A David Caruso Tribute - FanFiction

CSI:Miami FF -> Tiefsee // Neu: Chapter 28

CSI:Miami FF -> Tiefsee // Neu: Chapter 28

Erstmal vorweg: Diese FF gab es schon im csi-forum.de, was zur Zeit leider geschlossen ist. Weil einige Userinnen hier diese FF gelesen haben und auch nettes FB hinterlassen haben, werde ich die Geschichte hier weiterführen. Ich hoffe, das liegt in eurem Sinne bzw ist nach eurem Interesse. Und vllt gibt es ja noch ein paar Andere, die diese Story gefällt. Ich poste nochmal die alten Teile, mache aber direkt mit den brandneuen Chaptern weiter...(ooh, ein logischer Satz^^) Solle sich jemand fragen, wer denn bitte schön Sam ist, dann soll derjenige sich melden oder unter fanfiktion.de nachgucken denn dort gibt es die Vorgänger-FF, die erzählt..wie H und Sam zusammen gekommen sind.

Man beachte, dass Horatio nicht so dargestellt wird, wie er es in den letzten Staffeln war. Viel mehr ist er an den H der ersten Staffel angelegt.

Serie: CSI Miami
Rating: PG 16
Charakter(e): Cast CSI Miami
Genre: Drama, Humor, Romantik
Warnungen: bestimmte Personen könnten zu leichten seelischen Schäden kommen/Ermittler könnten verletzt werden
Pairings: S/H (was denn auch sonst?^^) und E/M (fragt sich nur, für wie lange*g*)
Folgende Personen können verliehen werden: Sam, Meredith, der Opi und Emily (da sie aus meiner Feder stammen...)
Disclaimer: Alle Rechte der Serie „CSI“, „CSI: Miami“, „CSI: New York“ und deren Charaktere liegen allein bei Jerry Bruckheimer, Carol Mendelsohn, Ann Donahue, Anthony E. Zuiker und CBS.
Diese FF wurde lediglich zum Vergnügen geschrieben und ist nicht für kommerziellen Zwecke gedacht.

Prolog

„Emily Lockwood?“
Die Prüfer blickte auf eine ganze Reihe von jungen Menschen, die erwartungsvoll vor ihm saßen. Innerhalb der letzten vier Stunden hatte er sie alle der Tauglichkeitsprüfung unterzogen und nicht wenige waren dabei durchgefallen. Man konnte den jungen Menschen noch die Anstrengung der letzten Stunden ansehen. Einige sahen todmüde aus, während andere jede überflüssige Bewegung vermieden.
Die Tauchstaffel der Marine galt als eine der härtesten Einheiten und sie war berüchtigt für ihre harten Eignungstests.
Trotzdem meldeten sich jedes Jahr mehr als zweihundert Interessenten an, wovon am Ende nur noch fünfzehn übrig blieben. Nur so konnte gewährleistet werden, dass wirklich die Besten der Besten ausgebildet wurden.
Der Prüfer wusste, sein Vorgesetzter duldete keine Anfänger und auch niemanden, der nicht hundertprozentig Leistung brachte.
„Ja, Sir?“ Eine schlanke junge Frau war in der letzten Reihe aufgesprungen und betrachtete ihn hoffnungsvoll. Er konnte sich wieder an sie erinnern. Von vielen Seiten war sie hoch gelobt worden, aber letztendlich hatte sie fast die Beherrschung bei einer Katastrophensimulation verloren. Sie war noch nicht reif genug für die Ausbildung. Außerdem brachte sie keine Abgebrühtheit mit. Tauchen konnte sie, darin bestand kein Zweifel, aber es war nicht sicher, ob sie wirklich für die Staffel der Marine eine Bereicherung wäre.
Immerhin hatte sie vollkommen die Kontrolle über sich verloren, als sie ein Katastrophenszenario nachgestellt hatten. Zwischenzeitlich hatte man fürchten müssen, dass sie vor lauter Panik etwas entsetzlich Gefährliches anstellen würde.
„Nicht bestanden.“
Emily zuckte zusammen und schloss für einige Sekunden die Augen. Eigentlich hatte sie es kommen sehen. Ihre Prüfungen waren mehr schlecht als recht abgelaufen und dieses Ernstfallszenario hatte ihr alle Ruhe geraubt. Trotzdem wollte sie es nicht glauben.
Sie, Emily Lockwood, war nicht in die Tauchstaffel der Marine gekommen. Dafür hatte sie monatelang hintrainiert!
„Okay.“ Sie bemühte sich, ihrer Stimme einen möglichst gleichgültigen Tonfall zu geben, griff sich ihren Rucksack und warf der Frau neben sich noch einen aufmunternden Blick zu. Diese zitterte vor lauter Nervosität.
Emily konnte sich daran erinnern, dass sie zusammen in der ersten Tauchstaffel gewesen waren. Ihre Nachbarin hatte passable Leistungen erbracht.
„Ich wünsche Ihnen viel Glück!“, sagte sie.
„Vielen Dank.“, brachte die Frau hervor und fuhr sich nervös über das Gesicht.
„Wenn sie eine Absage bekommt, bricht sie in Tränen aus!“, dachte Emily spöttisch. Sie fühlte einen kurzen Triumphmoment in sich aufkommen. Seit sie denken konnte, hatte sie das Gefühl, Menschen überlegen zu sein, die in aller Öffentlichkeit ihre Gefühle zeigten.
Einen dieser Gefühlsausbrüche könnte Emily sich hier nicht leisten, sonst würde sie nie wieder in den Spiegel schauen können.
Ohne sich noch einmal umzublicken, verließ sie das Gebäude.
Äußerlich gab sie sich betont ruhig und gelassen. Innerlich aber tobte ein Sturm in ihr.
Was sollte sie jetzt tun?

„Party in the city where the heat is on
All night on the beach ‘til the break of dawn
Welcome to Miami (bienvenido a Miami)
Bouncin' in the club where the heat is on
All night on the beach ‘til the break of dawn.
I'm going to Miami, welcome to Miami!”



Zur selben Zeit in Miami:
„Das ist deine letzte Chance!“
Die Stimme klang unbarmherzig und eiskalt. Genau wie die Augen der Person, die sie mit festem Griff zu Boden drückte.
„Bitte...ich brauche mehr Zeit. Bitte!“, flehte die junge Frau und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
Der kalte Stahl des Waffenlaufes wurde wieder härter an ihre Schläfe gepresst.
Sie schluchzte auf und krallte ihre Fingernägel so feste wie möglich in ihre Jeans.
„Es gibt nicht mehr Zeit, Schlampe! Du weißt genau, was du zu tun hast. Mach jetzt oder das nächste Mal bekommst du eine Kugel in dein hohles Köpfchen!“, knurrte die verhüllte Gestalt und gab der Frau einen Schlag auf den Hinterkopf, die daraufhin wimmernd nach vorne sackte und sich nur mit Müh und Not auf dem dreckigen Betonboden abfing.
„Ich...ich schaff es aber nicht...bitte!“
Pure Verzweiflung stand in ihren Augen, als sie noch einmal um mehr Zeit bettelte. Die Angst erschossen zu werden raubte ihr fast den Atem, doch sie wusste, dass sie ohne mehr Zeit verloren war.
So oder so, man würde sie töten.
Jetzt brauchte sie nur genug Zeit, damit die Anderen fliehen konnten, bevor ihnen etwas passieren würde.
„Zwei Stunden bekommst du noch. Mehr nicht. Und keine Verlängerungen mehr, sonst bist du tot. Kapiert?“, wurde sie angeherrscht.
Alles, was sie zustande brachte war ein rasches Nicken, während sich die Gedanken in ihrem Kopf zu überschlagen drohten.
„Und jetzt zieh Leine, Kleine.“
Urplötzlich verschwand die Kälte von ihrer Schläfe und sie wurde hochgerissen und gestoßen. Ohne sich umzudrehen rannte sie davon, die Hände vor ihr Gesicht geschlagen. Sobald sie zwei Häuserblocks entfernt war, ließ sie sich gegen einen Gartenzaun sinken und das Grauen überrollte sie wie eine riesige Welle.
Zitternd und weinend saß sie stundenlang so da, bis sie sich ihrer Aufgabe besann und steifbeinig aufstand.
„..sonst bist du tot! Tot! Tot!“, hämmerte es in ihrem Kopf.
Blieb ihr denn noch eine Chance?


1. Kapitel:
„Darling?“
Horatios Stimme schallte durch das ganze Haus und riss Sam aus ihren Gedanken. Sie schob sich eine widerspenstige Haarsträhne hinter die Ohren und stieg seufzend aus der Badewanne.
„Ich komme schon!“, rief sie zurück und wickelte sich in ein Badetuch. Immer in den unpassendsten Momenten musste Horatio nach ihr rufen.
Sie öffnete die Badezimmertür und tappte barfuss über die Fliesen in das Arbeitszimmer.
Ihr Mann saß vor seinem neuen Laptop und starrte angestrengt auf den Bildschirm.
„Was gibt’s denn?“, fragte sie und schlang ihre Arme um seinen Oberkörper.
Lächelnd drehte er sich um und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen.
„Wir bekommen Besuch.“, sagte Horatio und deutete auf eine geöffnete e-Mail. Sam blickte wie gebannte auf die Mail.
„Emily!“, stöhnte sie dann und verzog das Gesicht zu einem angedeuteten Grinsen.
„Ja, Emily!“, pflichtete ihr Horatio bei und konnte ein Grinsen nicht verbergen.
Er wusste genau, dass Sam ihre Großcousine noch nie gut leiden konnte. Innerhalb der zwei Jahre, die sie jetzt schon verheiratet waren, hatte er Emily kennen und fürchten gelernt. Ab und zu war sie erschienen, um Sam zu besuchen, allerdings lagen sich die Beiden so schnell in den Haaren, dass Emily nach zwei Tagen wutentbrannt verschwand und nach einem halben Jahr wieder auftauchte.
„Was will sie denn schon wieder?“
„Ihrer Mail entnehme ich, dass sie es nicht geschafft hat...“
„Bitte was?“, rief Sam verdutzt. Es war kein Geheimnis gewesen, dass Emily vorgehabt hatte bei der Marine Karriere zu machen. Sie müsse sich beeilen, hatte sie in ihrer letzten Mail geschrieben. Immerhin war sie schon dreiundzwanzig und als Taucher musste man in diesem Alter langsam einen festen Ausbildungsplatz bekommen.
Emily war gut, das wusste Sam. Sie war eine der Besten in New York gewesen.
Vor vielen Jahren hatte Sam es einmal geschafft, ihre jüngere Cousine zu einem Tauchkurs zu überreden. Ab da hatte Emilys Aufstieg begonnen. Sie erwies sich als Naturtalent. Allerdings zerbrach daran ein Großteil der Sympathie, die Sam und Emily im Laufe der Jahre füreinander aufgebaut hatten.
„Sie hat es nicht geschafft.“, wiederholte Horatio und stand auf. „Offenbar haben ihre Nerven nicht mitgespielt. Jetzt möchte sie für eine Woche nach Miami kommen, um sich abzulenken. Vorausgesetzt, du hast nichts dagegen.“
Sam zupfte an ihrem Badehandtuch herum.
„Nein, sie soll ruhig kommen. Vielleicht tut ihr die Auszeit mal gut.“
Horatio merkte genau, dass Sam viel lieber nein gesagt hätte, sich aber bewusst war, dass sie ihrer Großcousine nicht die Hilfe verwehren konnte.
„Du musst nicht, Schatz!“ Er blickte ihr tief in die Augen.
„Ich weiß. Aber es ist besser so, glaub mir.“, grinste Sam, schlüpfte an ihm vorbei und setzte sich auf seinen Stuhl. Rasch öffnete sie das Antwort-Fenster und schrieb Emily, dass sie natürlich vorbei kommen könne. Sie solle nur Bescheid geben, wann sie kommen wolle, damit man das Gästezimmer vorbereiten könne.
Ein schneller Klick auf den Sende-Button und weg war die Mail.
„Wenn ihr euch wieder streitet, dann glaube bloß nicht, dass du dich nachher bei mir beschweren kannst.“ Horatio fuhr Sam über ihre nackten Schultern und küsste sie in den Nacken.
„Würde mir nicht einfallen.“ Sie lachte dieses Lachen, dass Horatio so sehr liebte und stand wieder auf. Das Handtuch hatte sie fest um sich geschlungen.
„Wollen Sie nicht ablegen?“, fragte Horatio spöttisch und streckte seine Hand nach dem Zipfel des Tuches aus.
„Nein. Erst einmal möchte ich weiter mein Bad genießen.“
Sam zwinkerte ihm zu und ging zurück in das Badezimmer.
Horatio blickte ihr nachdenklich hinterher, mit seinen Gedanken weit weg, bevor er sich wieder besann und den Laptop herunterfuhr.
Wenn Sam mit ihrem Bad fertig war, sollte sie einen perfekt gedeckten Frühstückstisch vorfinden.
Doch bis dahin war es noch ein langer Weg, schließlich hatte er noch nicht einmal die Brötchen aufgebacken. Wann hatte er das eigentlich das letzte Mal gemacht? In letzter Zeit kümmerte sich Sam ausschließlich um den Haushalt, da sie nur noch eine Teilzeitstelle hatte. Während er von einem Tatort zum Anderen hetzte, war Sam ab fünfzehn Uhr zu Hause. Hin und wieder schafften sie es, den Sonntag etwas zu unternehmen. Trotzdem wurde diese Zweisamkeit immer Seltener und Horatio spürte, dass Sam nicht mehr so glücklich war, wie vor einigen Monaten.
Natürlich hatte sie gemeint, dass sie seine ständige Abwesenheit nicht stören würde, aber es war offensichtlich, dass sie es doch ärgerte.
Horatio seufzte und betrat die Küche. Sie war Sams ganzer Stolz. Dicht gefolgt von dem großen Badezimmer.
Da sie darauf bestand, dass das CSI-Team mindestens einmal im Monat zum Essen vorbei kam, gab es nicht nur einen Küchentisch, sondern auch eine Arbeitsplatte, an die ein Essbereich integriert war, der durch seine schlanken Barhocker bestach.
Der Kühlschrank schimmerte so blank, dass Horatio manchmal scherzhaft meinte, er würde einfach alle Spiegel abmontieren.
„Brötchen – wo seid ihr?“ Er kniete sich vor die Schubladen, die unter der Arbeitsplatte standen und zog wahllos die Fächer auf.
„Hausrat, Putztücher...was ist das?“ Mit spitzen Finger angelte er einen staubigen Lappen aus der hintersten Ecke einer Schublade hervor. Seine ursprüngliche Farbe musste einfach grün gewesen sein, mittlerweile konnte er keiner eindeutigen Farbe mehr zugeordnet werden.
Gekonnt beförderte Horatio den Lappen in den Mülleimer.
In der vorletzten Schublade wurde er schließlich fündig. Hier bewahrte Sam mehrere Packungen von Aufbackbrötchen auf. Die erstbeste Tüte musste herhalten. Ohne auf das Verfallsdatum zu achten, riss Horatio die Packung auf und heizte den Herd vor.
Während der Herd warm lief, deckte er den Tisch mit dem beste Geschirr, dass sie besaßen und schnitt anschließend eine Ananas in kleine Stücke. In letzter Zeit versuchte Sam, ausschließlich Obst und Gemüse in etwas Essbares zu verwandeln. Sie hatte in einer Zeitschrift gelesen, dass dies ab Dreißig Jahren sehr empfehlenswert war. Horatio hatte dieses Zeitschriftenabo sofort storniert. Wer wusste schon, was in der nächsten Ausgabe für Tipps drin stehen würden.
Seine Handy klingelte und er griff in die Tasche seiner brandneuen Hose, die er sich gestern gekauft hatte.
„Ja Speed?“
„Hi Horatio. Ich...“ Die Stimme seines jungen Kollegen klang verzweifelt. „...ich wollte nur...“ Speed brach ab.
„Tim? Was ist denn los?“, fragte Horatio besorgt und füllte etwas Kaffeepulver in die Kaffeemaschine.
„Kann ich kurz vorbeikommen? Ich muss mal mit dir reden...“
„Natürlich. Du bist jeder Zeit willkommen.“, sagte Horatio sanft. Was war denn mit Tim passiert? So verzweifelt hatte er ihn noch nie erlebt.
„Vielen Dank. Ich...ich bin gleich da. Vielen Dank noch mal.“, gab Speed zerstreut zurück und legte auf.
„Was war denn da los?“ Entgeistert starrte Horatio auf das Handy in seiner Hand. Dann fiel ihm ein, dass er mittlerweile Kaffeepulver für eine fünfzehnköpfige Familie in die Maschine geschaufelt hatte und machte sie zähneknirschend an die Schadensbegrenzung.
„Hallo Schlachtfeld!“, erklang eine Stimme. Horatio rollte mit den Augen und ignorierte seinen Drang, sich umzudrehen.
„Zehn Minuten die Küche und du, bedeuten zwei Stunden die Küche und ich.“
Sam hatte nach ihrer Rückkehr in das Badezimmer festgestellt, dass das Badewasser nun fast schon gefühlte 0 Grad erreicht hatte und sich entschieden, die Haare zu föhnen und etwas anzuziehen.
„Mit wem hast du denn telefoniert?“ Sie hasste ihren Kontrollzwang, aber manchmal ließ er sich einfach nicht unterdrücken. Gott sei Dank war Horatio niemand, der sich dadurch aus der Ruhe bringen ließ.
„Speed hat eben angerufen.“ Mit gerunzelter Stirn drehte sich Horatio um. „Er hat sich furchtbar angehört. Offenbar geht es ihm richtig mies.“ Sam zog die Augenbrauen hoch.
„Komisch...“
Schweigend deckten sie zusammen den Küchentisch und buken die Brötchen auf.
Keine zwei Minuten später erklang lautes Gedröhne auf der Straße. Speeds Ducati eroberte röhrend den Hof.
„Ich mach schon auf.“ Bevor Sam aufstehen konnte, war Horatio schon aus der Küche verschwunden und zur Tür gegangen. Er öffnete die Tür und blickte einem völlig übernächtigten und fertigen Tim ins Gesicht. Um seine Augen lagen tiefe Ringe, die aussahen, als hätten sie sich in die Haut eingefressen, sein Haar sah noch schlimmer aus als sonst und sein Bart würde in ein paar Tagen zu einem Vollbart mutieren. Auch seine Klamotten waren eine einzige Katastrophe.
Er sah schrecklich aus!
„Komm doch rein.“, sagte Horatio und ließ Speed an sich vorbei. Wenn Tim umkippen würde, wäre er immerhin hinter ihm, um den Sturz abzufangen. Bei dessen Anblick musste man mit allem rechnen.
Tim taumelte in die Küche und sank wie niedergestreckt auf den Küchentisch. Sam starrte ihn entgeistert an.
„Bist du überfahren worden?“ Sie sprang auf und holte ihm einen doppelten Schnaps.
„Trinken!“, befahl Sam. Ohne Widerworte befolgte Speed den Befehl. Klirrend stellte er das leere Glas ab.
„Ich habe ein Problem!“, begann er dann und fuhr sich fahrig über die Augen. Die ganze Nacht hatte er wach gelegen und gegrübelt, war auf und ab getigert, bis er fast verrückt geworden war. Er hatte sich in seiner Wohnung wie ein Tier im Käfig gefühlt und war schließlich zu dem Entschluss gekommen, dass er genauso gut mit seinem Motorrad durch die Weltgeschichte brausen konnte.
„Das ist nicht zu übersehen.“ Sam holte die Brötchen aus dem Ofen und legte Tim eins auf den Teller.
„Horatio, mir ist meine Dienstwaffe gestohlen worden.“, ließ dieser die Bombe platzen.
In der darauffolgenden Stille hätte man eine Stecknadel fallen gehört. Horatio blickte Speed entgeistert an, Sam sog scharf die Luft ein und Tim erdolchte nervös sein Brötchen.
„Ich...da war dieser Club. Eric und ich waren gestern Abend da....und...“ Er brach ab. Wie sollte er das seinem Chef nur beibringen? Eric hatte ihn direkt nach der Arbeit dazu überredet in diesen neuen Club zu gehen und ein bisschen Spaß zu haben. Innerhalb von zwei Stunden war er hackedicht gewesen und alles, woran er sich noch erinnern konnte war, dass er irgendwann von einer jungen Frau angetanzt worden war, die sich vorher auch schon mit ihm nett unterhalten hatte. Dann war alles schwarz. Seine Erinnerung setzte erst wieder morgens um drei ein, als er bei sich zu Hause aufgewacht war. Von da an konnte er nicht mehr schlafen, nachdem er sein leeres Pistolenholster entdeckt hatte.
„Speed, wenn du mir das vielleicht erzählen würdest, wäre ich dir sehr verbunden. Es geht um eine Dienstwaffe!“ Vor Horatios Augen tanzten bunte Sterne. Eins der schlimmsten Dinge, die einem passieren konnten, war die Dienstwaffe gestohlen zu bekommen. Wenn diese Waffe in falsche Hände geriet, dann war man in echten Schwierigkeiten.
„Wir waren in einem Club. Ich hab was getrunken und irgendwann hat eine Frau mit mir getanzt....mehr weiß ich nicht.“, erzählte Speed und fingerte an seinem Hosenbund herum. „Irgendwelche Details?“ Sein Chef riss fast die Kaffeemaschine auseinander, als er nach der Kanne griff, um sich eine riesige Tasse einzugießen.
„Sie war groß, mit roten Haaren.“ An mehr konnte Tim sich wirklich nicht erinnern. Noch nicht einmal an die Getränke, die er wahllos in sich hinein geschüttet hatte. Wie mies er sich doch fühlte. Dabei hatte er sich eigentlich nur mal wieder mit seinem besten Freund betrinken wollen.
„Ich rufe Eric an.“, meinte Sam und holte das Telefon. Innerhalb von Sekunden hatte sie ihn herbei beordert, mit der Aufgabe, sich an den gestrigen Abend mit allen Details zu erinnern.
„Ich bin sofort da.“ Eric klang total verblüfft. Er wusste überhaupt nicht, warum Sam ihn so aufgeregt zu sich und Horatio nach Hause bestellt hatte. Irgendetwas musste jedenfalls los sein, sonst würde sie nicht morgens Terror veranstalten.
„Was ist denn los bei euch?“, fragte er, während er nach seinem Autoschlüssel griff.
„Frag lieber nicht. Lass dich lieber erst gleich schocken.“, seufzte Sam und drückte Eric weg.
Speed saß wie ein Häufchen Elend auf dem Stuhl, während Horatio Ananasstückchen aufaß.
„Ja....“ Sam hob kurz bedauernd ihre Hände und setzte sich dann ebenfalls. „Wir bekommen das schon hin.“
„Wir müssen.“, wandte ihr Mann ein. „Wenn nicht....“ Horatio schwieg. Das wollten sie sich lieber alle nicht vorstellen.
„Ziehe ich eigentlich das Unglück an oder so was?“, murmelte Speed und bohrte seinen Finger in das erdolchte Brötchen. „Erst dieser Mist vor Jahren mit der Suspendierung und jetzt die Waffe. Das kann doch keinem fähigen Ermittler passieren. Ich meine, die Suspendierung war natürlich meine Schuld...aber....das mit der Waffe ist jetzt auch wieder meine Schuld. Bin ich nicht gemacht für den Job?“
„Hey!“ Sam legte Tim sachte ihre Hand auf den Unterarm. „Du bist für diesen Job gemacht, fähiger als die Hälfte der Ermittler in Miami zusammen und du ziehst auch kein Unglück an. Lass uns erst einmal abwarten, was Eric noch weiß.“
„Wenn er etwas weiß...“, knurrte Tim schwarzseherisch. „Er war ja noch besoffener als ich.“

“All the women who are independent
Throw your hands up at me
All the honeys who makin' money
Throw your hands up at me
All the mommas who profit dollas
Throw your hands up at me
All the ladies who truly feel me
Throw your hands up at me”

Re: CSI:Miami FF -> Tiefsee //Neu: Chapter 18

2. Kapitel:
„Bitte was?“ Calleigh schlug die Hand vor den Mund und starrte ihren Vorgesetzten entgeistert an. „Wie hat er denn das geschafft?“
„Gute Frage.“, begann Horatio. In dem Moment klingelte sein Handy. Er zog es aus der Tasche und blickte nachdenklich auf das Display.
„Entschuldigt mich einen Moment.“
Innerhalb von Sekunden war er aus dem Raum verschwunden
„Könnten wir uns vielleicht damit beschäftigen, wie wir die Waffe wieder finden?“, wandte Eric ein und stieß sich sein Schienbein gleichzeitig am Tisch an. Mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelte er zum Sofa im Gemeinschaftsraum.
„Wir können nur an die Waffe kommen, wenn wir auch wissen, wie sie verschwunden ist und wer sie hat. So läuft das nun mal, Mr. Delko!“
„Aber nicht in diesem Fall, Miss Duquesne!“, ätzte Eric zurück.
„Und wieso das nicht?“
„Weil es sich hierbei um Speed handelt. Um eine Miami Dade Police Waffe. Damit kann jetzt nicht irgendein Spaßvogel rumballern, ohne das Tim Ärger bekommt.“
„Und wenn die Waffe nicht von Tim gewesen wäre, dann würden wir und jetzt gemütlich zurücklehnen und warten bis jemand rumballert?“
„Was ist denn hier los?“ Alexx stand im Türrahmen, ihren heißen Kaffee in der Hand und blickte Eric und Calleigh fragend an. „Streit am frühen Morgen?“
„Es geht hier wohl um Kollegengrundsätze.“, rief Eric und sprang auf. Er war tierisch genervt und Calleigh machte ihn nur noch ärgerlicher. „Während Miss Duquesne lieber so langsam wie möglich ermitteln will, nämlich: Wie ist die Waffe verschwunden? Ist sie geflogen, gelaufen oder hat sie sich ein Taxi genommen? Während sie also die Ermittlungen auf ein halbes Jahr beschränken will, bin ich für eine schnelle Findung der Waffe und dann erst diese anschließenden Überlegungen. Offenbar bin ich der Einzige im Raum, dem Speed wichtig ist und nicht diese blöde Waffe.“
„Jetzt ist es mal gut.“ Alexx hob beschwichtigend die Hände. „Wir werden jetzt alle wieder ruhig und entschuldigen uns.“ Sie starrte die Beiden abwechselnd an. „Kaum passiert etwas in unserer Einheit, müsst ihr euch wieder in die Haare kriegen. Das ist ja nicht zum aushalten.“
Sie schüttelte noch einmal den Kopf und machte sich wieder auf den Weg in die Pathologie.
Zurück blieben Calleigh und Eric.
Beide tödlich beleidigt.

„Natürlich holen wir dich am Flughafen ab, Emily!“, säuselte Sam in ihre Handy und warf ihrem Mann einen hilfesuchenden Blick zu. Seit zehn Minuten hatte sich das gesamte Team im Gemeinschaftsraum versammelt um über Tims Problem zu beratschlagen.
„Warum...bitte? Wie viele Taschen?“
„Sam, du weißt doch, dass ich meine Taucherausrüstung mitnehme.“, klagte Emily vorwurfsvoll und starrte auf den Telefonhörer in ihrer Hand.
Sie hatte eben Sams Mail gelesen und sie sofort angerufen, um die restlichen Dinge zu organisieren, bevor sie nach Miami fliegen würde.
„Gut, dann muss Horatio mit dem Hummer kommen. In mein kleines Auto bekommen wir die ganzen Taschen sicher nicht.“
Horatio rümpfte die Nase. Er war von Anfang an gegen Sams Smart gewesen. So eine kleine Kiste war bestimmt nicht sicher und es ging nichts in den Kofferraum. Das beste Beispiel war mal wieder Emilys Gepäck. Schon das letzte Mal hatte er doch noch an den Flughafen fahren müssen, weil die beiden Koffer nicht reingepasst hatten.
„Macht euch bitte keine Umstände wegen mir.“
„Haben wir nicht vor, Emily. Wir haben zur Zeit einige Probleme hier...da kann ich mich sowieso kaum um dich kümmern.“ Sam hatte sich entschlossen, Emily direkt zu sagen, dass sie keine Zeit für sie hatte, bevor diese ein wochenlanges Kulturprogramm erwarten würde.
„Das passt mir zufälligerweise perfekt. Ich bin ja auch dann in Miami um mich auszuruhen.“, zwitscherte Emily. Sie fuhr sich durch ihren neu geschnittenen Bob und spielte gedankenverloren mit einer dunklen Haarsträhne. Wie sehr freute sie sich auf eine Auszeit im sonnigen Miami! Unbeschwert tauchen und Menschen kennen lernen. Ab und zu einen kleinen Cocktail trinken und sich bräunen lassen.
„Wie ist das denn eigentlich passiert?“, fragte Sam.
In einer halben Stunde wollte Horatio mit Speed in den Club fahren, wo dieser gestern gewesen war und sie sollte mit Eric Tims Klamotten auf Spuren untersuchen, die zur Identifizierung der unbekannten Frau beitragen würden.
„Das ich nicht genommen wurde? Ich hab Mist gemacht. Offenbar sind Katastrophenszenarien nicht mein Spezialgebiet.“, meinte Emily wehmütig und ließ sich auf ihr Bett fallen. Sie schlüpfte aus ihren hellen Slippers und wackelte mit den Zehen. „Jedenfalls bin ich fast durchgedreht und habe wohl die gesamte Gruppe gefährdet. Aus der Traum!“ Ihre Stimme klang rau und enttäuscht. Diese Ausbildung bei der Marine hatte ihr sehr viel bedeutet.
„Kannst du nicht einfach beim nächsten Test wieder mitmachen?“
„Ja, mit verschärften Anforderungen. Damit wollen sie gewährleisten, dass man sich nicht fünf Jahre hintereinander bewirbt und dann die Prüfung im Schlaf absolvieren kann. Für jede weitere Bewerbung kommen zusätzliche Schwierigkeitsgrade hinzu.“
„Hört sich nicht gut an für dich.“ Sam griff dankbar nach dem Kaffee, den Eric ihr fragend hinhielt. Er und Calleigh warfen sich immer wieder giftige Blicke zu, allerdings würde es nur eine Frage der Zeit sein, bis sie sich wieder vertragen würden.
„Ich weiß auch nicht, ob ich das noch mal machen will. Die ganze Arbeit, der Aufwand...mal sehen.“ Emily wollte sich alle Möglichkeiten offen halten.
„Du, ich mach’ mal Schluss. Irgendwann muss ich schließlich auch mal arbeiten. Horatio wartet schon.“, schwindelte Sam und schielte verlangend auf den unangetasteten Schokokeks, der in der offenen Packung auf dem Tisch stand.
„Viel Spaß. Wir sehen uns.“
„Ja danke. Bis dann.“ Erleichtert drückte Sam Emily weg. Telefonate mit ihrer Großcousine waren immer so verkrampft.
„Können wir dann?“ Eric warf Sam einen auffordernden Blick zu. „Ich hab Speeds Klamotten schon in das Labor gebracht, sie laufen also nicht mehr weg.“
„Ich denke, wir sollten dann auch mal fahren.“, murmelte Tim und blickte niedergeschlagen auf den Boden. Seine blöden Schuldgefühle fraßen ihn fast auf.
Horatio blickte ihn prüfend an. Seinem jungen Kollegen ging es mit jeder Minute schlechter. Er mied jeden Blickkontakt und saß fast schon apathisch auf seinem Stuhl.
„Speed. Ich muss dich vorher noch sprechen.“, sagte Horatio. „Allein.“
Sam lächelte er liebevoll an, bevor er Tim aus dem Raum begleitete.
Im Flur lehnte sich Speed an die Wand und schloss die Augen.
„Tim! Wir finden deine Waffe.“ Horatio stellte sich neben ihn.
„Und wenn nicht? Was ist, wenn jemand die Waffe findet und damit Unheil anrichtet?“
„Das wird nicht passieren.“
„Woher willst du das wissen, Horatio? Warum sollte jemand eine Waffe mitnehmen und sie dann zu Hause in den Schrank legen?“
„Speed! Vertraust du mir?“ Horatios Augen blitzten verräterisch auf. Tim konnte sich seinem intensiven Blick nicht entziehen. „Vertraust du mir?“
„Ja!“, rief Speed und stieß sich von der Wand ab. „Ja, verdammt. Ich vertraue dir.“
„Dann vertraue auch darauf, dass wir die Waffe wiederfinden.“ Horatio bot ihm seine ausgestreckte Hand an. Nur zögerlich schlug Tim ein, wobei die Härte seines Schlages davon zeugte, wie verzweifelt er zu gerne Horatios Worten geglaubt hätte.
„Und jetzt komm. Der Club wartet nicht ewig auf uns!“

Eric breitete sorgfältig Tims Hemd auf dem Tisch aus. Neben ihm war Sam mit Speeds Hose zugange.
„Wenn du verräterische Lippenstiftspuren findest, sag mir Bescheid.“, grinste Eric und griff sich ein Vergrößerungsglas.
„Sehr witzig.“, schnaubte Sam genervt. Dass Eric immer wieder auf Speed herumhacken musste. „Wenn ich wirklich etwas finde, dann bist du der letzte, der es erfährt.“
„Schade.“, war alles, was Eric dazu sagen konnte, bevor er sich konzentriert über das Hemd beugte.
„Was ist das eigentlich für ein Schuppen, wo ihr wart?“, fragte Sam plötzlich, während sie eine Stofffaser eintütete.
„Ach, der ist ganz neu hier. Und noch nicht mal gut....“
„Was dich nicht daran gehindert hat, dich zu betrinken.“
„Hey, was ich in meiner Freizeit mache, kann dir egal sein. Jedenfalls ist der Club „Paradizo“ nicht der Beste. Wenn du mal mit Horatio einen draufmachen gehst, dann geht da nicht hin...Nebenbei, geht ihr zusammen weg?“ Eric zog die Augenbraue hoch und griff sich ein Wattestäbchen. „Was haben wir denn hier? Sieht aus die Lippenstift oder Lipgloss.“ Sorgfältig entnahm er eine Probe und verwahrte sie sicher, bevor er sich wieder dem Hemd zuwandte. Obwohl er sich noch daran erinnern konnte, dass Speed auch zeitweise in einer großen Menschentraube gestanden hatte, gab es kaum verwertbare Spuren. Nur der Lippenstift oder das Gloss waren vielversprechend. Mit etwas Glück war das die Spur zu der geheimnisvollen rothaarigen Frau, an die er sich überhaupt nicht erinnern konnte. Es war, als hätten diese Momente nie existiert.
„Tja, was Horatio und ich in der Freizeit unternehmen ist Ehegeheimnis.“, lächelte Sam. „Ich bin jedenfalls vollkommen damit zufrieden.“
„Das musstest du jetzt auch sagen.“, murmelte ihr Kollege. In der nächsten Sekunde fing er sich dafür einen Klaps gegen den Hinterkopf ein.
„Horatio würde mich nie zu etwas zwingen!“
„Stimmt!“, verkündete dieser. Wie ein Geist war er im Labor erschienen und hatte sich neben der Glastür angelehnt. „Aber mal interessant zu hören, was meine Mitarbeiter so beschäftigt.“ Ein dünnes Lächeln spielte um seine Lippen.
„Wolltest du nicht mit Tim los fahren?“, fragte Sam erstaunt. Eigentlich hatte sie gedacht, dass sich ihr Göttergatte mit Speed schon seit zehn Minuten im Hummer befand, auf direktem Weg zum „Paradizo“.
„Ich wollte, aber ich...“, setzte Horatio an.
„Ein Haar. Mein Königreich für ein Haar.“ Eric hob seine Pinzette ans Licht. „Ich würde sagen, wir haben eine kleine Spur.“
„Dann gib mal her.“ Auffordernd wedelte Sam mit ihrer Hand. Das Mikroskop wartete schließlich nicht ewig. Und je eher sie feststellen konnte, dass das Haar rot war, desto besser.
Vorsichtig schob sie das Haar unter das Mikroskop und betrachtete es.
„Eindeutig rot, kein Zweifel.“
„Lassen wir ihre DNA durch die Datenbank laufen. Vielleicht ist sie ja registriert.“, schlug Eric vor.
„Unwahrscheinlich. Normalerweise wird nur die DNA von Sexualstraftätern gespeichert. Und ich glaube nicht, dass wir eine Datei mit weiblichen Sexualstraftätern vorliegen haben.“
„Nun, so weit ich weiß ist in unserem Staat eine einzige Frau darin vertreten. Bundesweit dürften wir auch nur auf fünf Frauen kommen.“, erklärte Horatio und blickte abwesend auf den Rücken seiner Frau.
„Man kann sicherheitshalber alles ausprobieren.“, wandte Eric wieder ein. „Ich will nicht, dass Speed wieder Ärger bekommt.“
„Das möchte niemand hier. Dieser Fall genießt auch oberste Priorität, trotzdem möchte ich nicht, dass ihr jetzt anfangt und euch nur noch auf Tim konzentriert. Es gibt sehr viele Leute in dieser Stadt, die auf uns vertrauen und auf uns zählen. Wir können sie jetzt nicht verraten, weil einer unserer Leute in Problemen steckt.“
Sam sah Horatio in die Augen. Sie las darin die tief versteckte Angst, dass er sein Versprechen nicht halten konnte, dass er dieser Stadt gegeben hatte. Das Versprechen, für sie da zu sein und sie zu beschützen. Er wollte, das Gerechtigkeit wieder oberste Priorität genoss und man in der Polizei und der Crime Scene Investigation wieder zuverlässige Hilfe sah. Sie wusste, dass er diesen Menschen in diesem tödlichen Sumpf der Stadt nie wieder in die Augen sehen könnte, wenn er versagen würde.
Wenn sie eines in den letzten Monaten und Jahren verstanden hatte, dann war es, dass ihr Mann von einem unbändigen Willen angetrieben wurde. Einem Willen, der nicht mehr menschlich in ihren Augen war. Irgendetwas übermächtiges hatte Horatio diese Aufgabe in die Hand gelegt. Und wenn er versagen würde, würde sie da sein und ihn stützen. Das hatte sie sich in dem Moment geschworen, als er ihr den dünnen Weißgoldring an den Finger gesteckt hatte.
„Wir werden sie finden, Eric. Aber wir werden sie nicht schneller finden, wenn wir alle Tausend Möglichkeiten durchprobieren, die uns gegeben sind. Nutzen wir doch einfach unseren Kopf.“ Sie zwinkerte ihm zu und er lächelte zurück.
„Warum kannst du das immer so schön sagen, Sam.“ Eric kräuselte seine Lippen und beugte sich wieder über das Hemd. „Horatio, du kannst dich glücklich schätzen.“
„Ich war nie glücklicher.“
Im nächsten Moment war Horatio auch wieder verschwunden, seine Sonnenbrille auf die Nase geschoben, Sam einen letzten liebevollen Blick zuwerfend. Tim wartete schon im Hummer auf ihn und er wollte ihn in seinem Zustand nicht lange alleine lassen.


