Re: Blitztexte
II:
In einer Lebkuchenherzenfabrik machte Erika am Fließband gerade Pause. Sie hatte heute zweihundert Mal Ich liebe dich an ihr unbekannte Personen geschrieben.
Kaugummi kauend ging sie in Richtung Kantine.
Vier Etagen über ihr und absolut ohne ihr Wissen, geschweige denn mit dem vorhergehenden Zusammenhängend traf sich der Vorstand der Lebkuchenherzenfabrik. Sie alle waren kleine, verfette Engelein in Anzügen und Zigarren. Ihre Flügel waren vom Nikotin vergilbt und ihre Goldlöckchen bereits ergraut und der ein oder andere klagte über seinen Rücken oder die Krampfadern.
Meine Herren!, der Vorsitzende brachte sie allein durch sein Aufstehen zum Schweigen. Zwar war er nicht groß, doch das waren sie ja alle nicht.
Auf der Erde herrscht immernoch viel zu viel Hass und Egoismus. Was können wir dagegen tun?, fragte er.
Schweigen.
Ein Engelein mit Nadelstreifen, ziemlich am Ende des Tisches meldete sich zu Wort.
Ich habe da mal was vorbereitet, sagte es und stand auf. Mit seinen winzigen Händen holte es einen Laptop hervor, tippte ein paar mal kurz darauf herum.
Der Beamer schaltete sich ein, alle drehten sich um.
Das hier, meine Herren, ist ein Rosenautomat. Für spontane Romantik.
Gut, sagte der Vorsitzende.
Weitere Vorschläge?
Naja, ich denke wir sollten noch ein Bisschen an den Lebkuchenherzen feilen. Die werden momentan nicht mehr all zu häufig verkauft. Die Gewinne brechen ein, sagte ein besonders dicker Engel.
Wie wäre es, wenn wir in jedes tausendste Herz einen Gutschein tun, für eine Reise, nach... Bordeaux zum Beispiel?, fragte der jüngste unter ihnen.
Nein, dann beschweren sich bald die Franzosen, so wie sich die Italiener früher über die Flut deutsche Touristen beschwert haben. Das kann man nicht machen.