zu Boden. Der Dämon wütete weiterhin unter seinen Opfern und ich musste irgendwie an ihm vorbeikommen um in den hinteren Teil des Schiffs zu gelangen.
Plötzlich stoben die Spinnen bei Abdul und Shaya auseinander. Wieder war es kurz, als ob alle verharrten. Jeder wusste, was unweigerlich passieren musste. Shaya war das neue Ziel des Mactans. Schon spie er sein graues Netz, welches durch die Menge pflügte, geradewegs auf Shaya zu.
Dann trat Abdul vor. Sein entschiedenes „NEIN“ und sein beherrschtes Auftreten hallte über den Lärm und ließ mich aufhorchen. Mit einem Schritt war er zwischen Shaya und dem Dämon. Seine nächste Geste, ein einfaches Ausstrecken der Hand, war eine Geste der Macht. All meine Nackenhaare richten sich auf. Was immer Abdul machte, es war große und sehr mächtige Magie. Dann prallte das Spinnennetz auf eine unsichtbare Barriere, eine bläuliche Kugel um Abdul, Crottet und Shaya herum. Strahlend hell hielt sie dem dämonischen Zauber entgegen, dessen grau sich zuckend auf ihrer Oberfläche wand. Doch selbst dieser Schutzzauber würde brechen, sein strahlendes Leuchten wurde bereits schwächer. Mit einem letzten Aufbäumen schrie Abdul seine gesamte Kraft in diesen Zauber und das vernichtende Grau verschwand. Dann fiel Abdul zu Boden. Er war ohnmächtig geworden.
Foggwulf reagierte sofort und befahl Crottet und Eigor, der gerade zurückkehrte die beiden Wehrlosen rauszubringen.

Wir mussten diesen Kampf beenden, koste es was es wolle. Wir mussten diesen Kelch finden, aber alleine würde ich nicht durchstoßen können. Ich schoss mir meinen Weg zu Thoram frei und zusammen wagten wir einen weiteren Ausfall auf den Dämon zu. In diesem Moment wirkte Belasca, die feindliche Magierin einen Horriphobus, einen Furchtzauber, auf Phileasson. Doch Foggwulf hielt nicht einmal inne, als er mit Seflanatil auf eine Spinne einschlug.
Doch im nächsten Moment wurde es ihm brutal aus der Hand gerissen. Krampfhaft versuchte er es zu halten und wurde durch den Raum geschleudert, dann wurde er von einer Spinne getroffen und ließ los. Unsere Silberflamme schlitterte über den Boden auf Belasca und Lenya zu. Auch Belasca, die wohl den Apportzauber gewirkt hatte, wurde von Spinnen bedrängt und so hob Lenya die edle Klinge auf. Sofort brachen silberne Flammen aus dem Heft und umzüngelten ihre Hände, so dass sie erschrocken und schmerzerfüllt aufschrie. Durch den Ruck, flog das Schwert weiter in die Menge.

Beorn war in dieser Zeit nicht untätig gewesen. Wie wir schon vermutet hatten, würden die Reißzähne der Seeschlange uns helfen können und tatsächlich war auch Beorn auf eine ähnliche Idee gekommen. Mit einem dieser monströsen Kauwerkzeuge drang er nun auf den Mactans ein und bahnte sich tapfer seinen Weg durch die Menge. Sein Versuch war von Erfolg gekrönt, tatsächlich traf er den unverwundbaren Dämon und dieser erzitterte. Ein hohes Kreischen, underisch und schrill, durchzog den Raum und ließ uns zusammenfahren. Eindeutig klang Überraschung in dieser Mischung aus Schmerz und Wut mit und plötzlich war klar, dass der Dämon eine Schwachstelle hatte. An dieser Stelle verließ Thoram mich, da er ebenfalls im Besitz eines Zahns war. Er würde Beorn helfen.