3. Kapitel:
Das „Paradizo“ sah im Tageslicht nicht sonderlich vielversprechend aus. Kaum etwas erinnerte an den schillernden Club, an den Speed sich noch glaubte entsinnen zu können. Die Front war übersät mit Neonröhren, die darauf schließen ließen, dass mit Einbruch der Dunkelheit unzählige schillernde Farben die Nachtschwärmer anlocken würden.
„Hübsch.“, war Horatios einziger Kommentar, als er seinen Blick über das Haus schweifen ließ. Ein Junge war gerade damit beschäftigt leere Bierflaschen vor der Eingangstür einzusammeln und ein Mädchen stellte große Müllsäcke vor die Tür.
„Wenn mir jemand diesen Schuppen zeigen würde, ich würde einen kilometerweiten Bogen darum machen.“, knurrte Speed und fixierte einen kitschigen Plastikflamingo auf dem Vorrasen, dem jemand eine lila Tasche umgehängt hatte.
„Ich weiß nicht, warum ihr da nicht schon vorher drauf gekommen seid.“
„Frag mich das in einem Monat noch mal.“
„Gerne.“ Horatio deutete ein Lächeln an, zog seine Sonnebrille ab, legte die Hand an seinen Gürtel und ging entschlossen auf die Eingangstüre zu.
Bevor er sie öffnen konnte, wurde sie mit einem Ruck aufgerissen und ein Hüne von Mann stand ihm gegenüber. Auf seiner fein säuberlich geschorenen Glatze standen dicke Schweißperlen und unter seinem Nadelstreifenjackett zeichnete sich deutlich eine Waffe ab. Kleine Augen starrten Horatio und Speed misstrauisch an.
„Wir haben geschlossen.“ Für seine Breite und Größe hatte der Mann eine beachtliche Stimme. Sie war tief und grollend. Es war unverkennbar, dass er wahrscheinlich einer der besten Türsteher in ganz Miami war.
„So ein Zufall. Wir kommen nie zu den Hauptöffnungszeiten.“ Horatio präsentierte seine Dienstmarke. „Ltd. Caine vom CSI. Wir müssten hier einige Worte mit dem Besitzer wechseln.“
Der Mann drehte Horatios Dienstmarke prüfend in seiner Hand. Dann blickte er Tim an.
„Den kenn ich doch.“, grunzte er und drückte Horatio seine Marke vor die Brust. „Warst du nicht gestern hier? Mit deinem Kumpel. Groß, dunkel, kein Ami?“
Hoffnung keimte in Tim auf. Wenn der Türsteher sich noch an ihn erinnern konnte, dann dürfte er doch auch sicher wissen, mit wem er diesen Club verlassen hatte.
„Aus eben diesem Grund sind wir hier.“, antwortete Horatio.
Der Hüne lachte bellend. „Stress haben die Beiden nicht gemacht. Das hätte ich gewusst. Dein Boss hat’s wohl nicht so gerne, wenn ihr mal ordentlich Party machen geht, was?!“ Speed schenkte ihm ein maskenhaftes Grinsen.
„Das wäre meine geringste Sorge.“
„Jungs, ihr macht mich neugierig.“, tönte der Türsteher. „Das Löckchen hier sieht aus, als würde er gleich in sich zusammenfallen, weil er Sonnenlicht nicht verträgt und Sie sind der schweigsame Superbulle mit dem Feuerschein um den Kopf, oder was?“
„Es könnte eine Menge Ärger für Sie geben, wenn Sie uns jetzt nicht endlich zu Ihrem Boss bringen. Die Zeit haben wir nämlich leider nicht gepachtet.“ In Horatios Stimme lag eine Spur von Ärger.
„Natürlich...Aber diese Story müsst ihr Jungs mir dann auch noch mal erzählen. Dafür kommt ihr das nächste Mal auch umsonst rein. Das ist doch was, oder? Fragt einfach nach Bruce.“
Bruce drehte sich um und ließ sie eintreten.
Im Inneren des „Paradizos“ war es dunkel und es roch nach Alkohol. Irgendjemand versuchte gerade die Flecken von den verschütteten Getränken vom Boden zu wischen, aber es war kein Erfolg in Sicht. An den billigen Deckenlampen hingen noch einige Luftballons, wobei ein Großteil schon zerfetzt daneben hing.
Den einzigen Blickfang bot die Bar. Sie war im Gegensatz zum Rest des Clubs sehr stilvoll und edel. Silbernes Edelstahl blitze und die samtgrüne Verkleidung gab ihr ein ungebrauchtes Aussehen. Um die Bar waren einige Barhocker verteilt, die passend bezogen waren.
„Wenn mehr Geld reinkommt, können wir uns auch mehr leisten.“, erklärte Bruce in dem Moment, als hätte er Speeds und Horatios Blicke bemerkt. „Der Boss will alles in dem Style, aber gute Einrichtung, die auch einiges aushält, ist teuer.“ Er führte sie hinter den Tresen und klopfte gegen eine niedrige Tür, die kaum zu erkennen war. Offenbar legte jemand sehr viel Wert darauf, nicht sofort gefunden zu werden.
Speed musterte seine Umgebung misstrauisch. In diesem Schuppen war er erst gewesen? Irgendwie traurig, dass es in Miami immer mehr schlechte Clubs gab.
„Herein!“ Eine leise Stimme veranlasse Bruce dazu, die Tür vorsichtig zu öffnen. Auf seinem Gesicht spiegelte sich höchste Konzentration wieder. Anscheinend wollte er bloß keinen Ärger mit seinem Boss.
„Hier sind zwei Männer vom CSI für Sie, Boss.“, rief er in den Raum, bevor er Horatio und Tim eintreten ließ.
„Ich hab niemanden bestellt, Bruce.“, antwortete eine dunkle, verrauchte Stimme. Die beiden Ermittler trauten ihren Augen nicht. In dem abgedunkelten Raum, hinter einem riesigen Schreibtisch saß die zierlichste Frau, die sie jemals gesehen hatten. Sie hatte seidige lange blonde Haare, die wie Wasserfälle über ihre Schultern flossen und die erstaunlichsten Augen, die Tim jemals gesehen hatte.
In einer Hand hielt sie eine Zigarre, in der anderen ein Glas Portwein. Schwere Cowboystiefel lagen auf dem Tisch und die Frau kippelte immer wieder mit ihrem Stuhl, um ihre Beine zu entspannen.
„Was kann ich für Sie tun?“ Geringschätzig betrachtete sie die beiden Männer und winkte Bruce ungeduldig aus dem Raum, der seinen Kopf einziehen musste, um durch die Türe zu passen. Dann erhob sie sich langsam, stellte das Glas ab und drückte die Zigarre in einem Blumentopf auf ihrem Schreibtisch aus, in dem ein Farn vor sich hin vegetierte.
„Ashley Barkley. Mir gehört dieser Schuppen hier.“ Sie reichte Horatio und Speed die Hand. „Was führt Sie zu mir? Freikarten gibt’s bei mir nicht!“
„Nun Miss..“, begann Horatio, wurde aber sofort von ihr unterbrochen.
„Nicht Miss. Ashley, bitte nur Ashley.“
„Also gut...Ashley. Wir sind hier, weil wir Ihre Hilfe brauchen. Es geht um meinen Kollegen Timothy Speedle. Er war gestern hier zu Besuch und...“
„Hat’s Ihnen gefallen?“ In Ashleys grauen Augen lag eine gefährliches Glitzern, als sie Speed taxierte.
„Ich kann mich kaum noch erinnern...“, sagte dieser mürrisch.
„Das ist ja genau das Problem. Tim hat den Abend mit einer Frau verbracht und danach festgestellt, dass ihm seine Dienstwaffe gestohlen wurde. Ihr Club ist unser erster Anhaltspunkt und wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie sich dazu bereit erklären würden, uns die Überwachungsbänder zur Verfügung zu stellen.
„Es tut mir ja Leid, aber er kann unmöglich mit seiner Waffe hier reingekommen sein. Bruce hat genau Anweisungen, was so etwas betrifft.“ Ashley blickte Horatio durchdringend an. Obwohl sie drei Köpfe kleiner war als er, imponierte sie ihm mächtig. In ihren Augen lag eine leichte Reizbarkeit, als Tim sagte: „Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der Türsteher mich durch gelassen hat. Eric hat die Ausweise vorgezeigt oder so...“
„Was nicht sonderlich legal ist.“, warf Ashley ein und lachte vergnügt. „Ich dachte schon, hier erlaubt sich niemand krumme Dinger, so wie Sie aussehen...“
Sie klopfe Horatio auf die Schulter, wobei sie sich ziemlich anstrengen musste, um an seine Schulter zu kommen.
„Sie sehen also, wir brauchen die Bänder doch.“, nahm Horatio den Faden wieder auf. „Über den Ausweis reden wir später, Freundchen!“, dachte er bei sich.
„Natürlich. Wenn ich der Miami Police so einfach einen Gefallen tun kann.“ Ashley drückte einen kleinen Knopf auf ihrem Schreibtisch und kurze Zeit später öffnete sich langsam die Tür. Bruces massiver Kopf erschien im Türrahmen.
„Was kann ich für Sie tun, Boss?“
„Bruce, hol mir bitte die Überwachungsbänder von gestern Abend. Alle. Und zack, zack...“, kommandierte Ashley. Sie ließ sich wieder auf dem Stuhl nieder und nippte an ihrem Portwein.
„Wollten Sie sonst noch etwas?“
„Nein, das war alles...für den Anfang.“, sagte Horatio und lächelte sie entwaffnend an. Diese Frau war ihm nicht ganz geheuer.
„Dann wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie draußen auf Bruce warten würden. Ich erwarte ein wichtiges Telefonat!“
„Selbstverständlich.“ Horatio tippte Speed an, der wieder gedankenverloren auf den Boden starrte und zog ihn mit nach draußen. Leise schloss er die Tür und steuerte dann einen der Barhocker an.
„Speed, reiß dich jetzt bitte zusammen.“
Tim blickte ihn kurz an. In Horatios Stimme lag ein bittender Unterton, den er fast überhört hätte, als er gedanklich wieder im Selbstmitleid ertrank.
„Ich gebe mein Bestes.“, sagte Speed schlicht.
„Dann gib mir jetzt endlich richtig die Hand drauf! Nicht so, wie vorhin im Department.“, verlangte sein Chef. Auffordernd wedelte er mit seiner Hand unter Tims Nase herum.
Seufzend schlug dieser ein.
Er würde sich jetzt am Riemen reißen!

„Ich will mich nicht immer mit Eric streiten.“, rief Calleigh genervt aus und stieß sich vom Autopsietisch ab. Nachdem sie sich so mit Eric gezofft hatte, war sie in die Pathologie gegangen, um sich etwas abzuregen.
Alexx selbst war gerade dabei, eine Leiche säuberlich zuzunähen und hörte ihr gespannt zu.
„Herzchen, warum streitet ihr euch dann alle halbe Stunde?“
Sie seufzte und strich der Leiche sanft über die Wange.
„Du machst wenigstens kein Theater, was Süßer?“ Gedankenverloren setzte sie den letzten Stich und blickte Calleigh lächelnd an. „Hast du mal mit Eric geredet?“
„Über was denn? Nach zehn Minuten endet das alles im Streit.“, grummelte Calleigh.
In letzter Zeit war sie sehr reizbar. Seit ein paar Wochen hatte Eric sie immer mehr und mehr gemieden und war ihr aus dem Weg gegangen.
Wenn sie nicht eine seiner engsten Freunde gewesen wäre, würde sie das auch überhaupt nicht stören. Aber da sie Eric Delko so ziemlich in und auswendig kannte, machte ihr das Verhalten Sorgen.
Eric und Calleigh waren schon seit der High School befreundet. Sie kamen zwar aus völlig verschiedenen familiären Situationen, aber sie hatten die gleichen Weltansichten und die gleichen Ziele. Irgendwann hatte die junge Calleigh beschlossen, sich mit dem ebenso jungen Eric zusammen zu tun um etwas gegen eine brutale Gang an der High School zu unternehmen.
Diese Gang erpresste systematisch jüngere Schüler und vertrieb Drogen. Ab und an kam es sogar vor, dass sie Schüler ziemlich heftig zurichteten, wenn diese ihre Drogen nicht zahlen konnten oder nicht das taten, was die Gang erwartete.
Innerhalb von nur einem Jahr beherrschte diese Gang fast die halbe High School.
In einer Mathematikstunde hatten Eric und Calleigh, angetrieben von der Angst um einen Mitschüler, der mit üblen Verletzungen im Krankenhaus lag, den dümmsten Plan aller Zeiten geschmiedet.
Noch heute verzogen sie beide das Gesicht, wenn sie daran dachten.
Gutgläubig und an das Gute in den Gangmitgliedern appellierend stellten sie ihnen, nach Ende des Unterrichts in einem kleinen Seitengässchen, ein Ultimatum: Entweder die Gang würde die Schüler in Ruhe lassen oder Calleigh und Eric würden zur Polizei gehen!
Noch nie in ihrem Leben war Calleigh so verprügelt worden. Die Tatsache, dass sie ein Mädchen war, hatte die Gang vollkommen kalt gelassen. Es machte eher noch den Eindruck, dass sie bei Calleigh mit Absicht feste zuschlugen und traten. Eric hatte sie beschützt so gut es ging und dank ihm kam sie mit einer riesigen Platzwunde noch gut weg. Er hatte sich zwei gebrochene Rippen und ein offenes Knie eingefangen.
Da damals niemand da war, der einen Krankenwagen rufen konnte, waren sie aufeinander gestützt ins Krankenhaus geschwankt. Calleigh stützte Eric und er hatte ihr sein Shirt um die Platzwunde gewickelt.
Ab diesem Zeitpunkt waren sie unzertrennlich.
„Nimm mir das jetzt bitte nicht übel, Liebes, aber kann es sein, dass du etwas mehr von Eric willst, als nur Freundschaft?“, mutmaßte Alexx und notierte einige Informationen zu der Leiche.
„Nein. Und das weißt du genau, Alexx! Eric und ich, das wäre wie Feuer und Wasser. Viel zu gefährlich. Bei bestem Willen...nein!“
„Worum geht es dir denn dann?“ Alexx seufzte. Irgendwie wurde sie nicht schlau aus dem Gespann Duquesne/Delko. Sie waren perfekt aufeinander eingespielt und verstanden sich blind, aber dann konnten sie sich über winzigste Kleinigkeiten streiten, die vollkommen unwichtig waren.
„Es geht mir darum, dass Eric mich aus seinem Leben ausschließt!“, empörte sich Calleigh und griff nach dem Skalpell. Gedankenverloren wog sie es in der Hand. „Ich glaube, da ist irgendetwas im Busch.“
„Ja und gleich habe ich hier noch viel mehr Blut als sonst.“, meinte Alexx trocken und nahm Calleigh behutsam das Skalpell weg. „Hat er nicht seit drei Monaten eine Freundin? Da besteht man doch auf die Privatsphäre.“
„Privatsphäre!“, schnaubte Calleigh. „Aber zumindest den Mund aufmachen kann er doch, oder?“
Sie war maßlos enttäuscht. Einerseits machte sie sich ja Sorgen aber andererseits war sie einfach traurig, dass ihr Eric nicht sagte, was mit ihm los war.
Und dann diese sinnlose Aktion mit Speed im Club. Klar, Eric ging gerne auf Parties, aber er übertrieb es nicht. Jetzt hatte er es übertrieben und Speed trug den Schaden.
„Es gibt dafür nur ein Wort, was deine Probleme löst. Und es heißt reden.“ Alexx klopfte Calleigh aufmunternd mit ihren blutverschmierten Handschuhen auf die Schulter. „Und natürlich: freundlich bleiben! Und jetzt, husch husch, meine Patienten meckern schon!“
Sanft, aber bestimmt schob sie ihre Kollegin aus der Autopsie.

„Games Games where ever I go…
No one seems to face the truth about us
No one asked about my wishes and dreams
I have to make them true for myself”

Re: CSI:Miami FF -> Tiefsee //Neu: Chapter 18

4. Kapitel:
„Wie sieht es denn mit der DNA-Analyse des roten Haares aus?“
Horatio hatte gerade die Haustüre aufgeschlossen und sein Jackett an den Kleiderhaken gehängt, als sich seine Frau zu Wort meldete.
„Kurze Frage Schatz. Meinst du das ernst?“, antwortete er müde und schlüpfte aus seinen Wildlederslippern. „Wenn ja, dann zweifele ich stark an deinem biologischen Wissen.“
„Keine schnelle Methode?“
Sam lag auf der neuen Ledercouch. Sie hatte sich in eine dünne Decke gehüllt, den Kamin angezündet und las gemütlich eine Zeitschrift. Um 16 Uhr war sie nach Hause gefahren und hatte sich um die Küche gekümmert. Horatio hatte wirklich ein kleines Chaos hinterlassen, aber es war schnell beseitigt. Sie gab es zwar nicht gerne zu, aber sie liebte es, wenn sie ihren Mann in der Küche sah. Er war zwar nicht der geborene Koch und fand sich mehr schlecht als recht zurecht, aber es gab ihr einfach ein Gefühl von Geborgenheit. Und es erinnerte sie an ihren Vater. Schon als kleines Kind hatte sie es geliebt ihm zuzusehen, wenn er etwas zu essen zauberte.
Manchmal hatte sie ihm dabei helfen dürfen und die Soße probiert. Danach war sie mit stolzgeschwellter Brust zu ihrer Mutter gelaufen und hatte verkündet, dass sie Köchin werden würde. Natürlich nur, wenn Mac auch mitkommen würde.
Jetzt stand Horatio manchmal am Herd. Das Ergebnis war immer äußerst spannend. Trotzdem machte es einfach Spaß zusammen mit ihm zu kochen. Und die Gurken schnitt er sauberer und schneller als sie.
„Samantha, ich bitte dich. Wir haben kein Vergleichsmaterial. Da nützt es uns nichts, wenn wir jetzt auf Biegen und Brechen die Analyse so schnell wie möglich machen, das weißt du doch.“ Horatio ging in die Küche, holte sich ein Weinglas aus dem Schrank und nahm den angebrochenen Wein aus dem Kühlschrank mit.
„Du siehst müde aus, Darling.“ Sam hatte das Magazin beiseite gelegt und Horatio Platz auf der Couch gemacht, so dass er sich neben sie setzen konnte. Auffordernd klopfte sie auf die Couch. Dankbar ließ sich ihr Mann neben sie gleiten und streckte die Füße von sich, während Sam die Decke über ihn legte.
„Manchmal merkt man das Alter doch.“, seufzte Horatio. Er wusste selbst, dass es ein bisschen übertrieben war, aber es war leider so, dass er manchmal ausgelaugt und ausgebrannt nach 14 Stunden Arbeit nach Hause kam. Früher hatte er das locker weggesteckt, hatte im Department geschlafen und war mit vier, fünf Stunden Schlaf prima ausgekommen. Jetzt war er froh, wenn er mit sechs Stunden klar kam.
Und dann diese Sache mit den Pagern!
Gerade in letzter Zeit hatten sie ihm kaum eine Pause gegönnt und er war nach zwei Stunden Schlaf aus seinen Träumen gerissen worden.
In solchen Momenten beneidete er seine Frau, die sich einfach umdrehen brauchte und weiterschlafen konnte, da sie Schichtbeginn erst um zehn Uhr hatte.
Sam rutschte ganz nah an ihn heran und legte ihren Kopf an seine Schulter. Kurze Zeit später schlang sie ihren Arm um Horatios Hüfte, bis sie das kalte Metall seiner Dienstmarke spürte.
„Ich liebe dich so, wie du bist Mr. Caine. Alter gehört dazu. Der Job verlangt einem doch einiges ab.“ Sam blickte ihn von unten herauf an. In Horatios Gesicht waren die Jahre nicht spurlos vorbei gegangen. Ein feines Netz aus Falten zierte die Partien um seinen Mund und die Augen. Auf der Stirn hatten sich viele Denkerfalten ausgebildet und ein harter Zug lag um den Mund ihres Mannes.
Es war nicht so, dass Horatio nie lachte, aber die ganzen schrecklichen Szenarien, die er schon erlebt hatte, hinterließen ihren Zeichen. Manchmal machte sie sich Sorgen, dass er bei all dem Leid verbitterte und die Lebensfreude verlor, aber sie wusste auch, dass Horatio viel stärker war, als sie ihn jemals einschätzen würde.
„Ach, gegen noch einmal Dreißig sein, hätte ich persönlich nichts einzuwenden.“, grinste dieser verschmitzt. Er goss sich Wein ein und ließ das üppige Bouquet auf sich wirken. Eine zarte Note von Orangen schmeichelte seiner Nase. Horatio liebte gute Weine. Vor allem, wenn sie nach fremden Ländern und Wärme rochen. Wärme hatte er zwar in Miami genug, aber es war lange her, dass er mal ein fremdes Land besucht hatte.
„Wie geht es Tim?“, durchbrach Sam seine Gedanken. „Ich hab ihn ja nicht mehr gesehen, seit dem ihr zusammen weggefahren seit.“
„Besser. Ich glaube, am meisten hadert er mit sich selbst. Die Vorwürfe, die er sich am laufenden Band macht, sind nicht zu übersehen.“
„Ich hoffe, dass diese Waffe nicht in falsche Hände geraten ist.“, murmelte Sam schläfrig. So an Horatio gekuschelt, in die Decke gehüllt, war es schön warm und gemütlich. Sie merkte, wie ihr langsam die Augen zufielen.
„Wir finden die Waffe, bevor etwas passiert.“ Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und küsste sie auf den Scheitel. „Du bist so wunderschön!“, flüsterte er.
Alles, was er als Antwort bekam, war Sams gleichmäßiger Atem, der seine Hand streifte, als er sich vorsichtig von ihr löste und sie sanft auf die Couch sinken ließ.
Horatio angelte sich ein Kissen von dem Korbsessel, der in der nähe des Couchtisches stand und setzte sich auf den Boden neben seine Frau. Von hier konnte er in aller Ruhe ihr friedliches Gesicht betrachten.
„Ich liebe dich, Samantha. Von ganzem Herzen und allem, was ich bin.“ Nur mühsam widerstand er dem Drang, sie ihm Gesicht zu berühren. „Ich werde immer für dich da sein und aufpassen, dass dir niemand Leid zufügt. Wenn du fällst, werde ich dich auffangen. Wenn du weinst, werde ich dich trösten. Wenn du Hilfe brauchst, werde ich dir helfen.“
Das war damals Horatios persönliches Eheversprechen an Sam gewesen. Er hatte es ihr nie ins Gesicht gesagt, aber immer wieder im Kopf gedacht. Der richtige Moment ihr diese Sätze zu sagen, war aus seiner Sicht nie gekommen. Doch jetzt musste er sich diese wieder in Erinnerung rufen. Sam machte sich Sorgen um Tim und Horatio merkte, dass sie ihre große Unsicherheit hinter einer perfekten Maske verbarg. Immerhin war Speed ihr bester Freund, seitdem sie vor fast schon drei Jahren nach Miami gekommen war.
Und Horatio verstand ihre Sorgen nur all zu gut. Tim Speedle war ihm sehr wichtig. Er war ein unverzichtbarer Teil in der Gruppe und ein fähiger CSI noch dazu. Seine Methoden waren eigenwillig, aber Horatio konnte sich auch nicht damit rühmen, auf „normalem“ Ermittlungsweg zu seinen Fallaufklärungen gekommen zu sein. Wenn er irgendwann einmal beim CSI aufhören würde, dann wäre Tim Speedle derjenige, der sein Nachfolger werden könnte. Umso wichtiger war es nun, Speed so viel Ärger wie möglich zu ersparen.
Horatio nahm einen großen Schluck von seinem Wein. Er spürte schon wieder jeden einzelnen Knochen in seinem Körper. Höchste Zeit ins Bett zu gehen!
Sam wollte er nicht wecken, deshalb stand er leise auf und räumte sein Glas und die Weinflasche weg. Auf seinem Weg ins Schlafzimmer schaute er noch einmal im Wohnzimmer vorbei, deckte seine Frau sorgsam zu und küsste sie auf den Mund.
„Schönste Träume, Baby!“

Eric fuhr den Wagen vor die Garage und fuhr sich müde über seine brennenden Augen. Der Tag war für seinen Geschmack eindeutig zu lange gewesen. Außerdem kam der leichte Kater hinzu, den er von der Party im „Paradizo“ hatte.
„Du hast auch gesoffen wie ein Loch!“, tadelte er sich in Gedanken selbst. Manchmal brauchte er so was einfach. Es holte ihn danach unbarmherzig in die Realität zurück und sorgte dafür, dass er wieder bereit war etwas zu leisten, weiter zu machen.
Eric schnallte sich ab, stieg aus und schloss sein Auto ab.
Irgendwie hatte er sich vor fünf Stunden noch mehr auf seinen verdienten Feierabend gefreut. Aber jetzt, direkt vor seiner Haustür, wäre er am liebsten wieder umgedreht und zurück ins Labor gefahren.
Bevor er sich wieder dazu aufraffen konnte, wurde die Tür schon aufgerissen.
„Schön, dass du da bist, Schatz!“
Meredith stand vor ihm, einen Rock an, den man nicht mal mehr als Gürtel bezeichnen konnte und ein überknappes Top. Ihre langen blonden Haare hatte sie zu zwei kunstvollen Zöpfen geflochten und an Make-up hatte sie auch nicht gespart. Er hasste es, wenn sie sich so zurecht machte. Meredith war hübsch, ohne Zweifel, aber Eric hatte das Gefühl, dass sie ihre Seele verlor, wenn sie sich so schminkte, die wahre Meredith übertünchte.
Sie gab ihm einen innigen Kuss und zog ihn ins Haus.
„Meredith, bitte. Ich bin müde.“, wehrte sich Eric halbherzig, als sie ihn an den Küchentisch zerrte und ihm ein Glas Sekt in die Hand drückte.
Sie zog eine enttäuschte Schnute und setzte sich auf seinen Schoß.
„Ich hatte mir so viel für heute Abend überlegt!“, kicherte sie übermütig.
Sanft, aber bestimmt schob Eric Meredith von sich und stand auf.
„Es tut mir wirklich Leid, aber mein Tag war furchtbar. Ich würde gerne nur noch schlafen.“, entschuldigte er sich und tappte in sein Schlafzimmer.
Seit ein paar Monaten war er nun mit Meredith zusammen und sie nahm ihn immer mehr ein. Mittlerweile hatte sie ihn sogar so weit, dass sie einen Haustürschlüssel zu seinem Haus besaß und Tag und Nacht bei ihm ein und aus gehen konnte. Das Problem lag darin, dass Eric nicht wusste, ob er das überhaupt wollte.
Selbstverständlich war Meredith sehr wichtig für ihn und er hatte das Gefühl, dass er sie auch liebte, aber es nervte ihn, dass sie rund um die Uhr bei ihm zu Hause saß. Sobald er zu Hause war, präsentierte Meredith schon ein komplettes Programm, was er noch mit ihr zu absolvieren hatte. Komischerweise ließ sie ihm keine einzige Pause. Auch auf seine Bitten, doch einmal etwas mit ihm und seinen Freunden zu unternehmen, hatte sie kaum, bis gar nicht reagiert.
„Eric!“ Meredith stand im Türrahmen, ihre Stimme klang schrill. „Ich habe mir wirklich Mühe gegeben. Willst du das alles kaputt machen?“ Anklagend starrte sie ihn an.
Ungerührt zog sich Eric bis auf seine Boxershorts aus und setzte sich auf das breite Bett.
„Meredith. Du hast jeden Tag was für mich geplant. Ich will einmal nach Hause kommen können und das tun, was mir gut tut...“
„Ach ja? Das, was ich plane, tut dir also nicht gut?“ Ihre Stimme wurde noch schriller. Gleich würde sie in Tränen ausbrechen, das wusste er.
„Das habe ich nicht gesagt, Süße. Es ist nur so, dass ich müde bin und gerne schlafen würde. Morgen muss ich auch wieder arbeiten und übernächtigt funktioniert das einfach nicht.“ Jetzt verlegte sich Eric darauf, an ihren Verstand zu appellieren.
„Wenn du meinst.“ Meredith’ Unterlippe zitterte und sie fixierte ihn wütend. „Darf ich nicht von meinem Freund verlangen, dass wir etwas zusammen unternehmen, wenn er nach Hause kommt? Wir sehen uns den ganzen Tag nicht einmal!“
„Andere Paare sehen sich manchmal tagelang nicht. Und da muss auch nicht jedes Mal, wenn sie sich sehen, so ein riesen Tamtam veranstaltet werden.“
„Oh Delko. Das war jetzt genau falsch!“ Ihm schwante Übles.
Meredith plusterte sich auf und holte tief Luft, bevor sie anfing los zu keifen.
„Du bist doch ein elendiger Macho! Ich gebe mir den ganzen Tag Mühe und bereite alles vor, telefoniere mit der halben Welt, um alles zu organisieren und du kommst nach Hause und interessierst dich einen Dreck dafür! Warum mache ich das denn alles? Weil ich mich freue, dass wir mal Zeit haben etwas zu unternehmen. Aber du...du machst ja alles kaputt. Dir ist das ja egal, dass ich mir was tolles ausgedacht hab, um dich zu überraschen...Du...duuu...“ Ihr gingen die Wörter aus und Meredith fing an zu schluchzen. Schlagartig fühlte sich Eric schuldig. Er stand auf, legte den Arm um sie und zog sie an seine Brust.
„Es tut mir Leid Baby.“, flüsterte er. „Ich...ich mach das wieder gut. Hey, nicht weinen, okay?“ Eric wusste nicht wieso, aber bei Meredith was es das erste Mal, dass er einen Beschützerinstinkt für eine Frau entwickelt hatte. Gut, es gab andere Frauen in seinem Leben, für die er sich teilweise verantwortlich fühlte, aber bei Meredith war alles anders. Sobald es ihr schlecht ging, fühlte er sich schuldig und versuchte ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Er konnte sie einfach nicht leiden sehen.
„Okay.“, schniefte Meredith. „Ist okay, Eric.”
Er drückte sie von sich und blickte sie prüfend an.
„Ehrlich!“, versicherte sie hastig und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. „Und...wenn du so darauf bestehst, dann geh jetzt schlafen. Es...es macht mir auch nicht aus.“
„Nein, ich...ich will nicht, dass du dir diese ganze Arbeit umsonst gemacht hast. Gib mir eine Minute und ich bin fertig. Dann können wir uns einen schönen Abend machen.“ Jede Faser in seinem Körper schien zu protestieren, als Eric sich wieder anzog, während Meredith ihm strahlend dabei zu sah.
Auf einmal erschien Calleighs Gesicht vor seinem inneren Auge. Sie schien ihren Mund spöttisch verzogen zu haben und grinste ihn an, wie sie es auf der High School immer getan hatte, wenn er eine seiner verrückten Ideen gehabt hatte.
„So was tust du dir an, Delko? Gerade du?“ Er glaubte, ihre Stimme direkt an seinem Ohr flüstern zu hören. „Hast du dich jemals so abhängig gemacht? Du hast es dir doch geschworen....“
Dieser verdammte Schwur!


5. Kapitel:
„Ladies? Euer DNA-Profil ist fertig.“
Sam zog das Blatt mit dem Ergebnis aus dem Drucker und warf einen neugierigen Blick drauf.
„Lady? Na, das ist doch wohl nur einer hier.“, stichelte Eric und hab Speed einen übermütigen Schubser in die Seite.
„Die Lady verpasst dem Gentleman gleich mal ein paar unsanfte Streicheleinheiten.“, knurrte die „Lady“ missmutig. Speed hatte die Nacht kaum Schlaf gefunden, aber psychisch ging es ihm schon wesentlich besser als den vergangenen Tag. Mittlerweile hatte er sogar seine optimistische Ader wieder entdeckt.
Seitdem er heute morgen in den Laboren aufgetaucht war, hatte er sich mit Eric daran gesetzt, ein Phantombild von der Frau anzufertigen. Allerdings würden sie dieses Bild nur einsetzen, wenn sich keinerlei Spuren finden ließen oder die Waffe wirklich nicht mehr auftauchte. Horatio hatte sie nämlich darauf hingewiesen, dass es durchaus möglich sei, dass die Waffe innerhalb der nächsten Tage von einem Finder abgegeben werden könnte.
„Mal so nebenbei, interessiert euch das Ergebnis noch?“, mischte sich Sam lachend ein. Schlagartig hörten Speed und Eric auf, sich gegenseitig in die Seite zu knuffen.
„Unspektakulär, aber immerhin wissen wir jetzt, dass das Haar auf deinem Hemd wirklich einer Frau gehört hat. Wenn du Glück hast, dann hat sie sogar das passende Gloss oder den passenden Lippenstift vorrätig.“
„Darf ich kurz stören?“ Calleigh stand im Türrahmen und blickte das Team fragend an.
„Natürlich. Hat jemand gesagt, dass du störst?“, fragte Speed verwirrt und warf Eric einen raschen Seitenblick zu. Dieser verdrehte die Augen.
„Zu der Substanz, die Lipgloss oder Lippenstift sein könnte, habe ich jetzt mehr Informationen. Es handelt sich eindeutig um einen roten Lippenstift von MAC. Die Farbe heißt „Russian Red“ und ist sehr beliebt bei Frauen.“
Calleigh blätterte durch ihre Unterlagen. Lippenstift war eigentlich nicht ihr Lieblingsgebiet. Zu Hause besaß sie auch ein paar, aber sie kaufte nicht gezielt nach Marke und Farbe, sondern eher nach Gefallen.
„Also, wir suchen eine große rothaarige Frau, die roten Lippenstift benutzt. Mehr haben wir noch nicht?“ Sam seufzte. „Das klingt richtig mager. Per Lippenstift kann man niemanden identifizieren.“
„Ich hab mir ja überlegt, dass ich mir die Verkaufszahlen von dem Lippenstift aus allen Geschäften vorlegen lasse, aber wer weiß, ob sie diesen Lippenstift exzessiv benutzt. Wenn sie zwei Mal im Jahr so ein Ding kauft, dann finden wir sie nicht.“
„Wie sieht’s denn eigentlich aus mit den Überwachungsbändern von dem Schuppen?“, warf Eric ein und zwinkerte der halbfertigen Phantomfrau einmal zu. „Dich krieg ich schon noch, Schätzchen!“
„Natalia war dran.“, antwortete Sam und betrachtete wieder das DNA-Profil. „Ich denke mal, dass ich sie gleich ablösen werde. Die ganze Zeit irgendwelche Leute zu betrachten kann auf die Dauer etwas ermüden. Und so kann ich meine Schicht ganz nett absitzen, ohne mich groß zu bewegen.“
Sie streckte sich und legte das Profil auf den Tisch. In letzter Zeit war sie ziemlich faul. Obwohl ihr Mann gerne joggen ging, hatte sie ihn lange nicht mehr begleitet. Sie wusste, dass er ihre Anwesenheit bei seinen Hetzjagden durch den Sand schätze, aber aufraffen konnte sie sich trotzdem nicht. Eigentlich war ihre Lieblingsbeschäftigung zur Zeit, nachdem sie sich um die Hausarbeiten gekümmert hatte, sich ein Handtuch zu schnappen, ihren Bikini anzuziehen und sich in die Sonne zu knallen. Den ersten richtigen Sonnebrand seit Wochen verbarg sie auch heute geschickt unter ihrem T-Shirt.
„Na, setzt sich schon das kleine Bäuchlein an, hm?“, grinste Calleigh und klopfte auf Sams Bauch.
„Neidisch, was? Das ist alles perfekt ausdefiniert! Muskelmasse, pur.“, protzte Sam und zog eine Schnute. Das sie nicht Miss Universe war, sagte ihr jede Woche die Waage und auch ein rascher Blick in den Spiegel. Aber wichtig war das nicht, immerhin hatte sie einen Mann, der sie liebte, auch wenn sie sich selbst nicht für perfekt befand.
„Sicherlich. Dann bin ich ja Brad Pitt.“ Speed klopfte sich auf seinen Bauch und machte das Siegeszeichen.
„Ja, mach dich nur über mich lustig. Immerhin stehe ich dazu.“
„Zu was denn?“, mischte sich jetzt auch Eric neugierig ein.
„Na, zu meinen Problemzönchen.“ Ein süffisantes Lächeln huschte über Sams Gesicht, als sie das Wort genussvoll aussprach. In letzter Zeit war das Team immer mehr zu einer Selbsthilfegruppe geworden und diese Gespräche waren das Salz in dem suppigen Alltag.
„Wo sollen denn die versteckt sein?“, unkte Tim. „Ich weiß wirklich nicht was ihr Frauen habt. Topfigur und doch immer am rummeckern.“ „Das sollte ich mir mal erlauben.“, dachte er sich und musste grinsen.
„Natalia ruft, ich spüre das. Bye bye.“ Sam winkte noch einmal in die Runde und ließ dann die Drei hinter sich, um sich auf den Weg zur Ablöse von Natalia Boa Vista zu machen.

