Rick at Hampton Court
Rick at Hampton Court Palace - Six Wives Live - 1. & 2. Mai 2009
So, zurück von den drei Six Wives Konzerten gibt es nur ein Fazit: Fantastisch.
Freitags machte ich mich bei Sommersonne gegen vier Uhr nachmittags auf, von Teddington aus durch den Bushy-Park nach Hampton Court zu laufen eine runde halbe Stunde über gepflegten Englischen Rasen, vorbei an verwildernden Ecken mit wilden Hunden (Oh my god!) und zutraulichem Damwild, einen riesigen Kinderspielplatz passierend bis ich vor den Toren von Hampton Court Palace stand.
Eigentlich hatte ich vor, mir das ehrwürdige und weitläufige Gemäuer etwas anzusehen, doch als ich plötzlich Synthesizerklänge vernahm, war mir klar Rick ist schon am Werk. Der Soundcheck oder besser die Generalprobe war gerade im vollen Gang und der Atem der Geschichte konnte mich nicht mehr erreichen. Auch wenn man nur auf rund dreißig, vierzig Meter herankam das war ganz großes Kino: Das English Rockensemble mit Rick sowie das Orchestra Europa probten ihre gemeinsamen Parts. Und das waren, im Gegensatz zum Abend die Six Wives pur. Rick hatte alle Stücke ausgedehnt, doch das Orchester spielte meist nur bei den Kernparts mit. So gabs einen Durchlauf von rund 45 Minuten bei bestem Sound, manchmal wurden die geilen Synthiparts extra für mich nochmals wiederholt.
Irgendwann entdeckte ich Jo (GPJ) und seine Frau und beschloss, meinen Rucksack zu packen und mich zu ihnen zu gesellen schließlich hatte ich mich auf dieses Treffen gefreut doch besitzen beide die Gabe des suddenly disappearing und ich hörte mir mit Herzklopfen auch noch die Zugabe für den Abend an, Rick und Adam an den Keytars mit einem Duell, ähnlich wie Rick und Steve bei South Side
. Eigentlich hätte ich nun gehen können ich hatte die Six Wives endlich live gehört, was ich mir schon seit Jahrzehnten wünschte.
Neben Rick und Adam auf der Bühne war auch Oliver Wakeman zugegen und winkte mir freundlich für ein Foto zu allein die Auslöseverzögerung meiner Digi brachte nur noch seinen Pferdeschwanz aufs Bild.
Die Begegnung mit Jo und seiner Frau Moni setzte nahtlos die Reihe von wunderbaren Begegnungen fort, die ich mit Menschen aus unserem Forum bisher machen durfte. Zwei Supernette! Das gehörte mit zum Besten meines Londonaufenthaltes und auch, wenn ich die beiden nach dem Konzert nur wenige Meter von mir entfernt wieder plötzlich aus den Augen verloren hatte das war sicherlich nicht unsere letzte Begegnung.
Ich holte mir am Merchandisestand Programm, Poloshirt und wie üblich ein Baseballcap Jo gab noch eine Runde aus und dann begann das Programm.
Die Kulisse atemberaubend. Die Bühne war direkt vor dem Palace aufgebaut und brauchte so eigentlich keine weiteren Zutaten mehr
Um 19.30 Uhr begann der English Chamber Choir mit einem Traditionel-Repertoire was auch wirklich gut und wichtig war, denn bei Ricks Performance blieb den Sängerinnen und Sängern nur ein stetes AHHhhha in allen Tonarten und Ausprägungen.
Anschließend boten die Acoustic-Strawbs ein 30minütiges Set tolle Gitarrenarbeit, großartige Vocalparts eine schöne Zugabe zum Abend.
Bis zu Ricks Auftritt um 21.00 Uhr waren noch einmal 20 Minuten Pause und ich konnte Melanie ausfindig machen, die ich schon einmal bei einem Jon Anderson Konzert in Mainz getroffen hatte. Sehr schöne Begegnung ihre Augen leuchteten genau wie meine vor Vorfreude auf das Konzert. Oh, ja , und da war auch plötzlich Manfred wie er leibt und lebt. Er hatte im Vorfeld des YESFANSGathering jede Menge Arbeit übernommen und als Mitglied des RWCC sich nicht nur einen VIP-Platz in der ersten Reihe ergattert sondern beim Meet and Greet auch Oliver und Adam Wakeman zum Fachgespräch an seiner Seite. (Schön, wenn du uns davon hier erzählen und deine Fotos posten würdest
).