Ich schoss die vorerst letzte Spinne vor dem hinteren Raum nieder und sah noch, wie Osfalai mit einem Schrei sich in die Menge warf – um Seflanatil zurückzuerobern.
Der letzte Raum war leer. Viele Spinnweben und vermodertes Zeug lag herum. Einzig eine Kochstelle fiel mir ins Auge. Sie war gänzlich zugewebt, aber das würde kein Problem sein. Mit schnellen Schnitten entfernte ich die Fäden, steckte mein Jagdmesser wieder weg und zog eine bleierne Kiste hervor.
Aus der Halle hörte ich wieder einen markerschütternden Schrei. Thoram war an Beorns Seite und hatte ebenfalls seinen Zahn in dem Spinnenleib versenkt.
Ich öffnete mit zitternden Fingern die Kiste. Der Kelch lag vor mir, golden und mit erlesenen Edelsteinen geziert. Ein prachtvolles Stück elfischer Arbeit mit verschnörkelter Schrift:
I’sao dhao gwanchal!
„Sprich deinen Wunsch“ in der Sprache der Menschen. Ich spürte die starke magische Aura des Kelchs und stürmte zurück zu den anderen.
Vermis und Vespertilio waren in der Zwischenzeit nach vorne gekommen und mit den Worten: „Jetzt haben wir dich, Mactans!“ bahnten sie sich ihren Weg. Thoram stand sehr steif da, war er versteinert worden? Während ich noch versuchte einen Überblick zu erhalten, schlug mir Vermis ins Gesicht und riss mir den Kelch aus der Hand. Ich taumelte zurück und auch Vermis stolperte durch den heftigen Schlag etwas zur Seite. Dann verschwand er in einem Schwall von Feuer, das aus Vespertilios Händen auf ihn zuschoss.
Während ich mich mühsam wieder auf die Beine kämpfte, befreite Vespertilio den unbeschädigten Kelch aus Vermis verkohlten Händen. Vermis war tot, gestorben für etwas, was er wohl mehr begehrt hatte, als sein Leben. Und Vespertilio würde ebenfalls nicht viel vom Kelch haben, denn in dem Moment wurde er von hinten von einer Spinne angegriffen und ließ den Kelch fallen.
In der Zwischenzeit war es einem der Söldnern Beorns gelungen Seflanatil an sich zu bringen. Weder züngelten Flammen an ihm hoch, noch schien im Moment jemand auf ihn aufmerksam zu sein, zu wichtig war nun der Kelch. Woher sollte er wissen, dass Alfonso sich in wenigen Sekunden um ihn kümmern würde und ihm sein Siegesschrei im Halse stecken bleiben würde?
Der Moha hatte in der Zwischenzeit den Kelch an sich genommen, aber wie schon durch die letzten beiden Ereignisse klar war, war es unter Umständen nicht gesundheitsfördernd, den Kelch zu besitzen. Als ich den Gedanken fertig gedacht hatte, hatte er ihn mir auch schon zugeworfen und sowohl der Dämon, die Spinnen, als auch Beorns Leute strömten auf mich zu. Ich warf den Kelch zu Alfonso, der gerade seinen Gegner in die Flucht getrieben hatte und ebenfalls Seflanatil in den Händen hielt. Auch er hatte einen Furchtzauber gewirkt und machte sich mit beiden Artefakten bestückt auf den Heimweg. Dabei war es aber klar, dass er nicht den Eingang erreichen würde. Plötzlich wurde er von der Seite hart von einem Söldner beiseite gestoßen und verlor den Kelch. Lenya kam an die Reihe und konnte sich sogar ein wenig freilaufen, bis dann der Dämon sie unter sich begrub. Wieder zeigte sich Alfonsos taktisches Gespür und Sekunden später nahm er wieder seinen Sturmangriff mit Kelch und Schwert in Richtung Ausgang vor. Diesmal aus der letzten Begegnung klüger geworden, passte er den Kelch an Phileasson ab, der jedoch von Belasca Beinchen gestellt bekam.
Thoram hatte sich nicht an unserem Fang und Laufspiel beteiligt, sondern war an Beorns Seite stets auf den Dämon fixiert geblieben. Wieder ertönte das schrille Kreischen und rief uns in Erinnerung, dass wir immer noch in einen tödlichen Kampf verwickelt waren. Mittlerweile wurde ich mehr und mehr bedrängt. Drei Spinnen nahmen mich gleichzeitig ins Visier und drängten mich hart zurück. Längst hatte ich meinen Bogen weggesteckt und meinen Schnitter gezogen, als sie mich erreichten. Ihre Beißer bohrten sich tief in meinen Panzer, aber ich spürte nur wenig davon – zu hart waren meine Rüstung und mein magischer Schild. Auf einmal ertönte neben mir ein urmächtiger Schrei. Ein Koloss erhob sich unter Schmerzen und schüttelte beim Aufstehen zwei Spinnen ab. Es war Raluf, der wütend auf die Beine sprang und seine mächtige Axt voller Zorn um sich wirbelte. Mit einem Lächeln war ich an seiner Seite und so bildeten wir eine Barriere vor Beorn und Thoram, die immer noch verbissen mit dem Dämon rangen. Thoram hatte wieder getroffen, war aber gleichzeitig beiseite gefegt worden und lag nun keuchend hinter mir und Raluf. An seinen Augen erkannte ich, dass er am Ende seiner Kräfte sein musste, aber mir ging es wohl nicht besser. Verletzt war ich noch nicht stark, aber bald würde ich einfach zusammenbrechen.
Dann war die Luft erfüllt von einem mächtigen Kreischen, welches vielfach lauter war, als die vorherigen. Der Dämon zitterte, stand still und wieder erklang das Kreischen. In seinem Kopf (was halt sein Kopf war) steckte bis zur Hälfte ein Zahn und Beorn stieß ein weiteres Mal mit seinem Ellenbogen zu und versenkte ihn vollends in dem aufgedunsenen Leib. Beorn blutete aus vielen Wunden und ohne Waffen war er jetzt schutzlos. Aber er und Thoram hatten Erfolg gehabt. Der Dämon war besiegt, seine magischen Kräfte erschöpft und sein gesamter Leib erzitterte, als er in seine Sphäre zurückgerissen wurde. Ein letztes Schütteln, dann zerfiel der groteske Leib. Zurück blieb nur schwarzer Staub, der zwischen den Planken des Schiffes verschwand.
Dann erbebte das Tangfeld und wir machten uns auf den direkten Weg nach draußen. Die Spinnen flohen durch zahlreiche kleine Löcher, aber wir mussten Seite an Seite mit Beorns Leuten aus dem todgeweihten Schiff fliehen.
Draußen angekommen, sahen wir bereits, wie sich das Tangfeld auflöste. War es vorher auf unnatürlich magische Weise fest gewesen, zerfiel es nun vor unseren Augen und wir machten uns auf den Weg ein Schiff zu finden, welches intakt war. Zum Glück waren Crottet und Eigor schon vorher geflohen und hatten sich auf ein nahes Schiff zurückgezogen. Jetzt winkten sie uns und halfen uns an Bord.
Als ich mich über die Reling schwang konnte ich noch Beorn sehen, der seine Leute ebenfalls zu einem Schiff dirigierte. Ein Unwetter zog auf und es würde ein schlimmer Sturm werden. Mochten Beorn und seine Leute es schaffen, sie hatten tapfer gekämpft und uns gegen den Dämon hilfreich zur Seite gestanden. Hier hatten wir wirklich beide Gruppen gebraucht um zu siegen und hatten schließlich jeder ein Artefakt erhalten. Belasca hatte zwar den Kelch erobern können, aber immerhin hatte Osfalai Seflanatil zurückerobert.