„Schön, ich hab schon langsam Augenflimmern, von diesen ganzen Überwachungsbändern.“, sagte Natalia erfreut und stand auf. Vor den großen Monitoren, über die mehrere Videobänder parallel geschaut werden konnte, standen vier leere Starbucks-Becher. Sam schätze, dass sie schon sehr lange an den Bändern gesessen hatte.
„Schon die Frau gesichtet?“, fragte sie und tauschte mit Natalia den Platz, die sich den Nacken massierte.
„Nein, aber Speed und Eric hab ich beide schon gesehen. Die Beiden sind eifrig dabei, sich volllaufen zu lassen. Eigentlich traurig, wenn man sieht, wie sich zwei Kollegen die Kante geben.“ Sie tippte auf einen Monitor, der gerade Eric zeigte, der sich einen kleinen Schnaps genehmigte und danach zielstrebig nach dem Nächsten griff. Eine junge Frau saß neben ihm und versuchte ihn in ein Gespräch zu verwickeln, legte sich mächtig ins Zeug, soweit Sam das beurteilen konnte, aber Eric ließ sie eiskalt abblitzen.
Komisch. Hatte Eric jemals einen Flirt freiwillig ausgeschlagen?
„Wo ist denn Tim abgeblieben?“, murmelte Sam und beugte sich vor. In der Menge von tanzenden und rumhüpfenden Körpern, konnte sie ihn schlecht ausmachen. Ab und zu blitze sein Hemd auf, bevor die Kamera herumschwenkte und er aus dem Sichtfeld verschwand.
„Ich geh dann mal. Viel Erfolg.“, wünschte ihr Natalia und zog leise die Labortür hinter sich zu.
Kaum war die Tür zu, hüllte Sam die Dunkelheit ein, die nur durch das Flackern der Monitore erhellt wurde. Durch die heruntergelassenen Jalousien drang ein dünner Lichtstrahl in das Zimmer, doch der wurde von der Schwärze unbarmherzig aufgetilgt. Innerhalb von Sekunden machte sich Müdigkeit in Sam breit und sie blinzelte ein paar Mal, um sich wieder auf die Bänder konzentrieren zu können, ohne mit dem Kopf auf die Tischplatte zu sinken.
Während sie die pulsierende Menge beobachtete, die sich im Rhythmus von unhörbaren Liedern bewegte, ließ sie die vergangenen Jahre Revue passieren.
Miami war ihr neues Leben geworden. Manchmal hatte Sam das Gefühl, dass die alte Sam zusammen mit Mac in New York begraben lag, während ihre Wiedergeburt bei Horatio in Miami weilte. Aber seit einiger Zeit konnte sie diesen Fakt bedingungslos akzeptieren. Oft genug hatte sie mit Horatio über ihre gespaltenen Gefühle gesprochen und er hatte ihr zugehört und ihr durch seine Nähe Kraft gegeben.
Trotzdem waren die letzten Jahre nicht einfach gewesen. Ungern erinnerte sich Sam an den Tag, als sie soweit gewesen wäre, wieder mit Sack und Pack nach New York zu fahren:

„Verdammt, Samantha! Es reicht jetzt!“, rief Horatio genervt, während Sam dabei war, in einem riesigen Wutfall das Geschirr mit ausholenden Armbewegungen vom Tisch zu fegen.
„Du hast mir in diesem Haus definit nichts zu verbieten, Mister Caine!“, keifte sie los und starrte ihn wütend an.
„Können wir uns nicht hier auf diese Stühle setzen und vernünftig reden?“, versuchte er Sam zu beruhigen.
„Ich erzähl dir gleich mal was, über vernünftig reden.“ Sie geriet immer mehr in Rage.
Horatio und Sam standen sich wie zwei Kontrahenten gegenüber.
Seitdem er von der Arbeit nach Hause gekommen war, hatte sie unablässig patzig und eingeschnappt reagiert und jetzt war die Situation eskaliert.
Horatio wusste, dass Sam wie ein kleiner Vulkan war. Es brodelte sehr lange, dann kam es zu einem ohrenbetäubenden Ausbruch, aber es kehrte Frieden für sehr lange Zeit ein, nachdem die Wut erst Mal abgeklungen war.
Streit kam nicht sehr oft vor und wenn doch, dann ging es um den Fakt, dass Sam sich wieder über Rick Stetler aufregte, der sie unsagbar drangsalierte, seitdem sie mit Horatio verheiratet war. Zwar sahen sie sich nicht oft, aber wenn sie Ermittlungstechnisch miteinander zu tun hatten, dann flogen meist die Fetzen, wobei Stetler meistens der Überlegene war
Es waren die Kleinigkeiten, die das Fass zum Überlaufen brachten und Sam in einen rasenden Zustand versetzten.
Hinzu kam an diesem Tag, dass sie und Horatio seit ein paar Wochen einen kleinen Disput hatten, weil er wiederholt mit einer Mandantin essen gewesen war.
„Herrgott noch mal! Musst du deinen Ärger an diesem Haus auslassen?“, ärgerte sich Horatio und machte einen Schritt auf sie zu.
„Fass mich nicht an!“, fauchte Sam und wich zurück.
Ein weiterer Teller zerschellte auf dem Boden.
Gleichgültig registrierte Sam, dass ein Splitter ihr den Arm verletzte.
Sie hatte es so satt!
Rick Stetler, diese komische Mandantin, deren Mann verschwunden war und die anscheinend nichts besseres zu tun hatte, als sich an ihren Mann ran zu machen und die Wut auf sich selbst, dass sie so schnell eifersüchtig wurde, ergaben eine explosive Mischung.
„Ich sage dir doch, da war nichts! Hast du gehört? Nichts!“ Jetzt war selbst Horatio kurz davor, die Nerven zu verlieren.
„Genau. Und deswegen musstest du in zwei Wochen vier Mal mit ihr Essen gehen. Weil da nichts war!“ Sams Stimme überschlug sich, Tränen der Wut brannten in ihren Augen.
„Weißt du was? Das Beste ist, ich geh für ein paar Tage ins Hotel oder noch besser: Zurück nach New York! Dann kannst du sie ja direkt hier zu Hause zum Essen einladen!“
Das war endgültig zu viel. Horatio kniff seine Augen wütend zusammen und packte Sam hart am Arm; härter, als beabsichtigt.
„Du bleibst schön hier, Fräuleinchen!“, knurrte er und stieß sie auf einen Stuhl. Beide Hände an der Stuhllehne, machte er es ihr unmöglich, aufzustehen und wutentbrannt das Haus zu verlassen. Seine blauen Augen bohrten sich in ihre und beide fochten ein stummes Duell aus, das Horatio geradeso gewann.
„Dieser Frau geht es sehr sehr schlecht. Ich bin mit ihr essen gegangen, weil ich wollte, dass sie mal wieder ein paar schöne Stunden verbringt.“, versuchte er zu erklären.
Sam biss wütend die Zähne zusammen. Ihre Nasenflügel bebten vor Zorn und aus ihren Augen sprühten Funken.
„Hey!“ Horatio nahm ihr Gesicht in beide Hände und zwang sie, ihn direkt anzusehen. „Ich liebe dich. Und nur dich!“ Seine Lippen näherten sich den ihren.
„Ich warne dich...noch einmal, dann....“ Weiter kam Sam nicht, denn Horatio hatte ihr den Mund mit einem Kuss versiegelt.
In ihren Kuss mischte sich Sams angestaute Wut, ihre Verzweiflung und ihre Angst um Horatio. Die Heftigkeit erstaunte sogar ihn.
„Ich brauche dich, du verdammter Idiot!“, flüsterte sie und sah ihn mit ihren großen Augen an. Einige Wuttränen hingen noch in ihren Wimpern, die er liebevoll wegwischte.
„Und ich liebe dich.“
Wieder küsste er sie.
Verlangender als vorher.
Und Sam wusste genau, dass sie ihn jetzt wollte.

Re: CSI:Miami FF -> Tiefsee //Neu: Chapter 18

6. Kapitel:
„Von was träumst du denn bitte nachts?“
„Was?“, fragte Sam verwirrt. Äußerst unsanft war sie aus ihren Gedanken zurück geholt worden. Calleigh stand grinsend neben ihr, ihre Hände auf die Stuhllehne gepresst.
„Ich will’s auch eigentlich gar nicht wissen. Jedenfalls bin ich hier, um dir ein bisschen zu helfen. In der Ballistik ist das Wort „tote Hose“ zur Zeit ein stark untertriebener Ausdruck.“ Ihr Grinsen wurde noch breiter.
„Erzählt hätte ich es dir auch nicht.“, gähnte Sam und hielt sich rasch die Hand vor den Mund.
„Aber schön, dass du mir ein bisschen Gesellschaft leisten willst. Bevor ich wieder in meine Tagträume versinke.“
„Hey. Moment. Halt mal das Ding hier an.“ Calleigh deutete auf einen Monitor. Hektisch drückte Sam ein paar Knöpfe, um die Bänder irgendwie anzuhalten. Nichts passierte. Unbeirrt liefen die Bänder weiter, während Calleigh aufgeregt das Band im Auge behielt und Sam verärgert alle Knöpfe drückte. Mit mäßigem Erfolg.
„Kennst du diesen Satz: Frauen und Technik?“, murmelte sie dabei.
„Den sollten wir hierbei nicht vertiefen. Bekommen wir bestimmt gleich zu hören.“, lachte Calleigh und riss die Tür auf. „Hilfe! Frauen in Not!“
Kurze Zeit später wurde die Tür nebenan aufgerissen und Speed streckte seinen Kopf in den Flur.
„Wo brennt’s denn?“, fragte er.
„Sam bekommt die Bänder nicht gestoppt.“, berichtete Calleigh. Sie registrierte sehr genau das Grinsen, dass sich über Tims Gesicht legte, als er quälend langsam zu ihnen geschlendert kam.
„Soso. Sam kommt als mit der Technik nicht zurecht, ja?“ Er warf einen Blick auf die beiden verzweifelten Frauen.
„Entschuldigung?“, zickte Sam los. „Hier geht es zufällig um dein Entlastungsmaterial, Mister. Sollen wir jetzt die mysteriöse Lady in Red finden, die sehr wahrscheinlich deine Waffe im Handtäschen weggeschmuggelt hat, oder wollen wir noch warten, bis sie die Wumme mal austestet?“ Wütend stand sie auf, wobei der Ärger auf die Technik dabei den größten Teil ihrer Wut ausmachte.
„Hey. Keep cool, Sam!“, sagte Calleigh beruhigend und machte eine beschwichtigende Geste. Manchmal war Sam ein kleiner Hitzkopf, was aber nicht bedeutete, dass sie leicht reizbar und aggressiv war. Diese Art von „Aggression“ legte sie nur an den Tag, wenn sie sich bei einem Fall besonders reinkniete.
„Wer kniet sich hier eigentlich nicht rein?“, dachte Calleigh schmunzelnd.
Tim hatte in der Zeit die Bänder schon zum stehen gebracht. Durch einen kurzen Knopfdruck, wie Sam beschämt feststellen musste.
„Bis wohin soll ich zurückspulen?“, fragte Speed, ein flaues Gefühl der Aufregung in seinem Magen. Wenn sie Glück hatten, dann würde er in ein paar Sekunden endlich die Frau sehen, mit der er seinen Abend verbracht hatte und die wahrscheinlich auch wusste, was mit seiner Waffe vorgefallen war.
„55 Sekunden waren das ungefähr.“, sagte Sam besänftigt, während Tim schon anfing, die Bänder zurückzudrehen, mit einem eigens dafür angebrachten Rädchen, um so auf die Sekunde genau den Film anhalten zu können.
„Ja, Stopp! Das war die Sekunde.“ Calleigh deutete auf den linken unteren Bildausschnitt. Speed lockiger Haarschopf war ganz deutlich zu erkennen. In einer Hand hielt er ein großes Glas, vermutlich mit Bier, während er in der anderen eine Zigarette hatte.
„Du rauchst?“, fragten beide Ermittlerinnen verblüfft.
„Nein. Ich hab die nur gehalten.“, verteidigte sich Tim. Auf ein Kopfnicken von Calleigh startete er das Band wieder.
Kaum gesprochen, erschien neben dem Monitor-Tim eine Frau, die ihm die Zigarette aus der Hand nahm und sich sofort einen tiefen Zug gönnte. Wallendes, rotes langes Haar fiel ihr über die Schultern. Sie war etwa genauso groß wie Speed und fiel sofort durch ihren ungewöhnlichen Kleiderstil auf.
„Und jetzt...halt!“, befahl Calleigh und gehorsam wurde das Band wieder angehalten. Jetzt war die Frau direkt zu erkennen. Sie hatte ein unglaublich fein geschnittenes Gesicht und die schmalen Augen verliehen ihr etwas Katzenhaftes. Anscheinend war sie gerade dabei gewesen, Tim etwas zu erzählen, denn sie hatte ihre Arme weit von sich gestreckt, während Speed breit lachte. An ihren Armen hingen unzählige silberne Armreife und eine feingliedrige Kette zog sich von ihrem Hals bis in ihr Dekolletee. Ein weiteres Augenmerk war ihr auffälliges Lippenpiercing, was ihre Art und ihre Erscheinung allerdings nur noch mehr in Szene setzte.
„Das ist sie?“ Nur mit Mühe konnte Sam verhindern, dass ihr Kiefer mit einem lauten „Klonk“ auf den Boden aufschlug. Tims Unbekannte war zweifelsohne „unbeschreiblich“.
„Kannst du vielleicht mal den Ausschnitt von deinem Hemd vergrößern?“
„Natürlich.“ Innerhalb von Sekunden erschien Tims Oberkörper im XXL-Format auf den Bildschirmen. Calleigh stand auf, beugte sich vor und deutete auf eine Ausbuchtung in Tims Hemd.
„Die Waffe ist noch da, genauso die Frau. Wir sollten es mal eine halbe Stunde später versuchen, oder was meint ihr?“
„Als sie mich angetanzt hat, da hatte ich meine Waffe noch.“, meinte Speed und spulte eine halbe Stunde weiter vor. Er wusste nicht mehr genau, wie viel Zeit zwischen diesem Gespräch und der Aktion auf der Tanzfläche vergangen war. Woran er sich noch erinnern konnte war, dass er in der Zwischenzeit sehr sehr viel Alkohol getrunken hatte. Und da er nicht gerade wenig vertrug, musste er schon Unmengen konsumiert haben, um so betrunken gewesen zu sein, dass er sich auf die Tanzfläche wagte.
Bereits während seiner High-School-Zeiten hatte man ihn aufgezogen, weil er ein sagenhaft schlechter Tänzer war. Seine damalige Tanzpartnerin hatte unglaublich starke Nerven gehabt und Füße aus Beton. Während sie sich grazil über das Parkett bewegte, hatte Speed wie ein nasser Sack in ihrem Arm gehangen.
Sie hatte zwar immer behauptet, dass es ihr nichts ausmachte, wenn sie praktisch die Führungsposition einnahm und ihn führen musste, aber er hatte gewusst, dass sie sich manchmal einen anderen Partner wünschte. Er konnte es ihr noch nicht einmal verübeln.
Der Abschlussball war einer der schwärzesten Tage in seinem jugendlichen Leben gewesen. Seine Eltern, unheimlich stolz, dass sie ihren Sohnemann nur endlich mal im schicken Anzug erleben würden, waren vermutlich mit einem unverhofften Anfall von Blindheit geschlagen worden, während er und seine Tanzpartnerin über das Parkett pflügten. Speeds Mutter hatte es sogar fertig gebracht zu behaupten, dass er es mal weit bringen könnte, wenn er brav weiter zum Tanzkurs gehen würde. Sein Vater hatte ihn gerettet, indem er lautstark verkündete, dass er keinen zweiten Billy Elliott in Strumpfhosen zu Hause haben wollte. Als der Film Jahre später in die Kinos und dann auf Video herauskam, hatte Tim sich nicht lumpen lassen und seinem Vater ein Exemplar geschenkt. Den Blick würde er sein Leben lang nicht vergessen.
„Himmel, Speed! Was ist denn das...ein Hüftschwung?“ Calleigh riss erstaunt die Augen auf, während Sam ihr Gesicht in beiden Händen verbarg, damit ihr unkontrolliertes Lachen nicht zu sehr auffiel.
Tim betrachtete mit knallrotem Gesicht seine tapsigen Bewegungen auf der Tanzfläche. Ein paar Meter neben ihm, war Eric gerade dabei, die abgefahrensten Sachen mit seinen Armen und Beinen anzustellen. Während dieser zusammen mit einer jungen Frau wirklich den perfekten Discotänzer abgab, erschien Speed wie „klein Timmie“, bei seinem ersten Besuch in so einer Bar.
Just in dem Moment schob sich die Frau von vorhin durch die Menge und begann, Speed anzutanzen. Sie legte ihm die Hand auf die Hüfte und dirigierte seine Bewegungen, während sie ihr Haar zum Takt der Musik schüttelte.
„Na, die ging aber auch ran.“, kommentierte Sam unbeeindruckt das Geschehen, während ihr Kollege immer roter wurde und sich ganz weit weg wünschte. „Hey. Moment mal!“, rief sie dann überrascht.
Sofort stoppte Tim das Band.
„Hier. Ihre Hand. Sie schiebt gerade eindeutig dein Hemd hoch! Auf dem besten Weg zum Waffenholster.“
„Kannst du jetzt mal in Slow-Mo spielen? Mit Vergrößerung auf deinen Hosenbund und ihre Hand?“, bat Calleigh.
Kurz darauf spielte sich das weitere Geschehen in Zeitlupe ab. Die drei Ermittler konnten die Frau dabei beobachten, wie sie mit erstaunlicher Geschicktheit das Holster öffnete und die Waffe herauszog, ohne das Tim auch nur etwas davon mitbekam. Kaum hatte sie die Waffe in der Hand, was komischerweise von keinem der Menschen um sie herum bemerkt wurde, verbarg sie diese rasch in ihrer kleinen Umhängetasche, die sie über die Schulter hängen hatte. Auch hierbei reagierte Speed nicht, sondern tanzte unbeirrt weiter.
„Ab hier weiß ich leider nicht mehr, was passiert ist.“, murmelte dieser und lehnte sich nervös gegen die Wand. Hoffentlich hatte er keinen Mist verbrochen, war mit der Frau zu sich nach Hause gegangen oder so etwas in der Art.
Es kam nicht so schlimm, wie er erwartet hatte.
Während Eric mächtig abfeierte, verlegte sich Tim darauf, so viel Alkohol wie möglich innerhalb von Minuten zu trinken. Dabei wich ihm die Frau nicht von der Seite und sorgte dafür, dass der Alkohol nie ausging.
„Profimäßig abgefüllt, würde ich sagen.“
Plötzlich piepste Speeds Handy los.
„Speedle?“
„Horatio hier.“
„Was gibt’s denn so wichtiges? Wir sind gerade beim Bänder sichten und...na ja, es ergibt sich gerade Neues.“
„Tim, ich will dich jetzt nicht panisch machen, aber...“, begann Horatio. Seine Stimme klang fürsorglich und besorgt.
„Aber was?“, fragte Speed, Unheil ahnend. Sam und Calleigh warfen sich rasche Seitenblicke zu. Hoffentlich gab es keinen Ärger.
„Du wurdest auf ein Verhör geladen.“, ließ Horatio die Bombe platzen. Vor 10 Minuten hatte ihn Stetler in seinem Büro aufgesucht und ihn dies mitgeteilt. Immerhin würde nicht er das Verhör führen, sondern Frank Tripp.
„Ich...was? Wieso?“ Mühsam unterdrückte Tim die Panik, die in ihm aufkeimen wollte.
„Es geht um deine Waffe. Wir können das nicht so leicht abhandeln. Jedenfalls muss alles zu Protokoll gegeben werden, damit man dich sofort von jedem Verdacht frei sprechen kann, falls etwas passiert.“, erklärte Horatio
„Wann?“ Ein Kloß hatte sich in Speeds Hals gebildet und ließ seine Stimme kratzig erscheinen. Er hatte eine verdammte Angst! Nicht noch einmal wollte er das CSI enttäuschen, Horatio nicht enttäuschen und auch nicht seinen Arbeitsplatz räumen.
„Am Besten jetzt. Frank wartet bei mir im Büro. Ich konnte Stetler gerade noch davon abhalten, dich selbst zu verhören.“
„Vielen Dank. Das...das hätte ich nicht überlebt.“ Er hörte sich schon wieder so verdammt mutlos an. Und wie er sich dafür hasste!
„Du schaffst das! Reiß dich zusammen und zeig denen, was du kannst, klar?!“
„Ich versuch’s.“
„Du machst das!“
Horatio legte auf, bevor es zu längeren Diskussionen zwischen ihm und Speed kommen konnte.
Kaum hatte dieser sein Handy weggesteckt, starrten ihn zwei Augenpaare fragend an.
„Du bist doch nicht...?“, begann Sam.
„Nein. Ich muss zum Verhör. Wegen meiner Waffe und so. Noch bleibe ich euch erhalten.“, scherzte Speed halbherzig und öffnete dann die Tür. „Ihr schafft das hier auch ohne mich. Wenn nicht, Eric weiß auch Bescheid, wie man so ein Ding bedient.“
„Viel Glück. Wir drücken dir die Daumen.“, rief ihm Calleigh hinterher, kurz bevor die Tür zufiel.


7. Kapitel:
Das Gefühl war unbeschreiblich.
Neu und doch irgendwie alt. Allerdings störte ihn der Zusatz besonders. Der Zusatz der Ungewissheit und der Unsicherheit, die sich in seinem Herzen breit gemacht hatte, als er diesen Raum betreten hatte.
Die doppelt verglasten Sicherheitsglasschreiben, die einen großartigen Blick auf Miami boten und den Raum in ein helles Licht hüllten, erweckten trotzdem den Eindruck einer unentrinnbaren Zelle.
Vielleicht lag es an dem einfachen Stahltisch, der in der Mitte des Raumes wie eine einzige große Anklage thronte und dessen Beine fest im Boden verankert waren. Auch die beiden Stühle, die am Tisch standen, vermittelten einen einschüchternden Anblick.
Die völlige Kahlheit des Raumes ließ ihn kalt und leer erscheinen und der einzige Fixpunkt, auf den sich das verstörte Auge richten konnte, lag im Zentrum. Allerdings wurde von dem Tischgebilde jegliche Hoffnung auf Zuspruch abgeschmettert. Vielmehr schien es zu lauern, zu warten. Zu warten auf den nächsten Unglücklichen der Platznehmen musste und vielleicht sein Schicksal besiegelte.
Er zögerte, wusste nicht, wo er sich hinsetzen sollte; wartete auf einen Ton von seinem Gegenüber. Fühlte sich wie ein Verbrecher.
„Setz dich doch, Speed.“, durchbrach Frank Tripp die schwerwiegenden Stille. Er deutete auf einen der Stühle, wobei er mit Absicht jenen Stuhl anbot, auf dem der Verhörende normalerweise Platz nahm und setzte sich selbst auf dem Platz des zu Verhörenden. „Sieh mich bitte nicht so an, als würde ich dich gleich zur Todesstrafe verurteilen. Ich will dir nur helfen. Und das hier muss gemacht werden.“
„Schon klar.“ Nur widerwillig setzte sich Tim. Normalerweise bereitete ihm dieser Raum nie Probleme. Aber jetzt war er nicht derjenige, der die Fragen stellte. Verkehrte Welt.
„Am besten ist es, wenn du alle Fragen möglichst genau beantwortest und die Geschehnisse detailliert schilderst.“
Frank startete das Aufnahmegerät und schob es dann direkt vor Speed.
„Beginn der Befragung, im Bezug auf das Verschwinden einer Waffe, um 13 Uhr 15. Die Befragung wird durchgeführt von Detective Frank Tripp, der Befragte ist Detective Timothy Speedle, CSI Level 3.“
Wieder Stille. Speed wusste nicht, was er sagen sollte, starrte auf seine Finger.
„Tim, kannst du bitte den Abend ganz genau schildern? Ab dem Discobesuch, bevor ihr rein gegangen seid.“, präzisierte Frank, da er merkte, dass Speed ein bisschen am Rad drehte und neben sich stand.
Dieser fuhr sich durch seine Locken, befeuchtete seine Lippe mit der Zungenspitze und fing an zu berichten: „So um halb Zehn hatte ich mich mit Eric vorm „Paradizo“ verabredet...“

„Wie läuft es?“, fragte Sam und stellte sich neben Horatio, der im angrenzenden Raum Speed Vernehmung zuhörte. „Ach übrigens. Hier, dein Kaffe.“ Sie reichte ihm einen großen Becher, randvoll mit heißem Kaffee, dessen Duft direkt in Horatios Nase stiegt.
„Du bist die Beste!“, sagte er und küsste sie flüchtig auf die Lippen. „Und nach Kaffee schmeckst du auch noch.“, stellte er anschließend lächelnd fest.
„Ich musste mir doch auch einen Becher kaufen.“, erwiderte Sam mit Unschuldsmiene. Einen einzigen Schluck hatte sie sich genehmigt!
„Den du innerhalb von zwei Minuten geleert hast. Selbstverständlich.“, kam es ironisch zurück. „Jedenfalls läuft es ganz gut für Speed. Ich hoffe, dass es reicht. Er konnte sich ja kaum noch an alles erinnern, aber jetzt gibt er wichtige Informationen wieder, das ist hilfreich. Frank wird sich damit zufrieden geben. Was mit den Behörden ist, weiß ich nicht.“
Sam griff nach seiner Hand und lehnte sich an ihm an. Zusammen standen sie da und sahen Speed durch die verspiegelte Scheibe dabei zu, wie er den Abend schilderte.
„Er macht das super.“, sagte Sam überzeugt. „Wenn er Ärger bekommt, das halte ich nicht aus Horatio. Ich will nicht noch jemanden verlieren.“ Ihre Stimme war mit jedem Wort immer leiser geworden und ihre Miene hatte sich verdüstert. „Zuviel ist in den letzten Jahren passiert. Sehr sehr viel Gutes, aber auch unendlich viel Schlechtes. Horatio, ich hab keine Kraft mehr, um das auch noch durchzustehen.“ Er wandte seinen Kopf und blickte Sam lange in die Augen.
„Ich liebe dich.“, sagte er dann. „Und ich bin immer für dich da. Das weißt du und ich werde auch nicht zulassen, dass dir etwas passiert oder dass Speed etwas passiert. Er gehört in mein Team, du gehörst zu mir und das kann niemand, aber auch niemand ändern.“ Horatio stellte den Kaffeebecher auf den Sims und nahm seine Frau in die Arme. Sie seufzte und verbarg den Kopf an seiner Brust, während er ihr sanft durch die Haare strich.
„Ich will einfach nicht noch mal so eine Zeit durchstehen wie mit der Anorexie...“ Mit Grauen erinnerte sich Sam an dieses furchtbare halbe Jahr zurück. Während dieser Phase hatte sie Horatio geheiratet und war, dank seiner Hilfe, den Klauen der Krankheit entkommen. Bis heute war Sam der Meinung, dass die Essstörung eine Spätantwort auf den Tod ihres Vaters gewesen war, der sie heute noch in manchen Nächten verfolgte, wobei sie das kaum noch als störend empfand. In dieser Zeit hatte sie erst keinen Appetit mehr gehabt, dann mit dem Essen schreckliche Dinge assoziiert hatte, so dass ihr urplötzlich übel geworden war, bis sie am Ende nichts mehr zu sich genommen hatte, aus Angst, dass sie sich wieder übergeben musste. So hatte sich die Anorexie langsam aber sicher in eine psychische Störung gewandelt, die furchtbar an den seelischen Kräften und an dem Zusammenhalt zwischen Horatio und Sam gezehrt hatte.
„Das ist schon lange überwunden. Und du bist stärker, als du denkst, Darling.“
„Hmm...“, seufzte Sam gedankenverloren. „Ich hoffe es.“
„Na ihr zwei Hübschen?“ Unbemerkt war Alexx neben ihnen aufgetaucht und hatte sie angesprochen. „Was macht ihr hier denn so alleine?“
Alexx hatte ihre blaue Kluft, die sie sonst immer in der Pathologie trug, ausgezogen und war stattdessen im sportlichen Hosenanzug erschienen.
„Speed.“, sagte Horatio nur und deutete auf den Vernehmungsraum. „Es geht um die Waffe.“
„Ja, um was auch sonst.“ Alexx verzog ihr Gesicht und musterte Tim, der sich unbehaglich auf seinem Stuhl wand, während Frank ihn befragte. „Er kann froh sein, dass noch kein Fall dazwischen gerutscht ist. Sonst hätten wir ein kleines Problem.“
„Und selbst wenn, ich hätte auf jeden Fall zwei Leute aus dem Team an dem Fall dran gelassen. Man kann nicht von mir erwarten, dass ich Speed links liegen lasse, sobald irgendwo eine Leiche auftaucht.“ Horatios Stimme klang ungewohnt hart und angespannt. In letzter Zeit hatte er mehrmals über dieses Problem nachgedacht, was wäre, wenn sie sich plötzlich um einen Mordfall kümmern müssten.
„Das hat auch niemand von dir verlangt.“, meinte Alexx beruhigend
„Noch nicht.“, fügte Sam in Gedanken hinzu.
„Immerhin wissen wir vielleicht bald, wer die junge Frau ist. Calleigh hat Eric einen Ausdruck von ihrem Gesicht machen lassen, was wir jetzt in die Datenbank eingescannt haben. Wenn wir Glück haben, findet der Computer eine Übereinstimmung. Vorausgesetzt, sie ist vorbestraft.“, erzählte sie dann. Das war auch der ursprüngliche Grund gewesen, wieso sie sich, mit einem Kaffee bewaffnet, auf den Weg zu ihrem Mann gemacht hatte.
„Oh Wunder der Technik.“ Die Pathologin grinste. „Ich vertraue darauf. Wer einfach so Waffen klaut, der hat bestimmt Dreck am Stecken.“
„Keine Mutmaßungen.“, tadelte sie Horatio, aber um seine Augen erschienen wieder die kleinen Lachfältchen, die Sam in letzter Zeit sehr vermisst hatte.
„...warum in aller Welt seid ihr Beide da mit Waffen in den Schuppen?“, drang Franks Stimme plötzlich zu ihnen. Wie auf Kommando waren alle drei sofort still.
„Ich...also. Eric und ich sind ja direkt nach der Arbeit dahin gefahren.“, murmelte Speed und verknotete seine Finger.
„Ist jemals in eurem Leben ein Ermittler mit seiner Waffe nach Hause gegangen? Jemals?“ Tripp musste sich beherrschen, um Tim nicht anzuschreien. Er konnte es nicht glauben! Wie konnten die Beiden auf diese unglaublich dumme Idee kommen, ihre Waffen mit nach Hause zu nehmen. Die Waffen wurden bei Dienstbeginn an einem Sicherheitsschalter abgeholt und dort nach Dienstende auch wieder abgegeben. Aus genau diesem Grund: Dass die Waffe nicht gestohlen wurde.
„Das gibt jetzt nicht nur Ärger für dich, sondern auch für Eric.“, sagte Frank und blickte müde zu seinem Gegenüber, das in diesem Moment am liebsten durch das Fenster gesprungen wäre.
„Frag mich nicht, Frank. Ich weiß es nicht.“, antwortete Speed lahm. „Wir waren an diesem Tag einfach so aufgedreht. Da hat der Gedanke nicht mehr gezählt.“
„Sollte es aber. Du weißt doch genau, wie wichtig das ist.“
„Frank. Es tut mir Leid!“
„Speed. Das weiß ich, aber es reicht nicht. Ich muss dir nicht glauben, sondern der Staatsanwalt.“
Vor dem Spiegelglas hatte Alexx deprimiert den Kopf geschüttelt. „Wir müssen die Kleine ausfindig machen. Eric und Speed. Das kann das CSI niemals überstehen.“
„Könnten wir uns jetzt vielleicht einfach alle mal am Riemen reißen und diese furchtbar pessimistischen Gedanken sonst wohin befördern?“, rief Calleigh übermütig, die gerade erhitzt und mit fliegendem Haar in den Raum gestürzt kam.
„Was gibt’s?“, wollte Horatio wissen, der Cals Miene richtig gedeutet hatte. Sofort schwenkte diese triumphierend eine Mappe.
„Speeds Schätzchen! Sie hat tatsächlich ein Vorstrafenregister so lang wie die Bibel. Jetzt müssen wir sie nur noch in ihrer Wohnung aufsuchen.“
„Name?“
„Tess Juley. Lebt in Miami, Zweiundzwanzig Jahre, ledig.“
„Ja, worauf warten wir denn noch?“, rief Sam, klopfte ihrem Mann auffordernd auf die Schulter und warf Calleigh ein kurzes Grinsen zu.
„Ich komme nicht mit.“, sagte Horatio.
„Bitte...was?“ Mit im Gehen blieb Sam und starrte ihn ungläubig an. „Noch mal langsam und auf Englisch, wenn’s geht. Wieso kommst du nicht mit?“
„Jemand muss hier noch ein Hühnchen mit Eric rupfen. Ich hab doch wirklich vergessen, dass die Beiden ihr Waffen hätten abgeben müssen. Wenn wir das nicht klären, dann wird’s hier bald richtig rund gehen, dass kann ich euch versprechen. Stetler glaubt mal wieder, dass er die Fäden in der Hand hat. Calleigh und Sam, ihr macht das zu zweit. Nehmt meinen Wagen.“
Sprachs, warf ihnen den Autoschlüssel zu und verließ den Raum, Alexx im Schlepptau.
„Was war denn das, bitte schön?“
„Horatio in Aktion?“, vermutete Calleigh. „Lass uns jetzt fahren, bevor Tess ausgeflogen ist.“

