Your Illusion
Hey ihr (auch wenn's noch nicht so viele sind)!
Ich habe mich mal an meiner ersten Fanfic über Hanson versucht. Wie ihr feststellen werdet, ist diese noch nicht fertig, aber ich poste immer wieder mal ein neues Chapi.
Einen Disclaimer, denke ich, werde ich an dieser Stelle nicht benötigen. Schließlich sind wir hier ja in einem FF-Forum und da sollte man sich schon im Klaren sein, dass alles eben nur Fiktion ist.
Achso, und falls Rechtschreibfehler drin sein sollten... Ich gebe zu, ich bin zu faul meine kreativen Ergüsse noch mal zu lesen, aber auf der anderen Seite will ich damit ja auch nichts gewinnen, außer eure geschätzte Aufmerksamkeit.;)
Also viel Spaß beim Lesen und bitte fleißig reviewen
Eure Caramellino
Taylor:
Klick, machte es, als ich die Tür des Musikzimmers abschloss. Dieser Raum ist vielleicht der Schönste im ganzen Haus, dachte ich. Ich liebte unser kleines Haus in Tulsa, doch der Musikraum, den meine Eltern vor Jahren im hinteren Teil des Hauses angelegt hatten, strahlte eine ganz andere Art von Ruhe aus, die man so vielleicht nirgends im Haus fand. Ich mochte den Geruch der alten Instrumente und ich liebte vor allem das alte, schwarze Klavier, welches an der riesigen Fensterfront stand. Ich genoss es mit meinen nackten Füßen den Teppich zu betreten und strich über die Tasten des Klaviers, wie über den Rücken eines alten Freundes. Es war einfach schön mal wieder zu Hause zu sein. Behutsam berührte ich die Tasten und begann vor mich hin zu summen. Die Sonnenstrahlen vielen durch die Fensterscheibe auf mein Gesicht und ließen mich noch weiter in meine Gedanken eintauchen. Plötzlich pochte es an die Scheibe. Als ich die Augen erschrocken aufschlug, blendete mich die tiefstehende Sonne. Taylor, mach schon auf! Hey, komm schon mach endlich auf!, rief Mum und drückte ihr feines Gesicht und eine Hand an die Scheibe um in das Zimmer schauen zu können. Ohne ein Wort zu sagen, stand ich auf und öffnete die Verandatür, die zum Garten führte. Wieso schließt du dich immer ein, mein Schatz?, fragte sie stirnrunzelnd und legte aufmerksam den Kopf auf die Seite. Es reicht mir langsam. Jedes Mal wenn ich hier rein möchte hast du dich eingeschlossen und ich muss um mein eigenes Haus laufen um über die Veranda hier rein zu gelangen. Ich habe ja nichts dagegen, aber irgendwie mache ich mir Sorgen, Schätzchen. Geht es dir nicht gut?, bohrte sie weiter und fuhr mit einer Hand durch mein Haar. Ich ließ mich auf den Klavierhocker sinken. Mum, nein..., begann ich und drehte ihr den Rücken zu um mit der linken Hand wieder die Tasten zu berühren. Ich bin manchmal nur gern alleine.
Mhm, entgegnete sie mir und schaute mich eindringlich ein. Weißt du, das Klavier hab ich damals von deinem Opa geschenkt bekommen, als ich ein bisschen jünger war als du es jetzt bist. Ich habe es sehr gemocht, fuhr sie fort und ging um das Klavier herum, bis sie mir wieder ins Gesicht sehen konnte. Ich finde es irgendwie erstaunlich,
das alte Holz,
es riecht irgendwie immer noch nach
, -Musik, wandte ich schnell ein. Ja, seltsam was. Na ja, tust du mir noch einen Gefallen. Zoe ist draußen im Sandkasten und Mac rennt auch irgendwo rum. Kannst du ein bisschen auf sie aufpassen? Ich will nicht, dass Mac seine Schwester auf das Baumhaus hoch jagt. Und außerdem hast du dich jetzt schon über 2 Stunden eingeschlossen, ich finde das reicht für heute, legte sie energisch bei und zwinkerte mir zu. Ich nickte, und stampfte barfuß in den Garten. Alles war in ein saftiges grün getaucht. Das Gras unter meinen Füßen war weich und auch die Bäume rings um unser Grundstück waren in ein grünes Blätterkleid gehüllt. Im Sandkasten unter einer der Bäume saß Zoe und wühlte im Dreck. Hey Tay!, rief sie mir entgegen, sie war die Jüngste in unserem neun-köpfigen Haushalt und zugleich unser Sonnenschein. Sag mal, wo ist eigentlich Mac?, wollte ich neugierig von der 3-Jährigen wissen. Der holt mir Steine aus dem Bach und Wasser. Wie soll ich denn sonst meine Sandkuchen fertig bekommen?, verblüfft runzelte sie über meine dämlich gestellte Frage die Stirn. Ich lachte. Doch ein riesiger Platscher lenkte die Blicke auf den hinter den Bäumen entlanglaufenden Bach. Ich nahm Zoe auf den Arm und hielt Ausschau nach meinem kleinen Bruder. Mac!, rief Zoe. Mist, und plötzlich hob sich ein dunkelhaariger Lockenkopf aus dem Wasser. Zoe und ich lachten bis uns die Bäuche weh taten. Ich finde das alles gar nicht so witzig!, stöhnte er. Na komm schon da raus, Mac. Ich denke es wird Zeit für ne Dusche, oder Zoe? Okay!, stimmte sie zu. Als wir zurück im Haus angekommen waren, klingelte bereits das Telefon. Ich schickte die Kleinen ins Bad und nahm das Gespräch entgegen. Hey, hier ist Nat!, hörte ich die sanfte Stimme am anderen Ende der Leitung. Oh hey, plötzlich fühlte ich mich unheimlich beflügelt. Natalie war so ziemlich der verständnisvollste Mensch, dem ich bisher begegnet war. Vor einem Jahr wurde sie mir von unserem Rowdy Steve nach einer Show vorgestellt. Seitdem waren wir unzertrennlich, zumindest wenn es um unsere Gefühle ging. Ich wusste auch nicht, wieso sie so besonders für mich war. Sie war ausgeglichen und nicht so anstrengend wie die anderen Mädchen, die ich bislang getroffen hatte. Zumindest fing sie nicht gleich an zu schreien, wenn sie mich sah. Sie war einfach toll. Während ich telefonierte, wendete ich mich dem Garten zu und ließ meinen Blick über die ruhige Natur schweifen. Tay, können wir uns morgen treffen?, fragte sie. Natürlich. Ich komm vorbei! Nach der Probe!, in diesem Moment glaubte ich sie aufatmen zu hören. Diesen Gedanken verwarf ich aber ganz schnell wieder, denn die Kleinen riefen schon aus dem Badezimmer. Nat, es tut mir Leid, aber Mac ist in den Bach hinterm Haus gefallen und Zoe und er stellen gerade das ganze Bad auf den Kopf. Wir sehen uns morgen, ok?! Okay, ich freu mich auf dich. Ich liebe dich!, säuselte sie in den Hörer. In diesem Augenblick kam es mir so vor, als wenn ich in unserem alten Baumhaus sich etwas bewegen gesehen hätte. Tay?? Hey Tay, bist du noch da?, Natalies Stimme riss mich jedoch aus meinen Gedanken. Oh
ja, da war nur eben
, Tay liebst du mich?, unterbrach mich Nat noch einmal. Etwas schockiert antwortete ich sofort und wendete meinen Blick vom Garten ab, um endlich wieder einen klaren Gedanken fassen zu können: Nat? Was ist das denn für eine Frage. Natürlich liebe ich dich. Das weißt du doch. Okay, dann sehen wir uns morgen. Ich freu mich schon-Tut, tut, tut
., schon hatte sie aufgelegt. Ihre Frage, ob ich sie noch liebte, beschäftigte mich noch einen Moment. Während ich meinen Gedankengang abschließen wollte, drehte ich mich wieder um und erblickte wieder unser altes Baumhaus. Als ich sechs Jahre alt war, hatten Ike, Zac, Dad und ich das Baumhaus an mehreren Wochenenden zusammengebaut. In den vergangenen Jahren war dieses mehr und mehr in den Besitz meiner jüngeren Geschwister übergegangen. Manchmal zog sich Zac darauf zurück, wenn er sich mal wieder unverstanden fühlte und einfach keine Lust hatte, uns anderen 6 Kids aushalten zu müssen. Hatte ich wirklich in dem alten Baumhaus etwas gesehen? Eigentlich war ich mir sicher, dass es sich um einen Fuß handelte, der hinter dem winzigen Eingang zum Vorschein gekommen und blitzschnell wieder zurück gezogen worden war. Noch immer mit dem Telefon in der Hand, trat ich entschlossen in den Garten und wollte zum Baumhaus hochklettern, um mich von dem dort erwartenden Nichts zu überzeugen. Wieso sollte sich dort auch jemand, außer meiner Familie aufhalten. Ike und Zac waren Rollerbladen, Jessica war mit ihren Freundinnen shoppen, Avery war mit Mum einkaufen und Dad auf der Arbeit. Die Kleinen
. Taaaayyyyy, Mac ärgert mich, schrie plötzlich Zoe aus dem Bad. Ich wendete mich vom Baumhaus ab und machte mich schnell auf den Weg ins Bad. Mac!, rief ich mittlerweile wirklich genervt, als ich sah, dass er das ganze Badezimmer komplett unter Wasser gesetzt hatte. Ich dachte immer Zac wäre früher anstrengend gewesen, aber Mac toppte ihn in dieser Disziplin um Längen. Es tut mir Leid!, entschuldigte er sich kleinlaut und setzte eine Unschuldsmiene auf, sodass man ihm gar nicht böse sein konnte. Ich ging in die Hocke um ihm ernst ins Gesicht blicken zu können. Mac, du kannst nicht immer alle ärgern! Ich mach dir einen Vorschlag. Du lässt Zoe mal in Ruhe und ich helfe dir dabei das Bad wieder in Ordnung zu bringen, nach diesem Angebot nickte Mac mit seinen dunklen, nassen Locken aufgeregt und wollte mich umarmen. Klatschnass wie er war drückte er sich an mich und legte seinen Kopf auf meine Schultern.
