Ich unterbreche Eure Kungelei nur ungern, hätte da aber noch einen Text, der gut in diesen Thread reinpasst. Bittschö:
Dein Spiel
Stell Dir vor, Du spieltest ein Spiel. Dein Spiel.
Und Du spieltest es für Dein Leben gern und spieltest es so gut Du könntest und das wäre in der Tat wirklich sehr, sehr gut. Virtuos jongliertest Du mit Deinen Regeln, suchtest immer neue Varianten von ihnen, Brechungen auch, und ja, Du liebtest Dein Spiel über alles und schon allein ob dieser Deiner großen Leidenschaft wärest du so verdammt gut. In Deinem Spiel.
Und Du suchtest stets nach neuen Mitspielern und nach Statisten. Freudig empfingst Du sie, erklärtest die Regeln und bötest ihnen ihren von Dir zugedachten Platz an. Auch sie hätten ihre helle Freude an Deinem Spiel, fast genauso wie Du. Das Spiel funktionierte sehr gut und alle Beteiligten fühlten sich wohl und Du wärest stolz drum, denn Du hättest es schließlich erfunden. So dächtest Du. Tief in Dir.
Doch nun stell Dir einmal vor, da käme jemand zu Dir und bäte Dich plötzlich darum, aufzuhören mit Deinem Spiel. Er flehte Dich an, begründete seine Bitte mit eigenen, absolut privaten und überaus emotionalen Gründen und damit, dass er selber nicht die Kraft aufwenden könnte, Deinem Spiel zu widerstehen und von sich aus aufzuhören, denn er wäre zu sehr beteiligt an ihm, stünde viel zu sehr mittendrin. Schwach stünde er da vor Dir und bäte Dich um Beendung Deines heiß geliebten Spieles. Um seinet Willen.
Und stelle Dir vor, ausgerechnet jener spielte in Deinem Spiel eine wichtige und überaus vergnügliche Rolle und sofort bemerktest Du in Dir einen Widerstand gegenüber dieser Bitte. Denn immerhin wäre es ja zu Deinem Nachteil, stellte es doch die Fortführung Deines Spieles in seiner Gesamtheit infrage und brächte Dich bei Stattgebung der Bitte um Deinen vertrauten und Dir so immens wichtigen Genuss.
Was würdest Du tun?
Füge Dich in diese Vorstellung hinein und überprüfe Dein potentielles Verhalten. Schöbest Du die Verantwortung für sein Handeln jenem Bittner zu und entschiedest Dich für die Fortführung des Spiels, mit der Betonung darauf, er könnte doch aufhören, wenn er nicht mehr wollte, schließlich wäre er erwachsen und selbst für sich verantwortlich? Oder stecktest Du gar Deine eigenen Interessen zurück und unterbrächest Dein Spiel, nur um zu schauen, wie es sich vielleicht anfühlte, ohne dieses auszukommen, um einer fremden Bitte Willens? Und wie groß oder wie klein ist Dein ureigener, ganz persönlicher Spieltrieb wirklich? Tief in Dir.
Geh noch tiefer in Dich hinein und gehe mit meiner Frage sorgsam um, denn eine vorschnelle Entscheidung könntest Du zu einem späteren Zeitpunkt sehr bereuen. Ich meine diese Frage ehrlich, denn auch ich bin zu gerne Spieler. Am Liebsten natürlich in meinen eigenen Spielen, aber darum ginge es hier ja Gott sei Dank überhaupt nicht.
Denk nach, geliebter Spieler, und ich harre hier ob Deiner Antwort aus. Ich stehe hier und warte. Geduldig.
Re: Stell Dir vor!
Stell dir vor, du hättest einen Weg gefunden, für ausgesuchte Augenblicke im Hier und Jetzt zu leben. Es wäre wie eine Art Meditation, die dem selbstvergessenen Spielrausch von Kindern nicht unähnlich wäre. Stell dir noch dazu vor, du könntest an nahezu allen Menschen etwas entdecken, das du lieben könntest. Fast jeder Mensch hätte etwas reizendes und schönes für dich. In Momenten der Entspannung fürchtetest du weder Tod noch Teufel und Grenzen seien dir eine immerwährende Herausforderung. Du ballanciertest gerne über Seile und doppelte Böden bereiteten dir nur Freude, wenn sie wenigstens die Möglichkeit der Durchlässigkeit aufzeigten. Und immer, wenn du Menschen treffen würdest, die dir zu verstehen gäben, dass sie auch gerne mal wieder Spielen würden, würdest du sie um ihre Mitte greifen und dich mit ihnen kopfüber von der Klippe stürzen, weil du wüßtest, dass du den Mut und die Kraft hättest euch beide aufzufangen. Und weil es Spaß machte. Du hättest keine Lust auf Spaß zu verzichten, weil dein Leben zu kurz wäre.
