Forum Grundeinkommen - Allgemeine Diskussion zum Grundeinkommen

Hermann Heinrich Gossen und das Grundeinkommen

Hermann Heinrich Gossen und das Grundeinkommen

Manchmal ist es wichtig die Gedanken einiger älteren Denker aufzunehmen.
Ein zunächst wenig beachteter Denker des 19. Jahrhunderts war Hermann Heinrich Gossen.
Aus seinen Gedanken entwickelte sich die sogenannte Grenznutzenschule.
Auszug aus Hans Joachim Störig, Kleine Weltgeschichte der Wissenschaft 2, S.297 :

Der "Nutzen" eines Gutes besteht darin, dass es geeignet ist, irgendein menschliches Bedürfnis (einerlei ob berechtigt oder eingebildet, ob vernünftig oder unsinnig) zu befriedigen.
Wirtschaftliche Vorgänge basieren auch auf dem Lust-Unlust-Prinzip: Jeder Mensch strebt, Lust zu erlangen und Unlust zu vermeiden - in Verbindung mit dem Prinzip des kleinsten Mittels: Jeder Mensch strebt , ein Höchstmaß an Lust mit einem Mindestmaß von Anstrengung zu erreichen.
Güter sind nicht abstrakt nützlich, sondern immer in konkreter Gestalt und Menge. Ich brauche nicht Brot als solches, sondern ein Brot, eine bestimmte Menge Brot.
Und ebenso ist das Bedürfnis, dem der Nutzen entspricht, nicht abstrakt, es ergibt sich aus der besonderen Lage: aus der Dringlichkeit meines Verlangens nach Brot und aus der Menge Brot, die für mich erreichbar ist.
Bin ich am Verhungern, so kann eine einzige Schnitte Brot für mich Gold wert sein. Bin ich in einem Vorratskeller mit Broten eingesperrt, kann es mir sogar zuwider werden.
Daraus folgt das Bedürfnisse gradmäßig verschieden sind, und der dass der Wert eines Gutes mit diesen Graden funktionell zusammenhängt. Der Wert eines Gutes richtet sich nach der Bedürfnisbefriedigung der letzten Einheit einer Gütermenge. Wenn ich 4 kg Brot besitze , aber kein Wasser , und tausche mit einem anderen , der Wasser besitzt , aber kein Brot so vollzieht sich folgender Vorgang: Der Grenznutzen des Brotes nimmt zu mit jedem Stück, das ich davon abgebe. Der Grenznutzen des Wassers nimmt für mich ab mit jeder Teilmenge, die ich erhalte. Die gleiche Erwägung spielt sich bei meinem Tauschpartner ab. Tatsächlich stellt sich nun ein Gleichgewichtszustand ein nach dem Gesetz, dass wir alle Bedürfnisse bis zu demselben Sättigungspartner zu befriedigen trachten.


Im Buch "Wie Reichtum Armut schafft" von Karl Georg Zinn, PapyRossa Verlag 2002, S.72-73 ist zu lesen:
"....Das: Sättigungsgesetz gilt nicht nur für das einzelne Bedürfnis bzw. die einzelne Güterart, sondern für (fast) alle Bedürfnisse und Güter. Deshalb’ kommt es ja auch bei steigendem Wohlstandsniveau auf mehr und mehr Markten zur Nachfragesättigung. Die Güterproduzenten merken dies daran, dass trotz vorhandener Kaufkraft ihrer Kunden kein Nachfragewachstum mehr zu erreichen ist, mögen die Werbekosten und die Reklameraffinessen auch überborden. Nun gut, wenn man genug zu essen hat, gibt es noch viele andere unbefriedigte Bedürfnisse, die: nachfragewirksam werden können, sofern Kaufkraft vorhanden ist.: Doch auch hier schlägt der Sättigungsmechanismus irgendwann zu. Erstens fehlt häufig die zum Konsum komplementäre Zeit, um das, was man sich finanziell leisten könnte, auch zeitlich zu nutzen. Es ist eben nicht sehr sinnvoll, alle möglichen Freizeitgüter zu kaufen, wenn es an der Nutzungs- bzw. Konsumzeit fehlt. Zweitens lassen sich viele “ Bedürfnisse gehobener Art, insbesondere aber Bedürfnisse der “Geisteskultur“, relativ preiswert befriedigen. Gemessen am heutigen Einkommensniveau sind beispielsweise Bücher extrem billig geworden.: Die eigentlichen Kosten des Bücherkonsums bestehen in der knappen .’ Lese- bzw. Lebenszeit. Drittens sind wohl die wichtigsten, interessantesten, für die Lebensqualität gehaltvoIlsten Güter in den meisten Haushalten reicher Volkswirtschaften bereits in ausreichendem Maße vorhanden, so dass die noch unbefriedigten Bedürfnisse relativ geringe Spannungsintensität aufweisen. Damit wird es auch immer schwieriger für die Anbieter, solche "Produktionnovationen" hervorzubringen, die geeignet sind, aus zahlungsfähigen auch zahlungswillige Konsumenten zu machen.
Dem Gossenschen Sättigungsgesetz, also der Erkenntnis, dass Bedürfnisse im Zuge ihrer immer besseren Befriedigung schließ1ich abgesättigt werden, so dass sie auch keinen Anreiz für weitere Konsumgüternachfrage bewirken, wird seit alters her und mit besonderer Vehemenz von einigen klassischen und allen neoklassischen Lehrherren und - damen die These von der “Unbegrenztheit menschlicher Bedürfnisse“ entgegengestellt. Damit kann zweierlei gemeint sein. Erstens mag zwar jedes einzelne Bedürfnis wie Hunger, Durst usw. der Sättigung unterliegen, aber die Zahl der’ Bedürfnisse könnte unendlich sein. Dann verlagert sich die Konsumnachfrage immer wieder auf neue Sachgüter und Dienstleistungen, die die bisher nicht oder nur unzulänglich befriedigten Bedürfnisse bedienten. Zweitens gibt es aber auch Bedürfnisse, die dem Sättigungsgesetz nicht gehorchen, so dass auch die entsprechende Konsumnachfrage unbegrenzt bleiben kann. Beide Gegenargumente zum Sättigungsgesetz sind triftig, aber schauen wir sie uns genauer an. Eine unbegrenzte Zahl verschiedener Bedürfnisse würde, selbst wenn es sich so verhielte, nicht bedeuten, dass auch der Konsum unbegrenzt wächst. Denn erstens sind gerade die “höheren“ Bedürfnisse, die sich dann durchzusetzen beginnen, wenn die “einfachen“, lebensnotwendigen, also die biologischen Grundbedürfnisse befriedigt wurden, meist immaterieller Art, d.h. sie lassen sich nicht sachgerecht durch simple Konsumsteigerung befriedigen. Welche Konsumnachfrage wird etwa durch das Bedürfnis nach Muße oder Geselligkeit mobilisiert? "

