Re: Blitztexte
Mauseloch
Mauseloch
Ich hör "Fieberthermometer"
Das ist eigentlich alles.
Geht's los?
Das ist eigentlich alles.
Bis zehn vor zehn?
Bis 21:50 (oder kurz danach):
Drei Wörter aus: Mauseloch, Gruppentherapie, Gitarre und Fieberthermometer
Das ist eigentlich alles.
Bernd war einer von den verschüchterten Menschen, die aus ihrem Mauseloch nicht rauskommen. Er knabberte Fingernägel und aß den ganzen Tag Chips vor seinem Rechner.
Sabine war eine von den leutseligen Menschen, die immer alle pädagogisieren musste. Sie knabberte Fingernägel und aß Äpfel vor Bernds Rechner.
Irgendwann überredete Sabine Bernd zu einer gruppentherapie zu gehen. Ihr Freund Birk war auch in einer und es klang alles ganz gut, was er erzählte. Identitätsfindung, Biographiearbeit und solche Sachen.
Bernd wollte aber nur hingehen, wenn Sabine mitkäme.
Also saßen sie eines Tages in spezieller Runde und verhielten sich möglichst unauffällig. Die anderen Gruppenmitglieder schienen sich schon alle zu kennen und ignorierten die beiden Neulinge.
Dann kam Torje. Torje war der Gruppenleiter, er stellte sich unkonventionell in die Stuhlkreismitte und begann zu singen:
"Ich bin eine Gitarre und ich glaube daran. Ich bin eine Gitarre und du bist dran." Dann zeigte er auf Sabine und bedeutete ihr aufzustehen und es ihm gleich zu tun. Nach und nach sangen dann alle stehend mit, bis sogar Bernd sich dazu gesellte und zur Gitarre wurde.
Auf dem Heimweg fragte Sabine Bernd, ob er schon was merke, eine Veränderung, oder ein Aufbrechen von Blockaden?
Bernd sagte: "Pling!"
oje, ich bin einfallslos.
Meins isn Dreckloch!
Die anderen verdrehten die Augen.
Jaja, Mainz auch
Müdes Schnaufen. Der Witz war so alt. Britta stand auf. Setzte sich wieder.
Nina, lass Dir mal was anderes einfallen, der ist soo doof und langweilig!
Nina kicherte.
Meins ist ein Mauseloch
.hihi.
Frank lachte.
Haha und ich bin die Maus, haha!
Britta wendete sich an Günther.
Jetzt sag doch auch mal was! Das geht doch nicht. Die machen die ganze Sitzung kaputt mit ihren doofen Witzen!!
Günther lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und lächelte.
Was genau stört Dich denn daran, Britta?
Das ist albern und bringt uns überhaupt nicht weiter! Du als Leiter der Gruppentherapie musst das doch wissen!
Vera mischte sich ein.
Ich
, sie nestelte an ihrer Bluse herum, ich hab meine Gitarre heute
mal mit
Frank prustete los.
Na toll! Wo ist das Lagerfeuer?
Frank! Es reicht!
Britta wurde rot. Frank grinste.
Kannst Du mal bitte aufhören, hier die Chefin zu spielen, dumme Kuh?!?
Genau!, stimmte Nina mit ein.
Wer möchte denn
dass ich
auf der Gitarre
?
Vera guckte in die Runde. Matthias meldete sich zu Wort:
Nur wenn Du was über Mauselöcher singst, okay?
Frank und Nina klopften sich grölend auf die Schenkel.
Und
und
, Matthias fühlte sich bestärkt, und über Fieberthermometer. Huuuuu!
Günther klatschte zweimal in die Hände. Alle Gruppenmitglieder sanken zurück auf ihre Stühle, ließen die Köpfe nach vorne auf die Brust sinken und schliefen ein. Günther nahm seine Aktentasche und verließ den Raum. Zu der Wache sagte er:
Ich glaube, diesmal haben die Patienten wirklich was gelernt! Die Hypnosetherapie scheint anzuschlagen.
Sabine musste das Fieberthermometer ein paarmal im Licht hin- und herdrehen, bis sie akzeptieren konnte, dass die lange blaue Linie tatsächlich die Wahrheit sprach: 42 Grad! So konnte sie doch nicht zur Therapie gehen! Aber was würde Klaus denken? Er würde denken, dass sie nicht mehr käme, weil er ihr letztes Mal durch die Blume zu verstehen gegeben hatte, dass ihr Gitarrenspiel furchtbar sei. Die anderen hatten zwar mehrheitlich den Kopf geschüttelt, und Heinrich hatte ihm sogar gedroht, dass er fünf Minuten nach draußen solle, aber sie hatte genau gesehen, wie Renate gekichert hatte. Und alle hatten gesehen, wie sie ein bisschen rot geworden war. Und jetzt ging sie nicht zur Sitzung, da wussten doch alle Bescheid. Und selbst wenn sie jemanden anrufen würde, das würde ihr doch niemand glauben. Sabine Krank hatte Fieber, das war ja ein Witz hoch drei, die würden sich ja totlachen! Und wen sollte sie überhaupt anrufen? Heinrich vielleicht. Oder den schüchternen Reinhard, der sich die letzten Male neben sie gesetzt hatte ...
"Dancing Queen" dröhnte in ihre Gedanken. Es kam aus ihrer Jackentasche. "Reinhard" sagte die LCD-Anzeige ihres Plüschhandys. Ohne Zögern ging sie ran.
Krank!
Hallo Sabine! Wie geht's? Gehst du heut zur Gruppentherapie?
Ähm. Glaub nicht.
Ich wollte dich nämlich fragen, ob du heut abend ins "Mauseloch" gehst. Da spielt eine Klezmerband ...
Klingt nett. Aber ich bin ziemlich ... du weißt schon ...
Krank?
Ja. Zweiundvierzig Fieber!
Das klingt ja bedenklich! Soll ich vorbeikommen?
Würdest du das machen?
Naja, sicher. Für dich würd ich alles mögliche machen!
Ja?
Ja!
Würdest du mich auch heiraten? Dass ich diesen bescheuerten Namen loswerde?
Äh ...
Reinhard?
Sabine?
Alles klar?
Äh, ja. Also, ich muss dann mal. Die Therapie fängt gleich an!
REINHARD?
Wir sehen uns? Bis später! Und gute Besserung!
*tuuuuuut*
Das ist eigentlich alles.
Die könnten wir alle zusammenmogeln! Die passen gut ineinander!
An Silli: Deine auch!