Am Abend beschäftigte mich das Geheimnis um das alte Baumhaus immer noch so sehr, dass ich gar nicht aufhören konnte aus meinem Zimmerfenster zu starren. Hey ho, na was gibts Neues Tay?, gut gelaunt setzte sich Zac neben mich aufs Bett. Hey, du Träumer, in welchen unbekannten Sphären surfst du denn schon wieder? Zac, lass ihn, wahrscheinlich ist er in Gedanken bei Naaatttt!, machte sich jetzt auch noch Ike über mich lustig. Sag mal versteckt er sie vielleicht im Baumhaus, weil er da unentwegt hinstarrt?, fing Ike an zu stutzen. Ja, der wartet bestimmt bis alle schlafen und dann lässt er die Nacht zum Tag werden wohoo!, brüllte Zac. Erst jetzt rissen sie mich aus meinem Bann. Sagt mal, ist es euch auch schon mal so vorgekommen, als wenn jemand in unserem Baumhaus wohnen würde?, ernst gemeint richtete ich die Frage an die Beiden, ohne meinen Blick vom Garten abzuwenden. Hat er gerade geredet? Oh mein Gott!, Zac blödelte theatralisch vor sich hin. Wie meinst du das?, fragte Isaac nach und ignorierte seinen kleineren Bruder. Na ja mir kam es heute so vor, als wenn mich von da Da seht ihr das, es hat sich was bewegt, hektisch deutete ich aus dem Fenster hinein in die Finsternis. Wenn Liebe das Hirn verdünstet. Schlimmer als jede Krankheit, murmelte Zac und stürzte sich auf mich und presste mich gegen die Matratze um dann unter starkem Gebrüll auf mich einzuprügeln. Ike kicherte vor sich hin und schloss sich dann der spaßigen Prügelei an, obwohl ich mich weniger danach fühlte. Auf einmal ging die Zimmer Tür auf und Dad trat ein: Hey Jungs, denkt ihr bitte daran, dass die anderen schon schlafen. Hört endlich auf hier rumzubrüllen und hüpft auch endlich mal in die Federn, sagte er mit einem Lächeln auf den Lippen, aber mit einem sehr bestimmten Unterton. Die Jungs gaben endlich nach und legten sich bereitwillig in ihre Betten. Taylor ist alles in Ordnung!, vermutlich hatte ich vergessen, dass man mir meine gedankenversunkene Miene wieder ansah. Daaad, er sieht Gespenster, rief Zac von seinem Bett aus. Tay?, mein Vater, ein mittelgroßer Mann mit grau melierten Haaren, hakte nach. Alles in Ordnung, Dad!, ich wollte nicht wieder als verträumter Spinner abgestempelt werden. Sicherlich waren Ike und Zac nicht gerade die Typen, die es nicht auch mal wagten zu träumen. Nur war Zac zu cool und Ike zu schüchtern darüber zu reden. Ok, gute Nacht Jungs, wünschte uns Dad und klickte das Licht aus. Vielleicht war es ungewöhnlich, dass er seinen fast erwachsenen Söhnen noch gute Nacht wünschte, immerhin wurde Ike im November 21. Dennoch behielt er und Mum sich dieses Ritual bei. Selbst wenn wir unterwegs waren. Tay? Sei nicht beleidigt, es war nur Spaß, sagte Ike während Zac bereits vor sich hin schnarchte. Ich antwortete nicht. Sollte er doch denken, dass ich schon schlief. Ich wusste, dass ich vielleicht zu sensibel war, was dieses Thema anging, aber mich störte es, wenn alle um mich herum behaupteten, dass meine Fantasie mich vom realen Leben abschotten würde. Ich wusste, was ich gesehen hatte. Ich war doch nicht vollkommen bescheuert. Nach endlosen Minuten in denen ich mir Gedanken machte über das was ich gesehen hatte oder nicht, überwältigte mich der Schlaf, wog mich in einer unheimlichen Ruhe und setzte mir mit aufgewühlten Träumen zu. Doch immer wieder spielte unser Garten eine große Rolle. Plötzlich spürte ich eine kalte Hand an meinem Hals, die langsam zu meinem Gesicht wanderte. Gebannt von meiner Schreckensvision, schaffte ich es nicht, aufzuwachen. Taylor, Taylor, hauchte es angsteinflößend. Nein, nein!, schrie ich und spritzte aus dem Schlaf. Meine Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen. Schweißgebadet versuchte ich meinen Puls und meine aufgeregte Atmung zu bändigen. Taylor? Taylor?, flüsterte es wieder ganz leise an meinem Ohr. Für einen Moment hielt ich die Luft an um die Quelle dieser Töne ausfindig zu machen. Meine Nackenhaare stellten sich auf, als wieder die kühle Hand mich berührte. Dieses Mal traf sie mich am Oberschenkel. Träumte ich immer noch? Wie konnte das nur sein? Nach und nach gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und ich erblickte eine Gestalt, die direkt vor meinem Bett stand, und vielleicht nicht größer als ein Meter war. Erst jetzt fasste ich den Mut, die kleine Lampe über meinem Bett anzuknipsen. Vor mir stand eine völlig zerzauste Zoe, die Tränen in den Augen hatte. Ich hatte einen schlimmen Traum, flüsterte sie, Darf ich bei dir schlafen?. Verständnisvoll nickte ich und hielt ihr die Bettdecke auf, damit sie rein klettern konnte. Schließlich konnte ich sie in diesem Moment gut verstehen. Ich hab dich lieb, Tay, säuselte sie noch, drückte mir ein Küsschen ins Gesicht und kuschelte sich in meine Arme, bevor sie dann einfach einschlief.