Re: CSI:Miami FF -> Tiefsee //Neu: Chapter 18

8. Kapitel:
„Die wohnt ja auch im schlimmsten Teil der Stadt.“, sagte Sam, als sie zusammen mit Calleigh im Hummer saß und gen Osten fuhr.
„Ich weiß, man soll so etwas nie pauschalisieren, aber das erklärt vermutlich auch die Länge des Vorstrafenregisters.“ Calleigh setzte den Blinker und zog auf die linke Fahrspur, vorbei an einem alten Mann in seinem Opel Corsa. „Es hat sich ja viel zu oft bewahrheitet, dass die Jugendlichen und Kinder aus den Vorstädten geringe Chancen haben, ihrem kriminellen Umfeld zu entkommen.“
„Wem sagst du das. In New York war das auch nicht anders. Und die, die es geschafft haben, haben enorme Probleme damit, sich von ihrer Vergangenheit nicht einholen zu lassen.“ Sam erinnerte sich nur zu gut an eine Arbeitskollegin im Café, wo sie nach Macs Tod gekellnert hatte. Ihre Familie war aus Ghana nach New York geflohen und direkt ein die Vorstadt abgeschoben worden. Um Marisa herum hatte der Drogenhandel, Prostitution und nackte Gewalt geherrscht. Auf ihre Stelle als Kellnerin war sie unheimlich stolz gewesen und trotzdem hatte sie Tag und Nacht Angst gehabt, dass ihre Familie sie finden würde.
„Sie wollen mich zurück, Sam. Und wenn sie mich finden, dann ist Rücksicht ein vergessenes Wort.“
Damals hatte Sam das nicht verstanden, war zu sehr auf sich selbst und die Trauer fixiert gewesen, aber jetzt...jetzt wäre sie gerne zu Marisa gegangen und hätte ihr Hilfe versprochen.
„Hey hallo? Ist heute Tag der tollen Raser, oder was?“, schimpfte Calleigh in diesem Moment los und haute auf die Hupe des Hummers.
„Was ist denn los?“ Sam unterbrach ihr Studium von Tess Akte und blickte sich neugierig um.
„Ja, irgend so ein überkandidelter Raser hat gemeint, er müsste uns mal eben die Kurve schneiden. Hat der nicht gesehen, dass unser Auto definitiv größer ist?! Das nächste Mal klebt der doch an unserer Kühlerhaube mit seinem kleinen Spielzeugflitzer.“, regte sich Calleigh weiter auf.
„Ein Kratzer an Horatios Auto. Das wäre auch gefährlich.“, lachte Sam. „Der Wagen ist ihm schon fast heilig.“
„Fast? Na, dann lass dir mal von Speed oder Eric ein paar Horrorgeschichten erzählen. Das war alles noch vor deiner Zeit.“
„Lieber nicht. Am Ende traue ich mich gar nicht mehr hier rein.“
Calleigh verzog nur spöttisch ihre Lippen, dann bog sie links ab.
„Wir dürften jetzt auch gleich da sein.“
„Hm ja, da vorne.“ Sam zeigte auf ein heruntergekommenes Mehrfamilienhaus, das so aussah, als würde es jeden Moment zusammenbrechen. „Nett.“
„Da überlegt man sich doch direkt mal, ob man nicht umziehen will.“, murmelte Cal sarkastisch. „Mensch, deine Laune heute ist ja grandios.“, dachte sie bei sich. „Wenn du nicht bald mal mit Eric sprichst, wirst du noch zu einem geistigen Unfall.“
Nachdem sie mit dem riesigen Hummer direkt vor der Einfahrt gehalten hatte und die ersten neugierigen Blicke hinter Gardinen registriert hatte, stieg sie aus. Sam folgte ihr.
Auch auf den zweiten Blick war das Haus ein hässlicher Anblick. Teilweise fehlten die Fensterscheiben und die Gardinen wehten durch die offenen Fensterfragmente nach draußen.
Der ehemalige Rasen vor dem Haus war übersät mit Müll und Teilen von Mobiliar.
Kein einziges spielendes Kind war sehen, lediglich ein alter Mann mühte sich auf dem Nachbargrundstück mit einer großen Mülltonne ab.
„Warten Sie, ich helfe Ihnen.“, rief Sam und rannte zu ihm, während Calleigh sich auf den Weg zur Haustüre macht, um dort auf Sam zu warten. Der Mann starrte Sam aus misstrauischen Augen an.
„Was wollen Sie?“, fragte er vorsichtig und trat sicherheitshalber einen Schritt zurück.
„Ihnen bei der Mülltonne helfen, wenn Sie erlauben.“, erwiderte Sam freundlich. Dieser Satz zauberte ein leises Lächeln auf das verhärmte Gesicht des Alten.
„Sie sind nicht von hier, oder Fräulein?“, fragte er dann leise, während er von der Mülltonne abließ und Sam sie sich griff.
„Nein, nicht ganz.“
„Das merkt man. Ihr Verhalten ist ganz anders als das der Leute hier.“ Ein bitterer Zug erschien um seinen Mund. Er wusste, wovon er sprach. „Ich wohne schon immer hier.“, erzählte der Mann, während Sam die Mülltonne langsam um das Haus schob. „Und habe miterlebt, wie es mit dieser Gegend immer mehr bergab ging. Die Leute kommen und gehen, doch die vermaledeite Kriminalität bleibt. Sie sind die Erste, dir mir jemals Hilfe angeboten hat, dabei kennt mich hier Jeder.“ Wieder verdüsterte sich seine Miene.
Krachend stellte Sam die schwere Tonne ab und zog dann Tess Foto aus ihrer Hosentasche. „Eine kurze Frage: Kennen Sie diese Frau?“
Der Alte nahm ihr das Foto vorsichtig aus der Hand und betrachtete es lange.
„Ja.“, sagte er schließlich langsam. „Das ist meine Enkelin Tess. Sie wohnt nebenan.“
„Sam? Kommst du endlich?“, rief da Calleigh genervt. Nicht nur, dass Sam ihre soziale Ader entdeckt hatte, jetzt musste sie auch noch ein Kaffeekränzchen mit dem alten Mann halten.
„Was wollen Sie denn von Tess?“, fragte dieser ängstlich. „Hat Sie was angestellt?“
„Das könnte man so sagen. Ich bin Samantha Caine vom CSI Miami und wir sind auch der Suche nach Tess. Wissen Sie, ob sie zur Zeit zu Hause ist?“
„Ich...nein. Sehen Sie einfach nach.“
„Vielen Dank. Uhm...es kann sein, dass wir noch Fragen an Sie haben, weil sie ja Tess’ Großvater sind. Wäre das für Sie okay, wenn...wenn wir dann zu Ihnen kommen oder Sie zu uns?“
„Ja...ja, das ließe sich einrichten.“, erwiderte der alte Mann. „Aber jetzt gehen Sie besser, denn Ihre Kollegin wartet auf Sie.“
„Auf Wiedersehen.“, sagte Sam und er schenkte ihr nur ein altes, verknittertes Lächeln, dass so aussah, als wäre es schon Jahre nicht mehr benutzt worden. Sie drehte sich um und ging zu Calleigh, die angespannt vor der Eingangstür stand.
„Schön, dass dir auch ordentlich Zeit gelassen hast.“, sagte sie säuerlich.
„Entschuldigung. Aber ich habe eben mit Tess’ Großvater gesprochen. Ist das Rechtfertigung genug?“, konterte Sam. „Was? Na, dann sei dir noch einmal verziehen. Aber jetzt lass uns lieber mal reingehen.”
Calleigh öffnete die unverschlossene Türe, die einen engen, mit Graffiti besprühten Flur führte und von dem verschiedene Wohnungstüren abzweigten. Es stank erbärmlich nach Müll und Urin, so dass sich Sam den Ärmel ihres Shirts unter die Nase presste. Ein alter Kinderwagen stand in der hintersten Ecke des Flures. Jemand hatte darin alte Tüten, samt Inhalt platziert und den Müll nicht nach draußen gebracht.
„Wie kann man sich nur so vernachlässigen?“, murmelte Calleigh zwischen zusammengebissenen Zähnen.
„Wenn du auch so leben würdest, dann wüsstest du vermutlich die Antwort.“ Sam blickte auf verschiedenste Namensschilder, die an den Türen angebracht worden waren. „Hier im Erdgeschoss wohnt keine Tess Juley.“
Gemeinsam suchten sie den ersten und auch den zweiten Stock ab, bevor sie im dritten Stockwerk fündig wurden.
„Tess Juley.“, las Calleigh vor. „Na, wenn sie das nicht ist, dann will ich nicht mehr Calleigh heißen.“
„Ui, da hat jemand hoch gepokert.“, grinste Sam, bevor sie an der Tür klopfte. „Tess Juley? Hier ist das CSI Miami. Wir würden Sie gerne sprechen.“
„Ich möchte wissen, warum wir nicht sofort einen Haftbefehl bekommen haben.“
„Weil der Richter sich quergestellt hat. Horatio und er haben noch ein Hühnchen miteinander zu rupfen. Da lässt er ihn halt mal gehörig auflaufen.“
„Davon hat er mir gar nichts erzählt...“, murmelte Sam.
„Tess? Sind Sie da?“, rief Calleigh laut und klopfte etwas länger an die Tür.
Keine Reaktion.
„Wir machen auch Ihre hübsche Tür kaputt, wenn sein muss.“
„Oder auch nicht. Drücken wir lieber erst einmal die Klinke.“, meinte Sam und griff danach. Die Tür ließ sich problemlos öffnen.
„Waffen.“, flüsterte Calleigh nur, bevor sie vor Sam die Wohnung betrat, ihre Waffe im Anschlag. Sam zog ihre kleine Beretta und folgte Cal.
Die Wohnung war ein einziges Chaos. Jemand hatte sie von oben bis unten durchgewühlt und alles auf den Kopf gestellt. Klamotten lagen überall verstreut, Möbel waren umgeworfen worden und die Matratze, die als Bett gedient hatte, war aufgeschlitzt worden. Die Füllung war im gesamten Wohnbereich verteilt. Sogar in der winzigen Toilette lag das Material.
Die Wohnung bestand aus einem Raum plus Küche und Bad. Die kaputten Fenster waren mit Pappe überklebt worden und die nicht vorhandene Tür zum Toilettenbereich war durch einen Vorhang ersetzt worden.
Auch die Küche hatte irgendwann einmal bessere Zeiten erlebt. Unabgewaschenes Geschirr stapelte sich in der kleinen Spüle und ein Blick in den Kühlschrank verriet, dass Tess offenbar kaum etwas zum Essen gehabt hatte.
„So wie das aussieht, ist sie schon länger nicht mehr hier gewesen.“ Calleigh streifte sich ein Paar Handschuhe über und hob mit spitzen Fingern einen dreckigen Schlafsack hoch. „Ich würde nur zu gerne wissen, ob sie diese Schweinerei hier veranstaltet hat, oder ob das passiert ist, nachdem sie die Wohnung verlassen hat.“
„Dem Schimmelstadium dieser Makkaroni nach zu urteilen, ist Tess seit drei oder vier Tagen nicht mehr hier gewesen, was bedeutet, dass sie nach dem Diskobesuch und dem Diebstahl der Waffe nicht mehr hier war. Aber warum? Warum hinterlässt sie so ein Chaos in ihrer Wohnung?“
„Sollte die Frage nicht sein, ob sie wirklich ihre Wohnung in eine Müllhalde verwandelt hat, oder ob das jemand anderes für sie erledigt hat.“, warf Calleigh ein und inspizierte weiterhin das verwüstete Wohn- und Schlafzimmer.
Die Wände der Wohnung waren so dünn, dass sie sich ohne Probleme mit Sam, die sich in der Küche befand, unterhalten konnte, ohne dass sie herumschreien mussten.
„Informatives finde ich hier auch nicht. Falls ihre Wohnung durchsucht worden ist, dass ist die Chance auch gering, dass es noch hier ist. Die Unordnung deutet ja auf eine ausgiebige Wühlaktion hin.“
„Ja, die Küche ist auch nicht viel besser. Außer vielleicht, dass hier kaum etwas zerstört worden ist. Obwohl man Porzellan so gut zerdeppern kann.“ „Und du selbst bist vor allem sehr gut darin.“, dachte sich Sam und verzog spöttisch den Mund.

„Speed, Eric? Kann ich euch kurz sprechen?“ Horatio erschien im Türrahmen des Aufenthaltsraumes, wo sich Tim und Eric gerade ausgetauscht hatten. Speed war nach der Vernehmung wieder unglaublich nervös und hibbelig, so dass Eric sich seinen besten Freund mal beiseite genommen hatte.
„So geht das nicht weiter mit dir, Kumpel.“, hatte er gesagt und Speed in den Gemeinschaftsraum geschleift. „Du rennst hier rum wie ein Nervenbündel und ich hab langsam Angst, dass du jeden Moment entweder tot umfällst oder mit einer Pipette Amok läufst.“
Er hatte Tim erst einmal eine ordentliche Gardinenpredigt gehalten, wo er ihm klar sagte, was er davon hielt, dass er sich so gehen und die fehlende Waffe seine Gefühle beeinflussen ließ.
„Es ist wie eine Sucht.“, war die zerknirschte Antwort. „Das Gefühl holt mich einfach immer wieder ein. Teilweise geht’s mir gut und dann geht’s mir wieder so scheiße. Ich weiß doch, dass ich total überzogen reagiere, aber der Job ist mir wichtig und ich will ihn nicht wegen so was verlieren. Nicht wegen einer Waffe!“
Danach hatten sie geschwiegen, bis Eric begonnen hatte etwas über Wahrscheinlichkeit und Zufälle zu faseln.
Jetzt sahen Beide überrascht auf und nur Speed schwante Übles.
„Ja klar, kein Problem. Um was geht’s denn?“, fragte Eric und stand vom Sofa auf. Tim blieb sitzen.
Er wusste es.
Die Sache mit der Waffenabgabe. Er wollte nicht, dass Eric jetzt auch nicht mit in die Misere rein gezogen wurde.
„In meinem Büro. Jetzt, wenn das geht.“ Horatios Stimme duldete keinen Widerspruch, so dass sich auch Speed erheben musste.
Ihr Vorgesetzter legte ein gehöriges Tempo vor, so dass sich Eric und Tim beeilen mussten, um mit ihm Schritt zu halten. Sie kamen sich vor, wie das Todeskommando, als sie im Eilschritt die Flure entlang flitzten und sich die entgegenkommenden Mitarbeiter an die Wände pressten, um nicht überrollt zu werden oder Horatios grimmiger Miene im Weg zu stehen.
Kaum hatten sie das Büro erreicht und waren eingetreten, schloss Horatio die Tür, setzte sich auf seine Schreibtischkante, die Sonnenbrille in der Hand und blickte seine Mitarbeiter lange schweigend an.
„Warum?“, begann er unvermittelt.
Speed schloss die Augen.
Er hatte es gewusst.
Eric nicht, denn dieser machte nun Anstalten zu antworten,
„Was warum?“, fragte er und starrte Horatio verblüfft an. „Hab...hab ich was falsch gemacht?“
„Oh nein, ganz und gar nicht.“ Die Stimme des Lieutenant klang sanft. Gefährlich sanft. „Der Fehler ist nur maßgebend an Speeds Problemen beteiligt. Kaum der Rede wert, wenn ihr mich fragt.“
„Was...“, begann Eric, wurde jedoch von Speed unterbrochen, der dem Ratespiel ein Ende bereiten wollte.
„Die Waffe, Eric. Wir...wir haben vergessen zu abzugeben.“
Erkennen spiegelte sich in Delkos dunklen Augen wieder.
„Das ist alles nur ein böser Traum!“, stöhnte er und schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. „Horatio?“
Der Angesprochene hatte seinen Kopf schiefgelegt und sah die beiden Männer unverwandt an, ohne einen Ton von sich zu geben, bis... „Ihr habt ein großes Problem. Beide!“
„Ich kann das erklären.“, sagte Eric.
„Das hoffe ich.“, knurrte Horatio übellaunig und setzte sich hinter seinen Schreibtisch, den Blick nicht von Delko lassend, der sich unbehaglich nach Speed umsah.
„Nach meinem Dienstschluss bin ich direkt zu den Spinden gegangen, um mich umzuziehen. Als ich ankam, saß Speed da und ich hab ihn dazu überredet, mit mir wegzugehen. Eigentlich wollte er sich noch komplett neu einkleiden, aber davon hab ich ihn auch abgehalten. Stattdessen haben wir unsere Wertsachen und Jacken mitgenommen und sind sofort losgezogen. Die..äh..Waffen haben wir wohl...vergessen.“
„Vergessen!“, schnappte Horatio. „Vergessen! Soll ich das dem Richter sagen, wenn ich gefragt werde, warum zwei meiner Mitarbeiter in ihrer Freizeit mit den Dienstwaffen in Miami rumrennen. Was meint ihr, wie groß stehen eure Chancen, dass er „Vergessen“ akzeptiert?“ Seine Augen glitzerten gefährlich, doch die Stimme blieb unverwandt sanft und leise. „Wie alt seid ihr eigentlich? Ihr riskiert hier euren Job und ich kann nicht auf zwei fähige Mitarbeiter verzichten, die sich leider selbst ins Knie geschossen haben, weil sie ihre Waffen vergessen haben.“
Eric und Speed blickten betreten auf den Boden. Ein winziges Fünkchen Widerstand regte sich in Eric.
„Trotzdem: Warum wird denn da so ein riesen Theater darum veranstaltet? Das hätte doch wirklich jedem hier passieren können, oder etwa nicht? Klar, es ist wirklich schlimm, dass ausgerechnet an diesem Tag auch noch eine Verrückte auf der Suche nach einer Waffe ist, aber man kann alles dramatisieren. Ein blöder Zufall.“, tat er die Sache mit einer Handbewegung an. „Was hast du gesagt Delektorsky? Bist du von allen guten Geistern verlassen?“, dachte er Sekunden später reuevoll. Der Lieutenant richtete sich auf, das rote Haar stand wie unter Strom und seine Augen sprühten Funken, als er Eric mit Blicken an der Wand festnagelte.
„Ich hoffe sehr, dass du das eben nur aus Reflex gesagt hast, Eric. Bis jetzt habe ich eigentlich immer gedacht, dass du über einen gesunden Menschenverstand verfügst, der offenbar für ein paar Sekunden ausgeschaltet war. Genau wie vor ein paar Tagen!“
„Horatio...Eric und ich, wir äh...wie gesagt, keiner von uns beiden weiß noch, warum wir diese verdammten Waffen mitgenommen haben. Auch wenn du uns jetzt eine halbe Stunde in die Mangel nimmst, wir werden trotzdem nicht drauf kommen. Und dich anlügen will ich auch nicht.“, sagte Speed abgeklärt. Obwohl er zu gerne eine vernünftige Erklärung gehabt hätte, wusste er, dass es so nichts brachte. Klar, Caine war stinksauer, weil er sein Team nicht wegen eines Anfängerfehlers dezimiert sehen wollte, aber so kamen sie auch auf keinen grünen Zweig.
„Na, das ist doch immerhin schon etwas.“, meinte Horatio zynisch. „Ich werde sehen, wie ich euch aus der Sache rausboxen kann, aber es wird hart werden. Ihr könnt nur hoffen, dass die ganze Geschichte glimpflich ausgeht.“ Er presste die Fingerspitzen aneinander und seufzte.
„Und jetzt will ich, dass ihr eure Arbeit besser macht als je zuvor. Ist das klar?“
„Ja.“, antworteten seine Mitarbeiter wie aus einem Mund.
„Gut. Dann könnt ihr jetzt gehen.“
Das „Zu gütig!“ verkniff sich Eric im letzten Moment.


9. Kapitel:
Er musste wohl in seinem Sessel eingeschlafen sein, denn ein leises Klopfen an der Tür holte ihn wieder in die Realität zurück.
„Ja?“
Calleigh erschien kurze Zeit später im Türrahmen. Ihr Gesicht wirkte angespannt und nicht sehr zufrieden. Nicht so, wie es sich Horatio erhofft hatte.
„Tess Juley ist verschwunden. Die Wohnung sieht aus wie ein Schlachtfeld und ist seit einigen Tagen nicht mehr bewohnt worden.“ „Das hat uns gerade noch gefehlt.“, murmelte Horatio. „Habt ihr wenigstens was gefunden?“
„Nur eine Haarbürste von Tess. Ich hab sie direkt an Speed weitergegeben, damit er einen Vergleich mit dem Haar machen kann, was wir auf seinem Hemd gefunden haben. Wir sind uns zwar sicher, dass Tess die Waffe gestohlen hat, aber einen Abgleich wegen der Spuren in der Wohnung brauchen wie trotzdem. Und Sam hat Tess’ Großvater ausfindig gemacht. Er wohnt direkt nebenan. Wir sollten ihn zu Vernehmung laden...“
„Ja...ja, auf jeden Fall.“, antwortete Horatio zerstreut und blickte nachdenklich an die Wand. „Ist Sam noch da?“
„Nein, sie ist schon nach Hause gefahren. Hat wieder zwei Überstunden geschoben, obwohl sie nur noch Teilzeit arbeitet.“ Calleigh schüttelte ihren Kopf. Sam war wirklich ein echtes Arbeitstier. Warum sie nicht wieder Vollzeit arbeiten wollte, war ihr ein Rätsel. „Sonst noch etwas?“
„Nein. Jetzt sollten wir allerdings den Großvater so schnell wie möglich hier her bekommen. Ach ja, zwei von euch müssen sich noch mal im „Paradizo“ umsehen. Mir will das nicht in den Kopf, dass einfach so zwei Männer mit Waffen eingelassen werden.“
Calleigh nickte knapp und machte sich auf den Weg zur Tür. Bevor sie diese öffnete, besann sie sich und drehte sich wieder zu Horatio um.
„Ich soll dir noch von deiner Frau sagen, dass du Emily in einer Stunde am Flughafen in Miami abholen sollst. Wenn du dich nicht in der Lage dazu fühlst, Emily alleine zu empfangen, dann fahr vorher noch zu Hause vorbei.“
Mit einem süffisanten grinsen auf den Lippen verließ sie das Büro, in dem Horatio gerade wie getroffen in sich zusammen sackte.
„Emily.“, formten seine Lippen lautlos.

„Miss? Ihr Flug geht gleich.“
„Entschuldigung...was?“, murmelte Emily schlaftrunken und fuhr hoch. Ihre Weste, die sie als Decke genutzt hatte, fiel auf den Boden. Rasch hob sie sie auf.
„Ihr Flug nach Miami. Er geht in 10 Minuten.“, wiederholte der ältere Herr, der ihr gegenüber im Aufenthaltsraum am Flughafen saß. „Sie wollten doch nach Miami, nicht?“ Er rückte sich seine Lesebrille zurecht und schlug die Zeitung wieder auf.
„Ja, vielen Dank.“ Emily stand auf, entknitterte ihre Bluse und griff sich ihr Gepäck. Die Taschen mit der Taucherausrüstung hatte sie schon beim Einchecken abgegeben. „Haben Sie nochmals herzlichen Dank.“, wiederholte sie.
„Keine Ursache, Miss.“, schmunzelte der Mann.
Emily warf ihrem Sitzplatz noch einen letzten prüfenden Blick zu, um sich zu vergewissern, dass sie auch nichts vergessen hatte und ging dann raschen Schrittes zur ihrem Flieger. Seit drei Stunden hatte sie schon am Flughafen auf die verspätete Maschine aus Miami gewartet und war irgendwann in düstere Tagträume versunken, in denen Horrorszenarien unter Wasser eine nicht mindere Rolle spielten.
Ihr mit Steinchen geschmückter Haarreif glitzerte, als sie die sonnenangestrahlte Gangway durchschritt und ihr Rock schwang verführerisch um ihre Beine.
Zufrieden registrierte sie bewundernde Blicke von der Gruppe Männer, die neben ihr lief.
Aufmerksamkeiten waren einfach wie Balsam für ihre verletzte Seele.
Obwohl Emily es nie zugegeben hätte, liebte sie es, sich als Prinzessin zu fühlen, der die Welt zu Füßen sag. Insbesondere die Männerwelt. Sie bot eine willkommene Abwechslung zu dem körperlich sehr anstrengenden Taucherleben, dass sie führte. Während sie tagsüber wie besessen für die Aufnahmeprüfung geübt hatte, hatte sie Nachts die Vorzüge des Männerkontaktes genossen.
Vor geraumer Zeit hatte sie sich deswegen auch mit Sam einen heftigen Streit geliefert, als sie diese bei ihrem Mann Horatio Caine in Miami besucht hatte. Auslöser war damals eine Männerbekanntschaft gewesen, die Sam am nächsten Morgen nackt in Emilys Bett auffand, als sie ihre Cousine zum Frühstück wecken wollte.

„Nur weil du jetzt unter der Haube bist und der tolle Horatio so ein Super-Mann ist, muss ich mich jetzt nicht sofort mit dem Nächstbesten verheiraten.“, giftete Emily und warf Sam böse Blicke zu, die betont ruhig an der Tür des Gästezimmers lehnte.
„Nein. Das habe ich auch nicht behauptet. Aber es wäre vielleicht hilfreich, wenn du nicht jede Nacht einen anderen Mann in deinem Bett hättest.“
„Es ist nicht jede Nacht, Samantha. Du hast ja überhaupt keine Ahnung.“
„Und du anscheinend auch nicht. Wie lange willst du denn so weiter machen? Bis sie irgendwann anfangen dir hübsche Namen zu verpassen? Dir Geld bezahlen?“ Sam erschrak vor sich selbst. So heftig hatte sie gar nicht klingen wollen, aber die Wut über Emilys Verhalten, hatte sie dazu gebracht. Das sie sogar schon Männer mit zu ihr nach Hause brachte, war die Krönung gewesen.
„Bitte was? Sehe ich wirklich so aus, als hätte ich das nötig?“, schrie Emily erbost und stemmte die Fäuste in die Hüfte. Ihre grünen Augen leuchteten gefährlich. „Du denkst also, dass ich mich wie ein billiges Flittchen benehme? Ist es das?“ Aufbrausend baute sie sich direkt vor Sam auf. Diese trat einen Schritt zurück und fixierte Emily nachdenklich.
„Nein.“, sagte sie dann langsam. „Aber ich würde sagen, dass du auf dem besten Weg bist, eins zu werden.“
Das war zuviel für Emily.
„Es reicht.“, fauchte sie ihre ältere Cousine an. „Ich gehe. So was lasse ich mir von dir nicht bieten. Horatio muss dir ja wirklich eine Gehirnwäsche verpasst und dich zum perfekten Hausmütterchen herangezüchtet haben!“
Innerhalb von 10 Minuten hatte sie ihre Sachen gepackt gehabt und war verschwunden.


„Soll ich Sie zu Ihrem Platz führen?“ Die junge Stewardess lächelte Emily freundlich an und ließ sie den Streit vergessen.
„Das wäre nett.“, antwortete sie und zeigte ihre Bordkarte vor.
„Na, da haben Sie aber einen schönen Fensterplatz abbekommen. Er liegt gleich hier vorne.“
Während Emily der Stewardess folgte, musterte sie abschätzend ihre Mitflieger. Schon immer hatte sie die Menschen kategorisiert. Es war kein Schubladendenken im gewöhnlichen Sinne, sondern eher eine Einteilung nach bestimmten Kriterien. Sie ordnete die Menschen bestimmten Gruppen zu. Die Kriterien konnten variieren. Vom Musikgeschmack bis zu der Schuhmarke war alles ausschlaggebend. Und schon immer hatte sich Emily nur mit den Menschen abgegeben, die in ihrer Lieblingskategorie waren.
Ihre Cousine Sam war die einzige Ausnahme. Sie hatte es noch nie in die Kategorie geschafft, aber irgendetwas verband Emily mit ihr. Sam hatte sie in eine der mittelmässigen Gruppen gesteckt, zusammen mit ihrem Mann, an dessen eigenwilligen Charakter sie sich nur schwer gewöhnen konnte. Aber die Beiden zusammen ergaben eine Mischung, die Emily mochte und die sie immer wieder dazu veranlasste, sie in Miami zu besuchen.
„Ihr Platz.“, sagte die Stewardess und deutete auf einen freien Sessel, direkt am Fenster. „Wenn Sie etwas brauchen, dann rufen Sie mich.“
Emily gab keine Antwort. Sie schob ihr Handgepäck auf die Ablage und quetschte sich durch die Reihe zu ihrem Platz. Hoffentlich setzte sich niemand neben sie, der nervte oder mehr Platz beanspruchte, als ihm zustand. Genießerisch ließ sie sich in ihren Sessel sinken und streckte die Beine so weit von sich weg, wie es nur ging.
Emily angelte sich ihren kleinen apfelgrünen i-Pod aus der Handtasche und steckte sich die Ohrhörer in die Ohren. In diesem Moment setzte sich ein junger Mann in ihrem Alter neben sie. Sie betrachtete ihn verstohlen unter den Wimpern durch und befand ihn für ganz annehmbar.

„I’m holding, I’m trying to catch some Stars!”


Sekundenspäter erschallten die Columbia Pirates und lenkten Emilys Aufmerksamkeit ab. Wieder ergriff sie die Müdigkeit mit unbarmherzigen Klauen und ließ sie davon treiben.

„Start up, get ready!“


Kurze Zeit später machte sich ein Grummeln bemerkbar, welches den nahen Abflug der Maschine ankündigte. Der junge Mann neben Emily schaltete sein Handy ab und steckte es zurück in seine Jeans. Anschließend kramte er sein Notebook hervor und fing wie wild an, darauf herum zu hämmern, als sei die Tastatur ein Stück Eisen, das es zu bearbeiten galt.

„It’s time to break lose”


„Kaffee? Tee? Ein kleiner Drink?” Wieder war es die junge Stewardess von vorhin, die Emilys Weg kreuzte. Sie schob einen kleinen Wagen vor sich her und lächelte unablässig, so dass Emily langsam der Verdacht kam, dass dieses Lächeln so unecht, wie Falschgeld falsch war.
Sie zog sich einen Hörer aus dem Ohr und hob kurz die Hand, damit die Stewardess auf sie aufmerksam wurde.
„Ich hätte gerne ein kleines Evian.“, zirpte Emily dann, ohne die Frage der Frau abzuwarten.
„Selbstverständlich.“ Mit einem unveränderten Lächeln reichte sie die gewünschte Flasche in Emilys Reihe und kassierte das Geld.

„Did you ever think we’ve come this far, my heart?”


Wieder versank Emily in dem Pulsieren der Musik, die sie einlullte und mental schon auf die sonnige Stimmung in Miami einstimmte. Sie freute sich auf den Strand, wo sie ihren nigelnagelneuen Bikini ausführen konnte. Laut ihrer besten Freundin war er „unglaublich sexy und ein Hauch von Nichts“. Genau Emilys Geschmack. Sie wusste selbst, dass viele ihrer Bekannten sie für zickig und oberflächlich hielten, aber das war sie nicht. Auch wenn sie auf den ersten Blick wie ein aufgestyltes Modepüppchen mit einem skurrilen Hobby wirkte, hatte sie durchaus Charakter. Doch davon wussten nicht viele Menschen.
Jemand tippte ihr auf die Schulter.
Emily öffnete ihre Augen. Es war ihr junger Sitznachbar.
„Ja?“, fragte sie. Abweisender, als es beabsichtigt war. „Mensch, Em! Reiß dich mal zusammen. Er kann auch nichts dafür, dass du so eine Flöte bist.“
„Ich...ich wollte Sie nur fragen ob Sie das stört, wenn ich hier arbeite.“, stotterte der Mann verlegen und deutete auf sein Laptop, dass er seit einer halben Stunde nun schon bearbeitete. „Sie...Sie haben jetzt mehrmals missbilligend herübergesehen und...da dachte ich...“
„Nein, ist schon okay. Ich kann ja meine Musik so laut drehen, bis mir das Trommelfell platzt.“ Die fiese Spitze konnte sich Emily trotzdem nicht verkneifen und registrierte, wie der junge Mann zusammen zuckte. „Entschuldigen Sie. Ich hatte einen schlechten Tag. Hauen Sie ruhig in die Tasten!” „Na, mit der Wortwahl hast du ja auch direkt ins Fettnäpfchen gelangt.“, dachte sie sich und verdrehte die Augen.
Glücklicherweise hatte ihr Nachbar dies nicht mitbekommen, sonst hätte er bestimmt wieder einen nervösen Anfall gehabt, sondern war wieder dabei die Tasten zu quälen, während sich Emily wieder ihrer Musik hingab.

„Eric? Kann ich dich mal kurz sprechen?“, fragte Calleigh. Sie hatte sich vor geraumer Zeit auf die Suche nach ihm gemacht und ihn endlich in einem der Labore gefunden, wo er die Probe von Tess Juley auswertete. Speed, der dies eigentlich hätte tun sollen, saß daneben und vertilgte einen Schokoriegel, hatte aber Geistesgegenwart genug, sich aus dem Labor zu verkrümeln.
„Ich bin mal kurz telefonieren.“, sagte er nur zur Entschuldigung und wedelte erklärend mit seinem Handy herum, bevor er den Raum verließ.
Bis vor zehn Minuten waren er und Eric noch einmal in dem Club gewesen, aber es hatte sich keinerlei Spuren oder Hinweise ergeben, obwohl Horatio so darauf gedrängt hatte. Der Türsteher bestätigte erneut, dass er die Beiden mit Waffen eingelassen hatte, weil Eric angeblich seinen Ausweis vorgezeigt hatte.
„Was gibt’s?“, wollte Delko wissen und verschränkte seine Arme vor der Brust.
Calleigh spürte, wie der Zorn wieder in ihr empor kroch. Als ob er nicht wüsste, was sie wollte.
„Ich finde, wir sollten mal reden, Eric.“, sagte sie fest und sah ihm bittend in die Augen. Delko wusste, dass jetzt womöglich der einzige Moment war, an dem er ihr reinen Wein einschenken konnte. Trotzdem sträubte sich alles in ihm dagegen, es ihr zu sagen. „Ich habe keine Lust mehr, mich mit dir wegen Kleinigkeiten zu...“
„Moment!“, unterbrach er sie. „Die Sache mit Speed war keine Kleinigkeit.“
„Oder auch wegen wichtigen Sachen zu streiten, nur weil du meinst, du musst deine schlechte Laune hier raushängen lassen. Kannst du nicht einfach mal sagen was los ist, verdammt noch mal? Wir reden doch sonst über alles.“
„Es gibt Sachen, über die sollte man aber nicht reden.“, erwiderte Eric ruhig.
„Ach ja?! Auch nicht mit sehr guten Freunden? Habe ich überhaupt noch ein Recht zu erfahren wie es dir geht oder ist der Sonderbonus jetzt auch gestrichen?“
„Cal, komm mal runter. Bitte.“, lenkte Eric ein. „Es ist wirklich nicht so einfach...wobei...doch, es ist einfach, aber ich spreche nicht gerne darüber. Vor allem nicht mit dir.“ Sofort wusste er, dass er das besser nicht gesagt hätte.
„Wieso besser nicht mit mir?“, fauchte Calleigh wie ein gereizter Berglöwe. „Weiß hier schon Jeder Bescheid, außer mir? Habt ihr euch alle auch gut über mich amüsiert, hm?“
„Nein! Jetzt warte. So hab ich das nicht gemeint.“
„Dann rede endlich Delko. Oder...oder ich gehe und dann war’s das!“, drohte Calleigh verzweifelt.
„Gib mir eine Minute. Eine Minute, in der du nichts..“ Er sah sie eindringlich an. „Aber auch nichts sagst, klar?“
Calleigh nickte nur und zog sich den Stuhl heran, auf dem Speed vorher gesessen hatte. Im sitzen konnte sie einfach besser zuhören.
„Vor ein paar Wochen hab’ ich doch mal erwähnt, dass ich wieder eine Freundin habe, oder?“
„Ja, hast du. Wobei ich dir die 3 Monate nicht abgenommen hab.“
„Es stimmt aber. Sie heißt Meredith und wir sind schon fast vier Monate zusammen...ich, ich hab’ nie richtig was gesagt oder erzählt, weil der richtige Moment nicht kam. Mal ehrlich, im Labor habe ich den Ruf als Gigolo doch weg. Aber diese Phase ist jetzt endgültig vorbei! Das...das weiß nur kaum jemand und ich wollte es auch nicht an die große Glocke hängen, weil mir keiner geglaubt hätte, dass ich geschafft habe, eine Beziehung zu führen, die nicht nach zwei Wochen Spaß vorbei war. Meredith und ich, wir sind glücklich.“
„Und darüber konntest du mit mir nicht reden?“, sagte Calleigh bitter. „DAS? Findest du das nicht ein bisschen zynisch? Ich habe wirklich alles erwartet. Krankheiten, große Probleme, aber nicht das.“
„Erinnerst du dich noch an unseren Schwur?“, fragte Eric. Als seine blonde Kollegin nickte sagte er schlicht: „Aus diesem Grund konnte ich es dir nicht sagen.“
Calleigh blickte ihn wortlos an.
„Und aus diesem Grund warst du so reizbar? Weil du eine glückliche Beziehung führst? Hallo Logik!“
„Die Beziehung ist glücklich. Aber...ich war so lange ungebunden und frei. Jetzt überfordert mich das alles.“, erzählte Eric. Es klang komisch, aber bisher war Calleigh die Einzige gewesen, die von seinen Problemen gewusst hatte und der er sein Herz ausschütten konnte, weil sie ihn verstand. „Allein schon der Gedanke, dass Meredith jederzeit in meine Wohnung kann.“
„Eric, du musst dich darauf einlassen.“, seufzte Calleigh. „Wenn du nicht willst, dass sie etwas ändert, dann wirt sich auch nichts ändern. So lange du dich nicht von ihr abhängig machst, schaffst du das auch.“
„Abhängig“! Genau dieses Wort hatte er vor sich her geschoben. Er war schon abhängig, aber das konnte er Calleigh einfach nicht sagen.
„Lass dich auf sie ein, aber mach sie auf keinen Fall zu einem absoluten Zentrum in deinem Leben, nach dem du dich ausrichtest.“
„Genau das mache ich aber gerade!“, stöhnte Eric innerlich geplagt auf. Er liebte Meredith, aber so konnte es einfach nicht weitergehen.
„Ja, ich wird’s versuchen. Danke Cal.“, sagte er nur und begann seine Arbeit wieder aufzunehmen. Seine Kollegin ersparte sich jegliches Kommentar und wartete nur geduldig neben ihm, bis er die Ergebnisse von dem DNA-Vergleich vorliegen hatten.
„Und?“, fragte sie gespannt.
„Treffer! Sie ist es.“