Und dann stell dir vor, es stände plötzlich eine neue Regel im Raum. Eine Regel, die diemal nicht von den üblichen Regelmachern, auf du die schon lange nicht mehr hören würdest, gemacht worden wäre, sondern eine, die von einer ganz anderen Instanz aufgestellt würde. Es wäre die Instanz der Treue. Etwas in dir würde aus reiner Gewohnheit fühlen, dass es langweilig wäre, auf die Treue zu hören. Es wäre wie der Ruf, endlich zum Abendbrotstisch zu kommen und sich vorher die Hände zu waschen, während du gerade im wilden Galopp über die Hügel im Garten deiner Eltern fegtest. Wärest du ein Kind, dass sich bremsen könnte? Aus welchen Gründen würdest du dich an den gedeckten Tisch trollen? Nehmen wir an, du würdest einlenken, dir die Hände waschen und dem Ruf folgen. Nehmen wir an, es wäre die Treue, die dich dazu bringen würde.
Und dann würden deine Eltern mit dir schimpfen, weil du vielleicht die Hügel im Garten zerstampft hättest ( Hab ich doch gar nicht!), weil du fast zu spät gekommen wärst (Ich bin doch aber hier!), weil sie dir schon vorher gesagt hätten, dass du die Hügel in Ruhe lassen solltest (Das waren doch ganz andere Hügel!), und weil sie nicht verstünden, warum du immer so wild sein müsstest (Habt mich trotzdem lieb!). Ein bisschen wäre das mit der Treueregel so. Du hättest sie ja gar nicht gebrochen und der Trotz in dir würde sich melden, aber du wüßtest auch, dass du natürlich daran gedacht hättest sie zu brechen und, dass es nicht die Regel selber gewesen wäre, die dich davon abgehalten hätte.
Was würdest du tun? Was könntest du deinen Eltern sagen und was derjenigen Person, der du Treue schenken wolltest? Ich würde sagen: Entschuldigung!
Re: Stell Dir vor!
Puh, ich musste ja gar nicht lange ausharren! Nun, kann ich ja wieder setzen....
Achja, und eines: (da ich ja nun sitze, kann ich mit Lamentieren beginnen!) Kinderspiele, so sagt der Soziologe (Psychologe...usw.), sind immer nur die Probe, das Training, die Überprüfung des Verhaltens für den Ernstfall, für den sogenannten Ernst des Lebens. Nämlich dann, wenn das Kind erwachsen wird und sich beweisen muss, und allen anderen beweisen muss, was es im Spiel gelernt hat und wie gut es gelernt hat, um sich im Leben und im Miteinander zu behaupten....
Das mit dem Hügel, das gefällt mir sehr gut!
Re: Stell Dir vor!
Oder Kinderspiele schaffen den Zustand des "Flows", in dem die Synapsen vernetzt werden und Intelligenz entsteht. Wer seine Kinder ständig aus dem Flow herausreißt, darf sich nicht wundern.
Re: Stell Dir vor!
Philosophische Frage: Ist der sogenannte Flow immer ein Spiel? Und können deshalb Erwachsene so schlecht spielen, weil sie Angst vor Kontrollverlust durch ebensolchen Flow hätten? Oder ist das nur eine böse Unterstellung und spielen in Wirklichkeit alle und der Ernst des Lebens hätte schlicht und ergreifend noch gar nicht begonnen?
Re: Stell Dir vor!
Zwischendurch für Scriptor:
Cornelius ist ein schöner Mann, schöner Mann, schöner Mann, der manchmal sogar Schreiben kann,Schreiben kann, Schreiben kann. Er hat etwas zu sagen und traut sich auch zu fragen. Cornelius ist ein kluger Mann, kluger Mann, kluger Mann, der ruhig mal etwas wagen kann, wagen kann, wagen kann. In ihm da brennt ein Feuer, das ist ihm nicht geheuer. Cornelius ist ein junger Mann, junger Mann, junger Mann, der manchmal ganz schön nerven kann, nerven kann, nerven kann. Doch haben wir ihn gern, sein Sinn steht uns nicht fern.
Und die Tandemgeschichte hat mir wiklich gut gefallen:-)
Re: Stell Dir vor!
Ein Mann
Nimm einmal an, du seist ein Mann. Wie das wohl wäre? Der offensichtlichste Unterschied wäre, dass da so ein Dingens zwischen deinen Beinen baumelte und du keine BHs tragen würdest. Seltsam wäre das. Es würde sich alles ganz anders anfühlen. Und bestimmt kitzelte es ständig im Gesicht, wenn der Bart wüchse. Ob du deinen Bauch anders spürtest? Und die Hände? Wie fühlten sich deine Hände an,wenn sie groß und rauh und zupackend wären? Naja, nicht alle Männerhände müssen ja so sein, vielleicht wären deine Hände auch zart und feingliedrig. Aber dann wären sie bestimmt eckig und sehnig, also doch anders. Komisch wäre das alles, besonders das mit dem Dingens zwischen den Beinen. Obwohl so ein Schwanz bestimmt mal ganz lustig wäre, vielleicht richtig taktil.