Für das Verhältnis zwischen Unternehmer und Beschäftigte gelten nun auch Grenznutzenbedingungen. Ein Unternehmer verkauft Güter oder Dienstleistungen bis zu einer Marktsättigungsgrenze. Solange er ausreichende Gewinne erzielt und weiterhin unbefriedigte Bedürfnisse vorliegen, kann er wieder leistungsfähige Arbeitnehmer einstellen, die das Produktprogramm verbessern oder mehr Güter oder Dienstleistungen herstellen. Dabei kommt es auf die Lohnhöhe der Arbeitskosten und auf die Leistungsfähigkeit der entsprechenden Arbeitnehmer an. In technisch hochentwickelten Betrieben werden mitunter nur wenige hochspezialisierte und sehr leistungsfähige Arbeitnehmer benötigt. Bei neuen Wohnungen, neuen Gütern und Dienstleistungen kann auch eine Nachfragesättigung auf Seiten der Privathaushalte eintreten.
Auf der anderen Seite sind in Deutschland 6 Millionen arbeitslose Bürger und viele Minijobber in diesem Personenkreis gibt es auch Armut und viele Bedürfnisse, die nicht erfüllt werden können. Auch in Osteuropa gibt es neben Arbeitslosigkeit auch eine erhebliche Armut.
Dies darf man natürlich nicht vergessen.

Die technische Rationalisierung hat in vielen Produktionsbetrieben auch zu einer wirklichen Verminderung der Beschäftigung geführt. Diese Rationalisierung hat viele Arbeitnehmer zu Arbeitslosen gemacht.
Arbeitslose müssen ihre Arbeitsfähigkeit dem Unternehmen anbieten, um eine Arbeitsgelegenheit und ein Lohneinkommen zu erhalten. Ist die gewünschte Lohnhöhe zu hoch oder entsprechen die Fähigkeiten des Bewerbers nicht haargenau den Wünschen des Arbeitgebers kommt es zu keinem Arbeitsvertrag.
Alle Wirtschaftsmechanismen basieren auf Tauschvorgängen. Ich biete einem Unternehmen meine Arbeitskraft an und tausche diese gegen ein Lohneinkommen.
Die Mehrzahl der erwerbslosen Bürger möchten ihre Fähigkeiten für die Gesellschaft einbringen und außerdem möchten sie ihre persönlichen Bedürfnisse befriedigen.
Die Arbeitslosen möchten ihre Bedürfnisse nach der Grenznutzentheorie maximieren.
Arbeitslose sind für eine Gesellschaft nicht so wertlos.

Was könnte ein Grundeinkommen (Bürgergeld) an der bestehenden Situation ändern ?
Zunächst hätte jeder Bürger einkommensmäßig eine Grundversorgung, die höher sein sollte als ALG II.
Falls ein Bürger witzig, gescheit und unterhaltsam ist, obwohl nur Grundeinkommensbezieher und ohne reguläre Beschäftigung, wäre er doch für die Gemeinschaft nicht wertlos.
Das Grundeinkommen mit dem innewohnendem Prinzip, dass sich jede entlohnte Erwerbsarbeit für erwerbslose Bürger ökonomisch auszahlt, kann Arbeitssuchende und Arbeitgeber besser zueinander bringen.
Damit werden die Bedürfnisse der Arbeitslosen (bessere soziale und ökonomische Teilhabe) und der Unternehmer (mehr Arbeitnehmer ohne großes Risiko und ohne astronomische Arbeitskosten) befriedigt.
Der tatsächliche Grenznutzen zwischen Arbeit, Freizeit, Familie, sozialen Beziehungen könnte entsprechend den Bedürfnissen der Bürger optimiert werden.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz

Re: Hermann Heinrich Gossen und das Grundeinkommen

>Arbeitslose müssen ihre Arbeitsfähigkeit dem Unternehmen an-
>bieten, um eine Arbeitsgelegenheit und ein Lohneinkommen zu
>erhalten.
Wenn das alles wäre, ich hätte wenig dagegen zu sagen. Nein!;
ALOs müssen dies, um überhaupt Irgendein Einkommen zu er-
halten. Genau dies ist doch unser Problem. Ich muß nicht meine
Arbeitskraft gegen ein Lohneinkommen tauschen, sondern mein
DASEIN ist abhängig von meinem Willen, Arbeit zu suchen.
Das (X-min. übersteigendes) Lohneinkommen Erwerbstätigkeit
nötigt mag sein. Das eXistenz, also bloßes Dasein als Mensch,
mithin als Verordnungen Unterworfener, die zu Bedürftigen er-
klärten (denn das sind wir alle, niemand schafft es allein und am
wenigsten noch die ihren Sekretären das Erklären überlassen) zur
Arbeit nötigt, nicht. Diese Pflicht zur Arbeit betrifft nur wenige.
Die anderen (meisten) dürfen, rechtfertige doch ihr Tätigsein ihr
Einkommen, nicht aber ermöglicht es bloßes Dasein.