Ich hatte einen Platz in der fünften Reihe, direkt vor Rick ideal. Punkt neun - es war inzwischen dunkel genug für die stimmungsvolle Illumination begannen die Posaunenbläser (eigentlich Seraphim Trumpets) mit der Fanfare zu Ricks Six Wives Ouvertüre - Tudorture. Rick selbst schritt im königlichen Umhang, begleitet von seinen sechs Frauen und unter tosendem Beifall langsam auf die Bühne, um dann hinter seiner Keyboardburg (ja, von Burgzinnen umrahmt) ins Geschehen einzugreifen. Die Hauptsoloarbeit bei der Ouvertüre übernahm zunächst Adam, ehe sich Rick an Orgel und Synthi präsentierte. Toudorture gehört sicher mit zum Allerbesten, was Rick in den letzten Jahren komponiert hat fetzig, bombastisch, bewegend und mit einem Thema, das mir den ganzen nächsten Tag nicht mehr aus dem Sinn ging. Ich war begeistert doch die Rückenschauer sollten sich später noch verstärken.
Brian Blessed ein Unikum und begnadeter Schauspieler, in England wohl bekannt wie der Glockenschlag von Big Ben und genau die Sorte Mensch, wie sie mit ihrem Humor wohl zu Rick passt führte laut, sehr laut, durchs Programm, erzählte zwischen den Stücken jeweils etwas über die Six Wives, gepaart mit Anekdoten und Späßen auf Publikumsreaktionen ein Erlebnis, der Mann.
So dauert es manchmal sehr lange, bis die Six Wives ihre musikalische Fortsetzung fanden.
Von meinem Platz aus war dabei das links sitzende Orchester eher pantomimisch zugegen (leider an beiden Abenden) jetzt auf der CD höre ich deutlich, dass die Musiker auch wunderbar spielten. Darüber saß und stand der Chor, der mit seinen an- und abschwellenden Ahhs die typische und unverzichtbare Untermalung der Wakemanschen Instrumentalsongs bot.
Das English Rock Ensemble absolvierte seinen Auftritt auf der rechten Bühnenseite auf drei Ebenen. Unten Rick. Darüber Dave Colquhoun (seit einigen Jahren beim ERE an der E-Gitarre), Jonathan Noyce, langjähriger Jethro Tull - Bassist und Pete Rinaldi (Akustik-Gitarre) immer dezent im Hintergrund, doch hervorragende Musiker.
Oben thronte Adam Wakeman hinter nicht ganz so vielen Tasten wie Rick meist sorgte er für vollen Keyboardsound, während Rick sich solistisch austobte. Tony Fernandez Urgestein des ERE an den Drums, bot eine solide Leistung, musste sich aber nicht verausgaben, weil Rick ihm mit Ray Cooper den Originalpercussionisten der Six Wives an die Seite gestellt hatte der heimliche Star neben Rick!!! Ich habe noch nie einen Menschen so hingebungsvoll, so kunstvoll, so energiegeladen und mit so viel Ausdruck ein Tamburin schlagen sehen einfach atemberaubend. Immer wieder wanderten meine Blicke wie magisch angezogen von Rick hinauf zu Ray Cooper ohne Atempause, der Mann.
Rick selbst war an beiden Abenden in Bestform trotz einem sehr kalten ersten Abend (am Samstag war es deutlich angenehmer) flitzten seine Finger über die Tasten schnell, ausdrucksvoll, konzentriert, die Arme gestreckt ,die Hände an den gegenüberliegenden Keyboards, die Augen oft geschlossen
wie man sich Rick eben wünscht!