Re: CSI:Miami FF -> Tiefsee

10. Kapitel:
„Wenn ich nicht wüsste, dass du Emilys monströses Gepäck niemals in dein Auto bekommen würdest, dann wäre ich schon wieder ins Department gefahren.“, sagte Horatio nervös und blickte zu wiederholten Male auf seine Armbanduhr. Er hatte die Sache eigentlich für eine Aktion von einer halben Stunde gehalten, in der er mal eben zum Flughafen fuhr, Sams Cousine in den Wagen packte, sie zu Hause absetzte und anschließend sofort wieder zurück ins Department brauste, aber mittlerweile standen er und Sam schon seit zwei Stunden am Terminal und warteten auf den verspäteten Flieger.
„Ich rufe jetzt Speed an.“, meinte Horatio letztendlich und zog sein Handy aus der Tasche.
„Mach das. Wobei das CSI wohl kaum zusammenbrechen wird, wenn du einmal drei Stunden fehlst.“
„Es geht nicht darum, dass es nicht läuft, sondern darum, dass ich ein gewisses Maß an Verantwortungsbewusstsein an den Tag legen muss.“
„Horatio!“, rief Sam entnervt und streckte ihre Hände gen Himmel. „Es sind nur drei Stunden. In den nächsten dreißig Jahren wird so etwas nie wieder vorkommen. Also mach’ dich doch einfach locker.“
Aber sie stieß bei ihrem Mann auf taube Ohren. Verbissen wählte dieser Speeds Nummer.
„Speedle?“, meldete sich eine muffelige Stimme.
„Caine hier.“
„Was gibt’s denn?“
„Es kann noch etwas dauern am Flughafen. Ich möchte, dass du solange die Koordination übernimmst.“
„Für zwei Stunden?“ Speed klang, als würde er an Horatios Verstand zweifeln. Vielleicht war er aber auch einfach überrascht, dass Horatio ihm diese Aufgabe übertragen wollte. „Findest du nicht, dass das etwas...“
„Keine Diskussion. Wir sind da, wenn uns jemand benötigt und das rund um die Uhr. Wenn ich das nicht regeln kann, dann übernimmst du die Aufgabe eben.“
„Ja, wie du meinst.“ Tim war immer noch verwirrt.
„Danke.“, beendete sein Chef das Telefonat.
„Fühlst du dich jetzt besser?“, fragte Sam spöttisch, als er sein Handy wieder eingesteckt hatte.
„Nein.“, entgegnete Horatio. „Ich fühle mich für Miami sicherer.“

„Speed, Eric? Der Großvater von Tess Juley wartet im Besucherraum auf euch. Und Frank Tripp lässt anfragen, ob er die Fahndung jetzt herausgeben soll.“ Natalia hatte die unangenehme Eigenschaft, immer dann aufzutauchen, wenn die Beiden gerade in Arbeit vertieft waren. In diesem Fall war es das Zubereiten einer Ofenpizza, die sie sich auch beide redlich verdient hatten, nachdem sie alle zu erledigenden Arbeiten geschafft hatten.
„Frank ist doch alt genug, oder nicht?“ Eric warf dem Werk im Ofen einen letzten hungrigen Blick zu.
„Horatio wollte, dass er vorher fragt.“ Natalia zuckte mit ihren Schultern. „Frank braucht die Entscheidung jetzt.“
„Sag ihm, dass er die Fahndung rausgeben kann.“, entschied Speed, in der Hoffnung, dass es den Absichten des Lieutenant in etwa entsprach.
„Okay.“ Natalia wandte sich der Tür zu, dann drehte sie sich noch einmal um. „Der Großvater wartet immer noch!“ Sie warf eine Mappe in Erics Schoß.
„Muss sie immer so einen Stress machen?“, nuschelte Speed, nachdem Natalia den Raum verlassen hatte. „Immer dann, wenn ich mich um unser leibliches Wohl kümmern will.“
„Lass uns gehen, Alter. Es geht um deine Waffe. Oder hast du das schon verdrängt, Kumpel?“
Eric stand auf und wartete auf Speed, der sich im Schneckentempo aus seinem Stuhl hochzog.
„Sport tut Amerika gut.“, war sein Kommentar, als sie zusammen zum Besucherraum gingen, was ihm einen wütenden Blick von Tim einbrachte.
„Ich treibe Sport.“
„Ja.“, lachte Eric. „Bücher lesen und die Seitenumblättern zählt aber leider nicht dazu. Weißt du was? Irgendwann gehen wir mal wieder mit Calleigh Squash spielen.“
„Och nö.“, maulte Speed. „Das letzte Mal war schon Horror.“
„Das „letzte Mal“ ist jetzt schon Jahre her. Es wird mal wieder Zeit.“
„Ja ja.“, murmelte Tim. „Irgendwann einmal.“
In der Zwischenzeit hatten sie den Besucherraum schon erreicht, in dem ein sehr alter Mann saß, die Hände ordentlich auf dem Schoß zusammen gefaltet.
„Guten Abend, Mr. Juley.“, begann Eric freundlich, nachdem er sich dem Mann gegenüber hingesetzt hatte.
„Guten Abend.“ Tess Großvater war sichtlich angespannt und nervös. „Entschuldigen Sie, aber ich bin noch nie bei der Polizei gewesen und es macht mir alles ein bisschen Angst.“
„Das brauchen Sie nicht.“, sagte Speed, ein freundliches Lächeln auf den Lippen. „Wir haben auch nur ein paar Fragen an Sie, machen Sie sich keine Sorgen.“
„Danke. Sie sind sehr freundlich.“
„Erzählen Sie uns bitte etwas über Tess.“ Eric schlug die Mappe auf, die ihm Natalia zugeworfen hatte und besah sich den Lebenslauf der jungen Frau. „Sie hat ja groß Karriere gemacht im kriminellen Gewerbe.“
„Tess war schon immer schwierig, wissen Sie. Aber nicht auf die unangenehme Weise. Eher unangenehm für sich selbst.“, begann Mr. Juley. „Sie hat immer versucht allen zu helfen, war immer da. Ich...ich wusste, dass sie krumme Touren unternimmt, aber sie hat das nur für ihre Familie gemacht.“ Seine Stimme zitterte leicht. Die Falten in seinem Gesicht vertieften sich, als er vorsichtig ein Taschentuch aus deiner Hose zog und sich die Augen trocken tupfte.
„Manchmal kam sie zu mir, war müde, ausgelaugt. Dann sprach sie über den Tod. Einmal...einmal war sie kurz davor sich die Pulsadern aufzuschneiden.“
Speed schluckte. So hatte Tess überhaupt nicht auf ihn gewirkt.
„Ihre Eltern sind tot. Meine Tochter und ihr Mann starben an einer Überdosis Heroin. Tess hat mir ihren Tod wochenlang verschwiegen und so getan, als sei alles bestens. Irgendwann kam sie nicht mehr klar, da hat sie es mir gesagt.“
Eric schrieb eifrig mit.
„Hatte sie Geschwister?“
„Oh ja.“ Das Lachen des alten Mannes klang bitter. „Mehr als sie versorgen konnte. Sie sind zu fünft. Aber fragen Sie mich nicht, wo die Anderen abgeblieben sind. Vor einer Woche habe ich sie das letzte Mal gesehen.“
„Und Sie haben nicht die Polizei gerufen?“
„Die Polizei? Nein! Die hätten mich nur ausgelacht. Als ob man sich um uns kümmern würde. Das schlimmste Viertel, da will plötzlich niemand mehr etwas machen. Außerdem hatte Tess gesagt, dass sie in Sicherheit sind.“
„In Sicherheit?“, bohrte Speed nach. „Vor was?“
„Ich weiß nicht. Sie...sie hat nie mit mir darüber gesprochen. Aber Tess war in Schwierigkeiten. Ich glaube, sie hat ihre Geschwister versteckt.“
„Wissen Sie, wo Tess gearbeitet hat und wo ihre Geschwister sein könnten?“
„Nein.“, war die schlichte Antwort.
„Mr. Juley, eine Frage noch. Warum hat Tess eine Waffe gestohlen? Was glauben Sie?“
„Eine Waffe? Tess hasst Waffen. Mordwerkzeuge hat sie sie genannt.“ Der alte Mann blickte die Ermittler zweifelnd an. „Warum sollte Sie das tun?“
„Verraten Sie’s mir.“ Eric lächelte ihn aufmunternd an.
„Ich kenne nur einen Grund, warum sie zu einer Waffe greifen würde, beziehungsweise stehlen würde. Jemand bedroht ihre Familie.“

„So schnell sieht man sich wieder, Schätzchen! Hast du das Geld?“
„Ja...ja, hab ich.“, sagte die junge Frau tapfer.
„Gut! Ich hab’ mich schon gefragt, ob es gut war, dir noch mal vier Tage extra zu geben. Aber ich bin ja ein Menschenfreund, nicht wahr?“, lachte die vermummte Gestalt. „Du hast dich aber auch wirklich ins Zeug gelegt, um die zusätzliche Zeit zu bekommen. Warst nicht schlecht!“
Eine behandschuhte Hand schnellte vor und zog sich die Kapuze aus dem Gesicht. Kleine, funkelnde Augen betrachteten die Frau, die vor Schmutz starrte und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
„Und was für ein toller Menschenfreund.“, zischte sie hasserfüllt. „Der meine Familie bedroht und fast meine kleine Schwester erschießt.“
„Was sind denn das für Töne?“, knurrte der Mann wütend und seine Hand zuckte an seine Tasche. Die junge Frau war schneller. Innerhalb von Sekunden hatte sie eine Waffe in der Hand, die sie mit zitternden Fingern umklammerte und auf den Kopf ihres Gegenübers richtete.
„Das sind meine „Ich-steige-aus“-Töne, kapiert? Ich hab keine Lust mehr auf eure Scheiße. Ihr...ihr seid doch krank. Waffen, okay. Erschießt damit, wen ihr wollt, aber dann das. Ihr perversen Schweine! Kleine Kinder um die ganze Welt schicken, dass ist echt das Letzte.“
„Jetzt reg dich mal ab, Püppchen.“, rief der Mann und machte eine beschwichtigende Geste. „Gib mir einfach das Geld und du siehst mich nie wieder.“
„Da lach’ ich doch.“, fauchte die Frau. „Ihr legt mich eh um. Ich weiß doch Bescheid. Ich weiß genau, was ihr macht. Ihr schmuggelt Waffen und verkauft kleine Kinder an irgendwelche kranken Hirne. Kinder, die niemand vermissen wird. Und was machen sie dann da...hä? Was machen sie da? Sicher nicht putzen....“ Ihre Stimme überschlug sich, wurde lauter, wütender.
„Leg deine verdammte Knarre weg!“, brüllte der Mann außer sich. Langsam, ganz langsam tastete seine Hand sich vor. „Die hast du dir für deinen nächsten Botengang besorgt gehabt und nicht, um Leute zu erschießen.“
„Und was macht ihr?“, giftete die junge Frau. „Seid ihr besser? Habt ihr noch keine Leute erschossen?“
„Das ist was anderes...“
„Da scheiߒ ich drauf!“ Sie griff in ihre Tasche, holte ein Bündel Geld hervor. „Hier, deine Piepen! Im Gegensatz zu euch, betrüge ich nicht und wenn, dann rücke ich alles wieder grade.“ Sie warf es ihm vor die Füße. Spuckte verächtlich drauf.
Noch ein Stück...
„Finger weg da!“
Die Hand zuckte zurück.
„Ich warne dich. Noch eine Bewegung und ich drücke ab.“ Die Drohung klang mehr wie eine Bitte. Eine Bitte, dem Schrecken ein Ende zu setzen, ihr zu sagen, dass die ganze Sache nur ein einziger, grausamer Witz war. Der Mann lachte höhnisch, gewann durch ihren Tonfall wieder Oberwasser.
„Das traust du dich gar nicht, Püppchen. Denk nur mal an deine Familie.“
Sie zuckte zusammen. Ihre Familie!
„Lass die aus dem Spiel.“, stieß sie zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. „Wehe ihr tut ihnen was an.“
„Woher willst du wissen, dass es nicht in diesem Moment passiert, hm? Während du mich hier bedrohst.“
„Hör sofort auf!“, kreischte die Frau hysterisch. „Halt deinen Mund!“
Wieder lachte der Mann höhnisch.
Ein Schuss knallte.
Kurz darauf folgte ein Zweiter.
Und noch einer.
Und einer.
Und...
Stille.
„Halt bloß den Mund.“, schluchzte sie und ließ sich auf ihre Knie fallen. Ihr Oberkörper zuckte vor und zurück, wurde von Weinkrämpfen geschüttelt. Tränen tropften auf den Boden, auf ihre Klamotten, verschmierten ihr Gesicht. „Sei endlich still, du verdammtes Arschloch.“
Ihre Krämpfe ebbten ab, ließen sie ruhig werden. Sie stand auf, wischte sich die Tränen mit ihrem Ärmel aus dem Gesicht, schniefte kurz, taumelte zu dem Körper, der wie eine weggeworfenen Puppe auf dem Boden lag. Unnatürlich verdrehte Gliedmaßen, glasige Augen, eine sich ausbreitende Blutlache.
Als ihre Augen die Details zusammensetzten stieß sie einen Schrei aus, der gellend durch die beginnende Nacht fuhr. In einer ausholenden Bewegung schleuderte sie die Waffe von sich, wich stockend mehrere Schritte zurück, begriff nicht, was sie gerade getan hatte.
„Die Anderen!“, keuchte sie und besann sich. Sie wirbelte herum und floh. „Ich muss sie finden!“
Kaum dass sie außer Sicht war, schälte sich zwei Gestalten aus dem Schatten der Wände, kamen näher.
„Was jetzt, Boss?“, fragte eine tiefe Stimme.
Die zweite Gestalt, deutlich schmäler und kleiner, betrachtete die Leiche.
„Schaff’ Luke weg, bevor ihn die Bullen finden. Und such’ die Schlampe. Mach’ sie kalt, bevor sie uns verrät.“ Eine raue, zigarettengeschwängerte Stimme durchschnitt die Stille.
„Die Familie?“, wandte die tiefe Stimme ein.
„Die zuerst. Sonst singt unser Vögelchen noch und das können wir nicht brauchen. Nicht jetzt. Aber danach kümmerst du dich sofort um sie. Keine Sorge, zu den Bullen geht sie nicht. Dafür ist sie viel zu besorgt um die Anderen.“
Die kleine Gestalt verschmolz wieder mit den Schatten, hinterließ keine Spuren.
Die zweite, massige Gestalt zündete sich eine Zigarette an, zog ein paar Mal dran und steckte den Stummel anschließend ein, bevor sie sich der Leiche zuwand.

„Turn out the light
And what are you left with?
Open up my hands
And find out they're empty.
Press my face to the ground
I've gotta find a reason.
Just scratching around
For something to believe in:
Something to believe in.”



11. Kapitel:
Eine Wolke von Parfüm hüllte Sam ein, als sie ihre Cousine umarmte. Diese verpasste ihr einen Kuss auf beide Wangen, bevor sie von ihr abließ.
„Schön dich zu sehen, Sam.“, strahlte Emily.
„Ja, ganz meinerseits, Em.“, erwiderte Sam. „Du siehst gut aus.“
„Danke schön.“ Emily drehte sich präsentierend um ihre eigene Achse, erst dann bemerkte sie Horatio. „Hallo Horatio.“, zwitscherte sie sofort und drückte ihn kurz an sich.
Horatio zog überrascht beide Augenbrauen hoch.
„Hallo Emily.“, sagte er nur.
Vor zehn Minuten war Emilys Flieger gelandet und sie war in einer großen Menschentraube in die Wartehalle hereingeschwappt. Sam hatte sie sofort gesehen. Es war unmöglich Emily zu übersehen.
„Lasst uns dein Gepäck holen.“, schlug Sam vor und hakte sich bei ihrer kleineren Cousine ein, die sofort losplapperte und von dem anstrengenden Flug berichtete. Horatio trottete hinter den Beiden her und wünschte sich insgeheim an alle erdenkliche Orte, nur nicht an diesen Flughafen. Seiner Meinung nach war Emily einfach nur Aufmerksamkeitsbezogen und süchtig danach. Sie war intelligent und hübsch, aber sie schob das Hübsche vor die Intelligenz und nutzte sie nur in bestimmten Situationen. Gott sei dank war seine Sam nicht so!
„Die Taucherausrüstung hab ich in drei großen Taschen.“ Emily sprühte vor Glück und Lebensfreude. Ihre grünen Augen leuchteten und ihre Haare flogen ihr locker um den Kopf. Sam spürte eine Spur von Neid in sich aufkommen. Wann hatte sie das letzte Mal so perfekt und frisch aus dem Ei gepellt gewirkt? Vermutlich bei ihrer Hochzeit.
Jetzt war sie dreißig Jahre alt und die Hochzeit schon ewig her.
„Das ist kein Problem. Im Hummer ist genug Platz.“
„Da kommen sie auch schon.“ Emily deutete auf drei riesige Taschen, die das Förderband gerade an ihnen vorbei beförderte. Sie und Horatio griffen danach und zerrten sie auf den Boden, während Sam einen fahrbaren Untersatz für die Taschen besorgte, auf den sie nach ein paar Minuten die Taschen aufluden.
„Em, ich hab’s dir ja schon mal gesagt, aber ich sag’s dir besser noch einmal: Horatio und ich haben kaum Zeit für dich. Du musst dich also in Miami alleine vergnügen. Wenn ich abends zu Hause bin, kann ich gerne was mit dir unternehmen aber vor 15 Uhr bin ich nie da.“, sagte Sam, während sie neben Emily herlief, die die Taschen unter großer Kraftanstrengung Richtung Ausgang schob, aber zu stolz war Horatio um Hilfe zu bitten.
„Kein Problem. Ich will mich einfach nur an den Strand legen und das schöne Wetter genießen. Und beim Tauchen bin ich sowieso lieber alleine.“
„Der Hummer steht hier.“, mischte sich Horatio ein und deutete nach links, wo das riesige Ungetüm schon auf sie wartete. Es glitzerte silbrig in der Sonne und für ein paar Sekunden empfand Horatio einen gewissen Stolz.
„Wow! Und sogar eure Visitenkarte habt ihr euch drauf drucken lassen.“, staunte Emily und betrachtete das Auto ausführlich. „Das war das letzte Mal aber noch nicht so.“
„Das letzte Mal hat Sam dich auch mit ihrem Smart abgeholt.“ Horatio entlockte diese Bemerkung nur ein säuerliches Lächeln.
„Stimmt ja.“
Sam verdrehte die Augen und riss die hintere Tür auf, nachdem Horatio die Zentralverriegelung entriegelt hatte und hob mit Emily zusammen die großen Taschen in den Wagen.
„Was wiegt das denn? 200 Kilo?“, keuchte sie. Pflichtbewusst griff ihr Mann mit an und zu Dritt bugsierten sie die drei großen Koffer letztendlich auf den Rücksitz.
„Fast. Ich hab ja alles dabei. Frau kann ja nie wissen.“ Emily sprang behände zu ihren Taschen und zog die Tür zu. Sie mochte diesen großen Wagen, der mehr wie ein Panzer, als ein Auto aussah und der ihr mächtig imponierte.

„Hello again! Ich sag einfach nur hell...“
„Spart euch die Sprüche.“, unterbrach Horatio seine zwei Mitarbeiter, die fröhlich ein Liedchen angestimmt hatten, als er das Labor betreten hatte.
„Hört sich ja sehr gut gelaunt an.“, stellte Eric grinsend fest.
„Oh ja. Wenn ihr das erste Mal in eurem Leben zweieinhalb Stunden am Flughafen verbracht habt, um auf die Cousine eurer Frau zu warten und anschließend im Auto das Ohr abgekaut bekommt, dann wisst ihr, wovon ich spreche und warum meine Laune leider nicht über den Nullpunkt gekommen ist.“
Speed verzog abschätzig den Mund.
„So weit ist’s bei mir noch nie gekommen.“
„Stimmt.“, kommentierte Eric. „Deine letzte Freundin, wie hieß sie noch gleich...Sandra?“
„Simone.“, korrigierte sein Freund verärgert. „Du weißt genau, dass sie Simone hieß.“
„Sie hat’s ja auch nicht lange bei dir ausgehalten, Kumpel.“
„Das willst ausgerechnet du mir erzählen?“ Speed drehte sich um und zeigte Eric einen Vogel.
„Meine Herren!“ Horatio sah die zwei strafend an. „Für solche Späßchen ist nach der Arbeit auch noch Zeit.“
„Na eben nicht. Delko haut ja immer gleich ab.“, beklagte sich Tim.
„Ich hab vielleicht noch zu tun.“ Eric zuckte mit den Schultern. „Das kann nicht warten.“
„Wollt ihr jetzt weiter diskutieren bis einer von euch tot umfällt oder ist euch etwas daran gelegen die Waffe wieder zu beschaffen?“ Eine leichte Drohung schwang in der Frage mit. „Noch einmal frage ich nicht mehr!“
„Ich wähle Letzteres.“, antwortete Speed, um Horatio nicht vollends zum kochen zu bringen.
„Dürfte ich kurz stören?“
Rick Stetler klopfte gegen den Rahmen des Labors.
„Nein!“, dachten sich alle drei Ermittler.
„Es dauert nicht lange...Horatio?“ Für den Angesprochenen eine Spur zu Selbstgefällig kam Stetler in den Raum stolziert und bedeutete ihm zu folgen.
„Was kann ich für Sie tun, Rick?“, fragte der Lieutenant sofort, nachdem er mit dem Sergeant den Raum verlassen hatte und außer Hörweite seiner beiden Mitarbeiter war.
„Es gibt da ein...ich würde sagen, kleines Problem mit zwei ihrer Mitarbeiter. Und es betrifft erstens den Amtmissbrauch, bei dem sich ein Ermittler unerlaubt Zutritt zu einer Diskothek verschafft hat und zwar durch Vorzeigen seines Dienstausweises. Und zweitens betrifft es die fahrlässige Handhabung der Dienstwaffen.“ Genüsslich zählte Stetler die ganze Liste auf, als hätte er eine Delikatess-Speisekarte vor sich liegen.
„Es freut mich ungemein, dass Sie sich so für die Arbeit des CSI interessieren und uns auch zweifelsohne unterstützen wollen, aber das ist nicht nötig. Frank Tripp kümmert sich um diese Probleme.“ Horatio stützte sich mit einer Hand an der Glaswand des Labors ab, die andere schob er lässig an seine Dienstmarke.
„Wissen Sie, Zeiten kommen und gehen. Und manchmal können Polizeibeamte nicht alle Versprechen halten. Vor allem nicht, wenn es darum geht, dass sie befreundeten Ermittlern auf nicht ganz legalen Wegen aus der Patsche helfen wollen.“
„Wenn Sie mir drohen wollen, Rick, dann sollten Sie das auf eine andere Art und Weise versuchen. Da Sie ja auf Frank anspielen, kann ich Ihnen sagen: Frank begeht nichts Unrechtes, um mir und dieser Einheit hier zu helfen.“
„Seien Sie sich da nicht so sicher. Ich möchte Ihnen keine Unwissenheit über die Behördengänge und deren Spielregeln unterstellen, aber ihre „Rambo“-Nummer ist dort noch nicht Gang und Gebe.“
Horatio legte seinen Kopf schief und blickte Stetler mit unergründbarer Miene an.
„Ich versichere Ihnen, davon weiß ich genug. Und für Rambo-Spielchen bin ich etwas zu alt.“
„Meinen Sie...“, begann der Sergeant, doch Horatio schnitt ihm das Wort ab. Seine Worte waren langsam und in äußerst freundlichem Tonfall gewählt. Fast so, als würde er mit einem störrischen Kind sprechen.
„Diese Unterredung sollte ab diesem Punkt nicht mehr fortgeführt werden. Auf Wiedersehen, Rick. War nett, sich mal wieder eingehend mit Ihnen über unser Rechtssystem ausgetauscht zu haben.“
„Ganz meinerseits, Horatio. Für eventuelle Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.“
„Ganz sicher nicht!“
„Verlaufen Sie sich nicht!“, murmelte Horatio. Er wusste genau, dass der Sergeant jede Chance nutze, eine schwache Stelle beim CSI zu finden, die er sich zu nutze machen konnte, um gegen Horatio und sein Team zu intrigieren. Stetler hörte ihn nicht mehr, sondern war schon um die nächste Ecke verschwunden.
„Was wollte denn die alte Giftspritze?“, fragte Speed neugierig, als sein Chef wieder im Labor erschien.
„Es ging um euch.“, war die lapidare Antwort. Ohne jede Gemütsregung betrachtete Horatio seine Mitarbeiter. Innerlich hätte er am liebsten Rick zerfetzt. Was fiel ihm eigentlich ein?
„Oh, Stetler macht sich wohl Sorgen.“ Erics Stimme klang eine Spur zu höhnisch. Er versuchte seine Unsicherheit zu übertünchen, da er genau wusste, dass Stetler dem CSI-Team schon des öfteren gefährlich geworden war.
„Hat Frank sich eigentlich schon gemeldet? Wegen der Fahndung.“ Fast hätte Horatio es vergessen, aber es war ihm immerhin noch im Department eingefallen und nicht auf seinem nach Hause Weg.
„Ich...vorhin war Natalia da und...also, ich hab ihr gesagt, dass Frank die Fahndung rausgeben soll.“ Speed blickte seinen Chef nervös an. Hoffentlich hatte er die richtige Entscheidung getroffen. „War das so, wie du es wolltest?“
„Hat es sich richtig angefühlt, als du die Fahndung in Auftrag gegeben hast?“
Tim stutzte und überlegte einen Moment.
„Ja, ich denke schon...“
„Dann sollten wir das Thema vergessen. Es war der richtige Moment.“ Horatio blickte auf seine Uhr. „Habt ihr alle Proben ausgewertet? Alles für heute erledigt?“
Eric und Speed nickten unisono.
„Dann wünsche ich euch einen schönen Resttag. Wir sehen uns morgen in alter Frische wieder.“
„Viel Spaß mit Emily.“, sagte Tim nur, als er mit Eric zusammen den Raum verließ.
„Hat da jemand nach Überstunden gerufen?“, grinste Horatio.
Innerhalb von Sekunden war der Flur wie leergefegt.

„Tim?“
„Hm?“, knurrte dieser und zog sein Hemd über den Kopf.
Er und Eric standen zusammen bei ihren Spinden und zogen sich um, bereit um nach Hause zu gehen.
„Hast du heute Abend schon was vor?“
„Sehr witzig, Eric. Du willst jetzt nicht allen Ernstes wieder Einen draufmachen?“ Tim knüllte sein Hemd zusammen, stopfte es in eine Tüte und zog sein dunkelblaues Lieblingshemd aus dem Schrank. „Darf ich dich daran erinnern, was das letzte Mal passiert ist?“ Entschlossen schlüpfte er in das Hemd und setzte sich auf die schmale Bank vor den unbenutzten Spinden.
„Ich will auch gar nicht „einen draufmachen“, wie du es so schön nennst.“, verteidigte sich Eric. „Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du heute Abend Lust hast, noch für ein paar Stunden bei mir zu Hause vorbei zu schauen.“
„Klar, warum nicht. Kommt Calleigh auch?“ , wollte Speed wissen und bohrte unbewusst den Finger in die Wunde.
„Ähm...nein. Ich glaube nicht.“, wich Eric aus.
„Du hast sie nicht gefragt!“, stellte sein Freund fest. „Himmel, sie ist deine beste Freundin.“
„Vielleicht wollte ich ja einen Männerabend machen, Mr. Schlau.“
„Das hatte ich noch gar nicht von dem Strandpunkt aus betrachtet.“ Tim grinste. „Hast du denn was zu feiern?“
„Eher nicht. Eigentlich wollte ich dir jemanden vorstellen?“
„Jemanden vorstellen?“, echote Speed. „Wen denn?“
„Lass dich überraschen. Ich sehe dich um acht Uhr bei mir.“ Eric wechselte rasch sein Shirt und klopfte Speed zum Abschied auf die Schulter. „Wir sehen uns, Alter.“
„Bis dann.“

„Komm doch mit an den Strand. Das Wetter ist einfach herrlich!“, rief Emily übermütig und rannte wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Wohnung. Sie hatte sich in ihren dunkelgrünen Bikini geschmissen und sich selbst darin erst einmal ausgiebig vor dem Spiegel bewundert. Nun wollte sie endlich an den Strand gehen, doch Sam ließ sich nicht dazu überreden.
„Nicht jetzt, Em.“, bat sie und blätterte weiter in ihrem Katalog. Sie brauchte unbedingt ein paar neue Handtücher.
„Samantha! Was machst du denn den lieben langen Tag? Die Putze für deinen Mann spielen?“, erboste sich ihre Cousine. „Gönn’ dir doch auch mal was und hab Spaß.“
„Emily! Was meinst du eigentlich, was ich mache? Ich bin seit heute morgen auf den Beinen und habe gearbeitet. Anschließend mussten wir dich vom Flughafen abholen und jetzt...jetzt will ich meine freie Zeit genießen und einfach nichts tun, bis Horatio nach Hause kommt.“
„Ich glaub das nicht.“, maulte Emily. „Seitdem du geheiratet hast und in Miami wohnst bist du einfach nur noch langweilig. Schau doch mal, die ganzen Typen da draußen!“
„Em!“, meinte Sam erschrocken. „Darf ich dich daran erinnern, dass ich sehr glücklich vergeben bin.“
„Na und? Gucken darf man doch mal, oder?“ Emily verschränkte trotzig die Arme. „Und außerdem zwingt dich ja keiner dazu. Du kannst dich auch einfach mit mir in die Sonne knallen.“
„Ja wunderbar! Damit du wieder einen Mann nach dem nächsten abschleppen kannst und ich daneben liege, wie ein Stück Treibholz.“
Emily verdrehte die Augen.
„Mein Gott. Du bist echt spießig geworden.“
„Spießig? Weißt du überhaupt was das heißt?“, brauste Sam entnervt auf. „Emily, erst Gehirn einschalten, dann reden.“
„Ich sage, was mir passt. Und du bist auch nicht meine Mutter.“
„Wäre ja noch schöner.“ Sam verzog das Gesicht.
„Ach, weißt du was? Lies ruhig deinen scheiß Katalog weiter, ich geh mich jetzt in die Sonne legen. Viel Spaß, du Muffel.“ Majestätisch schwang sich Emily ihr Handtuch über die Schulter, schlüpfte in ihre Flipflops und schob die Terrassentür auf. „Noch kannst du mitkommen.“, bot sie Sam noch einmal an. Diese blickte sie kurz an, seufzte dann und legte den Katalog aus der Hand.
„Na gut. Aber nur, weil du heute angekommen bist und weil Horatio erst in einer Stunde kommt.“
„Du hörst dich an, als müsstest du ihm die Tür aufhalten, weil er’s sonst alleine nicht schafft.“, grinste Emily und betrachtete ihre Fingernägel, während Sam ihren Bikini aus dem Schlafzimmerschrank holte und sich rasch umzog.
„Und wenn es so wäre?“, rief ihre Cousine aus dem Schlafzimmer herüber.
„Das kann ich mir bei dir aber nicht vorstellen.“ Emily wurde die Warterei zu blöd, sie marschierte auf die Terrasse, ging die schmale Treppe zum Strand hinunter und hielt Ausschau nach dem perfekten Liegeplatz.
Gerade als sie etwa hundert Meter vom Haus entfernt eine kleine Sandmulde, die perfekt für ihr Handtuch geschaffen war, entdeckt hatte, tauchte Sam auf der Terrasse auf. Sie hatte sich um die Hüfte einen Strandrock geschwungen und ihre Lieblingssonnenbrille auf.
„Warum stehst du jetzt Paroli, wenn dein heiliger Mann auftaucht?“, rief Emily über den ganzen Strand, als Sam auf sie zu lief. Diese verzog den Mund und ließ sich neben Emily in den Sand plumpsen, was einen großen Haufen Sand auf das frisch ausgebreitete Badetuch beförderte.
„Ich stehe nicht „Paroli“, ich bin einfach da. Stell dir mal vor, ich rede sogar mit ihm. Das machst du ja eher weniger mit deinen...Bekanntschaften.“, stichelte Sam und beobachtete Emily dabei, wie sie sich drehte und wendete, um die perfekte Liegeposition mit ihrem Mini-Bikini zu finden. „Na, liegt auch alles schön auf dem Präsentierteller?“
„Das nervt.“, fauchte Emily. „Wie alt bist du? Dreißig? Dann benimm dich auch so.“
„Und du?“, gab Sam ungerührt zurück. „Du bist auch keine achtzehn mehr, wo man sich solche Mätzchen erlauben konnte.“
Beide Frauen funkelten sich einen Moment lang wütend an, dann registrierte Emily eine Bewegung und schlagartig veränderte sich ihr Verhalten. Sam folgte ihrem Blick.
„Oh nee!“, stöhnte sie. „Ich gehe eine Runde schwimmen. Und wehe, du bringst ihn mit ins Haus!“
„Ja Mama.“, ätzte ihre Cousine, machte sich aber sofort wieder daran, dem Mann in ihrer Nähe schöne Augen zu machen. Sam zog ihren Strandrock aus, rückte ihren Bikini zurecht und rannte in Richtung Meer.
Kurz bevor sie der Länge nach in das kühle Nass klatschte, kniff sie ihre Augen zusammen. Sekunden später ging sie unter wie ein Stein.
Der Strand war nur einen halben Meter bis ins Meer aufgeschüttet und direkt dahinter ging es fast zwei Meter tief, so dass sich viele Badegäste, die nicht direkt aus Miami kamen, beim ersten Mal furchtbar erschreckten, wenn ihre Lieben auf einmal wie vom Erdboden verschluckt waren.
Sam tauchte auf und ließ sich von den Wellen treiben, ohne dabei das Ufer aus dem Blick zu verlieren.