Am nächsten Morgen wurde ich bereits um 7 Uhr von Zoe geweckt. Hey, du Quälgeist! Ich hab Ferien, nörgelte ich verschlafen, während sie bereits im Bett rumhüpfte. Ey, ihr ich will schlafen, fing jetzt auch schon Zac an und beschwerte sich im Bett über mir. Ike hingegen war bereits hellwach und schlüpfte beschwingt unter der Decke hervor. Gekonnt schnappte er sich Zoe und verließ grinsend das Zimmer. Na toll, da kommt man Heim und denkt, man könnte sich von dieser anstrengenden Tour erholen, und was ist, man wird wach gemacht, resigniert schwang ich mich aus dem Bett und wuschelte mir verschlafen durch die Haare. Tay?, nuschelte Zac unter der Bettdecke hervor. Ja?, neugierig sah ich ihm entgegen. Es stellte schon ein groteskes Bild dar, wie dieser etwas zu groß geradene 16-Jährige mit dem Kissen über den Kopf in diesem Etagenbett lag. Ein Fuß baumelte sogar ganz hervor. Halt die Klappe, entgegnete er mir forsch. Also ließ ich meinen kleinen, muffeligen Bruder in Ruhe schlafen und wackelte nach unten in die Küche, wo bereits die gesamte Familie beim Frühstück saß. Guten Morgen mein Schatz, begrüßte mich meine Mutter und strich mir liebevoll durch die Haare. Sie stellte eine heiße Tasse Kaffee vor mich. Fasziniert schaute ich dem Dampf dabei zu, wie er sich von dem schwarzen Getränk abhob und sich in tanzenden Zügen in Luft auflöste. Dabei bemerkte ich gar nicht, dass mein Vater mich etwas fragte. Taylor?, raunte er und sah hinter seiner Zeitung hervor. Oh tut mir Leid, entschuldigte ich mich. Junge, was ist nur mit dir los? Du scheinst immer so abgelenkt, Dad blickte mir ernst entgegen. Schon gut, kann ich nach den Proben rüber zu Nat fahren?, stellte ich ihm stattdessen eine Gegenfrage. Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du deine Schwestern nachher vom Ballett abholen kannst? Ich nickte, und schweifte mit den Gedanken schon wieder zu dem alten Baumhaus. Ich versuchte mich krampfhaft an die Träume von gestern Nacht zu erinnern. Ich nahm meine Tasse, und wanderte ziellos in den Garten. Dort atmete ich die frische Luft ein, schloss die Augen und ließ mich auf die Verandatreppe sinken. Die letzte Nacht war wie ausgelöscht. Ich versuchte die Bilder zu rekonstruieren, aber ich schaffte es nicht. Enttäuscht und etwas sauer auf mich selbst öffnete ich die Augen wieder. Ich stellte den Kaffee neben mich und steuerte auf das Baumhaus zu. Wenn dieses mich schon um meinen Schlaf brachte, dann wollte ich wenigstens wissen, was ich da gesehen hatte. Ich war fest davon entschlossen, dass ich auf dem Baumhaus die Antwort auf meine Frage stieß. Wenn die Nachbarn mich so gesehen hätten. Zum Glück wurde unser Grundstück von Bäumen ringsum vor neugierigen Blicken geschützt. Ich kletterte langsam die Leiter des Baumhauses hoch. Dieses lag immer noch ruhig in der Baumkrone, so wie wir es vor einigen Jahren gebaut hatten. Auch innen sah es kaum verändert aus. Das Holz hatte sich über die Jahre und die ständigen Wettereinflüsse ein wenig verändert. Ansonsten war nichts Außergewöhnliches an dem Häuschen festzustellen. Nur einige Schokopapierchen lagen wie wild auf dem Boden zerstreut. Wahrscheinlich hatte Mac dort oben verbotenerweise eine Masse an Süßigkeiten gehortet. Das Schleckermaul sah es nämlich nicht ein, vor dem Abendbrot auf seine geliebten Schokoriegel zu verzichten und teilen mit seinen anderen Geschwister das kam gar nicht in Frage. Bei dem Gedanken, wie Mac sich ab und zu auf dem Baumhaus verschanzte um dort die Süßwaren in sich reinzustopfen, musste ich lächeln. Und hast du dein Monster schon gefunden?, Ikes Stimme tauchte unerwartet hinter mir auf. Ich erschrak mich so sehr, dass ich glatt eine Sprosse der Leiter verfehlte und mich gerade noch so davor retten konnte die gesamte Leiter herunter zu fallen. Er brach natürlich sofort in Gelächter aus. Danke Isaac, für deine ernsthaft gemeinte Frage, aber Mac ist wohl das Monster, antwortete ich ihm, als ich endlich wieder festen Grund unter den Füßen hatte. Er stutzte. Na ja, Mac ist wohl ein Krümelmonster, fügte ich hinzu und hielt ein Papierchen, dass ich bei meinem Absturz gerade noch so fassen konnte, hoch. Oh!, entgegnete mir Ike. Hör mal Taylor, ich glaube wirklich, dass du dich da in etwas reinsteigerst. Was soll denn schon groß da oben sein? Vielleicht ein Eichhörnchen oder ein Vogel, aber das ist doch kein Grund sich deswegen solche Sorgen zu machen, Ike war schon immer der Vernünftige gewesen. Ich mach mir doch gar keine Sorgen, fauchte ich jetzt schon fast genervt. Ich wusste gar nicht, wieso ich mich plötzlich so angegriffen fühlte. Na gut, dann machst du dir eben keine Sorgen, aber du scheinst dich trotzdem damit zu beschäftigen. Ich glaube nur, dass du dich da zu sehr rein steigerst. Du solltest dich einfach mal ausruhen, verstehst du?, ich wusste das Ike es nicht böse meinte, trotzdem stürmte ich wutentbrannt an ihm vorbei. Tay!, rief er mir hinterher. Was? Ich weiß ganz genau, dass ihr denkt, ich würde spinnen. Tut doch nicht immer so, als wenn ich total weltfremd wäre, mittlerweile war ich so aufgebracht, dass ich gar nicht mehr daran dachte, dass es gerade mal halb 8 am Morgen war. Ich stürmte durch das ganze Haus und knallte die Tür unseres Zimmers. Ey, stöhnte Zac. Ike platzte ins Zimmer und versuchte wieder auf mich einzureden: Tay, das sagt doch kein Mensch. Komm mal wieder runter! Ich soll runter kommen. Ich mach doch gar kein Problem daraus. Lasst mich doch in Ruhe. Hört auf mir etwas einreden zu wollen!, brüllte ich. In diesem Moment sah ich es ja ein, dass mir meine Augen wohl einen Streich gespielt hatten. Aber wieso machte jeder so ein Drama daraus? Wollte mich denn niemand verstehen? Ich bebte förmlich vor Wut und ich wusste, dass Ike zu harmoniebedürftig war, um dieses Gespräch weiter auszudehnen. Auf einmal meldete sich auch Zac, der sich mittlerweile aufgesetzt hatte zu Wort: Tay, beruhig dich mal! Beruhigen?, ich lachte bitter auf. Ich wollte mich beim besten Willen nicht beruhigen. Vielleicht war es total übertrieben sich jetzt so aufzuregen. Ike stand mittlerweile neben mir und versuchte mir brüderlich auf die Schulter zu klopfen. Ich schnappte mir meine Klamotten, die über dem Schreibtischstuhl hangen und funkelte beide, Zac und Ike, böse an bevor ich ins Badezimmer stürmte. Dort knallte ich erst mal die Tür. Die Probe konnten sie sich für heute echt in die Haare schmieren. Ich machte mich fertig und stapfte runter um mir die Autoschlüssel zu schnappen. Ike lief mir jetzt schon wieder her. Ich gab ihm gar keine Antwort. Ich hatte nur noch ein Ziel. Natalie. Ike, lass den Sturkopf. Der reagiert sich schon wieder ab, Zac klopfte Ike gelassen auf die Schulter. An seinem Gesichtsausdruck sah ich, dass Ike es verabscheute sich zu streiten. Sollte er doch ein schlechtes Gewissen haben. Schließlich war nicht ich derjenige, der ständig seinen kleineren Bruder kritisierte. Entnervt fuhr ich aus der Einfahrt und fuhr zu Natalie. Auf dem Weg hatte ich wenigstens einen Moment mich wieder abzureagieren. Natalie lebte noch nicht lange hier in Tulsa. Eigentlich stammte sie aus Georgia. Da sie vor kurzem ihren Highschool- Abschluss gemacht hatte, entschied sie sich in Tulsa zu studieren, um in der Tour-freien- Zeit näher bei mir zu sein. Ich wusste genau, dass sie sich wünschte mit mir zusammen zu ziehen. Zur Zeit lebte sie im Studentenwohnheim. Auch sie hatte gerade frei und in Situationen wie diesen dachte ich ernsthaft über diese Idee nach. Bei dieser Vorstellung wurde es um mich herum wieder wärmer und ich fand Gefallen daran, sie wirklich in die Tat umzusetzen. Ich war so in meinem Gefühlswirrwarr verstrickt, dass ich kaum registrierte, dass ich wenig später schon im Gang zur ihrer Wohnung stand und wie wild an die Tür klopfte. Langsam öffnete sie und sah mich verwundert an. Hallo!, begrüßte sie mich und lächelte mich an. Was ist denn mit dir passiert, wollte sie neugierig wissen. Ihre Augen strahlten eine Geborgenheit und Verständnis aus. Sie schob mich in ihr kleines Studien-Appartment und zog den cremefarbenen Satin-Bademantel zu. Sie lehnte sich an die Küchenzeile. Kaffee?, sie hielt mir bereits eine Tasse hin. Ich lächelte. Na, erzähl schon, oder wieso holst du mich jetzt schon aus dem Bett?, forderte sie mich auf. Ich ging einen Schritt auf sie zu und küsste sie. Wie ich ihre Nähe vermisst hatte. Sie erwiderte meinen Kuss und lenkte mich sanft zum Bett hin, welches hinter einem Regal, das als Raumteiler fungierte, aufgestellt war. Wir wechselten kein einziges Wort. Wir verstanden uns blind und genossen uns und unsere Leidenschaft.