Lust ist, zumindest als 'höchstes Gut', ungeeignet, da sie der
Mittel bedarf. Frieden bedarf der Gleicheit, die sich aber zwin-
gend von selber einstellt.
Was am Beispiel eines Lebensmittels deutlich wird, überzeugt in
computerisierter Gesellschaft nicht. In den Bauch passt nicht
unendlich viel, im Gegensatz zur Brieftasche. Auf dem Weg des
Geldes gibts kein hinkommen.
Nun mag dem Einzelnen das Geld auch in relativer Unendlichkeit
zu Eigen sein, gesamtgesellschaftlich bleibt es doch ein notwen-
dig knappes Gut. Anders als beim Lebensmittel, wo sich der
Grenznutzen aus internen, in ihm und in Einem Menschen lie-
genden Erwägungen ergibt, definiert sich jener des Geldes durch
die Verteilung auf mehrere Menschen.
Die Beachtung des gossenschen Gesetzes bleibt also geeignet,
eine Zufiedenstellung von Menschen zu befördern, durch den
Hinweis darauf, das jene geforderte Zufriedenheit aller Menschen
durch Geld bei jenen, die es nur vergleichsweise wenig besitzen,
wesentlich leichter, mit unvergleichlich weniger Geld, herzustellen
ist, und jenen, die besonders viel davon besitzen nicht wirklich
etwas fehlen würde, hätten sie selbst gleiche Prozente weniger
davon. Und tatsächlich bleibt das Vermögen des Geldes, Zufrie-
denheit zu befördern umso größer, je weniger man zuvor davon
besaß, auch wenn ein Zuviel davon kaum je ein Unwohlsein er-
zeugte (was nicht bedeutet sehr Besitzende seinen stets auch sehr
Zufriedene).

Aus dem 'Grünen'-Forum gesaugt. Von Anfang des Jahres:

Das Paradox von Geld und Glück

Beides, Lebenszufriedenheit und Lebenserwartung, geht mit der
Gerechtigkeit in der Gesellschaft einher. (...)
Es ist (...) nicht ihr absoluter Wohlstand, sondern die gleichmäßi-
ge Verteilung der Güter, die Menschen ein langes Leben beschert.
Das zeigt sich auch in den Industrienationen. In Schweden und
Japan fallen Einkommensunterschiede am geringsten aus; zu-
gleich leben die Menschen am längsten, obwohl die beiden Län-
der ein völlig unterschiedliches Gesundheits- und Sozialsystem
haben. Umgekehrt geht wachsende Ungerechtigkeit in der Statis-
tik mit niedriger Lebenserwartung einher.
(...)
Grund für den früheren Tod der Bürger in Staaten mit mehr Un-
gleichheit dürfte also vornehmlich der Stress sein, den Menschen
in einer Gesellschaft mit starken Gegensätzen erleben. Zwischen
Geld und Glück besteht also eine paradoxe Beziehung: Obwohl
jenseits einer gewissen Schwelle Wohlstand die Zufriedenheit
kaum steigert, ist es von hoher Bedeutung, wie sich der Reichtum
in einer Gesellschaft verteilt.
(...)
Nach der neoliberalen Weltsicht schadet es niemandem, wenn die
Reichen reicher werden, solange das Einkommen der weniger
Vermögenden nicht sinkt. Legt man den Kontostand als alleini-
gen Maßstab zugrunde, stimmt dieses Argument. Betrachtet man
aber die Folgen für Wohlbefinden und Gesundheit, ist es falsch:
Nehmen die Gegensätze in einer Gesellschaft zu, verlieren alle -
die Reichen wie die Armen.
(aus: Stefan Klein, "Glücksformel", S.264ff)

MfG
b

Re: Hermann Heinrich Gossen und das Grundeinkommen

Hallo Bernd,

Starke menschliche Bedürfnisse sind auch mit starken Lustgefühlen verbunden.
Die Lust und das Bedürfnis zum Überleben hat dazu geführt, dass Menschen Nahrungsmittel angebaut haben.
Die starke (Überlebens-)Lust hat die Mittel (die menschliche Landwirtschaft) zur Befriedigung des Bedürfnis nach ausreichenden Nahrungsmitteln ermöglicht.
Die Lust beim menschlichen Teilen nimmt zu, wenn die begünstigten Mitglieder eine Gegenleistung erbringen oder im Notfall erbringen könnten oder aus Sympathiegründen begünstigt werden sollen oder auch ein friedvolleres Gemeinwesen ermöglicht werden kann.

Die Lust am Teilen nimmt beim Geber ab, wenn trotz empfangener (Geld-)Leistung bei dem Begünstigten Unzufriedenheit, Mißachtung oder mangelnde Arbeitsleistung gegenüber dem (Geld-)Geber vorherrscht.