Re: CSI:Miami FF -> Tiefsee

12. Kapitel:
Pünktlich um acht stand Tim bei Eric auf der Matte. Er war vorher noch schnell einkaufen gewesen und hatte eine Flasche Rotwein für seinen Freund und sich erstanden, die sie dann hoffentlich zusammen leeren würden. Speed klingelte und wartete eine ganze Weile.
Plötzlich wurde die Tür geöffnet und eine große Blondine mit einem Pfund Schminke im Gesicht stand vor ihm.
„Ich wollte zu Eric.“, sagte er und beäugte misstrauisch die Hausnummer. Er hatte richtig geklingelt. „Ist er denn da?“
„Eric!“, rief die Frau gellend und Sekunden später tauchte Eric im Türrahmen auf. „Besuch für dich.“
„Speed! Komm doch rein.“ Er grinste und wartete, bis Tim an ihm vorbei gegangen war, die Motorradjacke ausgezogen hatte und ihn fragend anstarrte.
„Was.War.Das?“, formten Tims Lippen.
„Meredith?“ Die blonde Erscheinung gesellte sich neben Eric und legte den Arm um seine Hüfte. „ Darf ich dir meinen besten Freund vorstellen? Tim, das ist Meredith. Meredith, das ist Tim. Meredith und ich sind seit einigen Monaten ein Paar. Und...wir waren der Meinung, dass du es jetzt erfahren solltest.“
Speed stand der Mund offen, als er von einem zum anderen blickte. Meredith strahlte wie ein Honigkuchenpferd und Eric sah...glücklich aus, befand er nach einigen Sekunden intensiven Betrachtens. Er hatte vor einiger Zeit mal eine Freundin erwähnt, mit der er auch schon angeblich drei Monate zusammen war, aber gesehen hatte Tim sie noch nie und auch nicht wirklich an ihre Existenz geglaubt.
„Schön dich kennen zu lernen.“, brachte er dann hervor und schüttelte Erics Freundin die Hand.
„Meredith, es tut mir Leid, wenn ich dich damit überrumpelt habe, aber Speed ist mein bester Kumpel und wir haben den Abend schon lange geplant.“, sagte Eric auf einmal unvermittelt, worauf Meredith kugelrunde Augen bekam und knallrot anlief.
„Ich geh’ mal ins Wohnzimmer. Wenn ihr einen Schiedsrichter braucht, ich stehe euch jeder Zeit zur Verfügung.“ Speed zwinkerte seinem Freund zu und marschierte schnurstracks ins Wohnzimmer, wo er es sich auf der Couch bequem machte. Nach alter Tradition entkorkte er den Wein mit dem Flaschenöffner, der schon immer griffbereit in der Couchritze gelegen hatte und somit von keiner einzigen Flamme Erics jemals bemerkt worden war und goss zwei Gläser ein. Erics Weingläser standen in einer großen Vitrine neben dem Fernseher und Speed wusste, dass von den Vielen, die es dort zu bestaunen gab, nur zwei ab und zu genutzt wurden. Und dann auch nur, wenn er da war. Selbst wenn Cal manchmal noch da war, wurde keines der Weingläser sonst angerührt, da Calleigh aus einem normalen Glas trank.
Während Speed zögernd an seinem Wein nippte, drangen einige Wortfetzen zu ihm herüber.
„Gemein....genau gewusst....unfreundlich....nie wieder!“
Dann wurde die Haustüre zugeknallt, worauf ein deftiger Fluch von Eric folgte.
Dieser stand anschließend mit zerknirschtem Gesicht vor Speed.
„Ja, das war...Meredith.“ Er machte einige unbeholfene Bewegungen und ließ sich neben Tim auf die Couch fallen. „Eigentlich dachte ich, dass wir uns zu dritt einen netten Abend machen.“
„Was vermutlich niemals funktioniert hätte.“, prophezeite sein Freund und reichte ihm ein Glas.
„Wie meinst du das?“
„Ganz einfach. Sie ist aus allen Wolken gefallen, als sie mich gesehen hat, war also überhaupt nicht vorbereitet. Außerdem scheint sie nicht sehr flexibel zu sein, wenn ich das so sagen darf. Das war mein erster Eindruck.“ Er hatte sich mit seinen Äußerungen sehr weit aus dem Fenster gelehnt und hoffte, dass sie Eric nicht verletzten würden.
„Meredith ist...nicht einfach. Aber ich liebe sie.“, erwiderte Eric schlicht und starrte auf das schlanke Glas in seiner Hand. „Als wir uns kennen gelernt haben, hab ich auf einmal das Gefühl gehabt, ich muss mich verändern. Wie ein Neustart.“ Er schwieg, wusste nicht mehr, was er sagen sollte. Eigentlich hatte er alles gesagt, was seine Gefühle betraf.
„Weißt du was?“ Tim ließ sich so weit zurücksinken, bis er fast waagrecht lag.
„Hm?“, war Erics einzige Antwort.
„Ich bin stolz auf dich. Wirklich!“
„Was? Wieso?“ Er richtete sich auf und starrte Speed an.
„Ja, weil du es endlich geschafft hast und aus deinem Beziehungsdschungel ausgebrochen bist. Das ist wirklich eine Leistung.“
„Schön, dass ihr mir so was nicht zutraut.“, murrte Eric.
„Hey! Das stimmt nicht. Du hast es uns ja auch nicht leicht gemacht. Manchmal wollte ich schon anfangen und eine Strichliste führen, um wenigstens ab und zu mal Bilanz ziehen zu können, wie viele Damen kamen und gingen. Umso schöner ist es doch, dass du das aufgegeben hast.“ Speed schenkte sich Rotwein nach. „Weißt du, was mich schon die ganze Zeit beschäftigt?“, begann er dann. Schon seit Längerem plagte ihn ein Thema und er hatte sich vorgenommen, heute mit Eric darüber zu sprechen.
„Vermutlich weiß ich es gleich.“
„Die Sache in dem Club. Wieso wusste diese Tess Juley, dass ich eine Waffe habe. Unter dem Hemd hat sie sich nicht abgezeichnet. Wann hat sie die denn gesehen?“
„Ich hab ihr das ganz sicher nicht gesteckt.“ Eric stand auf, ging zu dem Regal hinter der Couch und holte eine Schale mit Erdnüssen.
„Irgendjemand muss es ihr ja gesagt haben. Man hat die Waffe ganz sicher nicht gesehen. Selbst auf dem Videoband nicht.“
„So was fällt dir jetzt erst ein? Nach Feierabend?“
„Besser jetzt, als nie. Schon seit den Videobändern hab ich überlegt, was mich an der ganzen Sache gestört hat und heute ist mir das dann endlich eingefallen.“ Speed zog sein Handy aus der Hosentasche. „Ich rufe jetzt Horatio an. Da läuft irgendein krummes Ding in diesem Club. Der Einzige, der meine Waffe gesehen hat als er uns untersucht hat, war der Türsteher.“
„Und die circa Fünfmillionen Menschen hinter uns.“, warf Eric ein.
„Nein. Er hat uns ohne mit der Wimper zu zucken abgesucht und dann rein gewunken. Erst anschließend hat er mir was wegen den Waffen zu geflüstert.“ Speed wählte rasch die Nummer des Lieutenants und hatte ihn kurz darauf selbst am Apparat.
„Caine?“, meldete sich dieser.
„Speed hier. Horatio, mir ist noch was eingefallen. Es betrifft die...Nacht. Tess konnte von sich aus gar nicht wissen, dass ich meine Waffe dabei hatte. Unter dem Hemd hat man sie nicht sehen können. Also muss es ihr jemand gesagt haben und das kann nur der Türsteher gewesen sein.“
„Dann werden wir wohl morgen erfahren, was er dazu zu sagen hat.“
„Hoffen wir’s. Gute Nacht. Grüße an Sam.“
„Danke, werde ich weiterleiten. Bis morgen.“

„Schatz? Kommst du ins Bett oder muss ich eine Vermisstenmeldung aufgeben?“ Horatio streckte sich und wartete auf seine Frau, die, nur mit einem kurzen Negligé bekleidet, vor seinem Laptop saß.
„Gleich. Ich muss nur noch ein Gebot machen und dann komme ich sofort.“, versprach Sam.
„Was findet ihr Frauen nur an Ebay?“
„Die Frage ist eher: Was finden wir in Ebay? Alles!“ Ein schneller Klick und hastiges Klappern der Tastatur „Und jetzt ist dieses hübsche Kleid mein! So, damit kann ich beruhigt ins Bett gehen.“ Sam lächelte ihn an, klappte den Laptop zu und gesellte sich zu ihrem Mann. Der zog sie an sich, gab ihr einen langen, intensiven Kuss und Sam wollte gerade Runde Zwei einläuten, als ein lautes Geräusch sie aufschrecken ließ.
„Sag bitte, dass es nicht das ist, was ich denke.“, stöhnte Sam und ließ ihren Kopf auf Horatios Brust sinken. „Bitte nicht!“ Eine warme Hand umfasste ihr Kinn und zog den Kopf nach oben, so dass sie einen verlangenden Kuss aufgedrückt bekam.
„Stört dich das etwa?“ Horatio blaue Augen funkelten belustigt und wurden von den feinen Lachfältchen umrahmt.
„Ein bisschen...“, murmelte Sam und fuhr mit dem Zeigefinger zärtlich die Lippen ihres Mannes nach. „Aber ich kann darüber hinwegsehen.“
In dem Moment wurden die Beiden wieder aufgeschreckt.
„Ich revidiere. Ich kann es doch nicht.“ Sam fuhr sich durch die Haare und spürte, wie langsam die Wut in ihr hochstieg. „Ich glaub das nicht! Einen Tag hier und schon einen Mann im Bett. Dabei hab ich ihr doch gesagt, dass das nicht drin ist!“
„Sie ist Emily, Schatz. Warum sollte sie sich daran halten?“, flüsterte Horatio spöttisch, seine Lippen wieder verdächtig nahe an Sams Mund. „Du kennst sie doch wirklich lange genug.“
„Aber sie ist nicht hier her gekommen um mit einem Mann nach dem anderen in unser Gästebett zu hüpfen.“, erboste sie sich. „Mir reichts!“
„Das ist nicht dein Ernst.“ Horatio schwante Übles. Er kannte seine Frau gut genug um zu wissen, was sie jetzt tun würde. „Darling, dass...ist eine überaus schlechte Idee!“
„Nein. Das ist mein voller Ernst!“, war die grimmige Antwort. Sam gab ihm einen letzten Kuss, löste sich von ihm und stand auf. „Der steig ich aufs Dach. Sie kann ja gerne alles hier veranstalten. Aber keinen Sex mit irgendwelchen fremden Männern! In diesem Haus!!!“ Sie zog sich ihren Bademantel an und riss die Tür auf, verbissene Entschlossenheit auf dem Gesicht.
„Tu das nicht! Das gibt nur wieder Ärger.“, rief ihr Horatio noch hinterher, doch es war schon zu spät.

Sam marschierte den Flur entlang in Richtung Gästezimmer, während ihre Wut sich von Schritt zu Schritt steigerte. Allein die Vorstellung, dass das Gästebett in regelmäßigen Abständen gegen die Wand knallte, rief unangenehme Assoziationen mit billigen Filmen hervor. Fehlte nur noch die passende Geräuschkulisse.
Vor der Tür zum Zimmer blieb sie kurz stehen, holte noch einmal tief Luft und hätte die Tür fast aus den Angeln gerissen, als sie sie äußerst schwungvoll öffnete.
Em und der Mann vom Strand starrten sie perplex an. Ihre Cousine öffnete den Mund noch ein wenig weiter und holte tief Luft, doch Sam ließ ihr keine Zeit um überhaupt zu reden.
„Was soll das?“, sagte sie in eisigem Tonfall. „Hatten wir nicht über diese Sachen gesprochen?“
„Was fällt dir ein!“, keifte da Emily los, ihre Augen zusammengekniffen. „Du störst!“
„Ja, das sehe ich. Und ich sehe nicht ein, warum ich wieder gehen sollte.“
„Wer ist denn die Irre?“, murmelte der Mann, von dem sich Emily gerade hastig befreite.
„Die Irre wohnt hier und schmeißt dich jetzt raus.“, antwortete Sam mit tödlichem Blick. „Raus hier!“
„Was? Willst du mich verarschen?“, kreischte Emily. „Wie spießig ist denn das?“
„Das ist mein gutes Recht. Ich wohne in diesem Haus und du nicht.“ Die Stimme ihrer älteren Cousine war gefährlich ruhig. „Deswegen wird er sich jetzt anziehen und verschwinden. Sonst kann er die Nacht, wahlweise mit oder ohne dir, in einer Zelle verbringen.“
„Man, die Lady ist echt crazy.“, sagte der Mann und schlug die Bettdecke zurück. Emily warf ihm einen bedauernden Blick zu, als er sich in seine Klamotten zwängte, während Sam auf den Boden starrte. Diesen Anblick brauchte sie nicht auch noch. Ihr reichte die nackte Cousine im Bett für diesen Abend vollends, um ihm den nötigen Tiefpunkt zu verleihen.
„Ruf mich einfach mal an, Babe. Aber dann, wenn die Alte nicht da ist.“
„RAUS!“
„Ja, keinen Stress. Bin ja schon weg.“
Kaum war der Fremde verschwunden sprang Emily aus dem Bett, hüllte sich in die Bettdecke und starrte Sam hasserfüllt an.
„Du elende Schlange!“, zischte sie. „Was fällt dir eigentlich ein?“
„Was fällt dir ein? Ich glaube du spinnst! Wir sind hier kein Bordell und werden auch nie eins werden.“ Sam spuckte Gift und Galle. Der Ärger über ihre Cosuine schnürte ihr außerdem fast die Kehle zu.
„Stell dich nicht so an, Samantha. Du bist doch einfach nur eifersüchtig, weil dein Macker es nicht so bringt.“
„Pass auf, was du sagst.“, keifte Sam und machte einen Schritt auf Emily zu. „Überleg dir lieber mal, bei wem du hier haust und wer dich vor die Tür setzten kann.“
„Ich glaube, du hast echt Probleme. Du führst dich auf wie eine Nonne, schmeißt den Typ raus und machst mir Vorwürfe? Geh doch erst mal zu deinem Horatio und lass di...“
Ohne Vorwarnung hatte Sam Emily eine Ohrfeige verpasst.
„Noch ein Wort und du sitzt vor der Tür, das sage ich dir!“, sagte sie eiskalt. „Ich weiß nicht, warum ich dich nicht sofort raus schmeiße.“
„Du...ach weißt du was? Vergiss es...Heute bist du mir zu bescheuert. Weißt du, wie du mich eben vor dem blamiert hast? Der lacht sich doch noch Jahre darüber kaputt.“, klagte Emily.
„Ist das mein Problem? Ich hab ihn nicht mit angeschleift um ihn auszutesten.“, erwiderte Sam abweisend. „Wenn du nichts dagegen hast, gehe ich jetzt wieder schlafen. Und sollte sich dieser Surfer-Verschnitt zufälligerweise wieder in dein Zimmer verirren und dieses Bett dazu bringen, mit dem Rahmen gegen die Wand zu schlagen, dann werde ich euch Beide auf die Hofeinfahrt befördern, wo ihr ja ungestört weiter aufeinander rumhüpfen könnt. Ist das angekommen?“
Emily zuckte nur mit den Schultern, aber Sam war zu genervt, um sich weiter mit ihr einen Streit zu liefern. Morgen war ja auch noch genug Zeit. Sie kehrte ihrer Cosuine den Rücken zu, schloss die Tür hinter sich und schlurfte zurück zu Horatio, der sie mit unergründlicher Miene anblickte.
„Na, du hast dich aber kaum zurück gehalten. War fast Dolby Surround im Schlafzimmer.“, war sein einziger Kommentar, den Sam schnaubend abtat und sich neben ihn legte.
„Hocken die da auf einander und gucken mich an, wie den Mann aus dem Mond.“, regte sie sich auf, während Horatio sie eng an sich zog und sie in den Nacken küsste.
„Darling.“, begann er belustigt. „Wie würdest du denn gucken, wenn Em auf einmal bei uns in der Türe stehen würde?“
„Pff..still Rotfuchs! Darling will jetzt schlafen.“
„Ich liebe dich.“, wisperte Horatio in Sams Ohr. Sie drehte sich in seinen Armen um und kuschelte sich noch dichter an ihn, so dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte.
„Ich dich auch!“

„You got a key to – You got a lock to
You got a million different ways to make my soul bum
You are the one girl out of a million
You got a key to – You got a lock to my heart
And I want you to use it
And I want you to use it
And I want you to use it”



13. Kapitel:
„Guten Morgen, Horatio. Was liegt an?“, fragte Speed gut gelaunt, als er am morgen im Department erschien. Eric lungerte bereits auf einem Stuhl herum, während Calleigh schon die ersten Erfolge in der Ballistik zu verbuchen hatte. Sam würde erst um zehn Uhr zu ihnen stoßen.
„Immerhin Brötchen hättest du ja mal mitbringen können, um diesen Morgen das Prädikat: Gut zu verleihen.“, murmelte Delko, der mit einer Hand einen großen Becher Kaffee umklammerte und dem anzusehen war, dass er seine Augen nur mit großer Willensanstrengung geöffnet lassen konnte.
„Ist da jemand überfahren worden?“, lästerte Tim. „Womöglich von seinem eigenen Spiegelbild?“
„Ich überfahr’ dich auch gleich mal mit meinem Spiegelbild...“
„Um noch einmal zu der Frage zurück zu kommen. Es liegt etwas an. 4 unidentifizierte Leichen in einer abrissreifen Mietswohnung am Rand von Miami. Ein Bauarbeiter hat sie heute früh bei einer Inspektion entdeckt. Und danach statten wir dem Club „Paradizo“ noch einmal einen Besuch ab. Vor allem dem Türsteher.“
„Dann mal nichts wie hin.“ Eric stemmte sich aus seinem Stuhl und klopfte Speed auf die Schulter. „Vielleicht kommen wir auf der Hinfahrt bei einem Bäcker vorbei.“
„Untersteh dich!“, sagte Horatio warnend. „Stetler ist bereits auf der Suche und ihm sollte kein Anlass gegeben werden, sich warm zu schießen.“
In diesem Moment erschien Calleigh im Türrahmen, bekleidet mit einer apfelgrünen Bluse und einer engen schwarzen Jeans, die ihr nahezu endlose Beine verschaffte.
„Für so was braucht man doch einen Waffenschein.“, meinte Eric lachend und deutete auf die Beine von seiner Kollegin.
„Richtig.“, konterte diese. „Sind ja auch genug Waffen drum geschnallt.“
„Du hast da Waffen?“ Delko stand der Mund sperrangelweit offen.
„Manchmal. Man kann ja nie wissen, wer einem so über den Weg läuft.“ Calleigh zwinkerte Speed zu, bevor sie zusammen mit Horatio den Raum verließ.
„Denk an den Koffer.“, riet Tim seinem Kollegen, bevor er sich seine Spurensicherungskamera schnappte und hinter den anderen Beiden her zuckelte.
„Wer denkt immer an den Koffer? Delko!“, maulte Eric, als die Anderen schon lange draußen waren und er seinen Kaffeebecher vollkommen geleert hatte. „Wer ist immer der Blöde? Delko! Wer kriegt alle Frauen? Del...wobei, das sehe ich als Pluspunkt.“ Er grinste schief, griff sich den Koffer und schlenderte gen Fahrstuhl, wo er vom Rest des Teams schon seit längerem ungeduldig erwartet wurde.
„Gibt sich Prinz Delektorsky auch einmal die Ehre?“, meinte Cal spöttisch. Horatio gönnte ihm nur einen leicht gereizten Blick.
„Ich hab nur noch meinen Kaffee leer getrunken. Prophylaxe nennt man so was.“
„Traubenzucker?“, bot Speed an.
In diesem Moment ging die Tür des Fahrstuhl auf und sie zwängten sich zu viert in die schmal erscheinende Kabine.
„Eigentlich hatte ich um die Uhrzeit noch keine Lust auf Gruppenkuscheln.“, klagte Tim und rückte etwas von Calleigh ab, die ihm einen dankbaren Blick zuwarf.
„Wegen solchen Fahrstühlen wollte ich mir irgendwann einmal eine Platzangst zulegen.“, unkte er dann und zupfte an seinen Locken. Horatio verzog keine Miene und setzte sich langsam seine Sonnenbrille auf, was Eric zu einem lauten Pfiff veranlasste.
„Hier scheint keine Sonne.“, murmelte er leise.
In diesem Moment blieb der Aufzug mit einem Ruck stehen und die Lichter gingen aus, so dass die Ermittler innerhalb von wenigen Sekunden im Stockdunklen saßen.
„Nicht gut.“, meinte Speed und tastete mit seiner Hand an der Wand entlang, bis er zu den Wahltasten kam. „Hier muss doch irgendwo der Notknopf sein, oder?“
„Ja, aber das ist meine Hand. Auf Wiedersehen...“, rief Delko und stellte den Spurensicherungskoffer ab.
„Entschuldigung, aber könntest du deine Utensilien vielleicht von meinem Fuß runter nehmen?“, klagte seine Kollegin. „Ich wollte ihn auch nachher noch benutzen, ohne dass ich ihn vorher drei mal umklappen muss.“
„Das ist keine Situation für Scherze.“, ließ da der Lieutenant verlauten. „Wir müssen an einen Tatort.“
„Hast du etwa Angst?“, kicherte Calleigh los und hielt sich kurz darauf die Hand vor den mund. „Entschuldige, aber die Situation macht mich albern.“
„Ich hab den Notknopf!“, mischte sich Speed ein. „Warum geht eigentlich nicht die Notbeleuchtung ein?“
„Bestimmt hat irgendein Vollidiot von Techniker die Kabel angeschnitten.“, grunzte Eric, der sich in der Zwischenzeit auf den Koffer gesetzt hatte und in der Dunkelheit vor sich hindämmerte.
So eine Situation hatte das Team noch nie erlebt. Zusammen in einem dunklen, isolierten Raum und ohne ein Zeichen der Außenwelt.
„Könntest du den Notknopf vielleicht auch mal drücken, anstatt ihn nur zu haben? Dann wären wir schon längst draußen.“ Calleigh nervte die Situation, weil ihr das Gefühl in einem isolierten Aufzug zu hängen nicht sonderlich gut gefiel.
„Hab ich schon. Mehrmals. Aber es antwortet niemand.“
Horatio, der bisher verdächtig ruhig geblieben war, zog sein Handy aus der Hosentasche und beleuchtete damit die Wahltasten.
„Ich rufe jetzt an. Eine Stunde im Aufzug auf Helfer warten ist nicht mein Gebiet.“ Er wählte die angegebene Servicenummer, doch sekundenspäter wurde ihm bewusst, dass es in diesen Fahrstühlen noch nie Empfang gegeben hatte und wahrscheinlich auch nie geben würde.
„Ich hab eine Idee.“ Speed zückte nun seinerseits das Handy und leuchtete damit an die Decke, vorbei an dem sich im Halbschlaf befindenden Eric. „Wieso brechen wir nicht die Luke für die Elektriker auf und klettern auf den Fahrstuhl, damit wir die Feuerleiter nehmen können?“
„Das ist nicht dein Ernst?! Hast du in letzter Zeit zu viele Action-Filme gesehen?“ Calleigh lehnte sich mit ihrem Oberkörper an der Wand an und ließ sich langsam in die Hocke sinken. „Und dann startet der Fahrstuhl wieder und zerquetscht uns. Außerdem funktioniert das sowieso nicht.“
Horatio schüttelte seinen Kopf und setzte die Sonnenbrille wieder ab.
„Fakt ist, wir müssen hier raus.“
„Erzähl’ mir was Neues!“, dachte sich Speed. Diese Fahrstuhlsache kitzelte seine sarkastische Ader empfindlich. Nicht mehr lange und er würde einige Sätze los lassen, die er lieber nicht los lassen wollte.
„Hallo?“
Eine knisternde Stimme durchbrach die Stille und ließ die Ermittler, bis auf den schlafenden Eric, auffahren.
„Können Sie mich hören?“
„Ja.“, übernahm Horatio das Wort. „Klar und deutlich.“
„Wunderbar. Wir...wir haben zur Zeit ein paar technische Probleme mit den Fahrstühlen in diesem Gebäude. Es kann sein, dass Jemand an den Kabeln herumgepfuscht hat. Bitte gedulden Sie sich noch einen Moment.“
„Na, Scheiße.“, entfuhr es Speed. „Ich hoffe, die warten nicht am Tatort auf uns.“
Horatio verzichtete auf eine Antwort und setzte sich neben Calleigh, so weit der beschränkte Freiraum des Fahrstuhls dies gestattete. Seine Waffe schlug klappernd gegen die Wand. Er lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen.
„Kommen wir heute noch raus?“, wisperte Calleigh und umschlang ihre Beine mit den Armen, so dass sie ihren Kopf bequem darauf legen konnte.
„Wie gut, dass ich mein Testament schon gemacht habe.“, erwiderte Speed sarkastisch. „Da kann mir gar nichts mehr passieren.“

„Guten Morgen, Prinzesschen!“, sagte Sam laut und polterte besonders laut in das Gästezimmer, in dem Emily bis eben noch friedlich geschlafen hatte. Ruckartig zog sie die Rollläden hoch, riss die Fenster auf und ließ die frische Morgenluft, die vom Meer her wehte, in den Raum strömen.
Emily stöhnte auf und zog sich ihr Kissen über den Kopf.
„Hau ab!“, kam es dumpf unter ihm hervor.
„Ich verstehe dich nicht.“, trällerte Sam fröhlich und zog ihrer Cousine schwungvoll die Decke weg.
„Du verstehst mich sehr wohl!” Emilys verstrubbelte Haarschopf tauchte auf und zwei grüne Augen funkelten Sam wütend an. „Ich kann jetzt noch nicht aufstehen.“
„Ach ja? Und warum nicht? Waren die nächtlichen Aktivitäten zu anstrengend?“ Sam stellte sich in den Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt.
„Welche nächtlichen Aktivitäten?“, knurrte Emily. „Irgendwann kam ja so eine Irre in den Raum gestürmt.“
Sam hatte sich vorgenommen, sich heute nicht wieder provozieren zu lassen und tat deshalb die Beleidigung mit einem Schulterzucken ab.
„Darf ich an die Irre erinnern, die anschließend wie eine Furie Beleidigungen an meinen Kopf geworfen hat.“
„Ach komm.“ Emily rappelte sich auf und kroch aus dem Bett. „Müssen wir uns da jetzt drüber unterhalten?“
„Wir hatten eine klare Abmachung, oder etwa nicht?“ Angriffslustig reckte Sam ihr Kinn. So einfach wollte sie dieses Thema auch nicht abhandeln. „Die du gebrochen hast.“
„Ja, ich weiß. Tut mir Leid.“
„Tut dir Leid?“ Sam starrte Emily verblüfft ein. „Bist du krank oder hast du das eben wirklich gesagt?“
„Ich hab es gesagt.“, erwiderte diese mürrisch. „Wir hatten die Abmachung, ich hab mich nicht daran gehalten. Amen! Thema beendet.“ Emily hatte keine Lust darüber zu diskutieren. Sie war müde und schlecht gelaunt, was von dem verpatzen Abend herrührte.
„Falls du noch Hunger hast, Frühstück ist noch gedeckt.“ Sam drehte sich um und ging. In einer halben Stunde hatte sie Dienstbeginn und vorher wollte sie noch einmal ausspannen. Am besten ging das auf der Terrasse, wo morgens die ersten Sonnenstrahlen drauf fielen und die Meeresbrise einem in die Nase stieg.
Emily blickte ihr nach und schüttelte den Kopf. Ihre Cousine war schon sehr wunderlich.
Vor allem seit ihrer Hochzeit. Vielleicht färbte ein bisschen von Horatio auf Sam ab. Aber sonderlich interessierte sie dies auch nicht. Früher waren sie mal ein Herz und eine Seele gewiesen, aber das hatte auch stark nachgelassen. Mittlerweile wusste Beide, dass sie mit einander auskommen mussten. Aber es erstaunte Emily immer wieder, dass Sam jedes Mal bereit war, sie in Miami zu beherbergen.
Sie schlüpfte in ihre FlipFlops und marschierte in die Küche, wo ein gedeckter Tisch auf sie wartete. Horatio und Sam hatten schon lange gegessen, aber die Brötchen und die Aufschnitte stehen gelassen. Sogar einen frischen Teller mit Obst hatte Sam für Emily fertig gemacht.
Ananasscheiben, Äpfel und Bananen lachten sie an.
„Hmm, lecker.“, murmelte Emily, setzte sich und griff sich ein Brötchen, während sie sich gleichzeitig eine Ananasscheibe in den Mund steckte. „Sam?“, rief sei dann.
„Was?“, drang eine genervte Stimme durch die angelehnte Terrassentür.
„Das Frühstück sieht fantastisch aus. Ich wusste gar nicht, dass ihr jetzt auf Fruchtfanatiker macht.“
„Machen wir auch nicht. Aber ab einem bestimmten Alter sollte man genügen Vitamine zu sich nehmen. Was meinst du, warum Horatio so fit ist?“
Emily grinste und schnitt ihr Brötchen auf.
„Sicher nicht, weil du ihn dazu zwingst jeden Tag drei Kilo Obst zu verputzen.“
Sams verhaltenes Lachen war Antwort genug.
„Ich zwinge ihn nicht. Er macht das alles freiwillig.“
„Wer’s glaubt.“, sagte Emily leise und strich großflächig Kirschmarmelade auf die eine Brötchenhälfte.
„Was hast du gesagt?“, rief Sam, die sehr gute Ohren hatte, die ihrem Mann um nichts nachstanden.
„Ach, ich hab nur vor mich hingebrabbelt. War nichts wichtiges.“, konterte Emily und biss in ihr Brötchen.

„Wie lange dauert das denn noch?“, quengelte Speed und wippte mit seinen Füßen vor und zurück. Seit einer halben Stunde saßen sie schon in dem Aufzug fest und seitdem hatte sich niemand mehr gemeldet, um ihnen mitzuteilen, dass das Problem jetzt endgültig behoben sei. „Gleich mache ich das wie in den ganzen Filmen und kletter oben raus.“
„Ruhe bewahren.“, kam es aus der Ecke, wo Horatio saß.
Aus Eric Ecke ertönten in geringen Zeitabständen leise Schnarcher, was Calleigh und Speed zu fiesen Scherzen veranlasst hatte. Die Temperatur in der Kabine stieg beharrlich weiter an und betrug mittlerweile gefühlte Hundert Grad Celsius.
„Ich würde ja gerne Ruhe bewahren, aber der Gedanke, in einem hochmodernen Grab mit Notrufknopf zu sitzen, macht mich dabei nicht unbedingt an.“, murmelte Speed.
„Diese ganze Situation macht mich nicht unbedingt an.“, war Calleighs zynische Antwort. „Das hier ist einfach alles so unwirklich. Ich kann nicht glauben, dass das gerade wirklich passiert.“
„Soll ich dich kneifen?“
„Speedle! Wenn du mich mit deinen schweißnassen Pfoten auch nur anfasst, dann...“, drohte Calleigh.
„Dann was?“, fragte Speed nach.
„Wirst du keine Kinder mehr bekommen.“
„Oha. Diese Option sollte ich noch einmal überdenken.“
Horatio schloss die Augen und presste die Handflächen aneinander. Er hatte schon immer gerne im Dunklen nachgedacht, aber nicht, wenn er dringend zu einem Tatort mit vier Leichen musste.
„Horatio?“ Speed berührte ihn kurz am Arm.
„Ja, Speed?“
„Danke.“
„Für was?“ Horatio blinzelte.
„Für deine Hilfe und Unterstützung wegen meiner Waffe. Danke, dass ich immer zu dir kommen kann, wenn ich ein Problem hab.“
„Dank nicht mir. Bedank dich beim gesamten Team.“

Re: CSI:Miami FF -> Tiefsee

14. Kapitel:
„Guten Morgen, Mrs Caine.“, sagte die Empfangsdame freundlich, als Sam fröhlich pfeifend das Department betrat.
„Wünsche ich Ihnen auch, Sandra.“, war die prompte Antwort. „Wissen Sie, ob mein Mann und das Team noch da ist?“
„Ja, die sind noch im Haus.“ Sandra blätterte in ihren Unterlagen. „Aber sie können wohl nicht zu ihnen.“ Sie sah auf und blickte Sam entschuldigend an.
„Wieso nicht?“ Sam verzog perplex ihr Gesicht. „Bin ich gefeuert und ich weiß nichts davon?“
„Nicht ganz, Mrs Caine. Die gesamten Aufzüge funktionieren nicht mehr und das Team steckt gerade in einem fest. Folglich können Sie wohl schlecht in die Kabine.“
Sam seufzte und lehnte sich an den Empfangstresen. Sandra warf ihr einen fragenden Blick zu.
„Ich muss Ihnen wohl Gesellschaft leisten. Wenn die Aufzüge nicht funktionieren, kann ich in kein Stockwerk.“
„Ja, wir hätten vielleicht auch mal in Treppen investieren sollen.“
„Recht haben Sie, Sandra.“ Sam nickte bekräftigend. Allein der Gedanke, dass jetzt rund ein Dutzend an Ermittlern, Detectives und Polizisten auf verschiedenen Stockwerken saßen und nur noch die Feuerleiter nehmen konnten, mutete komisch an.
„Wann geht der Spaß denn wieder?“
„Die Techniker arbeiten dran, aber man weiß noch nichts Genaues. Es kann gut und gerne noch eine halbe Stunde dauern.“
„Danke.“ Sam blickte auf ihre Uhr. Kurz nach Zehn. „Wissen Sie, ob irgendetwas anstand?“
„Ich sitze an der Rezeption. Normalerweise meldet sich niemand mit Auftrag bei mir ab.“, lächelte Sandra.
„Ja, dumm von mir.“ Sam grinste schief und blickte wieder auf die Uhr. Allein die Tatsache, dass das gesamte Team im Aufzug festsaß bedeutete, dass sie irgendwo hin unterwegs gewesen waren. An einen wichtigen Ort, vermutlich einen Tatort. Sie seufzte. Das konnte ja heiter werden. Vorfahren konnte sie auch nicht, weil niemand da war, der sie darüber informieren konnte, wo sie hin musste.
Auf einmal tauchte ein Mann in einem blauen Overall in der Eingangshalle auf und steuerte forschen Schrittes auf den Empfangstresen zu. Sandra reckte ihren Hals und knipste ihr strahlendstes Lächeln an.
„Was kann ich für Sie tun?“
„Peter Harrod. Ich bin der Chefmechaniker von dem Fahrstuhlunternehmen hier. Meine Techniker sind schon am Problem dran, aber sie bekommen’s nicht in den Griff.“
„Gut, dann unterschreiben Sie bitte hier und zeigen mir kurz ihren Ausweis.“ Sandra holte ein Formular aus einer Ablage hinter dem Tresen hervor, legte einen Kuli darauf und gab dies an Harrod weiter.
„Ja natürlich.“ Er zog ein abgewetztes Portemonnaie aus der Brusttasche seines Overalls und zeigte den Ausweis vor.
„Vielen Dank. Dann bekommen Sie hier ihre Besucherkarte. Bitte tragen Sie diese gut sichtbar an Ihrem Körper.“
Harrod nickte, unterschrieb auf den Unterlagen und hängte sich die Karte, die ihn als Besucher des Department kennzeichnete, um den Hals
„Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag, Ladies.“, grinste er und tippte sich kurz mit dem Zeigefinger an die Schläfe.
„Danke. Holen Sie einfach meinen Mann und sein Team so schnell wie möglich aus der Kabine.“, rief ihm Sam lachend hinterher. Peter Harrod drehte sich im Laufen um und nickte.
„Selbstverständlich.“
„Vielen Dank.“
In diesem Moment klingelte das Telefon am Empfang.
„Miami Dade Police, Sandra Crisst am Telefon, was kann ich für Sie tun? ...Nein, ich kann Sie leider nicht mit dem CSI verbinden...Nein, sie sind zur Zeit unpässlich...Tut mir Leid. Ich kann es aber weiterleiten, wenn Sie möchten und dann kommt Jemand so schnell es geht...Ja?...Wo sagten Sie?...Vielen Dank.“ Sandra legte auf und blickte Sam nachdenklich an.
„Hier war ein aufgeregter Mann am Telefon. Er hat eine Waffe in einem alten Parkhaus gefunden. Ich weiß nicht, ob Sie das dürfen, aber vielleicht sollten Sie vorbeifahren und sich das ansehen. Könnte Speeds Waffe sein.“
Die Geschichte mit Tim hatte im gesamten Department die Runde gemacht und je nach Beziehung zu Speed wurden ihm die Daumen gedrückt oder spöttisch gelächelt.
Sam zögerte keine Sekunde.
„Ich fahre sofort hin.“, meinte sie.
„Die Adresse.“ Sandra riss einen kleinen Zettel von einem Notizblock ab, wo sie beim Telefonat die Adresse drauf gekritzelt hatte. „Viel Glück.“
„Danke schön.“, erwiderte Sam und verschwand binnen kürzester Zeit aus der Eingangshalle.
Erst ließ sie sich ihre Dienstwaffe aushändigen, dann eilte sie zur ihrem Smart, öffnete die Türen, stieg hastig hinein und brauste davon.

„Den Nächsten, der mir sagt, dass Fahrstuhlprobleme innerhalb von Zehn Minuten behoben sind, überfahre ich eigenhändig mit dem Hummer.“, grummelte Speed und drückte auf sein Handy, um die Uhrzeit zu erfahren. „Wir sind schon fast eine Stunde in dieser Sauna hier und noch nicht mal das Licht ist wieder an.“
Horatio runzelte die Stirn. Was sollte er schon groß dazu sagen? In so einer Situation war er noch nie gewesen.
„Speed! Halt endlich deine Klappe und lass einem alten Mann seinen Schlaf.“, knurrte es da aus Erics Ecke. Dieser hatte in der letzten Stunde keinen Ton, wenn man von den obligatorischen Schnarchern einmal absah, von sich gegeben, war aber irgendwann von Tims Geplapper aufgeweckt worden und hatte, bis jetzt erfolglos, versucht wieder einzuschlafen. „Da wird man doch verrückt. Quatscht der, als müsse er irgendeinen Moderatoren-Wettbewerb gewinnen.“
„Ich geh’ kaputt.“, stöhnte da Calleigh auf. „Diese Temperatur ist nicht mehr zulässig.“
„Ist in solchen Aufzügen nicht nur eine bestimmte Menge an Sauerstoff vorhanden?“ Speed rollte seine Hemdsärmel hoch und öffnete das Hemd um einige Knöpfe. „Wenn ja, wie viel Sauerstoff wäre das denn?“
„Bist du Forensiker oder nur zum Spaß hier?“ Eric fuhr sich über die brennenden Augen und verlagerte sein Gewicht auf dem Koffer. „Ich...“, setzte Speed an, doch der Lieutenant unterbrach ihn.
„Ruhe jetzt! Wenn wir uns alle gegenseitig an die Gurgel springen, wird der Fahrstuhl trotzdem nicht schneller wieder repariert.“
Speed zog seine Augenbraue hoch. Diese Töne von Horatio. Aber dies war eine Ausnahmesituation und in Ausnahmesituationen taten Personen bekanntlich Sachen, die sie nur in Ausnahmefällen tun würden.
Auf einmal knackte der Lautsprecher und eine tiefe, befehlsgewohnte Stimme erfüllte die stockdunkle Kabine.
„Guten Morgen die Herrschaften. Hier spricht Peter Harrod, der Cheftechniker. Wir werden jetzt das Licht wieder anschalten und in einigen Minuten wird sich dann auch der Fahrstuhl wieder bewegen.“
„Es freut uns, dies zu hören.“, sagte Horatio und griff in seine Brusttasche.
„Die erste kompetente Person an diesem Morgen.“ Speed rappelte sich auf und stellte sich eng an die Wand.
Dann ging das Licht an und die CSIs, bis auf Horatio, der, wohlwissend was nun folgen würde, die Sonnenbrille aufgesetzt hatte, blinzelten geblendet in die ungewohnt erscheinende Helligkeit.
„Die Welt hat uns wieder. Frisch aus dem Untergrund.“, unkte Speed und stieß feixend Eric an, der aussah wie eine lebende Leiche. Riesige Ringe hatten sich unter seinen Augen angesammelt und sein dunkler Teint erschien farblos.
„Speed, ich schwöre dir, wenn ich heute nicht so müde wäre, wärst du schon längst dran gewesen.“, sagte er und hob kraftlos seinen linken Arm, um Tim wenigstens einen Schubser zu verpassen.
„Nie wieder steige ich in dieses Ding hier.“ Calleigh entfaltete mühsam ihre Beine und stand anschließend auf. Horatio, der neben ihr gesessen hatte, tat es ihr gleich. Sein erster Kontrollblick galt der Dienstmarke und seiner Waffe.
„Ich hoffe, es geht jetzt schnell. Wir haben viel zu lange auf uns warten lassen.“
Wieder knisterte es und Peter Harrods Stimme erklang.
„Wir werden jetzt die Fahrstühle starten. Bitte erschrecken Sie sich nicht, es könnte einen mächtigen Ruck geben. Am Besten halten Sie sich irgendwo fest.“
Wie auf Kommando griffen alle nach den Stangen an der Wand. Selbst Eric, der sich weigerte aufzustehen, hielt sich fest. Wohlweißlich, weil er sonst vom Koffer kippen würde.
Im selben Moment gab es einen heftigen Ruck, der den Spurensicherungskoffer, auf dem Eric mehr hing, als saß, zum wackeln brachte und wie durch ein Wunder bewegte sich der Fahrstuhl wieder abwärts.
„Hurra, wir verreisen.“ Speeds Stimme hatte wieder einen gewissen sarkastischen Unterton, aber niemand machte sich die Mühe darauf zu reagieren.
Als sich die Türen öffneten und das Team endlich die Kabine verlassen konnte, hätte Calleigh am liebsten vor Freude gejubelt. Doch niemand sprach ein Wort, als sie zu Horatios Hummer eilten. Sie waren alle einfach nur froh, dass sie der stickigen und engen Kabine entkommen waren.