Nach einer Weile wachte ich neben ihr auf. Ihre dunklen Locken kitzelten in meinem Gesicht. Ich rutschte näher an sie ran. Ich liebte es ihre Haut auf meiner zu spüren und ihren Duft in mich einzusaugen. Ich küsste ihren Nacken. Hey, kicherte sie und drehte sich um. Hey, sagte ich. Ich konnte meine Blicke einfach nicht von ihr nehmen. Was ist?, sie küsste meine Nasenspitze und strich mir durch mein blondes Haar. Ich liebe dich, antwortete ich. Die Sonne schien durch das Fenster und ließ das Zimmer hell und gemütlich wirken. Sanft strich sie über meinen Arm und forderte mich auf, ihr jetzt endlich zu erzählen, wieso ich eigentlich schon so früh aufgetaucht war. Die Geschichte war schnell erzählt und jetzt durchbohrte sie mich mit ihren Blicken. Ob sie verständnisvoll oder los waren, wusste ich in diesem Moment nicht einzuschätzen. Ach Tay, hauchte sie. Konnte sie etwa auch nicht verstehen, wieso ich mich so aufregte? War sie etwa genauso ignorant wie meine Familie? Sei ihnen doch nicht immer so böse. Ich denke, du weißt ganz genau, wie sie das gemeint haben. Mhm, sie hatte Recht. Ich wusste wie sie es meinten, aber mich regte es auf, wenn Ike mich bemutterte. Diesen Gedanken sprach ich laut aus. Als ich bemerkte, was ich gerade sagte, fühlte ich wie das Blut in meinen Kopf stieg. Ich schämte mich dafür, wenn ich mich so kindisch vor ihr aufführte. Meine Probleme schienen in ihrer Gegenwart nichtig. Ach Scheiße, schon so spät? Ich muss die Mädchen noch vom Ballett abholen, stellte ich erschrocken fest, und sprang aus dem Bett. Flink schlüpfte ich in meine Kleider, die wie wild auf dem Boden zerstreut lagen. Dann drückte ich ihr noch einen Kuss auf die Stirn und versuchte so schnell es ging ins Auto zu gelangen. Auf dem Weg aus der Wohnung hörte ich noch, wie sie mir hinterher rief, dass ich sie anrufen sollte.
Bevor ich vor dem Ballettstudio vorfuhr, machte ich noch einen Zwischenstopp bei der Bäckerei und holte ein paar Donouts, als Entschuldigung dafür, dass ich so launisch gewesen war. Mit der Packung in der Hand betrat ich die alte Halle und sah noch die letzten, wenigen Minuten der Ballettprobe. Als die Lehrerin das Ende der Stunde verkündete, stürmten die Mädchen auf mich zu. Zoe sprang auf meinen Arm und sah mich großen Augen an: Tay, bist du wieder lieb zu uns? Jessica und Avery musterten mich argwöhnisch. Wahrscheinlich waren sie immer noch sauer, weil ich Ike den Morgen über so gemein behandelt hatte. Ich entschuldigte mich ausgiebig bei ihnen. Doch ich wusste ganz genau, dass die größte Entschuldigung noch bevor stand. Ich hoffte nur, dass Ike und Zac nicht zu aufgebracht wegen der geplatzten Bandprobe waren. Ich wartete noch bis die Mädchen ihre Sachen aus der Umkleidekabine geholt hatten. In der Zwischenzeit überlegte ich mir, wie ich Isaac erklärte wieso ich so explodiert war. Ich liebte meine Familie über alles, aber war es denn nicht normal, dass man sich ab und zu mal nicht ausstehen konnte. Ike war selten so gemein. Er fraß lieber seinen ganzen Frust in sich rein. Ich konnte mich kaum an einen Moment erinnern, in dem er die Fassung gegenüber uns verloren hatte.
Als wir zu Hause ankamen, suchte ich gleich Ike auf, um endlich mein Gewissen zu bereinigen. Ich wollte ihm nicht das Gefühl vermitteln, dass er zu aufdringlich war. Schließlich war er mein Bruder. Ike saß in unserem Zimmer und kritzelte auf einem Blatt Papier rum. Kann ich mich zu dir setzen, hakte ich vorsichtig nach, Ich wollte nicht, dass er mich gleich ablehnte, Ich versuchte einen besonders versöhnlichen Unterton hervorstechen zu lassen. Er sah von seinem Blatt auf und ließ mich neben ihm Platz nehmen. Er sprach kein Wort. Hör zu, es tut mir Leid. Ich hab mich aufgeführt wie ein kleines, beleidigtes Kind. Ich will nicht mit dir streiten, ich will nur verstanden werden und es macht mich wahnsinnig, wenn ich den Eindruck habe, dass ich in euren Augen immer noch der kleine naive Junge bin, der an Monster unter seinem Bett glaubt. Ich will nur ernst genommen werden, und nicht immer als der Tagträumer schlechthin verstanden werden, versuchte ich ihm zu erklären. Schon wieder fühlte ich wie ich rot wurde. Mir fiel es schwer über meine Gefühle zu reden. Ich wusste auch nicht, wieso es mir so schrecklich viel ausmachte. Ike nickte und lächelte: Schon okay! Damit symbolisierte er mir, dass alles verziehen war. Er boxte mir freundschaftlich auf den Oberarm. Taylor, du weißt ganz genau, dass ich dich ernst nehme. Du weißt doch, was Zac immer sagt: Wir können uns gar nicht trennen, wir sind doch Brüder!, fügte er noch hinzu. In diesem Moment überkam mich mein schlechtes Gewissen. Heute Mittag hatte ich wirklich noch mit dem Gedanken gespielt, ihn und meine Familie zu verlassen, auszuziehen um mit Nat unser gemeinsames Leben aufzubauen. Jetzt kam es mir so vor, als wenn ich meine Familie nur ausschließen wollte. Ike unterbrach meinen Gedanken, indem er mich ernst ansah und sich nach meiner geheimnisvollen Beobachtung im Baumhaus ausfragte: Und jetzt erzähl mal alles was du gesehen hast! Diesmal mache ich mich auch nicht lustig über dich, versprochen. Ich wiederholte was ich gesehen hatte, und hoffte erwartungsvoll auf seine Meinung. Vielleicht hat sich einfach ein Nachbarskind im Baumhaus versteckt. Ich hab schon gesehen, dass die Kleinen öfters mit ihnen Verstecken spielen, so lautete seine, was ich zugeben musste, passable Erklärung. Ich stimmte ihm nickend zu. Vermutlich hatte er Recht. Ich entschloss mich, das Thema einfach vergessen zu wollen. Es hatte keinen Sinn. Alle hatten Recht, die Erklärung war bestimmt simpel, wieso sollte ich mir also weiterhin Gedanken machen. Als ich Nat einige Minuten später anrief um ihr zu berichten, dass ich mich mit Ike wieder vertragen hatte, teilte ich ihr auch mein schlechtes Gewissen wegen den Auszugsplänen mit. Ihre Reaktion war anders als ich erwartet hatte. Du willst mit mir zusammen ziehen?, es gelang ihr nicht, ihre Vorfreude in ihrer Stimme zu verbergen. Moment mal. Steiger dich bitte noch nicht so sehr herein, vor allem behalte das erst mal für dich, okay? Meine Familie weiß noch nichts davon und sie sollen es, wenn es so weit ist von mir erfahren. Sie schien nicht begeistert, akzeptierte aber meine Bedenken. An diesem Abend entschied ich mich, all meine Gedanken und Gefühle meinem Tagebuch anzuvertrauen. Während der Tour war ich nicht dazu gekommen irgendetwas zu notieren. Ich bewahrte es immer unter meiner Matratze auf, was mir einfach das sicherste Versteck vor meinen quirligen Geschwistern schien. Mein Tagebuch stellte ein Sammelsurium an Gedichten dar, aus denen irgendwann Lieder entstanden. Auch wenn früher oder später meine Gedanken ihren Weg in die Öffentlichkeit fanden, dann sollten sie trotzdem nicht ungewollt in die falschen Hände gelangen. Ich empfand es als enormen Unterschied, ob ich freiwillig ein Lied daraus machte und es anderen vorspielte, oder ob irgendjemand meine puren Emotionen aus sehr persönlichen Situationen herausfilterte.