Die Lust beim Empfänger von (Geld-)Leistungen nimmt ab, wenn er trotz harter Arbeit genauso viel in der Tasche hat wie ein Faulenzer. In diesem Fall würde die Untätigkeit genau so hoch entlohnt wie die Tätigkeit.
Unlust kann aber auch entstehen, wenn es keine Beschäftigungsmöglichkeit für die persönlichen Fähigkeiten gibt. Unlust kann ferner entstehen, wenn man viel Geld annimmt und wenig Gegenleistung dafür erbringt. In diesem Fall könnte der persönliche Stolz verletzt werden.
Erhebliche Unlust kann entstehen, wenn eine Person bereit ist, nahezu jede bezahlte Tätigkeit anzunehmen und dennoch gibt es keine bezahlte Beschäftigung, nur eine minimale staatliche Absicherung, die gerade zum Überleben reicht aber die betreffende Person sozial und menschlich verachtend straft (arbeitslos, weil nicht arbeitswillig oder nicht arbeitsfähig).
Die technische Entwicklung, die Rationalisierung, der globale Handel und auch die mögliche Sättigung der Nachfrage bringt nun auch den Vergleichsmaßstab für individuelle Arbeitsleistungen ins Wanken. Die Arbeitsleistung der Weber in England hatte zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit Einführung der ersten Maschinenwebstühle keinen Wert mehr. Der Besitzer der Fabrik konnte hohe Gewinne einstreichen, die arbeitslosen Weber konnten aber ihre Familien nicht mehr ernähren.
Die Wiedervereinigung Deutschlands führte in den neuen Bundesländern zu einem enormen Abbau der Beschäftigten in den Kombinaten. Für die Arbeitslosen gab es jedoch nicht genügend neue Beschäftigungsfelder. Arbeitslose in höherem Alter sind häufig auch nicht so flexibel, dass sie jede berufliche Umstellung problemlos verkraften könnten.
Der Wert einer Arbeitsleistung ergibt sich aus dem Nutzen für das Wohlbefinden von anderen Menschen und der individuellen Leistungsfähigkeit und den speziellen Begabungen (aber auch dem persönlichen Empfinden für eine lebenswerteres Gemeinwesen) des Arbeitnehmers. Bei einem Berufsstart müssen auch Unlustgefühle überwunden werden und das beruflichen Können und Wissen verbessert werden bis die Beschäftigung zur Routine wird. Jeder Arbeitnehmer und jeder Arbeitslose vergleicht aber auch seine Leistungen oder seine potentielle Leistungsfähigkeit und die Entlohnung mit Arbeitsleistungen von anderen Beschäftigten. Ist die Entlohnung für eine Leistung zu gering, wechselt man die Beschäftigung, falls auf anderen Sektoren besser entlohnte Beschäftigungsverhältnisse angeboten werden. Dieses Prinzip der Marktwirtschaft hat über viele Jahre funktioniert. Bei einer Arbeitslosigkeit von 10-20% ist der Regelkreis zwischen Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage gestört.

Wie Du richtig festgestellt hast, gibt es bei der Zufriedenheit, beispielsweise der Kaufkraft von Waren und Dienstleistungen eine Adaption.
Erst durch den Mangel werden bestimmte Bedürfnisse besonders wichtig. Wer zwanzig Tage keine Nahrung zu sich nehmen konnte, wird einen Kanten Brot als köstlich empfinden und der Verzehr wird ihm großen Genuss bereiten. Wer täglich feinste Pasteten, Lachs, Trüffel essen kann und vor dem Essen auch schon mit einem Vollegefühl an den Tisch geht, empfindet unter Umständen sehr wenig Genuss beim Verzehr dieser Speisen.
Wer monatelang von morgens bis abends ohne Freizeit in einem Kohlebergwerk schuften mußte, empfindet einen freien Tag als besonderen Gewinn. Auf der anderen Seite kann ein Arbeitsloser, u.U. trotz ausreichendem Transfereinkommen, mit seiner Freizeit manchmal wenig anfangen. Er empfindet Unlust, weil er gerne arbeiten möchte aber keinen Arbeitsplatz findet.
Ein Gefangener, der jahrelang allein in einem dunklen Verlies eingesperrt wurde, empfindet nach der Freilassung wieder Glücksgefühle, wenn er in einer Stadt herumspazieren und mit anderen Menschen sprechen kann.

Arbeit kann auch persönliche Lust und Freude bereiten, größtenteils dann, wenn man selbst hofft bei anderen Menschen, die die Arbeit zu schätzen wissen, positive Stimmungen zu erzeugen und wenn einem selbst die entsprechende Tätigkeit liegt. Ein Maschinenbaukonstrukteur kann durchaus auch Lustgefühle bei der Verbesserung einer neuen Maschine entwickeln. Ein Schauspieler auf der Bühne kann Lustgefühle bei seinem wohl einstudierten Texten und seiner Fähigkeit andere Menschen zur Begeisterung zu bringen empfinden.
In jedem Beruf muß man aber auch Unlustgefühle überwinden, das Mittel gegen berufliche Unlustgefühle und für eine Leistungsstimulation ist in der Marktwirtschaft die bessere monetäre Entlohnung der Arbeitsleistung.
Ohne die Achtung, ohne die Lust auf Anerkennung durch andere Bürger bereitet Arbeit keine Freude. Unlust stellt sich ein, die Arbeitsleistung verschlechtert sich.
Spitzenmanager, Unternehmer mit sehr hohen Einkünften haben häufig jedoch wenig Freizeit und viel persönliche Sorgen und Probleme um das Wohl ihrer Mitarbeiter und um die Zukunft ihres Unternehmens. Viele von ihnen würden wohl eher das private Glück gegenüber der ständigen Aufopferung im Beruf vorziehen.
Persönlich hat ein Spitzenunternehmer, ein Spitzenmanager mitunter also nicht so viel von seinem hohen Einkommen, weil die nötige Freizeit und die Konsumzeit einfach fehlt. Warum arbeitet er dennoch so hart ?
Weil er das Unternehmen, die Arbeitsplätze auch für die Zukunft erhalten möchte.
Das ein Spitzenverdiener mit seinem Einkommen nichts anzustellen weiß und die Brieftaschen überquellen, stimmt nicht für jeden Einzelfall. Mitunter sind gerade Begabte und Gutverdiener Initiatoren für neue Arbeitsplätze, neue Unternehmungen, mehr Wohlstand in einer Gesellschaft.
Es ist auch möglich, dass das obere Drittel der Einkommenspyramide ein stetig wachsendes Einkommen erhält, während im unteren Drittel der Einkommenspyramide Arbeit und Einkommen schwindet. Diese Kluft zwischen dem oberen und unterem Drittel könnte nur der Staat durch veränderte Steuersätze und staatliche Beschäftigungsimpulse dämpfen.