Als Sam die angegebene Adresse erreichte, war schon ein Streifenwagen vor Ort und hatte das alte Parkhaus abgesperrt. Hinter dem gelben Absperrband stand ein dürres, kleines Männlein, von vielleicht gut sechzig Jahren, dass aufgeregt in alle Richtungen blickte und Sam fast umgerannt hätte, als sie neben es trat.
„Sind Sie vom CSI?“
„Ja. Ich bin Samantha Caine und Sie sind...?“
„James...James Cook.“, sagte das dürre Männlein und ließ eine kurze Pause, so als warte es auf den obligatorischen Lacher, den viele Menschen normalerweise anstimmten, wenn sie den Namen zum ersten Mal hörten.
„Gut, wo haben Sie die Waffe gefunden, James?“ Sam bedeutete dem Mann, dass er sie zu der Stelle führen sollte. Er nickte und trippelte einige Meter in das alte Parkhaus hinein, bevor er vor einer besonders uneinsichtigen Stelle stehen blieb. Der alte Bau war dunkel und äußerst marode, so dass man von außen selbst bei hellem Sonnenschein kaum etwas im Parkhaus ausmachen konnte.
„Hier.“ Cook deutete auf den Boden. Sam ließ sich in die Hocke, zog ein paar Handschuhe aus ihrer Jackentasche, in der sie vorsichtshalber immer ein Paar transportierte, und fuhr mit der Hand prüfend über den Untergrund. Eine klebrige, halbeingetrocknete Flüssigkeit besudelte die Fingerspitzen.
„Hier ist’s eindeutig zu dunkel.“, murrte sie entnervt.
„Haben Sie keine Gerätschaften dabei?“, fragte Cook interessiert.
„Eigentlich hätte ich das gehabt, aber wir hatten heute ein paar Probleme im Police Department und so muss ich wohl nachträglich den Spurensicherungskoffer holen.“
„Entschuldigen Sie, Miss?“
Sam wirbelte herum, fühlte sich für Sekunden in alte Zeiten und ein Juweliersgeschäft zurückversetzt, was ihr die Luft abschnürte. (siehe Hope/Faith/Trust)
Doch hinter ihr stand kein Mann mit Pistole, sondern nur ein Streifenpolizist, der einen schmalen Koffer in der Hand hielt.
„Wir haben manchmal so kleine Prophylaxe-Sets in den Streifenwagen dabei. Wenn Ihnen das für eine erste, grobe Spurensicherung reicht?“
„Vielen Dank.“, sagte Sam dankbar und nahm ihm den Koffer ab. „Besser als nichts.“
„Brauchen Sie mich noch?“, wollte James Cook wissen.
„Erst Mal nicht, aber bitte gehen Sie doch mit dem Officer und erzähle Sie ihm ganz genau, wie sie die Waffe gefunden haben und ob Ihnen etwas aufgefallen ist.“
„Selbstverständlich.“
Der Officer und Cook trollten sich.
Sam öffnete den Koffer und besah sich kurz den Inhalt. Für eine grobe Bestandaufnahme war er ganz gut bestückt.
Vorsichtig nahm sie eine Probe von der Substanz am Boden. Leider war in dem Koffer kein Blutindikator vorhanden, so dass sie den Test wohl erst im Labor durchführen musste. Dafür lag eine Stabtaschenlampe neben einem Stapel dicker Latexhandschuhe.
Sam knipste sie an und beleuchtete den Boden.
Wenn die gefundene Substanz wirklich Blut war, dann hatte hier jemand gewischt, aber ein paar Flecken vergessen. Ab und zu sah man dunkelrote bis bräunlich-gelbe Flecken auf dem Boden.
„Wenn ich die blöde Probe machen könnte, wüsste ich jetzt schon direkt, dass es Blut ist.“, murrte sie und machte sich wieder daran, den Tatort abzusuchen.

„Guten Morgen, Officer.“, sagte Horatio und blickte den jungen Polizisten über den Rand seiner dunklen Sonnebrille an. „Wir waren leider verhindert und haben deswegen auf uns warten lassen. Ich hoffe, dass hat sie nicht zu sehr an ihrer Arbeit gestört.“
„Nein, wir wurden von der Zentrale über die Panne im Department informiert, Sir.“, antwortete der Mann.
„Dann führen Sie uns am besten zu den Leichen.“
Der Officer machte eine auffordernde Geste und das Team des CSI folgte ihm.
„Ihr nicht.“
Horatio hatte sich umgedreht und zeigte auf Eric und Speed, die ihn Beide unwillig anstarrten.
„Ich will die Umgebung fein säuberlich untersucht haben.“
„Horatio, es sind gute vierzig Grad hier draußen.“, klagte Delko und nestelte nun seinerseits die Sonnenbrille aus der Hosentasche.
„Ich zerfließe...“, stöhnte Speed wie auf Kommando und verzog das Gesicht.
„Keine Diskussionen. Ihr sucht mir hier alles ab, Calleigh und ich kümmern uns um die Leichen.“
„Da seid ihr ja endlich!“, ertönte Alexx Stimme. Im Sturmschritt kam die Pathologin mit der dunklen Sonnenbrille auf der Nase aus der halb verrotteten Mietwohnung. „Ich hatte schon den Verdacht, dass ich heute nur meine vier Süßen da drinnen zu Gesicht bekomme. Und wenn ich dann zurück komme, liegt ihr bei mir auf der Platte. Hitzetod.“
„Nur keine zu großen Sorgebekundungen deinerseits.“, wehrte Horatio ab und folgte Alexx, die dem Officer zu verstehen gegeben hatte, dass sie genauso gut die Leitung übernehmen konnte.
„Was ist passiert?“, fragte Calleigh.
„Unschönes. Irgendjemand hat den Armen erst gehörig wehgetan und sie dann mit einer Schrotflinte erschossen. Die Sauerei da drinnen ist wirklich kaum zum aushalten. Genaueres über die Verletzungen kann ich erst später sagen, ich tippe auf größtenteils Innere. Vier Leichen. Drei Weibliche und eine Männliche. Seit mindestens sechs Stunden tot.“
Die Pathologin schob eine aufgehängte Plastikplane beiseite und betrat einen dunkeln Raum, in den man einen Leuchtstrahler gehängt hatte, damit die Polizei etwas sehen konnte.
Calleigh hob die Hand kurz an den Mund. Eine der Leichen war das halbe Gesicht weggefetzt worden. Lediglich ein trübes Auge hing in einer halben Augenhöhle und starrte an die Decke.
„Das ist der Junge. Ungefähr dreizehn Jahre alt“, erklärte Alexx, ihrem Blick folgend. „Da drüben liegen zwei Mädchenleichen, ich würde sie auf sechs- und siebenjährig schätzen und in der Ecke dort liegt die andere weibliche Leiche. Ungefähr sechzehn Jahre, könnte auch älter sein.“
Horatio ging in die Hocke und blickte in das verzerrte Gesicht des ältesten Mädchens. Zahlreiche blaue Flecken und blutige Stellen zierten ihr Gesicht, ihre nackten Arme und Beine.
„Sie haben hier gewohnt.“ Calleigh blickte sich forschend im Raum um, hob dann die Kamera und machte Fotos von zwei alten Matratzen, blutverschmierten dünnen Decken und leeren Konservendosen, die unachtsam in die Ecke geworfen worden waren. „Und noch nicht sehr lange.“ Vorsichtig zog sie eine Zeitung unter einem Stapel von Müll hervor. „Die ist von vor vier Tagen.“
„Vielleicht eine Übergangswohnung.“
„Du meinst, die waren auf der Flucht?“, insistierte Calleigh.
„Ich meine nicht, dass verraten mir die Beweise.“


15. Kapitel:
„Speed?“, rief Eric und fuhr sich über die Stirn. Die Hitze war kaum zum aushalten.
„Was gibt’s?“, kam die prompte Antwort von seinem Kollegen. Dieser stapfte missmutig durch eingetrocknetes Gras, vorbei an Müll und weggeworfenem Hausrat.
„Teilfußabdrücke.“
„Fantastisch. In letzter Zeit hat’s ja auch nicht geregnet. Sind vermutlich ein halbes Jahrhundert alt.“
„Lass mal den Quatsch, du Blödel.“ Delko lief zu Speed und zog ihn am Arm zu dem Fußabdruck. „Darf ich dich daran erinnern, dass es heute Nacht geregnet hat, als du nach Hause gegangen bist? Nicht viel, aber es reicht aus, um einen guten Fußabdruck zu hinterlassen.“
„Oh, stimmt ja.“, brummte Tim. „Ich mach’ einen Abdruck.“
„Aber heute noch. Bei deinem Tempo kann ja meine Oma schneller einen Abdruck gießen.“, rief ihm Eric hinterher, als Speed zum Hummer lief, um den Spurensicherungskoffer zu holen.
„Ja ja, deine Oma soll mir mal im Mondschein begegnen.“
„Nichts über meine Oma.“
Speed seufzte nur, öffnete den Kofferraum und holte den Koffer heraus.
„Na, wo haben wir denn die Pampe, hm?“, murmelte er, als er ihn auf der Suche nach Bindemittel durchforstete. Die Utensilien lagen ganz unten, wie er feststellen musste, nachdem er fast den gesamten Inhalt des Koffers von unten nach oben gewühlt hatte.
„Wer hat denn hier drin aufgeräumt?
„Ich, Sportsfreund. Also spar dir deinen Atem.“, raunzte Eric ihn an, der urplötzlich neben ihm stand. „Mein System ist Ordnung pur.“
„Das ist keine Ordnung, das ist echtes Chaos!“, klagte Speed und zeigte auf den durcheinander gebrachten Koffer.
„Du hast ja auch gegraben wie ein arbeitswütiger Maulwurf. Deswegen sieht’s so furchtbar aus. Und jetzt nimm dein Zeug und mach den Abdruck.“
„Ja, Herr Kommandant. Euer Diener begibt sich sofort an die Arbeit.“ Tim verzog keine Miene. „Willst du dich jetzt vielleicht Delko-Caine nennen? Dann darfst du Befehle geben.“ Der Sarkasmus tropfte förmlich aus seinen Worten.
„Ich lache drüber, wenn ich mal irgendwann Zeit habe, okay?“
Speed schnitt eine Grimasse, marschierte zurück zu dem Fußabdruck und begann den Gips anzurühren. Eric indes schritt weiter über das Gelände, in der Hoffnung, die Superspur zu entdecken. Allerdings standen seine Chancen sehr gering, da das Gelände einer einzigen Müllkippe glich.
„Speed?“, gellte Horatios Stimme über das Baugelände.
Der Angesprochene blickte sich um, stand auf und wartete geduldig, bis der Lieutenant zu ihm gelaufen war.
„Was gibt’s?“
Horatio schwenkte sein Handy in der Hand. „Das war Sam. Sie haben die Waffe.“
Tims Gesichtszüge entgleisten. Ihm fiel mehr als nur ein Stein vom Herzen.
„Wo?“
„In einem alten Parkhaus. Und weil Sam das auf keinen Fall alleine machen kann, ziehe ich dich hier ab und setzte dich an die Waffe dran.“
„Danke Horatio, dass...das wäre mir sehr wichtig.“ Speed lächelte froh. Endlich war dieses unterschwellige dumpfe Bedrohungsgefühl weg. Und Stetler würde auch nicht mehr nerven.
„Aber bitte denk daran Tim, dass es um deine Waffe geht. Halte dich also an das 4-Augen-Prinzip, okay? Es gibt Leute, die wollen uns gerne Ärger bereiten...“
Tim nickte. „Natürlich.“
„Lass dich von einem der Officers hinfahren. Den Hummer kann ich dir leider nicht geben.“ Horatio klopfte dem Ermittler noch einmal auf die Schulter und begab sich wieder zurück in das Haus. Zuviel war dort noch zu erledigen und alleine würde Calleigh übermorgen noch nicht fertig mit der Beweisaufnahme sein.

„Sam?“, rief Speed in die Dunkelheit des alten Parkhauses hinein. Ein junger Officer hatte sich dazu bereit erklärt ihn zum Department und zum Tatort zu fahren. So hatte Tim erst einen Spurensicherungskoffer abgeholt, da er gewusst hatte, dass Sam unmöglich einen dabei haben konnte, da sich diese oben in den Laboren befanden, die ja durch die Aufzugspanne unzugänglich gewesen waren.
Ein dünner Lichtstrahl brach die Dunkelheit und kurz darauf leuchtete Sam Speed direkt ins Gesicht.
„Oho, ich bekomme Verstärkung.“, raunte sie und fuhr sich mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn. „Da drinnen ist eine Hitze, das kannst du dir gar nicht vorstellen.“
„Oh doch!“, erwiderte Speed. „In so einer Hitze bin ich eben die ganze Zeit rumgerannt.“
„Na, dann komm doch herein in die gute Stube. Deine Waffe ist leider schon weg. Auf dem direkten Weg in die Ballistik. Genau wie unser Finder, Mr. Cook. Frank ist dran.“, informierte Sam ihren Kollegen, der den Koffer abstellte, ein paar Handschuhe entnahm und sich mit Stabtaschenlampe bewaffnet auf Spurensuche begab.
„Ich nehme mir mal die Wände vor. Da gibt’s bestimmt eine Spur.“
„Du wirst dich kaum retten können.“
„Die roten und braunen Punkte, hast du die schon getestet?“
„Nein Tim. Bis eben hatte ich kein Set für die Spurensicherung. Aber du darfst drei Mal raten, was ich jetzt mache.“
Speed grinste und kniete sich an die im Schatten verschwindende Parkhauswand. „Sag nichts. Ich glaub, ich weiß es!“
„Äußerst unterhaltsam, Mr. Speedle.“, sagte Sam spitz und träufelte vorsichtig etwas Indikator auf die dunkle Substanz, die sie vorher mit einem Stäbchen aufgenommen hatte. Innerhalb von wenigen Sekunden verfärbte sich der Wattebesatz und wurde leuchtend pink. „Na bitte. Hier hat jemand geblutet.“
„Und wenn du mich fragst, dann nicht wenig. Sieht doch an manchen Stellen so aus, als hätte jemand Scheuermilch verwendet, um böse Flecken zu entfernen.“, warf Speed ein. Er kniete sich neben Sam und fuhr mit den Handflächen langsam über den Boden. „Irgendetwas Ätzendes wurde verwendet. Hier spürt man ja richtig, wie Teile des Bodens glatt wurden.“
„Da war anscheinend jemand richtig versessen darauf, seinem Ruf als gute Putzfrau gerecht zu werden. Genützt hat es trotzdem nichts.“ Die Ermittlerin nahm noch zwei Proben von den halb eingetrockneten Blutspritzern, damit sie im Labor ein ordentliches DNA-Profil erstellen konnte.
„Meinst du...dass...“, begann Speed, als er sich wieder aufrichtete und ein paar Fotos von dem weggeätzten Boden machte.
„Meine ehrliche Meinung?“, fragte Sam seufzend.
„Was denn sonst? Wirst du bezahlt fürs Lügen?“ Speed stockte, legte die Kamera beiseite und hielt seine Stabtaschenlampe wieder höher. „Hier sind Fußspuren. Offenbar wurde nicht gründlich Staub gewischt und so ist hier eine Verewigung entstanden.“ Er schoss mehrere Fotos, nachdem er den Maßstab daneben gelegt hatte. „Sehr kleine Füße. Vermutlich weiblich.“
„Ich will deine Hochstimmung ja nicht zerstören oder darauf herumreiten, aber ich glaube, dass mit deiner Waffe geschossen wurde. Problem ist nur, dass das Projektil und die Leiche oder der Verletzte fehlen.“, fasste Sam das Ausgangsthema wieder auf, während sie vorsichtig ein Teil der Oberfläche des Bodens abkratzte. „Ich hab vorhin die Trommel überprüft. Eine Patrone fehlt.“
„Für was hat sie diese Waffe gebraucht?“, murmelte Speed und starrte auf den verdreckten Boden. „Ihr Großvater meinte, dass sie niemandem etwas zu Leide tun konnte. Sie sah so lebendig und fröhlich aus. Was will sie mit der Waffe?“
„Sei doch froh, dass wir immerhin schon mal die Waffe wieder haben.“
„Sam, du weißt genau, dass sehr wahrscheinlich eine Person damit erschossen worden ist. In diesem Fall wäre es mir lieber gewesen, sie wäre nie wieder aufgetaucht!“ Etwas erregte seine Aufmerksamkeit. Tim hielt die Taschenlampe direkt vor sein Gesicht und blickte konzentriert an die Wand. „Hier hängt eine Stofffaser. Gibst du mir mal die Pinzette?“
Sam drückte sie ihm in die Hände, zusammen mit einem kleinen Tütchen, damit er den Beweis sofort verstauen konnte.
„Warum bist du denn so versessen, dass ich mitbekomme, was du findest?“, fragte sie dann und blickte Speed abschätzend an. „Sonst bist du doch auch nicht scharf darauf.“
„Dein Mann hat mir aufgetragen, dich in meine Entdeckungen überall mit einzubeziehen.“ Tim reichte ihr die verschlossene Plastiktüte. „Das 4-Augen-Prinzip oder Ärger mit Stetler und seinen falschen Freunden. Da war die Wahl sehr eindeutig.“
„Du hast dich selbstverständlich für Rick entschieden, nehme ich an.“
„Ja, was denkst du denn? Rick und ich...das ist wahre Freundschaft.“, meinte Speed zynisch und zog eine Augenbraue hoch.
„Wusste ich’s doch.“ Sam machte ihr Stabtaschenlampe wieder an und beleuchtete die Schuhabdrücke. „Ich gehe mal los und sehe nach, wohin sie führen.“
„Bei mir brauchst du dich nicht abmelden.“, brummte Speed, während er weiter die Mauer inspizierte.
„Ich will dich auch nur informieren. Falls ich in einer Stunde nicht zurück bin, solltest du immerhin wissen, was ich vorhatte.“
„Hast du deine Waffe dabei?“
Sam zog die kleine Beretta aus dem Holster und hielt sie Speed vor die Nase. „Zufrieden? Keine Sorge, ich habe nicht vor, mich über den Haufen schießen zu lassen.“
„Man weiß ja nie.“, knurrte Tim schwarzseherisch. „In Miami sollte man mit allem rechnen.“

Sie stolperte und schlug der Länge nach hin.
„Scheiße.“, fluchte die junge Frau und rappelte sich wieder auf. Vor kurzem hatte sie auf einer öffentlichen versifften Toilette versucht ihr verschmiertes Gesicht zu reinigen, damit sie die Leute auf der Straße nicht mehr so anstarrten.
Das rote Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden und in der Kapuze versteckt. Wenn sie genug Geld für eine Tönung hätte, würde sie es schwarz färben, damit man sie nicht mehr erkannte. Sie wusste instinktiv, dass sie erst ihre Geschwister abholen musste, um mit ihnen zu verschwinden.
Wenn die Organisation herausfinden würde, dass sie einen Lieferanten getötet und danach geflohen war, würde man sie töten. Das Risiko, dass sie etwas der Polizei verriet, war zu hoch.
Bis jetzt, so glaubte sie, hatte aber noch niemand davon Wind bekommen. So würden ihr noch ein paar Stunden an Vorsprung gewährt werden.
„Haben Sie sich verletzt?“ Eine junge Frau blickte sie neugierig an. Dunkles Haar umrahmte ein feines Gesicht mit glitzernden grünen Augen.
„Nein, Vielen Dank. Mir geht’s bestens.“
„Dann...nichts für ungut.“ Emily schaute der jungen Frau abwesend nach, als diese davonrannte. Dafür, dass es ihr angeblich bestens ging, hatte sie sehr fertig und ausgezehrt ausgesehen. Aber es war ja auch nicht ihr Problem, warum die Frau so gestresst und verängstigt gewirkt hatte.
Die junge Frau ihrerseits hastete weiter, rannte über Kreuzungen ohne das verärgerte Hupen der Autofahrer zu hören, bis sie schließlich stehen blieb und die Hände in die Seiten stemmte.
Sie stand in einem der unbeliebteren Wohnblocks von Miami und betrachtete nervös die vorübergehenden Menschen. Erschien ihr Jemand bekannt? Wurde sie beobachtet?
Als ihr niemand auffiel, der verdächtig aussah, straffte sie ihre Schultern.
Ihre Hand fuhr prüfend in die kleine Umhängetasche, die sie immer mit sich trug und ertastete mehrere Konservendosen. Hoffentlich hatten ihre Geschwister noch genug zu essen gehabt. Sie hatte ihnen ausdrücklich untersagt, das alte Haus zu verlassen. Nur so waren sie sicher. Das hatte sie schließlich versprochen.
Als sie um den nächsten Block bog und das freie Gelände mit dem alten Haus vor sich hatte, entfuhr ihr ein ersticktes Aufschluchzen.
Hysterisch rannte sie los.
Das gelb-schwarze Absperrband flatterte in der lauen Brise wie ein Vorbote des Schrecklichen. Ein großes silbriges Auto stand dahinter, direkt daneben zwei Wagen der Miami Dade Police.
„Nein.....“ Sie schrie die Worte, taumelte rückwärst von dem Absperrband weg, als wäre es tödlich. „Nein!!!!“
Sie hatten ihre Geschwister gefunden.
Und jetzt brauchten sie nur noch sie.
Tess Juley wirbelte herum, vollkommen aufgelöst, planlos, eine große Leere in sich spürend und floh.
Sie waren tot.
Tot!
Alle...ihre Eltern, ihre Geschwister.
Nur...
Nein, sie konnte unmöglich zu ihm, durfte ihren Großvater nicht auch noch gefährden. Vielleicht wusste die Organisation nicht, dass es ihn gab, vielleicht ließen sie ihn auch nur in Ruhe.
Vielleicht.

Re: CSI:Miami FF -> Tiefsee

16. Kapitel:
„Die Faser besteht aus einem schönen chemischen Cocktail. Keine Auffälligkeiten. Eine Synthetikfaser also. Hundert Prozent Polyester. Auf der Faser sind zwei verschiedene Basisfarben zu erkennen. Einmal ein dunkle grau und schwarz. Ich habe das mit verschiedenen Faser – und Stoffarten abgeglichen und meistens dienen solche Fasern für die Herstellung von Nadelstreifenanzügen.“, referierte Sam, während Speed und Horatio ihr zuhörten.
Zur Zeit war das Team in zwei Gruppen eingeteilt. Eric und Calleigh arbeiteten an den vier Leichen, während Sam und Speed den Waffenfundort bearbeiteten. Horatio selbst war der Springer, der mal in der einen, mal in der anderen Gruppe arbeitete und beaufsichtigte.
„Daraufhin habe ich mich mal kundig gemacht, welche Firmen diesen Cocktail für ihre Fasern und Anzüge verwenden. Es sind viel zu viele, um sie alle abzuchecken. Und leider sind auch Anzüge aller Preisklassen dabei.“ Bedauernd zuckte Sam mit ihren Schultern und klappte die Mappe mit den Informationen zu. Eine Großaufnahme der Stofffaser war an die Wand projiziert worden, so dass mit ein bisschen Übung die schwarzen und grauen Farben erkennen konnte.
„Wie sieht’s aus mit den beiden Fußabdrücken?“, wollte Horatio wissen und blickte Speed auffordernd an, der daraufhin aufstand, kurz am PC herumspielte und so die Vergrößerung des Abdruckes auf dem Bildschirm erscheinen ließ.
„Wie du ja schon gesagt hast: Ich habe einen ganzen Fußabdruck, beziehungsweise Schuhabdruck gefunden. Und einen Teilabdruck, wobei das nur ein klitzekleines Stück Schuhprofil ist, so dass es nicht ganz ausgereicht hat, um die Marke heraus zu finden. Allerdings hab ich per Zufall mal beide Abdrücke übereinander gelegt und...tata, sie stimmen überein. Der Teilabdruck gehört zu dem vollständigen Schuhabdruck. Die Person war also an beiden Tatorten. Und bei den Abdrücken handelt es sich um Stiefel der Schuhgröße 38. Sie haben hinten einen Pfennigabsatz und sind von der Marke „Skull“. Dürfte einfach zu finden sein, denn die Schuhe sind sehr teuer und schwer zu bekommen. Die freundliche Dame vom Kundenservice konnte mir immerhin sagen, dass die Schuhe in Miami und Umgebung nur an die zehn Mal vertreten sind. Und jetzt ratet Mal, wer sich so ein paar Luxustreter geleistet hat?“
„Keine Ahnung.“, erwiderte Sam. Auch Horatio zog nur seine Augenbrauen zusammen.
„Ashley Barkley gehört zu den Hauptgewinnerinnen.“ Speed grinste. „Ich hab das gleich an Frank und Cal weitergegeben, die Bruce gerade verhören. Wir sollten die gute Frau vielleicht auch mal zu uns einladen. Ihr wird’s hier bestimmt gefallen.“

„Die armen Kleinen.“ Alexx strich zärtlich über das zerfetzte Gesicht des Jungen. „Ist das nicht schrecklich. Das können genauso gut meine Kinder sein.“
Eric schluckte beklommen. Die vier Kinderleichen lagen neben einander in der Autopsie und boten ein grausiges Bild. Allein die Tatsache, dass sogar die Gesichter der kleinen Mädchen voller Blutergüsse und die Lippen an zahlreichen Stellen aufgerissen waren, ließen einen Würgereiz in Delkos Kehle aufsteigen. Am schlimmsten erschütterte ihn aber wieder den Anblick des Jungen.
„Wie sind sie gestorben?“
„Wie ich bereits gesagt habe, erst wurden sie nach allen Regeln der Kunst misshandelt, wobei gezielt auf Unterleib, Magengegend und Gesicht eingeschlagen und teilweise auch getreten wurde. Horatio hat Erbrochenes in der einen Ecke sicher gestellt, was zweifelsfrei zum dem kleinsten der Mädchen passt. Anschließend wurden die Kleinen erschossen. Die Mädchen in den Nacken und der Junge...“ Alexx verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse der Abscheu. „...dem Herzchen wurde direkt ins Gesicht geschossen. Aus nächster Nähe, was das fast komplette zerfetzte Gesicht erklärt. Hätte man sie nicht erschossen, wären sie langsam an den inneren Verletzungen verblutet.“
Eric schloss die Augen. Er spürte eine unbändige Wut in sich aufsteigen. Diese Kinder mussten leiden, wegen irgendeinem psychopathischen Dreckskerl!
„Wissen wir schon, wer sie sind?“ Alexx fuhr dem kleinsten der Mädchen durch das lange blonde Haar, dass nun nicht mehr blutverklebt und zerzaust war, nachdem Alexx sie gewaschen hatte.
„Ja.“ Eric klopfte nervös mit seinem Fuß auf den Boden. „Es sind die Geschwister von Tess Juley. Horatio hatte da so einen Verdacht und hat die Bilder dem Großvater vorgelegt. Der hat die Vermutung bestätigt.“
„Der arme Mann.“, meinte Alexx mitfühlend. Ihre dunklen Augen hatte sie zu kleinen Schlitzen verzogen und ihr Mund war ein dünner Strich. „Wenn ihr mich fragt, dann hat diese Tess ihre Geschwister allerdings nicht erschossen.“
„Wie meinst du das?“ Delko beugte sich vor und betrachtete noch einmal das misshandelte Gesicht des kleinen Mädchens.
„Es wurde so rohe Gewalt angewendet, dass man nicht darauf schließen kann, dass die Opfer und der oder die Täter in irgendeinem Verhältnis zueinander standen. Gewalt unter Familienmitgliedern hat immer ein bestimmtes Schema. Hier fällt die Gewalt vollkommen aus dem Rahmen.“ Alexx zog den Kinderleichen nacheinander die weißen Tücher über die Köpfe. „So etwas brutales hab’ ich wirklich noch nie gesehen.“

„Erzählen Sie uns doch mal, wie das abgelaufen ist, als Sie Tim Speedle und Eric Delko auf Waffen untersucht haben.“ Frank lehnte sich zurück, zupfte kurz an seiner Krawatte und blickte den Riesen von Mann vor sich an.
„Hab ich doch schon alles gesagt.“, meinte Bruce und fuhr sich mit einem Stofftaschentuch über seine Glatze.
„Ich möchte aber gerne, dass sie mir es noch einmal erzählen. Wäre das ein Problem für Sie?“
„Nur keine Panik, Alterchen. Also...die zwei Komiker kamen an, ich hab sie durchsucht und die Waffen gefunden. Da hat mir der eine seinen Ausweis vor die Nase gehalten und ich hab sie durchgehen lassen.“
„Wer könnte denn gesehen haben, dass sie Beiden eine Waffe hatten?“, mischte sich nun Calleigh ein.
„Jeder. Die standen ja ganz vorne in der Reihe und alle haben hin geglotzt. Das Löckchen hat ja auch noch mit dem Ding rumgefuchtelt, als müsste er einen Preis gewinnen. Hab schon gedacht, gleich schießt er aus Freude die ganze Bude zusammen.“
„Ist es nicht sonderbar, dass uns etwas ganz anderes erzählt wurde? Angeblich hat niemand von der Waffe wissen können, außer Ihnen.“
„Wer hat denn den Scheiß erzählt? Der komische Andere? An dem die Mädels hingen wie Schmeißfliegen?“
„Tut das etwas zu Sache? Ich würde jetzt nur gerne von Ihnen die Wahrheit hören und nicht eine Halbwahrheit.“
„Das ist die Wahrheit, Mann. Die Beiden haben sich doch so abgebeamt, die können sich daran überhaupt nicht mehr richtig erinnern.“, protestierte Bruce und blickte demonstrativ auf die Uhr. „Sonst noch Fragen? Ich hab noch zu tun.“
„Ja, ich hätte da noch eine.“ Calleigh blickte dem Türsteher direkt in die Augen. „Kennen Sie eine Tess Juley?“
„Nein.“ Der Mann starrte Calleigh an, als wolle er sie gleich fressen. „Aber dich würde ich gerne kennen, Schätzchen.“
„Lust auf ein bisschen Spaß in der Zelle?“, gab die Ermittlerin emotionslos zurück. „Dann machen Sie nur weiter so.“
„Ist ja schon, ist ja schon gut...nehmen Sie’s mir nicht gleich übel.“
„Also, was ist nun. Wie sieht’s aus mit der Waffe?“ Frank wurde das Geplänkel langsam zu bunt.
„Hab ich doch schon erklärt.“
„Und ich glaube Ihnen nicht. Ich denke, Sie kennen Tess Juley und Sie haben der Kleinen den Tipp gegeben, wo sie günstig an eine Waffe ran kommt.“
„Dann beweisen Sie mir das mal. Ohne Beweise läuft doch bei Ihnen nichts, oder?“ Bruce grinste abfällig. „Und ich sag jetzt auch nichts mehr ohne meinen Anwalt.“
„Wie schade. Da nehmen Sie uns den ganzen Spaß.“, sagte Frank nur und stand auf. „Wir melden uns bei Ihnen, wenn wir Ihnen und dem Gedächtnis wieder auf die Sprünge helfen können.“
„Ich freue mich schon...“

„Darf ich Sie fragen, was ich hier soll?“ Ashley Barkley saß kerzengerade auf dem Stuhl und blickte Eric und Horatio, dir ihr gegenüber saßen, herausfordernd an. „Sie sagten, es ginge um Schuhe?“
„Ja. Sie besitzen doch ein paar Schuhe der Marke „Skull“, richtig?“ Eric blickte Ashley freundlich an.
„Nein. Nicht mehr. Wieso?“
„Was ist mit den Schuhen passiert?“
„Ich hab’ sie verschenkt.“
„Verschenkt?“ Horatio blickte die Frau zweifelnd an. „Wieso haben Sie Schuhe verschenkt, an die man sehr schwer ran kommt und die sehr teuer sind?“
„Weil die Kleine mir Leid tat.“, erwiderte Ashley und wippte mit ihren Füßen auf und ab. „Sie war richtig hübsch und hat meine Schuhe angesehen, als wären es die Schuhe, die sie schon immer gesucht hat. Da hab ich sie ihr geschenkt. Genug Geld habe ich ja, ich kann mir also Neue kaufen.“
„Welche Kleine?“, fragte der Lieutenant nach.
„Ach so ein Mädel. Ziemlich jung. Groß und lange rote Haare. Sie hieß Tess, glaube ich.“
Eric wechselte einen überraschten Blick mit seinem Vorgesetzten.
„Ashley, können Sie sich erklären, wieso Tess von der Waffe einer meiner Mitarbeiter wusste?“
„Nein. Ich kannte Tess auch nur flüchtig. Sie wollte bei uns als Barmädchen anfangen. Aber ich konnte sie nicht einstellen.“
„Gut, andere Frage: Wie sehr vertrauen Sie Ihrem Türsteher Bruce?“
„Noch nicht viel. Ich habe ihn in Miami angeheuert und er ist wirklich der Beste, den ich je hatte. Aber weil er neu ist und auch nirgendwo in einem Club vorher gearbeitet hat, bin ich etwas misstrauisch. Ein so hervorragender Mann wie Bruce muss sein Handwerk irgendwo gelernt haben, aber er hatte es nicht. Hat er was ausgefressen?“, erkundigte sich Ashley besorgt. „Hat es war mit dieser Tess zu tun?“
„Kann man so sagen.“ Horatio deutete ein schmales Lächeln an. Diese Frau behagte ihm immer noch nicht. „Es ist möglich, dass er dafür gesorgt hat, dass Tess Juley von der Waffe wusste, die Tim Speedle bei sich trug und sie diese Waffe so stehlen konnte.“
„Das kann nicht sein.“, dröhnte Ashley und griff in ihre Handtasche. „Entschuldigen Sie, aber darauf muss ich eine rauchen. Das hält man ja nicht aus.“
„Hier ist Rau...“, setzte Eric an, doch Horatio winkte ab. Er winkte den Officer, der neben der Tür stand, zu sich und beauftragte ihn, einen Aschenbecher zu holen.
Sobald der junge Mann mit dem Aschenbecher zurück war, zündete sich Ashley eine dicke Zigarre an und zog hektisch daran.
„Nein. Bruce würde so was nicht tun. Ich...nein das, das kann nicht sein.“
„Es tut mir Leid, aber es ist vermutlich so gewesen. Wir bräuchten von Ihnen allerdings jetzt alle Informationen, die Sie von Bruce besitzen und über ihn wissen.“, brachte Horatio sein nächstes Anliegen vor. Er blickte direkt in Ashleys graue Augen und registrierte besorgt die Starrheit und Kälte ihres Blickes. Irgend etwas stimmte ganz und gar nicht, das wusste er.
„Selbstverständlich. Ich lasse sie Ihnen bringen.“ Ashley zog noch einmal an der Zigarre und drückte sie dann im Aschenbecher aus. „Das mit den Schuhen war dumm von mir, richtig?“ Sie sah Eric verwirrt an.
„Machen Sie sich keinen Kopf. Wir fahnden bereits nach Tess. Das nächste Mal überlegen Sie sich solche großzügigen Geschenke noch einmal.“ Delko schenkte ihr ein fürsorgliches Lächeln.
„Natürlich. Ich habe daraus gelernt.“ Ashley nickte verständnisvoll.
„Dann wollen wir Sie auch nicht weiter behelligen. Wir danken Ihnen für Ihr kommen und warten auf die Infos.“ Horatio reichte ihr seine Hand und erwiderte den erschreckend festen Händedruck der zierlichen blonden Frau.
„Keine Sorge. Ich werde alles tun, um Ihnen zu helfen. Schließlich möchte ich nicht, dass mein Club zu einem Ort für Waffenschieber und Diebe wird.“
„Wir auch nicht, das kann ich Ihnen versichern.“ Auch Eric gab ihr die Hand.
„Einen schönen Tag noch, die Herren.“, wünschte Ashley, bevor sie mit klackernden Absätzen aus dem Vernehmungsraum stolzierte und nur einen beißenden Geruch der Zigarre zurück ließ.