Wenn du ein Mann wärst, dürftest du dich niemal betrinken und dann einfach losheulen, weil dir alles mal für einen Augenblick so hoffnungslos vorkäme. Das wäre sicher ein Tabu. Wenn eine Frau dich gemein anzicken würde, dürftest du nicht zurück zicken, es sei denn, es machte dir nichts aus, als ein Arschloch dazustehen. Überhaupt gäbe es eine Menge Alltagsfallen, die dich zu einem vermeintlichen Arschloch machen könnten. Wenn du eine Frau schwängertest und sie sitzen ließest oder harmloser, wenn du einer Frau, die dir Liebesbriefe schriebe, ins Gesicht sagtest, dass du sie uninteressant fändest, dann wärst du in den meisten Augen deiner Bekannten ein Arschloch.
Dein Gruppenverhalten wäre ein ganz anderes. In einem Raum, in dem du der einzige Mann unter Frauen wärst, fiele dir die Rolle des Leiters zu. Solltet ihr einen Vortrag, ein Referat oder eine Präsentation vorbereiten, müsstest du dich darauf gefasst machen, den Vortrag für die Gruppe halten zu müssen. Sicherlich wäre es auch angenehm, der Hahn im Korb zu sein, aber fragen, ob du damit einverstanden wärst, würde dich keine. In Situationen, in denen andere Männer anwesend wären, müsstest du erst einmal erspüren, wer der Wortführer ist.Eventuell müsstest du durch bestimmte Hinweise diesem den Kampf um das Wort ansagen, oder du müsstest dich seinem Angriff auf dich zur Klärung der Machtverhältnisse stellen. Du wärst immer erstmal eine Bedrohung für andere Männer.
Unsicherheit oder Mutlosigkeit könntest du nur unter ausgesuchten Freunden zugeben. Wenn du wirklich gerne Liebesfilme schautest, müsstest du dir genau überlegen,wem du davon erzählen kannst, ohne ausgelacht zu werden. Wenn du Blumen liebtest, würde sie dir trotzdem keiner schenken und wenn du dich gerne schick zurecht machtest, könntest du schnell als Schnösel bezeichnet werden. Für alles auch nur anähernd Weibliche, müsstest du dich rechtfertigen und würdest du ins gegenteilig Männliche verfallen, würdest du dafür von den Frauen belächelt.
Dein Auftritt sollte immer forsch und kräftig sein, deine Formulierungen immer logisch und konsequent. Deine Kleidung müsste cool, aber nicht zu ausgesucht sein und dein Blick klar und niemals verträumt.
Und dann diese seltsam unmenschliche Regel, nicht stolz auf die Kraft des eigenen Körpers sein zu dürfen. Bekämst du in öffentlichen Räumen, sagen wir einmal in einer Badeanstalt, einen sichtbaren Ständer, müsstest du dich dafür schämen und ihn irgendwie verbergen. Da strotztest du vor Männlichkeit und keiner dürfte es wissen. Aber trotz all dieser Schwierigkeiten, ich strotzte aber auch mal gerne, du nicht?
Re: Stell Dir vor!
So, ich klapper ja grad alle Threads ab und gebe Dir nun Feedback:
Deine Idee gefällt mir. Irgendwie fehlt mir jedoch die Spannung im Text, die Steigerung, etwas Absurdität und ein klein wenig mehr Umdrehung der Klischees... Der Clou ist gut, kommt aber durch die Wortwahl nicht wirklich überraschend rüber. Hm. Zuviel Kritik? Ich bin ja sonst nicht so, Sillchen.
Achja, und gut find ich, dass Du auf dieses komplizierte "Stell dir vor" fast vollkommen verzichtet hast. Das macht einen Stilwechsel im Thread!
Re: Stell Dir vor!
Zitat: Graefinjutsch Hm. Zuviel Kritik? Ich bin ja sonst nicht so, Sillchen.Kritik ist etwas positives!
Du hast recht, der Text hat kein Esprit. Ich habe versucht, mich wirklich mal reinzuversetzen und habe zu hören bekommen, dass es noch viel, viel komplizierter sei:-) Es war wohl mehr so als Streicheleinheit für unsere Enigmaherren gedacht. Vielleicht schreibe ich ab jetzt nur noch Männerliebhabtexte.
Re: Stell Dir vor!
Korrektur: Kritik kann etwas positives sein, ist sie aber nicht in jedem Falle!