Ohne Unlustgefühle (Gedanken an Sterblichkeit, Einsamkeit, Armut, Hungergefühl, Kälte, an Kriege, Verbrechen und menschliche Grausamkeiten) würden wir kaum einen Vergleichsmaßstab für Lustgefühle entwickeln können. Auch Unlustgefühle sind für Menschen nötig, obgleich wir natürlich vermeiden sollten, dass diese Gefühle uns vollständig beherrschen oder einige Unlustgefühle für breite Teile der Bevölkerung zur Lebensrealität werden.
Falls die oben genannten Unlustgefühle uns nicht persönlich betreffen, kann man zumindestens mit Krimis, Tragödien, Grusel- und Krieggeschichten für ein Mindestmaß an gefühlten Nordpolempfindungen sorgen.
Ärzte, Politiker, Unternehmer, Verbandsfunktionäre setzen sich ständig mit den realen Unlustgefühlen anderer Menschen auseinander. Warum ist dies möglich ? Nur weil man dort gutes Geld und viel öffentliche Anerkennung erhält ? Ist die Ursache für diese Triebkraft denn nicht auch, das Leben für andere Bürger glücklicher, sorgenfreier zu gestalten ? Vielleicht ist der Mensch einfach nur ein ewiger Sisyphos. Glück, persönliche Standhaftigkeit, Wohlstand, Tugenden, Wissen, Talente, Fleiß, Tatkraft, Schönheit, Werte wollen wir für andere Menschen schaffen und erhalten, sind wir jedoch oben angekommen (beim höchsten Glück), rollt der Stein wieder runter.

Der wirtschaftliche Nutzwert der Arbeitsleistung eines Bürgers kann durch Rationalsierungsleistungen, Computerisierung, Marktsättigung und dem globalen Handel in einer Gesellschaft sinken.
Ein guter Computerprogrammierer, ein guter Arzt, ein guter Unternehmer kann Leistungen erbringen, die tausend durchschnittlich begabte Bürger zusammen nicht fertig brächten. Rechtfertigt eine sehr gute Leistung also den hundert oder tausendfachen Durchschnittslohn ?
In den USA gibt es Fälle in denen Industriemanager solche Einkommen tatsächlich erzielen.
Hat ein Spitzenverdiener aber auch immer die Zeit, den Freiraum oder die richtigen Berater für gute Ideen, um sich mit der sinnvollen Ausgabe von dem verdienten Einkommen auseinanderzusetzen ? Du erwähntest in diesem Zusammenhang den Nutzen des Geldes bezüglich der Verteilung auf andere Menschen.
Wer kontrolliert die Verteilungsgerechtigkeit von Einkommen ? Der Markt, der Privatunternehmer, der geschickteste Rechtsanwalt oder die Gesellschaft, der Staat ?

Was passiert in einer Gesellschaft mit Bürgern, die keinen sinnvollen Beitrag für den Wohlstand der Gemeinschaft leisten können ? Was passiert mit Bürgern einer wohlhabenden Gesellschaft deren Arbeitsnutzen für die Gesellschaft äußerst gering ist und beispielsweise nur wenige Euro pro Tag beträgt, so dass sie sich kaum unter nur marktwirtschaftlichen Bedingungen Nahrung und Wohnraum leisten könnten ? Und hat der Maßstab für die Entlohnung von Arbeitsleistungen nicht etwas, mit den gemeinschaftlichen, kulturellen, traditionellen - auch zufallsgeprägten - Werten zu tun ?
Wir akzeptieren alle gewisse Unterschiede in der Entlohnung von verschiedenen Arbeitsleistungen, bzw. der fehlenden Arbeitsleistung.
Nach John Rawls werden wir auch wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten akzeptieren, wenn sie auch den auf der untersten Sprosse der sozialen Leiter stehenden Menschen noch einen Vorteil bringen.
Mit den Bedürfnissen und der Kaufkraft für Geld ist es jedoch nicht so einfach.
Definiert man die Einkommenssicherung der erwerbsfähigen Bürger in einer relativ gesättigten Konsumwelt nur über den Nutzwert der individuellen Arbeitsleistung, so müßten genügend Arbeitsverhältnisse geschaffen werden, damit alle Bürger im Erwerbsalter (außer die Ehepartnerinnen oder die Vermögenden) in Arbeitsverhältnisse gelangen können. Ein solches System liegt in den USA und Großbritannien vor.
Falls jedoch die entsprechenden Löhne mitunter sehr gering sind, können sich in den Gesellschaften große Einkommensunterschiede auftun, weil nicht in jeder Region zahlungskräftige Arbeitgeber, bzw. angebotene Arbeitsplätze vorhanden sind.
In Deutschland ist eine breite Schicht von Erwerbslosen vorhanden. Nun ist sicherlich auch der Wunsch nach arbeitsmäßiger und gesellschaftlicher Teilhabe bei den meisten Arbeitslosen vorhanden. Es gibt aber auch Bürger deren Arbeitsleistung weniger produktiv ist. Auch diese müssen abgesichert werden.
Das Bedürfnis bei Arbeitslosen nicht ausgeschlossen zu sein, ist sicher sehr bedeutsam. Ein Bürger braucht das Empfinden gebraucht zu werden, kein wertloses Objekt zu sein, um sich mit der Gesellschaft und ihren Werten zu identifizieren. Ohne gemeinschaftliche Werte kein Gemeinwohl.
Ein Bürgergeld oder Grundeinkommen könnte das Mindesteinkommen sicherstellen und einen verbesserten Zugang in die Erwerbstätigkeit bzw. zu einer gemeinnützigen Tätigkeit ermöglichen.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz

Re: Hermann Heinrich Gossen und das Grundeinkommen

....
Ein Bürgergeld oder Grundeinkommen könnte das Mindesteinkommen sicherstellen und einen verbesserten Zugang in die Erwerbstätigkeit bzw. zu einer gemeinnützigen Tätigkeit ermöglichen.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz
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So weit, so richtig!
Wenn jedoch aufgrund des Systems die Leistung dem Genuss des Bürgergeldes vorgeschaltet ist (auf Geberseite) kann das Konzept nicht aufgehen. Grundbedingung für ein bedingungsloses Bürgergeld kann nur ein Freigeld sein, das die Gemeinschaft selbst emittiert. Solange zinsbefrachtete Abhängigkeit von einer Gruppe Kapital- (oder wie auch immer) halter besteht, kann es keine dauerhafte Lösung geben. Das Wort "Erwerbstätigkeit" drückt eigentlich schon das Paradoxon aus. Soll doch jeder das tun was ihm gefällt! Wenn es dem "Erweb" dient - gut, wenn es der Kunst oder der Belustigung anderer dient - auch gut.
Die Bedingungslosigkeit ist der Schlüssel! Wenn die Lösung aber wieder "Geld" kostet, ist es keine Lösung.
An diesen ganzen verkrampften Ausführungen der zitierten Autoren erkennt man doch deutlich, wie wenig sie in der Lage sind sich neuen Gedankengängen zu öffnen. Tausende Jahre von Gelddiktatur sind eben nur schwer zu überwinden.

Nach wie vor steht das Konzept des Bürgergeldes www.tauschring-ww.de zur Zerpflückung an. Bis heute hat noch niemand den Fehdehandschuh geworfen.

Muslix

Re: Hermann Heinrich...Lieber Muslix

ich kann Dir verraten, warum man dein Konzept nicht zerpflücken kann: Weil man auf Deiner HP nur Zugang zu einer schönen Grafik hat, aber mehr auch nicht.....Was mir schon früher mal aufgefallen ist. Also schick mir mal bitte Dein Konzept zu.

Liebe Grüße Lothar Samuel Tesche

Nochmal für alle: Wenn ich "Liebe" schreibe, dann meine ich auch "Liebe". Es ist mit den Erwachsenen wie mit meinen Kindern: Ich kann mich doll mit ihnen streiten, hab sie aber trotzdem lieb.

Utilitarismus - Nein, Danke!

@ Tobias

>Die Lust am Teilen nimmt beim Geber ab, wenn trotz empfan-
>gener (Geld-)Leistung bei dem Begünstigten Unzufriedenheit,
>Mißachtung oder mangelnde Arbeitsleistung gegenüber dem
>(Geld-)Geber vorherrscht.

Geben sollten jene, die sich zuvor unmäßig genommen haben.
Deren Lust interessiert wenig, bleibt doch ihr Vorstellungsver-
mögen, die Leistung sich an gesellschaftliche Normen, Regeln zu
halten betreffend, unterentwickelt, solange sie davon nur profi-
tierten. Achtung gebürt nur! dem Gesetz. Auf mangelnde Arbeits-
leistung kann nur verwiesen werden, wenn es einen Zwang zur
Arbeit gibt. Trifft solcher schon heute aber nicht jene höher zu
besteuernden, entfällt dieser doch gerade durch das BGE ganz;
wer arbeitet täte dies freiwillig, und als ebenso freiwillig wird er
die Steuern betrachten müssen, möchte er sich durch unmäßiges
Sosein von dem der Gemeinschaft abheben.

>Die Lust beim Empfänger von (Geld)>Leistungen nimmt ab,
>wenn er trotz harter Arbeit genauso viel in der Tasche hat wie
>ein Faulenzer. In diesem Fall würde die Untätigkeit genau so
>hoch entlohnt wie die Tätigkeit.

Auch harte körperliche Arbeit kann Spaß bereiten. Das Problem
entsteht erst, wenn zu solcher gezwungen wird. Wenn der "Faul-
lenzer" genausoviel erhält, wie der Arbeiter, dann haben wir of-
fenbar ein BGE. Das wiederum hieße, der Malocher kanns lassen,
wann er will.