Calleigh entnahm der gefundenen Waffe das Magazin und betrachtete lange die Patronen darin. Eben war die Pistole auf Fingerabdrücke untersucht worden und man hatte sowohl alte Abdrücke von Tim, als auch neue von Tess Juley, gefunden, was Speedle somit von jeglichem Tatverdacht frei sprechen würde.
„Und?“, fragte dieser leicht nervös und schaute seiner blonden Kollegin über die Schulter.
„Vier Kugeln wurden verschossen. Entweder hat Tess mehrmals auf ein und dieselbe Person geschossen oder sie hat nicht nur einen Mensch umgebracht beziehungsweise verletzt.“
„Verdammt....“ Speed schlug gegen die Glaswand.
„Hey, mach dir keinen Stress. Horatio regelt das. Und selbst wenn wirklich jemand damit ermordet wurde, du hast doch Bescheid gegeben, dass deine Waffe entwendet wurde.“
„Eigentlich geht’s mir ja auch nur darum, dass mit meiner Waffe wahrscheinlich eine Person umgebracht wurde. Ich trag das Ding doch nur, um manchen Leuten Sicherheit zu geben und nicht, um möglichst viele Menschen um zu nieten.“, schimpfte Tim, der noch nie sonderlich viel von Waffen gehalten hatte und auch lange überzeugt werden musste, dass es im Außendienst sicherer war, eine zu tragen.
„Mach dich doch mal locker.“ Calleigh verdrehte ihre Augen.
„Deine Waffe liegt ja auch nicht auf dem Präsentierteller. Und Rick steht ebenfalls nicht hinter dir und würde dich am liebsten anspringen.“, brummelte ihr Kollege leicht beleidigt.
„Ach Stetler...ich sag dir mal was, der träumt Nachts auch von ganz anderen Sachen. Weltherrschaft und so einen Mist. Einfach nicht beachten. Er kann dir nichts!“
„Bist du sicher, dass es auch meine Waffe ist.“ Speed beäugte die Pistole misstrauisch. Am Ende war das gar nicht seine und er steigerte sich vollkommen unnötig in neue hysterische Horizonte.
„Soll das ein Witz sein?“, fragte Calleigh ungläubig. „Haha!“
„Sehe ich so aus?“ Speedle verzog keine Miene und starrte seine Kollegin nur durch seinen 3-Tage-Bart hindurch an. „Es ist deine Waffe, Superhirn. Falls es dir mal aufgefallen ist, am Knauf sind deine Initialen eingraviert.“ Sie hob die Waffe an und deutete auf eine auffällige Gravur am Knauf. „Und frag mich jetzt nicht, ob da auch wirklich dein Name drauf steht. Das ist dein Baby, das sieht sogar ein Blinder mit Krückstock.“
„Wann kann ich „mein Baby“ wiederhaben?“
„Wenn der Fall abgeschlossen ist. Vorher gebe ich das Teil nicht mehr aus der Hand.“ Calleigh grinste und wedelte mit der Waffe.
„Gott sei Dank, ist die nicht geladen. Sonst hätte sie schon die Ballistik durchlöchert.“, schoss es Speed durch den Kopf und er musste unwillkürlich anfangen zu grinsen, was Cal aber nicht bemerkte.
„Aber wenn du so scharf auf eine neue Waffe bist, solltest du einen Antrag stellen, dass man dir bis zur Beendung dieses Falles eine Ersatzwaffe gibt.“
„Nein, muss nicht sein. Ich lebe bis jetzt auch gut, ohne das Gewicht am Gürtel.“, lehnte Tim dankend ab. Er brauchte nicht schon wieder eine Handfeuerwaffe. Ohne lebte es sich besser.


17. Kapitel:
„Eric?“ Meredith Stimme gellte durch das gesamte Haus und der Angesprochene seufzte, klappte sein Laptop zu und stand auf.
„Was ist denn los, Süße?“
„Kannst du mir mal eben helfen? Ich schaff das nicht.“
„Natürlich.“ Eric schlurfte durch den Flur in Richtung Küche. Meredith versuchte gerade etwas zu kochen. Allerdings hatte sie keinerlei Talent für das genießbare Zubereiten von Esswaren. Heute hatte sie sich an ganz normalen Nudeln versucht, aber der erste prüfende Blick ihres Freundes auf den Inhalt des Nudeltopfes verriet diesem, dass auch das nicht geglückt war.
„Was hast du gemacht?“, entfuhr es ihm. „Wie in aller Welt kann man Nudeln braun kochen?“
Meredith sah Eric beleidigt an. „Ich hab mir solche Mühe gegeben. Nie bist du zufrieden mit mir.“
Delko verkniff sich eine patzige Antwort und nahm ihr nur grob den Topf aus der Hand, um die Nudeln abzuschütten. Als Meredith ihm dabei den Arm um die Hüfte legte und ihren Kopf an seinen Rücken schmiegte, rutschte er ab und verbrannte sich den Handrücken am kochendheißen Topf.
„Verdammte scheiße!“, brüllte Eric und ließ den Topf los, der krachend ins Spülbecken schlug.
„Meine Nudeln!“, kreischte Meredith auf und starrte ihren Freund mit aufgerissenen Augen an. „Du spinnst doch, Eric. Ich geb’ mein Bestes und du schmeißt sie einfach weg.“
Delko riss den Wasserhahn auf und ließ das eiskalte Wasser über seinen, mittlerweile feuerroten, Handrücken laufen, der schmerzhaft pochte. Er hatte seinen Mund zu einem gekrampften Strich verzogen und spürte, wie die Ader hinter seiner Schläfe zu pulsieren begann. Er stand kurz vor einem Ausbruch.
„In letzter Zeit willst du mich nur noch kränken.“, jammerte Meredith neben ihm und warf ihm einen zu tiefst verletzten Blick zu. „Hab ich dir was getan?“ Sie trug eine leidende Miene zur Schau, als habe sie sich verletzt und nicht er. „Du musst wissen, was du willst.“
Vor Erics Augen tanzten kleine Sternchen.
„Meredith, halt die Klappe.“, knurrte er übellaunig, drehte den Wasserhahn wieder zu und setzte sich auf einen Küchenstuhl, die brennende Hand in der anderen verborgen. Als sie tief Luft holte, stand er auf, drehte ihr den Rücken zu und marschierte ins Bad. Die Wut pulsierte in ihm. Was erlaubte sie sich eigentlich? Wie sprach sie denn mit ihm? Ihm, Eric Delko? Hatte er nicht immer versucht, ihr alles Recht zu machen, seine Freizeit geopfert, sich von seinen Freunden abgekapselt und sogar das Flirten unterlassen?
Eric öffnete das Badezimmerschränkchen, entnahm eine schmerzstillende Gelcreme und schmierte sich die Hand damit ein.
„Eric! Ich rede mit dir.“ Keifend stand Meredith im Türrahmen. Das Gesicht war gerötet, in den Augen schimmerte es verdächtig und sie schnappte hörbar nach Luft, so empört war sie. „Bedeute ich dir eigentlich noch etwas?“
Diese Frage hasste er wie die Pest. „Meredith! Ich habe mir eben die Hand verbrannt, falls du das mitbekommen haben solltest. Ich hab sie mir verbrannt, weil du zu doof warst, Nudeln ab zu schütten. Diese Hand ist knallrot, tut weh und ich bin genervt. Also komm mir nicht mit Vorwürfen, okay?“ Eric drehte seinen Kopf und blickte sie zornig an. „Ich hatte einen verdammt langen Arbeitstag, im Gegensatz zu dir. Offenbar kapierst du einfach nicht, dass ich nicht stundenlang arbeiten und abends dann noch mal so weit aufdrehen kann, dass du auch noch auf deine Kosten kommst. Mir reicht es langsam mit deinen verplanten Abenden. Jedes Mal was Neues, was Schickes, was Teures oder was Exklusives. Wir sind keine High Society und auch nicht verpflichtet, bei jedem Wohltätigkeitsabend aufzukreuzen.“
„Schön!“, zickte Meredith zurück. „Dir passt also gar nichts mehr von dem, was ich vorbereite und mir überlege. Du bist wirklich undankbar. So was habe ich nicht nötig.“ Sie warf ihr Haar zurück, drehte sich abrupt und wollte wieder gehen. Eric ergriff ihren Arm und zog sie zu sich, bis ihre Gesichter sich fast berührten. Er sah ein triumphierendes Glitzern in ihren Augen. Offenbar dachte sie, dass er wieder nachgeben würde.
„Die Schlüssel!“, zischte Delko und das Glitzern verschwand.
„Das ist nicht dein Ernst.“ Meredith blickte ihn ungläubig an.
„Die Schlüssel!“, wiederholte er unnachgiebig und streckte fordernd seine Hand aus. „Heute noch!“ Sie zitterte, als sie langsam in die Hosentasche des kurzen Rocks griff und mit spitzen Fingern einen Schlüsselbund hervorzog. Eric riss ihn ihr aus der Hand und entfernte die Haustürschlüssel zu seiner Wohnung.
„Eric....“, sagte Meredith bittend und berührte seine Wange, doch er schüttelte unwillig den Kopf, so dass ihre Hand abrutschte.
„Raus!“ Seine Stimme war leise, aber bestimmt, duldete keinen Widerspruch.
„Eric...“, versuchte es Meredith noch einmal. Sie wurde nicht zur Kenntnis genommen. Delko blickte sie nicht mehr an, versuchte die innerliche Zerrissenheit in den Griff zu bekommen und wünschte sich nur, dass sie endlich ging, bevor er es sich wieder anders überlegte.
Meredith schluchzte, wischte die Tränen aus ihrem Gesicht und ging.
Nach zehn Minuten, während denen Eric bewegungslos im Bad ausgeharrt hatte, hörte er die Haustüre zufallen.
Sie war weg. Ihre gesamten Klamotten und Besitztümer hatte sie in einen großen Koffer geschmissen und war endgültig verschwunden.

Emily seufzte träge und rückte ihre Sonnenbrille zurecht.
Seit zwei Stunden lag sie nun schon am Strand und beobachtete die Menschen um sie herum. Eigentlich hatte sie heute ja tauchen gehen wollen, aber das Meer gefiel ihr nicht und sie wollte auch keinen Risiko-Tauchgang wagen. Vor allem hatte sie noch niemanden gesehen, der auch tauchen gehen wollte, so dass sie alleine hätte tauchen müssen, was im Grunde genommen verboten war. Also lag ihre Ausrüstung einsam und verlassen neben ihr und musste wohl oder übel noch ein bisschen auf ihren ersten Einsatz warten.
Auf schwimmen hatte Emily auch keine Lust und eigentlich gefiel ihr das stupide rumliegen ganz gut.
„Entschuldigung?“, wurde sie aus ihren Tagträumen zurückgeholt. Ein Mann stand neben ihr und grinste sie breit an. „Darf ich dir was ausgeben?“
„Probleme, wenn ich nein sage?“, war Emilys gelangweilte Antwort. Sie hatte keinen Bock auf erneuten Stress mit Sam.
„Hey, ist ja schon gut.“ Der Mann verzog das Gesicht, warf ihr einen letzten komischen Seitenblick zu und trollte sich. Emily kräuselte spöttisch die Lippen, schloss die Augen und drehte ihr Gesicht wieder in die Sonne.
Ein Schatten auf ihrem Gesicht ließ sie wieder aufsehen.
Vor ihr stand die junge Frau, die sie vor kurzem in der Stadt gesehen hatte. Jetzt hatte sie pechschwarze Haare und kein Lippenpiercing mehr. Obwohl sie sich äußerlich stark verändert hatte, erkannte Em sie anhand ihrer Augen und den feinen Gesichtszügen. Die junge Frau hatte Emily gar nicht bemerkt, schirmte ihre Augen gegen die Sonne ab und ging weiter. Dabei strauchelte sie. Emily hatte dies bereits vorausgeahnt, sprang behände auf und ergriff sie am Arm. Die Reaktion war ganz anders, als erwartet.
„Nein!“, schrie die Frau, entwand sich Emilys Griff und wirbelte herum, schlug nach ihr.
„Hey!“ Emilys Hände schnellten vor, umklammerten die Handgelenke der anderen Frau und machten es ihr unmöglich, sie zu schlagen. „Ganz ruhig. Ich tu dir nichts.“
Die umliegenden Badegäste um sie herum, betrachteten das Spektakel neugierig. Die Frau gab die Versuche auf, sich Emilys Griff zu entwinden und sank langsam in den Sand, wobei Em aufpasste, dass sie nicht wie ein gefällter Baum zusammen brach. Die Augenlider flatterten unruhig, aber sie wehrte sich nicht mehr, als Emily ihr sanft aber bestimmt die kleine Tasche entwand, die die Frau mit sich geführt hatte.
„Setzte Sie sich doch einmal kurz hin. Dann können Sie kurz verschnaufen.“
„Ich kann hier nicht bleiben.“, murmelte sie schwach und wollte wieder aufstehen, doch Emily hielt sie zurück.
„Ganz sicher nicht. Ihnen geht’s nicht gut.“ Sie überlegte einen Moment. Sollte sie wirklich? Aber es war eindeutig ein Notfall und außerdem war ihr diese verstörte junge Frau schon einmal aufgefallen. „Kommen Sie mit. Sie sind vollkommen fertig. Ich...legen Sie sich kurz hin.“
„Bitte nicht. Ich kann doch nicht...“
„Natürlich können Sie.“, unterbrach sie Emily. „Wenn Sie so weitermachen, kollabieren Sie noch.“
Die junge Frau sackte in sich zusammen, vergrub ihr Gesicht in den Händen.
„Sie müssen mir glauben. Ich kann nicht mit zu Ihnen. Es würde Ihnen...schaden, wenn Sie sich um mich kümmern.“
Emily schüttelte nur verständnislos den Kopf, packte ihre Sachen zusammen und bedeutete der Frau, ihr zu folgen. Sie war froh, dass sie nur das Minimalmaß ihrer Taucherausrüstung mitgenommen hatte, sonst müsste sie sich jetzt tot schleppen. So konnte sie aufpassen, dass diese mysteriöse junge Frau nicht wieder irgendeine Dummheit machte.

„I wanna break your stereo, I wanna break your stereotype
I wanna break your stereo, I wanna break your stereotype
If you could break my stereo, I want you to break my stereotype
If you could break my stereo, I want you to break my stereotype
Come on!“


Sam hatte wieder Überstunden geschoben und saß geschafft vor ihrem Spind. Sie hatte keine Lust wieder nach Hause zu fahren und sich ein Gefecht mir ihrer Cousine zu leisten. Horatio war ihr bei diesem Thema zu liberal, er ergriff keine Seite und hielt sich aus den Diskussionen raus, weil er der Meinung war, dass er sich in Taylor’sche Familienangelegenheiten nicht einmischen sollte.
„Hey Sam!“ Speeds Lockenkopf erschien neben der Spindreihe und kurze Zeit später saß der dazugehörige Körper neben Sam. „Na, wie geht’s dir?“ Er lächelte seine Kollegin breit an.
„Noch kann ich mich nicht beschweren.“, war die lapidare Antwort.
„Was ist denn los?“ Speed warf Sam einen forschenden Blick zu. „Geht’s dir nicht gut?“
„Ach, da muss ich jetzt nicht drüber reden.“
„Ich finde schon. Jetzt rück damit raus! Wo drückt der Schuh?“
„Ach, mir geht’s in letzter Zeit insgesamt nicht gut.“, erzählte Sam leise. „Ich fühl mich fertig und lustlos. Stellenweise kann ich’s ja gut überspielen, so dass es nicht auffällt, aber mittlerweile fällt alles zusammen.“
„Du machst mir doch nicht wieder solche Sachen wie damals?“ Beunruhigung schwang in Tims Stimme mit.
„Damals“, dachte Sam bitter. „Damals ist verdammt lange her.“
„Nein, bestimmt nicht.“, sagte sie dann und rang sich ein Lächeln ab. „Bitte nicht.“
„Lass dich mal drücken.“ Er hatte ihr noch nicht ganz angenommen, dass sie sich wieder besser fühlte und zog sie an sich, um ihr eine freundschaftlich gemeinte Umarmung zu verpassen. „Das Stimmungstief verzieht sich schon wieder.“
„Hoffentlich.“ Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Eigentlich sieht du so aus, als hättest du Bock wieder in meine Nachbarwohnung zu ziehen, weißt du das?“
„Ha ha, Speed. Zur Zeit bin ich nicht so am Ausziehen interessiert.“ Sam stand auf, öffnete ihre Spindtür und zog ein frisches Poloshirt hervor.
„Du willst ausziehen? Wohin denn?“ Horatio war, wie des öfteren, leise angeschlichen gekommen und stand nun neben Sam und betrachtete sie fasziniert. „Habe ich da noch Mitspracherecht?“
„Nein.“, antwortete Sam frech und drückte ihm einen raschen Kuss auf die Lippen. „Ach ja: Da morgen hoffentlich das Wochenende anfängt...“ Sie warf ihrem Mann einen bedeutsamen Blick zu, da er öfters dazu neigte, zu vergessen, dass ein Wochenende auch ohne Arbeit möglich war. „...dachte ich mir, dass wir mal wieder alle was zusammen unternehmen könnten. Speed, du bist herzlich zu uns nach Hause eingeladen. Ich koch uns was Schönes, Horatio beschäftigt sich stundenlang mit dem richtigen Wein. Es wird also alles ganz toll.“
„Gut, dass ich jetzt auch Bescheid weiß.“, murmelte ihr Mann. „Du weißt schon, dass Emily da ist.“
„Ja und? Dann ist sie halt nicht im Haus und selbst wenn...“, erwiderte Sam gereizt.
„Was ist mit Eric und Cal?“, wandte Speed ein.
„Die natürlich auch. Das ganze Team. Sogar Alexx darf.“ Ein spitzbübisches Lächeln stahl sich auf das Gesicht seiner Kollegin. „Kannst du dich daran erinnern, dass ihr immer nur als gesamtes Team zu uns zum Essen kommt?“
„Ja.“, grummelte Tim. „Dunkel. In den hintersten Ecken meiner Genialität.“
„Schatz, wenn du dich etwas beeilen würdest, dann könntest du auch noch mit mir fahren und musst dann nicht deinen Monstertruck vor unserer Einfahrt parken.“ Sam drehte sich zu Horatio um, der aber keinerlei Anstalten machte, ihrer Aufforderung nach zu kommen. „Was ist denn? Ich zieh mich noch schnell um und du schließt dein Büro ab, dann geht’s ab die Post.“
Horatio verzog keine Miene, als er seine Hand in die Hüfte stemmte.
„Darling, keine zehn Pferde bekommen mich in deine Hasenkiste.“
„In meine Hasenkiste? Würdest du das noch einmal wiederholen, Mister Caine?“
„Hasenkiste.“
„Und dann wundern, wenn nachher nichts zu essen auf dem Tisch steht.“
Speed sah grinsend von einem zum anderen. „Gleich kommt Boxen, live!“, murmelte er.
„Speedle, ich bin nicht taub!“, sagten beide Caines wie aus einem Mund.
Horatio hatte sich schneller wieder im Griff. „Ich komme nach. Fahr du schon mal vor.“
Sam nickte schicksalsergeben. „Nichts geht über sein heiliges Auto.“, raunte sie Speed zu, als sie an ihm vorbeiging, um sich in den Umkleiden um zu ziehen.
Sobald Sam außer Sicht – und Hörweite war, nickte Tim seinem Vorgesetzten verschwörerisch zu. „Sie weiß den Hummer einfach nicht zu schätzen.“
Horatio verkniff sich mit einem dünnen Grinsen jegliches Kommentar.

Re: CSI:Miami FF -> Tiefsee

18. Kapitel:
„Em? Ich bin da!“, rief Sam und schloss die Haustüre hinter sich. Keine Reaktion ihrer Cousine erfolgte. „Em?“
Als wieder keine Reaktion erfolgte, zuckte sie mit den Schultern und schlüpfte aus ihren Sneakers. Eigentlich war es auch egal, wo sich Emily wieder rumtrieb. Sie war alt genug und es störte sich auch nicht im geringsten, wenn ihre Cousine sich mal nicht stundenlang im Haus befand, so dass Sam etwas ungestörte Zeit mit Horatio verbringen konnte. Sie steckte ihre Wagenschlüssel ein, marschierte in die Küche, zog eine angefangene Packung Multivitaminsaft aus dem Kühlschrank und goss sich ein großes Glas ein. Die Temperaturen in Miami waren wieder paradiesisch heiß und Sam, die eher auf die kühleren New Yorker Temperaturen stand, bekam bei dieser Hitze schnell Kopfschmerzen. Vor allem, wenn sie nicht genug trank. Heute war mal wieder einer dieser Tage gewesen. Zu ihrem allgemeinen Unwohlsein kam der Beginn eines bohrenden Schmerzes im Bauch, dass sie unterbinden wollte, bevor es zu spät war.
Um das Gefühl nicht noch zu katalysieren, machte sie ganz leise das Radio an und begann den Tisch zu decken. Sie hoffte, dass ihr Mann spätestens in einer Stunde aufkreuzen würde. Voraussetzung dafür war allerdings, dass er nicht auf einmal wieder feststellte, dass irgendwo noch eine unbesehene Akte herumlag oder dass Miami mal wieder kurz davor stand, in Schutt und Asche gelegt zu werden. Allein der Gedanke, zauberte ihr ein breites Lächeln ins Gesicht. Letztes Jahr hatte sie genau aus diesem Grund ein „Super-Horatio“-Kostüm anfertigen lassen. Gut, eigentlich war sie zu alt für solche Späßchen, aber die Idee hatte sie zusammen mit dem gesamten Team des CSI entwickelt. Antreibende Kraft dabei war Speed gewesen, der Kontakte zu einer begabten Jungschneiderin hatte.

„Komm schon, Horatio! Probier’s mal an.“ Eric wedelte aufgeregt mit der Videokamera vor dem Gesicht seines Chefs herum. „Steht dir bestimmt super.“
Die Stimmung war ausgelassen. Nach Feierabend hatten sie auf den Geburtstag des Lieutenants eine Flasche Sekt im Gemeinschaftsraum getrunken und ihm anschließend das kollektive Präsent überreicht.
Das Kostüm war in einem dunklen Waldgrün und in Gold war ein großes H auf den Bauch genäht worden. Die dunkle Farbe hatte sich Sam überlegt, da sie wunderbar mit den roten Haaren ihres Mannes harmonieren würde. Sogar das goldene Cape war an die Haarfarbe angepasst worden. Sie musste zugeben, dass Tims Bekannte wirklich hervorragende Arbeit geleistet hatte. Allein die Gaudi beim Einpacken des Geschenkes war groß gewesen, als sie sich ihren Chef in diesem Einteiler vorgestellt hatten.
„Das ist nicht euer Ernst?!“ Horatio blickte seine Frau ungläubig an. Er hatte mit fast allem gerechnet, aber nicht damit! Sam zog nur die Augenbraue hoch und nickte ihm aufmunternd zu.
„Möchtest du unser Geschenk verschmähen?“ Der Partyhut, den sie sich aufgezogen hatte, war verrutscht und ihr Gesicht leuchtete vor Aufregung. Allein dieser Anblick machte ihm wieder schmerzlich bewusst, wie sehr er sie liebte.
„Komm schon, Horatio.“, mischte sich jetzt auch Alexx ein. „Einmal kurz wirst du’s schon schaffen.“
Speed nickte bekräftigend. „Wir glauben an dich.“
„Na gut.“, gab der Lieutenant nach und griff sich das Kostüm. Triumphierendes Gejubel brach im Raum los.
Als Horatio kurze Zeit später in dem „Super-Horatio“-Kostüm auftauchte, war die Stimmung bereits am Kochen.
Ein Bild von ihm in dem Aufzug hatte eine halbe Woche die Pinnwand im Department geschmückt, bis Horatio das Bild irgendwann entdeckt und entfernt hatte. Trotzdem besaß jeder aus dem Team einen Abzug dieses Bildes und Sam hatte es sogar durchgesetzt, dass dieser Abzug im gemeinsamen Fotoalbum prangte.


Bei dem Gedanken musste sie wieder lachen. Es war einfach ein Bild für die Götter gewesen, wie das Cape bei jedem Luftzug geflattert hatte.
„Shhht, Sam!“ Emily tauchte im Türrahmen auf und hielt sich den Zeigefinger auf die Lippen. „Nicht so laut!“
„Was ist denn los? Muss sich deine neue Bekanntschaft gerade im Schrank verstecken?“ Sam folgte Emily wieder auf den Flur
„Sehr witzig, wirklich.“, erwiderte Emily entnervt und verdrehte die Augen. „Nein. Sie schläft gerade.“
„Sie?“ Sam riss erstaunt die Augen auf. „Du und eine Frau? Das ist ja auch wie Feuer und Wasser.“ Klirrend ließ sie ihre Wagenschlüssel in die Schale auf der Kommode neben der Tür fallen.
„Ja und? Der ging’s so dreckig. Ich hab die vor kurzem schon in der Stadt gesehen und sie sah damals schon gehetzt und völlig fertig aus. Heute am Strand ist sie mir wieder aufgefallen. Die Arme ist vollkommen verstört und fertig. Da hab ich mir überlegt, dass sie mal kurz bei mir im Bett schlafen kann, um wieder klar zu werden. Ist das ein Verbrechen?“ Emily reckte kampflustig ihr Kinn.
„Moment...“, sagte Sam. „Du? Du nimmst jemanden mit, weil er dir Leid tut? Wie passt denn das zusammen?“
„Sam, nerv mich nicht, okay?“ Ihre Cousine verzog gereizt das Gesicht. Sam sparte sich ein bissiges Kommentar. „Kann ja sein, dass ich manchmal als Tussi rüberkomme, aber du weißt genau, dass ich nicht eiskalt bin. Und die Frau tat mir einfach Leid. Sieh sie dir doch mal an. Die ist vollkommen fertig mit der Welt. Außerdem ist die fast panisch. Als wär’ sie auf der Flucht.“
Sams Neugier war geweckt und sie tappte auf Zehenspitzen hinter Emily her, die leise die Tür zum Gästezimmer öffnete. Langsam schlichen sie direkt vor das Bett. Als sich Sams Augen langsam an die Dunkelheit im Zimmer gewöhnt hatten und der helle Lichtstrahl vom Flur auf das schlafende Gesicht der jungen Frau fiel, konnte sie einen überraschten Laut gerade noch zurückhalten.

Speed machte es sich gerade mit einer Packung Chips auf seiner Couch gemütlich und zappte durch das Fernsehprogramm, als sein Pager hysterisch zu piepsen begann.
„Leck mich doch...“, brummelte er übellaunig und warf dem kleinen schwarzen Kasten einen giftigen Blick zu. Als dieser aber zum finalen Triumphgeheul ansetzte, griff sich Speed den Kasten und hämmerte auf eine Taste ein, damit das sirenenartige Geplärre endlich verstummte. „Ausgeburt der Hölle!“, war sein vernichtender Kommentar. Dann erblickte er die Nachricht und seufzte tief.
„Sofort zu mir! Caine.“
„Ade wohl verdienter Feierabend. Bye bye meine Chips und mein Bier. Wenn Caine drei Mal klingelt, dann ist es Ernst.“ Er war schon neugierig, was es so dringendes gab, aber normalerweise interessierte ihn so etwas eher um zwölf Uhr Mittags und nicht um halb zehn Abends. Leider konnte man sich das nicht aussuchen. „Schließlich sind wir hier nicht bei „Wünsch dir was!“...“, dachte er zynisch.
Speed stand auf, zog sich seine Schuhe und eine dünne Jacke an, weil er, anstatt mit seinem alten Volvo, lieber mit der Ducati fahren wollte.
Sah einfach schöner aus.

Eric wollte gerade bei Caines klingeln, als er hinter sich laute Motorradgeräusche hörte. Kurze Zeit später kam Speed auf seiner Maschine angeschossen und parkte galant neben Delkos Wagen ein.
„Na Alter.“, meinte er, als Speed sich seinen Helm abzog und die Sonnenbrille wegsteckte. „Auch keine Peilung, warum uns der Herr hierher bestellt hat?“
„Sehe ich aus wie Jesus?“
„Den Bart hast du schon fast.“ Eric wusste genau, wo er piesacken musste, wenn er seinen Freund ärgern wollte.
„Jesus wird mit Delko gleich böse Sachen anstellen.“ Speed grinste breit und drückte auf den Klingelknopf. Als sich nichts tat, drückte er noch einmal und schließlich drückte er wie wild mehrmals den Knopf.
Eric wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als die Tür geöffnet wurde. Calleigh stand in Abendkleid vor den beiden CSIs und grinste sie an.
„Delko, mach nicht so ein Gesicht und bring deinen Freund mit dem nervösen Zeigefinger gleich mit rein.“, sagte sie und ließ beide eintreten. Eric zeigte ihr hinter ihrem Rücken einen Vogel.
„Hatte da Jemand einen im Tee, hm?“, erlaubte sich Speed eine Bemerkung, doch Calleigh reagierte nicht.
„Ihr schnallt ab, wenn ihr erfahrt, um was es geht.“
„Wenn wir es endlich erfahren.“, murmelte Tim, während sie hinter Calleigh in das Wohnzimmer trotteten. „Ich nehme mal an, unser gemütliches Abendessen morgen ist dann wohl gestrichen.“ Sekunden später glaubte er wirklich abzuschnallen. Auch Eric riss geschockt die Augen auf und starrte auf die Couch.
Dort saß, neben dran Horatio, der ihr fürsorglich einen Arm um die Schulter gelegt hatte, Tess Juley und weinte. Auf der anderen Seite hatte sich Emily nieder gelassen, die ihre schlanke Hand beruhigend auf Tess Unterarm legte.
„Was...was ist das?“, brachte Speed nach einer kurzen Zeit hervor und befeuchtete seine Lippen nervös mit der Zunge. „Wie...was will sie hier?“ Anklagend zeigte er auf die Frau, die ihm in der letzten Zeit schlaflose und ruhelose Nächte bereitet hatte. Wobei dies keinerlei positive Aspekte aufgewiesen hatte.
Horatio blickte auf und sah Speedle wortlos an, bis dieser seinem forschenden Blick nicht mehr standhalten konnte.
„Sie ist hier, weil sie unsere Hilfe braucht.“, antwortete stattdessen Sam, die aus der Küche erschien, ein großes Glas Wasser in der Hand, das sie der zitternden Tess in die Hand drückte. Speed musste sich eingestehen, dass Tess immer noch eine sehr attraktive junge Frau war, auch wenn ihr Gesicht verschmiert, ihre Haare schwarz gefärbt und die Lebensfreude aus ihrem Gesicht verschwunden war. Nur die Tatsache, dass sie ihm die Waffe gestohlen hatte, verhinderte, dass er Mitgefühl empfand.
„Erklärt mir das.“, sagte er und nahm auf dem Sessel gegenüber Platz, während Eric und Calleigh sich nebeneinander an die Wand lehnten.
Wieder ergriff Sam das Wort. „Sie ist unsere Kronzeugin.“
„Kronzeugin?“, echote Tim verständnislos. „Im Verfahren gegen Eric und mich oder was?“
„Speed, es reicht.“, mischte sich Calleigh ärgerlich ein. „Lass sie ausreden und halt deine Klappe.“
„Hier in Miami wird gerade ein neuer Hauptsitz eines großen Waffen- und Kinderhändlerrings aufgebaut. Der Ring erstreckt sich über ganz Europa, Südostasien und große Teile Amerikas. Mit dem Hauptsitz in Miami würde die gesamte USA kontrollierbar werden. Laut Tess werden hauptsächlich Kinder aus Indien und afrikanischen Ländern an gut zahlende, ausschließlich männliche Kunden verschickt. Soweit sie weiß, werden sie aus Kinderheimen entführt oder armen Familien in Slums für ein paar Dollars abgekauft. Der neue Club „Paradizo“ dient als Deckgeschäft für die wahren Machenschaften des Schieberringes, der sich „Jewel“ nennt. Außerdem wird von dort aus bequem Geldwäsche betrieben. Tess selbst hat Botengänge für den Ring erledigt. Sie ist durch Kontakte dort hinein geraten und hat langsam aber sicher mitbekommen, mit wem sie es zu tun hat. Als sie einmal dringend Geld brauchte, hat sie es in der Geldwäscherei gestohlen und sich vorgenommen, es wieder zurück zu geben, bevor es auffällt. Natürlich ist es aufgefallen und sie wurde bedroht. Innerhalb von wenigen Tagen musste sie das Geld wieder beschaffen und sich nebenbei noch um eine Waffe kümmern, die jeder Bote von „Jewel“ besitzen sollte. Aus diesem Grund hat der Türsteher ihr damals gesteckt, dass ihr, Speed und Eric, eine Waffe besitzt. Sie brauchte sich also nur noch einen von euch aus zu suchen und ihm die Waffe stehlen. Als der Kerl, der das Geld von ihr eintreiben wollte, sie bedrohte, hat sie ihn mit der Waffe erschossen und ist panikartig geflohen. Wo die Leiche sein könnte, weiß sie nicht. Aber sie weiß, dass einige windige Geschäftemacher schon mehrmals spurlos verschwunden sind.“
Tess nickte bekräftigend, während ihr schmaler Körper unter lauten Schluchzern geschüttelt wurde. Mit einer Hand umklammerte sie Emilys Finger, die ihren Kopf an ihre Schulter gezogen hatte.
„Tess weiß genau, dass man sie töten wird, wenn man sie findet und sie ist sich sicher, dass ihre Geschwister von dem Ring umgebracht worden sind, damit sie nicht plaudern kann. Alles, was sie zur Zeit hat, ist Todesangst und keine Hoffnung.“ Sam trat neben den versteinert drein blickenden Speed und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Willst du mal mit ihr reden?“, fragte sie.
Tim überlegte lange, während in alle im Raum, ausgenommen Tess, aufmerksam beobachteten.
„Ja.“, sagte er schließlich schlicht.
Wie abgesprochen standen alle auf und verließen den Raum. Sogar Emily, die sich ein bisschen für Tess verantwortlich fühlte, ging ohne ein Wort zu sagen. Sobald die Tür geschlossen war, setzte sich Speed langsam neben die junge Frau und blickte sie lange an.
„Tess?“, sprach er sie dann an und sie hob vorsichtig ihren Kopf. Ihre unbeschreiblichen grau-blauen Augen mit dem grünen Ring um die Iris waren mit einem feuchten Schimmer überzogen.
„Es....ich...ich kann mich unmöglich dafür entschuldigen.“, wisperte sie, während Tränen auf ihr verdrecktes Shirt tropften. „Was ich getan hab...das...das ist doch unverzeihlich, oder?“
„Nein, ist es nicht.“, widersprach Speed leise und zog ein Stofftaschentuch aus seiner Hosentasche hervor, was er ihr reichte. „Man muss nur ehrlich um Verzeihung bitten.“
„Ich wollte nie, dass du Ärger bekommst, wirklich nicht.“ Tess wischte sich die Tränen weg und wartete kurz, bis ihre Stimme kaum noch zitterte. „Es war egoistisch von mir und....und gemein. Aber...ich hatte entsetzliche Angst um meine Familie.“
Speed musste lächeln. Sie erinnerte ihn so stark an die kleine Schwester seines ehemaligen, seit langem toten, besten Freundes. Ängstlich, hilflos und schuldbewusst.
„Es tut mir Leid.“, sagte Tess plötzlich. „Es tut mir so verdammt Leid.“ Sie streckte ihre schmale Hand aus, bot sie ihm ängstlich an. „Wie bist du nur da rein geraten?“ Speed ergriff ihre Hand, drückte sie kurz und entzog Tess seine Hand dann wieder. Seine Handflächen kribbelten.
„Geld. Das verdammte Geld, ohne das man in diesem Land nur noch Dreck ist.“ Die Trauer war aus ihrem Gesicht gewichen, wurde von einem verbitterten Zug um den Mund verdrängt, zeigte die Wut, die diese junge Frau auf den Staat hatte. „Ich wollte nur, dass es meinen Geschwistern gut geht. Ich hab die Waffe auch nur gestohlen, weil....ich wusste, dass sie mir etwas tun würden, wenn ich es nicht tun würde.“ Wieder war da dieser Ausdruck von tiefer Verzweiflung, der ihr Gesicht überschattete. „Kannst...kannst du das irgendwie nachvollziehen?“ Tess blickte ihn an. „Du spielst jeden Tag mit deinem Leben, weil deine Familie sonst leiden wird. Kannst du das verstehen?“
Er nickte nur kurz.
„Ich wollte es wirklich nicht, glaub’ mir. Du...ich mochte dich. Für eine halbe Stunde oder so war ich richtig glücklich, hab’ mich so gefühlt, wie man sich in unserem Alter bestimmt fühlen soll: frei. Dann....Sie sind alle tot. Sie sind TOT!“
Sie sprach nicht weiter, vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und begann wieder zu zittern.
Und zum ersten Mal empfand Speed ehrliches Mitleid mit der jungen Frau, die hier neben ihm saß und Todesangst hatte.
„Tim?“, wisperte sie leise.
„Ja?“
„Kannst du...ich meine, ist es okay...wenn...“ Tess sah nicht auf. „Kannst du mich bitte in den...den Arm nehmen?“
Speed schluckte.
„Natürlich.“, sagte er dann heiser und zog Tess vorsichtig an sich ran. Kaum hatte er seine Arme um sie geschlungen, presste sie ihr Gesicht an seine Brust und ließ den Tränen freien Lauf. Unbeholfen streichelte er ihr über den Rücken, während die junge Frau um ihre Geschwister trauerte.
Tim Speedle erlebte alles wie durch einen Schleier.

Re: CSI:Miami FF -> Tiefsee // Neu: Chapter 18

Hi liebe Joby,    ich bin die Erste - jawoll!!!!

Ein superschönes Kapitel, ich musste so laut lachen, das H-Superman-Kostüm, und er zieht es auch noch an!!!!   Ich hatte echt Tränen in den Augen, weil die bildliche Vorstellung - das war einfach zuviel für mich.......

Tja, Speed als Jesus - dann hätten wir ja auch die Erklärung für den Spoiler in der 2.Folge der Staffel 6 - und wir wissen, wer die Verantwortliche für die Folge ist

Ich hoffe, sie sprengen den Kinder, und Waffenring - ist ja widerlich!!!!  Die Chefin vom Club hängt da bestimmt bis zum Haaransatz mit drin-aber H hatte ja schon so eine Ahnung - jaja, das feine Polizistennäschen.....

Danke für den Genuss liebe Joby - übrigens musste ich nochmals die Fahrstuhlszene lesen - die ist so phänomenal saugut!!!

            GLG   und bitte bald weiter    Anke