Vespertilio war in einiger Entfernung zu sehen, getragen von zwei seiner Lederschwingen. Auch er würde entkommen. Gegönnt war es ihm. Wie lange mochte er schon hier gelebt haben? Wie viele Jahre seines Lebens in dieser Einöde? Wie verbittert musste er sein, dass er letztlich nichts erhalten hatte, ebenso wie Vermis.
Einzig dem Dämon wünschte ich kein Glück. Hatten Vermis und Vespertilio ihn beschworen oder nicht, er blieb ein Geschöpf des Bösen. Hoffentlich war er in seine Sphäre zurückgekehrt und hatte Dere verlassen ohne weiteren Schaden anzurichten...

Drei Tage sind vergangen und wir versorgen weiterhin unsere Wunden. Foggwulf hat Kurs auf das Festland genommen und so segelten wir gen Westen. Er spricht von den Tulamidenlanden, einem fremden und abenteuerlichen Land, welches er schon mehrfach bereist hat. Glutäugige Mädchen, seltsame Getränke, scharfe Gewürze und fremde Düfte soll es dort geben. Hoffentlich gibt es dort ebenfalls Wälder. Ich vermisse fruchtbare Erde unter meinen Füßen und sehne mich danach mich in mein Seelentier verwandeln zu können. In den vergangenen Tagen nutzte ich die Windstille um das Meer um uns herum zu erkunden. Aber ein Wald, mit Tieren und Pflanzen wäre mir lieber. Dann könnte ich ungestört jagen und Beute machen, richtiges Essen zubereiten und leben.
Shaya hat aus gefundenen Vorräten eine Art Mahlzeit hergestellt, aber es fehlt uns mittlerweile an vielem. Wir müssen bald Land erreichen! Ich werde versuchen heute Nacht hoch hinaufzusteigen um erkennen zu können, ob Land in Sicht ist.
Foggwulf ist aber guten Mutes, zuviel haben wir erreicht um nun unbesungen auf dem Meer verloren zu gehen. Und der grüne Strich am Horizont könnte tatsächlich schon Land sein!