>Erhebliche Unlust kann entstehen, wenn eine Person bereit ist,
>nahezu jede bezahlte Tätigkeit anzunehmen und dennoch gibt es
>keine bezahlte Beschäftigung, nur eine minimale staatliche Ab-
>sicherung, die gerade zum Überleben reicht aber die betreffende
>Person sozial und menschlich verachtend straft (arbeitslos, weil
>nicht arbeitswillig oder nicht arbeitsfähig).

Dazu hatte ich (aaO.: >nochmal welches: nichtmonetäres) 'allge-
meine Ersatzdienste' vorgeschlagen, wo sich Mensch einer frei
gewählten Tätigkeit hingeben kann. Bei bestehendem Grundein-
kommen sähe ich eine Verpflichtung zu weitergehender Geld-
leistung von seiten des Staates jedoch nicht; was in diesen 'all-
gemeinen Ersatzdiensten' erarbeitet würde, sollte aber für den
Eigenbedarf sein, das hieße nicht durch irgend Verwaltung ect.
in seinem Wert geschmälert werden.

>Nach John Rawls werden wir auch wirtschaftliche und soziale
>Ungleichheiten akzeptieren, wenn sie auch den auf der untersten
>Sprosse der sozialen Leiter stehenden Menschen noch einen
>Vorteil bringen.

Es gibt, glaube ich, keine Strategie, die häufiger oder weitreichen-
der benutzt wurde Reichtum zu legitimieren; Utilitarismus.
Sobald nur einer den Ausgleich gesellschaftlichen Reichtumes
fordert, ist ein Besitzender da, der, auf og. verweisend, alle Ge-
danken an eine umfassendere Ethik verwirft. Nur indem es Rei-
che gibt, die Überflüssiges nachfragen, entstünden Arbeitsplätze.
Diese brauchts, also brauchts auch Reiche.
Ich aber sage euch: Nein.
Man kann am Tage nur einmal zur Arbeit gehn. Und so ist, was in
die Sportvergaser fließt, ein Obdachlosenheime verhinderndes!!!
Reichtum ist Armut.
Die Reichen akzeptieren nicht die Ungleichheit (wie eine Krank-
heit), sie pflegen sie. Ungleichheit gibts, solange es sie gibt, zuviel.

>Ein Bürgergeld oder Grundeinkommen könnte das Mindestein-
>kommen sicherstellen und einen verbesserten Zugang in die
>Erwerbstätigkeit bzw. zu einer gemeinnützigen Tätigkeit ermög-
>lichen.

Ein wichtiges Argument; auch die Besitzenden profitieren.

MfG
b

Re: Hermann Heinrich Gossen und das Grundeinkommen

Nach wie vor steht das Konzept des Bürgergeldes www.tauschring-ww.de zur Zerpflückung an. Bis heute hat noch niemand den Fehdehandschuh geworfen.

Muslix

Was genau meinen Sie mit den zwei letzten Sätzen?

MvH / Peter Voss

Re: Hermann Heinrich Gossen und das Grundeinkommen

Hallo Peter Voss,

Normalerweise wird ein Konzept kritisch unter die Lupe genommen und alle notorischen Bedenkenträger erklären warum es NICHT funktionieren kann. Ich versuche seit einem dreivierteljahr diesen Reflex auszulösen. Vergeblich! Könnte es daran liegen daß ich keinen provokanten Namen dafür eingesetzt habe wie z.B. Patentrezept.
Schweigen kann ich als Zustimmung werten oder so verstehen, daß das Thema keines Wortes würdig ist.
Da ich aber zumindest einmal eine Bestätigung bekam (Das erste rundum stimmige Konzept), gehe ich davon aus, daß es so blöd nicht sein kann. Zumal seit Umsetzungsbeginn am 1.6. 2004 eine deutliche Belebung unseres seit 1997 dahindümpelnden Tauschring zu vermerken ist. Gestern abend habe ich damit begonnen, die Verbandsgemeinde dafür zu interessieren. Ein Gespräch mit einer Bank als Dienstleister ist in Vorbereitung. Der etablierte Arbeitskreis zur Innenstadbelebung wird im Januar informiert.
Mein Hauptproblem liegt darin, daß ich die Bedürftigen nicht richtig erreiche. Die Lesen keine Zeitung und haben auch kein Internet.
Geschweige denn, daß sie in der Lage sind ein komplexes Thema zu verstehen. Und wenn Sie dann auch noch monatlich ohne Vorbedingung 500 Talente auf´s Konto bekommen werden die sogar misstrauisch.

Gruß
Muslix
----- Original Message -----
From: Vossp Flickflack
To: Netzwerk Grundeinkommen - Allgemeine Diskussion zum Grundeinkommen (unmoderiert)
Sent: Tuesday, November 30, 2004 9:50 PM
Subject: [Mailingliste-Grundeinkommen:] Re: Hermann Heinrich Gossen und das Grundeinkommen


Nach wie vor steht das Konzept des Bürgergeldes www.tauschring-ww.de zur Zerpflückung an. Bis heute hat noch niemand den Fehdehandschuh geworfen.

Muslix

Was genau meinen Sie mit den zwei letzten Sätzen?

MvH / Peter Voss

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Re: Hermann Heinrich Gossen und das Grundeinkommen

Hallo Muslix,
ich werde mir Deine Homepage in Zukunft etwas genauer angesehen.

Es ist sicherlich wahr, dass das Zinssystem beträchtliche Gefahren (für andere Staaten, für Ungleichheit in der Gesellschaft) birgt.
In Japan sind die Zinssätze über einen recht langen Zeitraum sehr gering gewesen.
Ich kann aber überhaupt nicht überblicken, welche Folgewirkungen ein Niedrigzinssystem in Deutschland oder in der EU hätte. Was passiert mit den internationalen Kapitalmärkten ? Wie verhalten sich internationale (britische, amerikanische, arabische ) Investoren ? Könnten sie ihre Vermögen aus Deutschland abziehen ?

