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Bürgerkonvent bläst als neoliberale APO zum Angriff

Bürgerkonvent bläst als neoliberale APO zum Angriff

Ein Verein namens BürgerKonvent bläst als neoliberale APO zum Sturmangriff auf den Sozialstaat

»Deutschland ist besser als jetzt« – mit dieser Botschaft wirbt seit rund einer Woche ein Verein namens Bürgerkonvent – schreibt sich übrigens neudeutsch BürgerKonvent – in ganzseitigen Anzeigen in der überregionalen Tagespresse und Fernsehspots zu den besten Sendezeiten. Der Aufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, die Wiedervereinigung und die Bewältigung der Oderflut werden als Beispiele für deutsche Tatkraft präsentiert. »Und heute?« – so heißt es im Fernsehspot – »Heute bekommen die Deutschen noch nicht einmal eine Rentenreform hin.«

Tatsächlich ist der Bürgerkonvent alles andere als ein »ATTAC für Rentner«, wie die taz mutmaßte. Ausgestattet mit viel Geld – bis Ende des Jahres soll das Budget sechs Millionen Euro betragen – rüstet hier eine rechte APO aus neoliberalen Intellektuellen und Unternehmern zum propagandistischen Sturmangriff auf die Reste des Sozialstaates.

Die Gründungsgeschichte des bis jetzt rund 500 Mitglieder umfassenden Konvents liegt derzeit noch im dunkeln. Einige »Bürger« hätten sich am 24. März 2003 zusammengefunden, um gegen den im Land herrschenden »Reformstau« aktiv zu werden, so die Legende. Dazu gibt es ein Büro am Bonner Bundeskanzlerplatz und eine eigene Website.

Im Manifest des Konvents finden sich deutliche Anklänge zur »Ruck«-Rede von Exbundespräsident Roman Herzog. Kritisiert werden ein »Übermaß an Regulierungen«, »verkrustete Organisationen« und Blockaden durch »Besitzstandswahrer« sowie eine »heillose Vermengung von Staat, Parteien, Gewerkschaften und Verbänden«. Woher der Wind weht, wird deutlich bei Sätzen wie: »Besonders problematisch sind Machtstrukturen, die aus einem fehlgelenkten Sozialstaat und der Sozialpartnerschaft erwachsen sind. Zwar beruhen sie auf der Verfassung und gesetzlichen Regelungen. Aber sie haben sich der demokratischen Kontrolle entzogen, obwohl sie unser aller Lebensbedingungen massiv beeinflussen.« Straff organisierte Minderheiten – gemeint sind wohl die Gewerkschaften – setzten ihre Interessen gegen die nicht organisierte Mehrheit durch. Als »Besitzstandswahrer« mit angeblich überzogenen Ansprüchen werden allein die »Arbeitnehmer« genannt. Ansonsten betet das Manifest die bekannte neoliberale Agenda von weniger Staat und mehr Eigenvorsorge herunter und macht sich zudem nebenbei für die Überwindung der »Kleinstaaterei« durch die Schaffung von sieben neuen Bundesländern stark.

Trotz massiver Kritik am Parteienstaat finden sich unter den wenigen bekannten Repräsentanten des Bürgerkonvents erstaunlich viele Parteienvertreter. Geschäftsführender Vorstand ist der Bonner Politologe Gerd Langguth. Der ehemalige Bundesvorsitzende des Rings Christlich-Demokratischer Studenten saß für die CDU im Bundestag und war bis 1997 Geschäftsführer der Konrad-Adenauer-Stiftung. Als Sprecher des Konvents firmiert Meinhard Miegel, ehemaliger Berater Kurt Biedenkopfs und jetzt Leiter des vom ehemaligen »Sachsenkönig« gegründeten Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft in Bonn.

Quasi als Gegengewicht zu Miegel wurde auch der Soziologe Ralf Dahrendorf für den Konvent gewonnen. Die Welt nennt weitere Namen, und dabei tauchen einige der üblichen Verdächtigen auf: Ex-BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel, Unternehmensberater Roland Berger, Otto Graf Lambsdorff, Peter Glotz, Rupert Scholz und der frühere Vorstands- und Aufsichtsratschef von BMW, Eberhard von Kuenheim.

Interessant nicht nur am Rande: Für die Öffentlichkeitsarbeit des Bürgerkonvents zeichnet die Agentur Abels&Grey verantwortlich. Die ist eng mit der RAND-Cooperation verbunden, einer einflußreichen Denkfabrik der Neokonservativen und Stichwortgeber der derzeitigen US-Regierung.


http://www.jungewelt.de/2003/05-19/013.php