Der nächste Tag gestaltete sich ruhiger als der letzte. Nat hatte sich entschlossen mich zu besuchen, und kündigte ihr Vorhaben am Vormittag per Telefon an. Zac, Ike und ich hielten an diesem Mittag unsere Proben ein. Jedoch mussten wir immer auf Zac warten, der als einziger von uns drei noch von Mum und Dad unterrichtet wurde. Vor über 10 Jahren war Dad von seiner damaligen Ölfirma nach Südamerika versetzt worden. Dort hatten wir nur das erste Jahr an einer Schule verbracht. Aufgrund der ständigen Versetzung meines Vaters entschieden Mum und Dad uns von nun an selbst zu unterrichten. Ich hatte vor einem Jahr bereits meine Highschool- Abschlussprüfung an der Tulsa High überstanden. Dies stand zum Leidwesen Zacs noch vor ihm. Bin ich froh, wenn dieser Mist endlich rum ist, jammerte er, als er in den Probenraum hastete, Dann widme ich endlich ganz meinem Schlagzeug. Er lachte und hämmerte darauf herum. Ike und ich lachten über seine ungeduldige Haltung gegenüber der Schule. Die Zeit verging schneller als man glaubte. Danach beschlossen wir zusammen den Nachmittag in der Küche bei einem Stück Apfelkuchen ausklingen zu lassen, den Mum gebacken hatte und die gesamte Straße in ein verheißungsvolles Dufterlebnis tauchte. Na Jungs, alles klar?, erkundigte sich unsere Mutter über den Stand der Proben. Alles supi, mampfte Zac. Nat ist übrigens oben, Taylor! Sie wartet schon 20 Minuten, informierte sie mich. Waassss?, ungläubig starrte ich sie mit großen Augen an und ließ die Gabel zurück auf meinen Teller sinken: Wieso hast du nichts gesagt? Ich sprang auf, und rannte die Treppen bereits hoch, da erwiderte sie: Na ja, sie wollte in deinem Zimmer warten, damit ich euch nicht unterbrechen muss!
Nat hatte es sich hingegen in unserem Zimmer gemütlich gemacht, sah jedoch erschrocken von der Bettdecke auf, als ich in das Zimmer stürmte. Wieso hast du dich nicht einfach in die Probe gesetzt?, fragte ich neugierig. Ach weißt du, hier oben kann es auch ganz schön interessant sein. Ich lud sie zu einem Stück Apfelkuchen ein. Ich wusste, dass meine Geschwister sich über ihren Besuch sehr freuen würden. Meine Geschwister liebten sie. Ein Wunder, dass sie sie noch nicht überfallen hatten. Man musste aber auch erwähnen, dass Natalie unheimlich verliebt in kleine Kinder war. Vor allem Zoe war ihr besonders ans Herz gewachsen. Vor einem Jahr war sie so sehr von Baby Zoe begeistert, dass meine Mutter sich im Scherz Gedanken machte, ob Natalie die Kleine nicht vorhatte sie zu entführen. Ich schmunzelte, als ich über die Erinnerungen nachdachte. Die Zeit verging wie im Flug. Mir kam es vor, als wenn wir gerade mal fünf Minuten am Tisch saßen und herum alberten. Doch in Wirklichkeit war es schon spät am Abend. Für Natalie hieß dies, dass es Zeit war ins Wohnheim zurückzukehren. Am liebsten würde ich ja hier bleiben, seufzte sie. Ja ich weiß, ich strich ihr liebevoll über den Rücken, Komm, ich fahr dich noch nach Hause. Sie willigte ein und nach kurzer Zeit saßen wir im Wagen vor dem Campusgelände. Sie bedankte sich mithilfe eines Kusses, der mich unser Umfeld ganz vergessen ließ. Dabei rutschte ihre braune Umhängetasche vom Schoss. Einige Bücher und viele Blätter fielen aus ihr heraus, und verstreuten sich über den Fahrzeugboden. Scheiße, fluchte sie, bevor sie sich bückte um den ganzen Kram wieder aufzuheben. Warte, ich helfe dir!, sagte ich zu ihr, und war gerade dabei, auszusteigen um auf die Beifahrerseite zu gelangen. Nein, nein, schon in Ord...Ordnung, stammelte sie und stopfte jetzt nervös alle Dinge wieder zurück wo sie herkamen. Dann sprang sie aus dem Auto, noch bevor ich ihr die Tür öffnen konnte. Flüchtig drückte sie mir einen Kuss auf die Wange, und bahnte sich ihren Weg über die grüne Rasenfläche. Ich komm morgen vorbei, versprach ihr. Ein letztes Mal drehte sie sich in meine Richtung, und steckte sich eine Strähne hinter ihr Ohr. In der Dunkelheit war nur noch ihr strahlend weißes Lächeln zu erkennen, alles andere wurde in das tiefe Schwarz der Nacht gehüllt.