Auf vielen Sektoren unserer Wirtschaft leisten Arbeitnehmer noch etwas. Ist das Niveau des bedingungslosen Grundeinkommens zu hoch, dann wird auf diesen Sektoren auch nicht mehr gearbeitet, dann bricht die gesamte Wirtschaft zusammen. Dies muß vermieden werden !


Hallo Silas Bernd,

zu Deiner Antwort auf das erste Zitat:
die Mehrzahl der Bürger die Geld verdienen, haben dafür auch eine Arbeitsleistung erbracht. Der Unternehmer wie der Arbeitnehmer.

Es gibt viele Unternehmen, die nicht unbeträchtliche Gewinne erwirtschaften. Diese Gewinne werden an Aktionäre und Gesellschafter ausgeschüttet. Da sowohl bei deutschen Kapitalgesellschaften als auch bei Anleihen und Fonds ein sehr hoher Anteil von ausländischen Investoren mit im Boot sitzt und Zinseinkünfte nur im Wohnsitzland des Kapitalgebers besteuert werden können, hat der deutsche Staat nur die Möglichkeit Personen mit Wohnsitz in Deutschland zu besteuern. Dies gilt natürlich auch umgekehrt für deutsche Investoren, die im Ausland ihr Kapital angelegt haben und Zinsen oder Dividenden nach Deutschland überwiesen bekommen.
Nur eine sehr kleine Minderheit der Bevölkerung im erwerbsfähigem Alter in Deutschland hat die Möglichkeit ohne bezahlte Erwerbsarbeit zu leben. Auch wenn die Steuersätze für diese Gruppe sehr stark ansteigen würden, wäre es lediglich möglich die Einkommen der unteren Schicht, der Erwerbslosen, der Minijobber um 10-30 €/Monat anzuheben. Die Folge wäre aber auch ein Investitionsrückgang der sich auf alle Felder unserer Volkswirtschaft erstrecken würde. Nur die wirklich großen Kapitalbesitzer haben überhaupt die Möglichkeiten für Investitionen. Das Gros der Bevölkerung nutzt das Einkommen nur zum Konsum oder zum Sparen.

Zu Deiner Antwort auf das zweite Zitat:
"Faulenzer " ist eventuell die Sichtweise von einigen Arbeitnehmern. Die Situation für viele Arbeitslose ist in der Tat sehr ernst und entspricht häufig nicht dem Vorwurf des "Faulenzers".

Zu Deiner Antwort auf das dritte Zitat:
Die Idee mit Ersatzdiensten finde ich gut.

Zu Deiner Antwort auf das vierte Zitat:
Der Utilitarismus nach Bentham oder Mill: "Das Übel bekämpfen und die allgemeine Wohlfahrt fördern", war auch ein sozialer Utilitarismus in der Urkonzeption. So schlecht ist Utilitarismus auch nicht.
Wer seinen Arbeitgeber (dieser schafft erst Arbeitsplätze in der Wirtschaft) nicht achtet, achtet auch seine Arbeit nicht. Nur durch eine harmonische Kooperation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt ein gutes Arbeitsverhältnis zustande.
Eine generell stärkere Besteuerung von höheren Einkommensbeziehern zur Wohlfahrtsförderung für einen besseren sozialen Ausgleich sollte jedoch ins Auge gefaßt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz

Liebe deinen Arbeitgeber wie dich selbst (für Tobias T.)

Lieber Tobias Teetz


Du hast geschrieben:

„Der Utilitarismus nach Bentham oder Mill: "Das Übel bekämpfen und die allgemeine Wohlfahrt fördern", war auch ein sozialer Utilitarismus in der Urkonzeption. So schlecht ist Utilitarismus auch nicht.

Wer seinen Arbeitgeber (dieser schafft erst Arbeitsplätze in der Wirtschaft) nicht achtet, achtet auch seine Arbeit nicht. Nur durch eine harmonische Kooperation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt ein gutes Arbeitsverhältnis zustande.

Eine generell stärkere Besteuerung von höheren Einkommensbeziehern zur Wohlfahrtsförderung für einen besseren sozialen Ausgleich sollte jedoch ins Auge gefaßt werden.“

Mir ist jetzt nicht absolut klar, ob das Gesagte Deine Meinung darstellt oder ob es nicht ein Zitat sein könnte (durch die ständige Hin- und Herschieberei von Zitaten, weiß man manchmal nicht mehr, wo einem der Kopf steht). Ich möchte Dich deshalb fragen, ob der zweite Absatz („Wer seinen Arbeitgeber…“) tatsächlich Deine Meinung wiedergibt.

Sollte der Absatz das tun, möchte ich vorerst nur fragen:

Muß man seinen Arbeitgeber auch achten, wenn er k e i n e Arbeitsplätze schafft, ja vielmehr Arbeitsplätze vernichtet?
Tut er das vielleicht gar deshalb, weil er seine Arbeitnehmer liebt? Vielleicht in der Art eines gütigen Vaters, der seinen Sohn schlägt, um ihm dann zu sagen, dass er es aus Liebe getan habe?

Nenne mir bitte einen einzigen Betrieb in Deutschland (ab 10 Mann Betriebsgröße), indem eine harmonische Kooperation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stattfindet.

Freundliche Grüße Lothar Samuel Tesche