Die Lightshow sehr stimmungsvoll. Klar, wenn man ein ganzes Schloss hat, um es mit verschiedensten Farben unter Verwendung verschiedenster Schablonen anzustrahlen, wenn man dazu die Bühne in ein Lichtermeer verwandeln und Gemälde der Six Wives riesenhaft an die Mauern projizieren kann was sollen da für Wünsche offen bleiben? Es war schlicht begeisternd und berührend. Leider war fotografieren streng verboten die Foto-CD gabs mit dem Konzertmitschnitt anschließend gleich zu kaufen
Und die Six Wives in der Extended Version? Toll. Ich mochte es. Manches war melodisch und verspielt eingefügt, manches klang sehr nach Mittelalter und war ein wenig gewöhnungsbedürftig, weil hier Ricks Hang zum Kitsch etwas durchschimmerte, manches allerdings zu oft wiederholt und zu lang gestreckt. Dazwischen aber auch viele Soli am Moog und anderen Synthesizern, an der Orgel, am Klavier und am Flügel. Zu Jane Seymour ließ sich Rick in seinen berühmten goldenen Glitzermantel gewanden, den ich das erste Mal bei der Talestour 1974 bewundern durfte. Was Rick früher ernst meinte, war nun eher eine Reminiszenz an seine lang vergangenen Tage und an seine Fans, die mit begeisterten Ausrufen nicht sparten. Majestätisch schritt er eine lange Treppe nach oben, wo eine zunächst überflüssig wirkende Schlossrequisite aus Karton und Tüchern ihr Geheimnis preisgab: Eine Kirchenorgel. Rick thronte mit dem Rücken zum Publikum, breit und majestätisch und so war dieses Stück auch ein absoluter Höhepunkt des Abends. Immer wieder im Zusammenspiel mit Adam ergab sich eine Klangfülle, der sich niemand entziehen konnte. UNBESCHREIBLICH!
Anschließend gab es mit Defender Of The Faith die zweite neue Komposition, die sich inhaltlich Henry VIII. widmete. Obwohl bestimmt der schwächste Beitrag des Abends, ein Stück, an dem sich das ERE so richtig präsentieren konnte.
Okay. Es wird zu lang
nur noch ein paar Gedanken
Anne Boleyn klang solo am Flügel aus noch einmal hatte Rick den Weg nach oben zurückgelegt, um dann dem natürlich tobenden Publikum huldvoll entgegen zuschreiten.
Die Zugabe Tudorock war noch einmal richtig klasse. Fetzig, rockig, die Musiker des ERE noch einmal in den Mittelpunkt stellend, einige der besten Zitate aus den Six Wives enthaltend und dennoch eigenständig ein großartiger Abschluss eines kaum zu beschreibenden Abends.
Ich machte mich anschließend noch auf den Weg zu YESFanstreffen, wo ich hoffte, neben Melanie, dem Überallzugleichbekannten Manfred sowie Marge aus den USA auch wieder Jo und Moni zu treffen aber genau wie ich hatten sie noch einiges an Weg zurückzulegen und sich auf die Suche nach einem Taxi gemacht
(Sehr schade!)
Samstags sparte ich mir das Vorprogramm weitgehend schließlich hatte ich einen Tag mit zwei sechzehnjährigen Mädels in London zu verbringen, die keine Sehenswürdigkeit ausließen und ich machte mich im Umfeld der Bühne auf den Weg, um zu sehen, ob denn irgendwelche Prominente oder gar YESMembers zu sehen waren. Ich entdeckte Guy Protheroe, seines Zeichens Dirigent von Orchester und Chor und kam über einen Signaturwusch (der letzte, dessen Autogramm mir noch im Programm fehlte) zu einem kurzen Gespräch mit ihm und stand dann auch plötzlich neben Steve Hackett, der sich mit den Strawbs unterhielt und ebenso freundlich wie tags zuvor Oliver Wakeman fürs Foto posierte diesmal hatte ich leider den Blitz ausgestellt
Melanie erzählte mir vom Meet And Greet samstags war auch Roger Dean anwesend
aber davon soll sie hier selbst berichten.
Das Samstagskonzert war ein wenig kraftvoller, was auch am enthusiastischen Publikum lag (soweit Engländer das sein können Brian Blessed hatte den Patriotismus angestachelt, als er von den gewonnen Schlachten über Frankreich erzählte, ach was, er zelebrierte diese Stellen unter großer Publikumsbegeisterung.) Störend war an diesem Abend die allgegenwärtige Kamera samt Kran auf der Bühne aber okay, ich freue mich schließlich auf die DVD!
Die anschließende Begegnung im King`s Arms mit den britischen YESFans - einfach gut. Du wirst sofort aufgenommen, jeder umarmt dich, sit down, have a drink
. Leider hab ich Nina nicht kennen gelernt (wahrscheinlich warst du mit Rick unterwegs und wirst uns jede Menge über deine Begegnungen erzählen können?!!).
Dreimal Six Wives live ein äußerst privilegiertes, herausragendes Erlebnis. Wie sagte Rick am Ende: Er habe 36 Jahre lang auf diese Aufführung warten müssen doch manchmal gehen Träume auch nach langer Zeit noch in Erfüllung. Wie wahr!