Wenig später kam ich fröhlich zu Hause an. Der Gedanke an den nächsten Tag stimmte mich vergnügt. Meine Mutter stand am Fenster als ich den Weg zum Haus zurück lief. Sie öffnete mir die Tür und fragte mich nach dem Grund, meiner plötzlich auftauchenden, guten Laune. Hat wohl was mit der Liebe zu tun, rief Zac hinten aus dem Wohnzimmer. Ich pfiff vergnügt vor mich hin, schnappte mir aus dem Musikzimmer eine Gitarre und verschwand nach oben in unser Zimmer. Dort verbrachte ich noch einige Stunden damit eine neue Melodie auszutüfteln. Ich wollte sie unbedingt an diesem Abend fertig stellen, denn dieses Lied wollte ich Natalie am nächsten Tag schenken. Sie war das Wichtigste in meinem Leben, dafür alleine verdiente sie etwas Besonderes. Sie machte aus mir einen besseren Menschen. Doch das wusste ich schon länger. In meinem Tagebuch standen so viele wundervolle Dinge über sie, das würde reichen um ein ganzes Haus damit zu füllen. Dieses Material wollte ich einfach nur in etwas Kreatives umsetzen und ihr damit meine Zuneigung zeigen. Ich saß im Schneidersitz auf meinem Bett, neben mir die Gitarre und ich hob die Matratze etwa an, um an das versteckte Tagebuch zu gelangen. Doch da war kein Tagebuch mehr. Verwirrt sprang ich aus den Kissen, und setzte mich genau vor die Matratze um überprüfen zu können, ob ich das Buch vielleicht einfach nur etwas weiter zur Bettmitte hin verschoben hatte. Aber was ich sah war
Nichts. Mein Tagebuch mit all meinen Gedanken, Gefühlen, Träumen und Ängsten war nicht mehr aufzufinden. Ich hatte es am Abend zuvor ganz sicher unter diese verdammte Matratze gelegt. Oder war ich vielleicht zu müde gewesen, und hatte es doch wo anders hingelegt. Ich durchwühlte mein ganzes Bett, sah unter den Kissen nach, unter der Decke, schmiss mich auf den Boden um unter das Bett schauen zu können. Langsam verfiel ich in Panik. Ich durchsuchte das komplette Zimmer in der Hoffnung endlich fündig zu werden. Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. Wenn ich sicher war das Tagebuch unter mein Bett gelegt zu haben, dann musste es sich jemand anderes genommen haben. Wer von meinen neugierigen Geschwistern war denn dieses Mal die diebische Elster? Ike schloss ich aus, denn er war selbst viel zu feinfühlig um eine solche Situation scharmlos auszunutzen. Zac hingegen interessierte mein Gekritzel nicht. Er würde es früher oder später sowieso aus den Liedern, die wir schrieben erfahren und daraus machte er sich des Öfteren einen Reim. Ansonsten kamen nur noch die neugierigen Mädchen in Frage, denn Mac war zu faul zu lesen, in seinem Alter nicht gerade eine Seltenheit und Zoe war dieser Fähigkeit noch nicht mächtig. Also musste entweder Jessica oder Avery hinter diesem mysteriösen Vorfall stecken. Ich stürmte mittlerweile Wut entbrannt aus dem Zimmer ins Erdgeschoss um meiner Empörung Luft zu machen. Mum, Dad, Ike, Zac und Jessica waren die Einzigen, die an diesem Abend noch nicht im Bett lagen. Ah, da ist ja mein Sohnemann Nummer 2, lachte mein Vater auf, als ich das Zimmer betrat. Jessica, warst du in meinem Zimmer?, mit großen blauen Augen sah sie mich fragend an. Ehm, ja, als Natalie da war!, gestand die 13-Jährige. Hast du mein Tagebuch genommen, ich musste mir Mühe geben nicht zu laut zu werden. Auf der einen Seite wollte ich meine Geschwister nicht wecken, auf der anderen Seite wusste ich, dass sie unheimlich sensibel war. Es war nicht meine Absicht sie zum Weinen zu bringen. Schnippisch sprang sie vom Sofa auf. Du spinnst doch! Warum sollte ich dein bescheuertes Tagebuch genommen haben, erwiderte sie lautstark. Weil du schon immer neugierig warst, du kleine Schnüfflerin, unterstellte ich ihr in einem sehr harschen Tonfall. Ich sah schon die ersten Tränen in ihren Augen glitzern. Sie stürmte auf mich los, schob mich aufgebracht zur Seite und verließ ohne ein Wort zu sagen, aber mit großer Mühe ihre Tränen nicht offen zu zeigen, das Wohnzimmer. Taylor, musste das sein, ermahnte mich meine Mutter. Ja, verdammt noch mal es musste sein, weil man in diesem scheiß Haus nicht eine Minute mal seine Privatsphäre haben kann, brüllte ich. Ich bin es leid, selbst meine intimsten Gefühle mit meiner ganzen Familie teilen zu müssen. Nie hat man was für sich! Mir steht es bis hier, ich werde mit Natalie zusammen ziehen!, verkündete ich und ließ meine Familie vor den Kopf gestoßen zurück.
Auch am nächsten Tag hatte sich meine Wut kaum gelegt. Zwar kam es zum Glück nicht zu einem weiteren Gefühlsausbruch, der war mir zugegeben nämlich wirklich peinlich, dennoch waren die Verhältnisse immer noch sehr angespannt. Beim Frühstück musterten mich meine Geschwister mit verständnislosen Blicken, während meine Eltern mich mit einer Mischung aus Sorge und Mitleid umnebelten. Ich hielt es nicht mehr aus. Ich vollendete mein Frühstück und zog mich zurück ins unser Zimmer zurück. Ich wollte einfach alles nur noch hinter mich bringen. Jessica war immer noch sauer auf mich. Sie würdigte mich keines Blickes. Aber war sie denn nicht selbst Schuld daran. Ich hatte ihr nicht befohlen mein Eigentum an sich zu nehmen und ohne Grund verdächtigte ich sie auch nicht. Sie liebte es in Sachen anderer Menschen rum zu wühlen. Dieses Mal ging es definitiv zu weit. Hatte ich denn kein Recht auf ein bisschen Privatsphäre. Ich teilte doch schon wirklich alles mit ihnen, konnte es nicht akzeptiert werden, wenn ich wenigstens dieses kleine Stück für mich alleine behalten wollte. Ich war immer der liebe, brave Bruder, ich würde alles für meine Familie tun. Das wussten sie. Natürlich war es als Mitglied einer neun-köpfigen Familie nicht immer leicht, aber ich steckte gerne zurück, weil ich auf keinen Fall wollte, dass es einem schlecht ging. Ich habe immer mehr gegeben als verlangt, doch das wurde nicht zur Kenntnis genommen. Bevor mein Vater auf die Idee kommen konnte ein Gespräch mit seinem rebellischen Sohn aufzusuchen, plante ich für heute das Haus zu verlassen. Ich hatte nicht vor auch nur irgendjemandem etwas davon zu erzählen. Ich packte ein paar Sachen zusammen, und rauschte unbemerkt ab. Ich dachte nicht mehr nach. Alles was noch einigermaßen wichtig erschien, war die Zeit so gut es ging herumzukriegen. Als ich mich auf den Weg zu Natalie machte, legte ich noch einen Zwischenstopp an einem kleinen Laden ein. Um endlich mit unserer Wohnungssuche beginnen zu können, fehlten noch die Zeitungen mit dem Immobilienteil. Ich setzte mich noch eine Weile auf eine kleine Mauer neben dem Geschäft. Bevor ich zu Natalie ging, wollte ich unbedingt noch ein paar Anzeigen heraussuchen, um sie damit überraschen zu können. Bei der Vorstellung wie sehr ihre dunklen Augen anfangen würden zu strahlen, besserte sich meine Stimmung. Konzentriert kaute ich auf dem roten Stift rum, als ich die Seiten nach Wohnungsanzeigen durchforstete. Da! Perfekt für die erste gemeinsame Wohnung. Ich wusste es würde ihr gefallen. Eine kleine 3 Zimmer Wohnung mit einem kleinen Balkon. Sie wurde als hell beschrieben und ich malte mir aus, dass wir aus dem 3. Zimmer ein kleines Arbeitszimmer für Natalie einrichteten. Ich war stolz auf sie, weil sie zur Uni ging. Sie war so intelligent, und sie war dabei wirklich was aus ihrem Leben zu machen. Zwar hatte ich mit meinen 18 Jahren auch schon Etliches mit unserer Musik erreicht, trotzdem bewunderte ich sie. Irgendwann wollte ich eventuell auch zur Uni, aber diese Pläne hatte ich so lange auf Eis gelegt, wie es uns noch möglich war mit der Musik unser Leben zu unterhalten. Deswegen war ich im Gegensatz zu vielen anderen in meinem Alter in der Lage meiner Familie mit der eigenen Wohnung den Rücken zu kehren. Verliebt kritzelte ich auf der Zeitung herum und zeichnete einen kleinen Comic, in dem mein Comic-Selbst Natalies Comic Figur fragte, ob sie mit ihm in die markierte Wohnung aus der Zeitung ziehen wolle. Nachdem ich mein Kunstwerk vollbracht hatte, sprang ich von der Mauer. Vergnügt kam ich bei Natalie an. Auf dem Rücken hatte ich meinen Rucksack, der mein ganzes Hab und Gut für die nächsten Stunden beinhaltete. Ich schob ihr die Zeitung unter der Tür durch, bevor ich an die Tür klopfte. Es dauerte einen Moment, doch dann öffnete sie mir. Sie hatte Tränen in den Augen und schlug fassungslos die Hand vor den Mund. Sie schüttelte den Kopf und die ersten Tränen bahnten sich ihren Weg über ihre zarten Wangen. Jaaaaaa, Tay! Ich will mit dir zusammen ziehen!, jubelte sie und sprang mit einem Satz an mir hoch. Ich umklammerte sie und Natalie strich mit ihren kleinen Händen über meinen Nacken. Ich bin so glücklich, flüsterte sie mir ins Ohr und küsste mich hunderte Mal. Ich trug sie zurück in ihre Wohnung. Wollen wir gleich anrufen und einen Termin vereinbaren?, aufgeregt sprang sie vor mir rum, nachdem ich sie runter ließ. Ich stimmte ihr zu. Sie schnappte sich das Telefon und wählte schnell die Nummer. Sie strahlte. Ich konnte meine Augen nicht von ihr nehmen. Ich war so glücklich, dass sie sich so darüber freute. Sie machte einen Termin für den übernächsten Tag aus. Danke Tay!, sagte sie immer wieder und strich mir die halblangen, blonden Strähnen aus den Augen. Ich schlang meine Arme um ihre Taille und küsste ihren Nacken. In diesem Moment konnte uns einfach nichts trennen. Es war alles perfekt. Kaum zu glauben, dass wir bald zusammen ziehen würden. Auf den morgigen Tag freute ich mich, und ich wusste, ihr ging es nicht anders. Ich muss unbedingt Mary anrufen, jubelte sie. Mary war ihre beste Freundin, die sie schweren Herzens in Georgia zurück gelassen hatte. Bei jeder Gelegenheit versuchte sie Mary auf dem Laufenden zu halten. Ich konnte es ihr nicht verübeln, dass sie auch nun ihrer Freundin mitteilen wollte, wie glücklich sie über den Entschluss mit mir zusammen zu ziehen sei. Deswegen entschloss ich mich eine Dusche zu nehmen. Durch meinen kleinen Zwischenstopp vor dem kleinen Geschäft war ich doch unangenehm geschwitzt. Ich schnappte mir also meine Tasche und ging in das kleine Bad, während Nat aufgeregt die Nummer in den Hörer tippte. Maaarrryy, jauchzte sie in das Gerät, Mary, es ist etwas Wunderbares passiert. Dann prasselte das Leitungswasser auf meinen Kopf und dämpfte jedes Geräusch um mich herum, bis es in eine gleichmäßige Ruhe überging.
Nach dieser Erfrischung wickelte ich mir ein Handtuch um die Hüfte und stapfte aus dem Badezimmer. Der Hörer lag wieder auf seinem gewohnten Platz und Natalie saß strahlend auf dem Bett. Mary, kommt mich besuchen, sagte sie ohne dass ich fragen musste. Schön, wann denn?, neugierig setzte ich mich zu ihr. Sie holte tief Luft, als wenn sie mir etwas Wichtiges zu sagen hätte. Morgen! Ich weiß, es ist kurzfristig, aber sie hat eben noch ein Last Minute Ticket ergattert, was gar nicht so teuer war und ich dachte, es macht dir vielleicht nichts aus. Du magst sie doch auch, oder?, nervös kratzte sie sich die Stirn. Oh! Ja, natürlich mag ich sie. Na ja, kein Problem, das kriegen wir schon hin, murmelte ich, dabei überraschte mich die Entscheidung ihrer Freundin jetzt so plötzlich nach Oklahoma zu kommen. Na ja, ich wollte ihr die Vorfreude nicht verderben und machte mich hingegen mit dem Gedanken vertraut am nächsten Tag wieder nach Hause zu gehen. Vielleicht war es auch an der Zeit um endlich zu Hause deutlich zu machen, was im Moment meine Pläne waren. Doch erst einmal wollte ich nicht daran denken und die Zeit mit meiner Süßen verbringen. Anstatt uns diesen Abend vor den Fernseher zu setzen, entschlossen wir uns mit Freunden zu verabreden. Seit Wochen hatte ich meinen besten Kumpel nicht mehr gesehen und da Natalie unbedingt Anschluss suchte, hielt ich es für eine gute Entscheidung sie mitzunehmen. Wir verabredeten uns zum Billard spielen. Da Nat immer noch so begeistert von der Idee war mit mir zusammen zu ziehen, konnte ich es ihr nicht ausreden, unser Vorhaben erst einmal nicht herum zu erzählen. Als wir jedoch ankamen und Natalie ihr Dauergrinsen nicht mehr verbergen konnte, war unser Geheimnis längst schon keines mehr. Kevin, mein Sandkastenfreund, roch natürlich den Braten und Natalie sprudelte nur so mit der Neuigkeit hervor. Was?, ungläubig sah er mich an. Ihr zieht zusammen? Und was sagen deine Eltern, wollte er neugierig wissen. Ach
!, stöhnte ich nur, und strich mir durch meine Haare, die mir die Sicht auf den Billardtisch nahmen. Du hast es noch gar nicht angesprochen?, stellte er fast höhnisch fest. Doch!, ich verfiel in mein altes, wortkarges Verhalten. Typisch, wenn jemand auf ein eher unangenehmes Thema zu sprechen kam. Kevin stutzte. Auch hier wusste er mehr, als ich preisgab. Hör mal Tay, ich denke das ist eine Phase, begann er. Ich wurde hellhörig. Wollte er mich jetzt etwa kritisieren? Für Dinge von denen er nichts verstand. Ich drehte mich um um herauszufinden, ob sich Natalie in Reichweite befand. Sie aber stand bei einer anderen Freundin und plauderte. Was für eine Phase?, zischte ich Kevin an, während ich mich ihm wieder zu wendete. Na ja, Nat ist wirklich nett, aber wieso willst du mit ihr zusammen ziehen?, er zog eine Augenbraue hoch. Wieso nicht?, ich setzte den Queue neben meinen Fuß auf den Boden und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich hatte wirklich keine Lust darauf, dass nun auch noch mein bester Freund meine eigenen Entscheidungen in Frage stellte. Du bist gerade 18 geworden, musst du deswegen alles übers Knie brechen?, weiter kam er nicht, denn ich winkte ihm energisch ab. Abgesehen davon, wollte ich nicht, dass Natalie seine Zweifel an unserer Liebe aussprach. Denn darauf würde diese Unterhaltung hinauslaufen. Den Abend über hörte Kevin nicht auf spitze Bemerkungen zu äußern. Daher wollte ich bereits schon nach wenigen Stunden nach Hause. Ich hatte keine Nerven dazu mir seine tollen Ratschläge anzuhören. Schließlich war ich alt genug, und konnte selbst entscheiden, was richtig und was falsch für mich beziehungsweise uns war. Kurz angebunden verabschiedete ich mich von meinen Freunden und schlenderte dann, Hand in Hand, mit Natalie die Straße entlang. Wieso bist du so still?, fragte mich Nat. Ich merkte noch nicht mal, dass ich schon eine Zeit lang nichts mehr gesagt hatte. Ich grübelte immer noch über die Kommentare von Kevin nach. Wieso wollte denn niemand einsehen, dass ich und sie einfach zusammen gehörten und wir deswegen auch räumlich nicht mehr distanziert leben wollten? Nichts, log ich, denn ich wollte nicht, dass sie sich schlecht fühlte. Oder noch schlimmer, dass sie sich Vorwürfe machte und sich ungewollt von diesem Idioten verstand. Warum er so etwas sagte, wusste ich wirklich nicht. Bald darauf kamen wir wieder am Studentenwohnheim an. Natalie kuschelte sich in dieser Nacht ganz dicht an mich und verfiel in einen tiefen Schlaf, ich hingegen lag die ganze Nacht wach und dachte über uns nach. Ich schämte mich, dass ich aufgrund dieser Vorfälle alles durchdachte. Dieses bescheuerte Gefühlswirrwarr sollte aufhören. Wir würden zusammen ziehen, egal was kam. Dachte ich jedenfalls in diesem Moment.
Kaum waren wir am nächsten Tag aufgestanden, verging die Zeit wie im Flug. Die Bedenken der letzten Nacht waren wie weggeblasen, und gelassen kochte ich für meine Liebe Spaghetti, während sie duschte. Vergnügt sang ich vor mich hin. Das war es was mir fehlte. Mein Klavier. Sobald ich zu Hause war, wollte ich mich direkt an das alte, dunkle Klavier setzen und in die Musik eintauchen. Wie lange ich das schon nicht mehr gemacht hatte. Hey!, Natalie riss mich aus meinen Tagträumereien und schlang von hinten die Arme um meine Taille. Das riecht so lecker, kicherte sie und naschte von der Soße. Ey, protestierte ich und drehte mich um. Zärtlich strich ich ihr mit einer Hand die feuchten Haare aus dem Gesicht und ließ diese auf ihrer weichen Wange verharren. Mein Blick wanderte über ihre ebene Haut und versank in ihren braunen Augen. Wir vertieften uns in einen innigen Kuss. Tay? Ich hab Hunger, lachte sie auf. Ok, lass uns essen, stimmte ich ihr strahlend zu. Ich war verdammt stolz darauf, dass es ihr schmeckte, und ich konnte mein Lächeln nicht mehr aus meinem Gesicht verbannen. Kaum hatten wir unser Mahl verdrückt und den Tisch abgeräumt, klopfte es an ihrer Tür. Erwartungsvoll ging sie zur Tür und öffnete diese. Als sie ihre Freundin mit einer Reisetasche erblickte, quietschte sie und sprang ihr in die Arme: Maaarrryy!
Dies war der Punkt an dem ich mich entschied zu gehen. Nicht, dass ich genervt gewesen wäre, aber ich fand es war Zeit mich zurück zu ziehen und die Beiden alleine zu lassen. Schließlich hatten sie sich lange nicht gesehen und hatten sich bestimmt viel zu erzählen. Du brauchst wirklich nicht zu gehen, Taylor!, erklärte mir Mary. Nein schon in Ordnung, ich hab noch einiges zu Hause zu klären. Lasst es euch gut gehen, und schön dich mal wieder getroffen zu haben. Vielleicht sieht man sich nochmal, verabschiedete ich mich von den Beiden. Ich schnappte mir meine Tasche und verließ nach einem Abschiedskuss von Natalie die kleine Wohnung. Ich marschierte vergnügt nach Hause, bis mir auf der halben Strecke bewusst wurde, dass ich meinen Haustürschlüssel bei Natalie liegen gelassen hatte. Da es gut möglich war, dass sich um diese Zeit keiner zu Hause befand und ich anders nicht ins Haus gelangen würde, machte ich kehrt. Natalies Wohnung lag im Erdgeschoss des Studentenwohnheims. Weil ich zu faul war um den ganzen Komplex zu laufen, wollte ich an Natalies Fenster klopfen, damit sie mir den Schlüssel hinausreichen konnte. Ihr Fenster stand noch vom Morgen sperrangelweit offen, und ich konnte bereits vom Gehweg die zwei Mädchen auf der Couch sitzen sehen. Ihre Köpfe waren geneigt, und in irgendetwas vertieft. Mit schnellen Schritten trat ich an das Fenster, doch sie nahmen mich nicht wahr. Sie starrten hingegen auf ein kleines Buch und kicherten. Schlagartig wurde mir bewusst, was für ein Buch das war. Nat, das ist so verdammt süß. Er ist so schrecklich in dich verliebt. Ich kann es kaum fassen, wie er über dich schreibt. Ich beneide dich, jubelte Mary. Jaa, er ist so toll. Ich muss dir noch was zeigen, entgegnete Natalie. Ich war geschockt. Das was ich da sah, konnte ich einfach nicht fassen. Natalie blätterte durch mein Tagebuch und fing an zu zitieren: Natalie ist wohl das Beste, was mir passieren konnte. Ich bin glücklich mit ihr, und ich kann mir sogar vorstellen, mein Leben für immer mit ihr zu teilen. Sie ist einfach genau richtig und ich bin so dankbar, dass sie mich genauso liebt. Ich fühle mich bei ihr so wohl, und ich weiß genau, dass sie die Richtige ist. Sie wird die Frau sein, die ich heirate und mit der ich Kinder haben werde, auch wenn sich das total kitschig und bescheuert anhört. Aber wie kann etwas bescheuert sein, wenn es sich so wunderbar und gut anfühlt? Die Worte kamen mir so bekannt vor. Kein Wunder, denn diesen Eintrag hatte ich erst vor Kurzem verfasst. Oh mein Gott, er ist soo süß, schwärmte Natalie und sank mit dem Tagebuch auf der Brust zurück in die Couchlehne. Weißt du Mary, ich bin so glücklich mit ihm und ich wünsche mir so sehr, dass er mich endlich heiratet. Ich weiß es ist verrückt, aber ich wollte schon immer früh heiraten und ich will Kinder mit ihm. Am liebsten gleich, träumte Natalie vor sich hin. Ja, aber du hast doch gerade dein Studium angefangen?! Willst du das etwa aufgeben?, fragte Mary, jedoch ließ sie keinen entsetzten Unterton verlauten, wie man es sich hätte eher vorstellen können. Ach, ich weiß nicht, ich will eigentlich gar nicht studieren. Es macht mir keinen Spaß. Ich will lieber mein Leben mit ihm verbringen. Stell dir doch mal vor, wenn wir verheiratet wären, dann könnte ich immer bei ihm sein, und müsste nicht hier im elenden Studentenwohnheim versauern. Und was sagt er dazu? Ich meine, ich kann dich so gut verstehen, aber will er das auch?, informierte sich Mary über den Stand der Dinge. Ich hab die Pille abgesetzt!, eröffnete sie ihr plötzlich aus heiterem Himmel und ihre Augen blitzten frech auf, wie bei einem kleinen Kind, dass sich seiner Missetat überaus bewusst war, sie aber nicht bereute. Nat!, empört sah Mary sie an. Mary, ich weiß, dass es richtig ist. Es ist verrückt, aber er liebt Kinder. Du müsstest sehen, wie er mit seinen Geschwistern umgeht. Wenn es erst mal so weit ist, dann wird er ganz vernarrt sein. Ich weiß es einfach und wir werden glücklich sein, faselte sie. Ich konnte es nicht fassen. Eine Leere erstreckte sich in mir. Sollte ich mich bemerkbar machen? Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Konnte ich da wirklich meinen Ohren trauen? Natalie hatte mein Tagebuch gestohlen und plauschte nun gemütlich über meine tiefsten Emotionen mit ihrer Freundin. Wenn sie es vielleicht für sich behalten hätte, dann wäre es auch nicht in Ordnung gewesen, aber so kam ich mir vor, als wenn sie mich die ganze Zeit nur beschissen hätte. Taylor!, erschrak Natalie plötzlich und versuchte mein Tagebuch zu verstecken. Ich raffte mich auf und versuchte meine Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Ich stieg durch das Fenster in die kleine Wohnung ein und baute mich vor ihr auf. Wie
wie lange stehst du schon da draußen?, stotterte Natalie. Hör endlich auf damit. Gib mir mein Tagebuch!, forderte ich, während ich mir meine Schlüssel schnappte. Was
welches Tagebuch!, sie stellte sich dumm. Langsam verlor ich die Fassung. Hör endlich auf mit mir zu spielen!, fauchte ich aufgebracht und griff hinter ihren Rücken, um meinen Besitz wieder an mich zu nehmen. Taylor, es ist nicht so, wie du denkst. Es tut mir leid, aber lass es dir doch erklären!, forderte sie. Ich war erschüttert über ihre bodenlose Dreistheit. Was verdammt nochmal? Was willst du mir noch erklären? Warum du mir vielleicht ein Kind anhängen willst, ohne überhaupt mit mir darüber gesprochen zu haben? Du setzt die Pille ab und ich soll mich fügen? Ich dachte du liebst mich. Und dann stiehlst du mir noch mein Tagebuch und trittst alles breit, meine Gefühle, alles was irgendwie im Geringsten eine Bedeutung für mich hat? Jetzt soll ich dir noch zu hören? Ich will dich einfach nicht mehr sehen, verstehst du?, mittlerweile war ich so aufgebracht, dass ich meine Wut und Enttäuschung nicht mehr vorenthalten konnte. Mary schenkte ich keine Beachtung, denn diese Sache war schrecklich geschmacklos und ich wollte so schnell es geht weit weg von Natalie. Tay, ich liebe dich. Bitte, ich brauche dich. Ich weiß es war falsch, aber du wünschst dir doch auch Kinder!, sie hatte immer noch nicht meinen Standpunkt begriffen. In diesem Moment wurde ich immer wütender: Schon möglich, aber ich möchte das selbst entscheiden. Außerdem bin ich erst 18 und du gehst zur Uni, verdammte Scheiße, in dem Chaos von Enttäuschung, tiefer Traurigkeit und Wut realisierte ich langsam das diese Unterhaltung, wenn man das so nennen konnte, keinen Sinn mehr hatte. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, machte ich auf dem Absatz kehrt und stürmte aus der Wohnung. Mit einem großen Knall läutete ich so das Ende unserer bisher bestehenden Beziehung ein. Ich wusste nichts mehr, ich wusste weder ob ich sie liebte oder vermissen würde. Ich war mir nicht darüber im Klaren, ob sie jemals wirklich in mich verliebt war oder ob ich nur ein Mittel zum Zweck war. Ein Mittel um ein finanziell abgesichertes Leben mit einer gewissen Popularität zu erreichen. Verwirrt stolperte ich in Richtung zu Hause, doch dort sollte ich erst nach einigen Stunden der Einsamkeit eintreffen.