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Ein Wintermärchen - Thread 1

Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

Liebevoll betrachtete Jethro das kleine Mädchen, dem sie diesen Ausflug zu verdanken hatten. Vertrauensvoll lehnte sie sich an ihn, und der Agent bot ihr einen starken Halt. Dass das Gewicht des Mädchens schmerzte, ignorierte er. Ihr warmer Atem entschädigte ihn dafür mehr als genug.

Hollis hatte offensichtlich unterdessen eine Schlafmöglichkeit aufgetrieben. Gibbs bemerkte, dass auch sie sich nicht mehr problemlos bewegte. Ihre Schulter schien verletzt zu sein. Was war passiert, nachdem sie sich gestritten hatten? War sie etwa Ethan begegnet?! Der Agent biss sich auf die Lippen, er würde es sich nie verzeihen, wenn ihr etwas zugestoßen war, während er sie allein gelassen hatte. In dieser Hinsicht war er wohl ein gebranntes Kind. Doch gleichzeitig wusste er, dass seine Selbstvorwürfe diesmal sinnlos waren. Hollis war eine starke Frau mit einem eigenen Willen. Sie brauchte kein Kindermädchen. Trotzdem ließ ihn der GEdanke nicht los.

"Was ist passiert?" fragte er schließlich. Er sprach sehr leise, um die Kleine nicht zu wecken. "Du bist verletzt. Was hast du mit deiner Schulter gemacht? Hast du... bist du Ethan begegnet?" Den NAmen seines Feindes sprach er nur im Flüsterton aus. Shanian seufzte im Schlaf und drehte den Kopf, doch sie schlief weiter. Fragend blickte Jethro Gibbs die blonde Frau an.



Re: Ein Wintermärchen

Hollis

Mit einem kräftigen Ruck hollte Hollis den Rucksack zwischen den anderen Gepäckstücken hervor. Der Schlafsack war super und mit ein bisschen Glück gab es sogar eine Luftmatrate dazu. Obwohl es ihr widerstrebte in fremden Sachen herum zu wühlen, blieb ihr in dieser Situation nichts anderes übrig. Der Rucksack des Besitzers brachte neben einer sich selbst aufblasenden Luftmatratze auch noch zwei warme Pullover und dicke Socken zum Vorschein. Laut des daran befindlichen Gepäckscheines kam er aus Montreal und hatte eine kalte Tour hinter sich. In der Hoffnung, dass der Besitzer nicht alleine gereist war, wühlte Hollis weiter und fand tatsächlich noch zwei weitere Rucksäcke und ein Iglu-Zelt. Es war ihr zwar ein Rätsel warum das Gepäck noch alles hier lag und nicht mitgenommen wurde, aber womöglich war durch den Streik der Fluglinien ohnehin einiges durcheinander geraten.

Schwungvoll beförderte die blonde Frau die ausgepackten Sachen mit dem noch intakten Arm auf den Boden und zog das Zelt hinter sich her. Außer Puste ließ sie sich neben Gibbs auf eine Tasche fallen und lächelt ihn verlegen an. „So dramatisch war es zum Glück nicht. Die Halle da vorn ist nach einer scheinbar geplatzten Wasserleitung die reinste Eisbahn. Ich habe es dummer Weise nicht bemerkt und bin...“ Sie zuckte mit den Schultern, was sich sogleich als Fehler herausstellte. „Verdammt“, zischte sie mit Schmerz verzogenem und versuchte ein Grinsen hinzu bekommen. „Du kannst es dir bestimmt denken.“ In Anbetracht von Gibbs´ Verletzungen kam sie sich mit ihrem unglücklichen Sturz verdammt albern vor und wollte lieber nichts weiter dazu sagen.

Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

Der Agent hätte die blonde Frau am liebsten in den Arm genommen. Er bewunderte ihre Tapferkeit, wie sie es schaffte, sich trotz der offenkundigen Schmerzen um ihn und die Kleine zu kümmern. Immerhin hatte sie nie eine Marinecorps-Ausbildung durchlaufen - danach war zumindest seine eigene Schmerzgrenze rapide gesunken. Und sobald er wieder einigermaßen auf die Beine gekommen war, würde er sie auf der Stelle zu einem Arzt bringen.

"Danke", flüsterte er leise, als er die Luftmatratze und die warmen Pullover sah. "Was hast du mit dem Zelt vor?" fragte er erstaunt. "Bist du sicher, dass du das in deinem..." Er biss sich auf die Lippen, "...in deiner derzeitigen Verfassung aufbauen willst? Ich kann dir keine große Hilfe sein, fürchte ich." Er war schon froh, wenn er die Nacht neben ihr überstehen würde, ohne sich ständig zu übergeben - sein Magen rumorte schon wieder bedrohlich. Und er wollte weder Hollis noch sich selbst zumuten, in einem Zelt voller Erbrochenem zu schlafen.



Re: Ein Wintermärchen

Hollis

Ihre kleine Meinungsverschiedenheit war für den Augenblick vergessen und Hollis dachte auch nicht darüber nach. Sie war einfach nur froh, ihn lebend gefunden zu haben. Bei passender Gelegenheit würde sie Gibbs alles erklären und sagen, dass es sich um ein Missverständnis handelte. Doch im Augenblick gab es wichtigere Dinge zu klären.


„Das geht schon irgendwie. Ich war mit meinen Brüdern oft zum Zelten und Bergsteigen im Yosemite Park“, antwortete Hollis und erhob sich sogleich wieder. Sie wollte keine Zeit vergeuden, denn es wurde immer kälter und sie hatten mit Sicherheit noch nicht den Tiefpunkt erreicht. Etwas umständlich schaffte sie es das Zelt aus seiner Hülle zu ziehen und stellte dann fest: „Das sieht nach einem verdammt teuren Bergsteigerzelt aus. Mein Bruder hatte mal so ein ähnliches. Die Dinger bauen sich zum Glück fast von alleine auf.“ Mit relativ unkomplizierten Handgriffen stand das Zelt wirklich innerhalb weniger Minuten. Es stand zwar schief und konnte auch nicht verankert werden, aber so lange der Wind des Schneesturms vor dem Gebäude blieb, brauchten sie sich darüber keine Gedanken zu machen. Das Ausbreiten der Matratzen und Schlafsäcke gestaltete sich auch etwas schwierig, weil Hollis einen Arm kaum noch hoch bekam. Doch es funktionierte irgendwie.

„Na wer sagt´s denn“, bemerkte die blonde Frau mit einem zufriedenen Lächeln. Den brennenden Schmerz in der Schulter versuchte sie dabei zu übergehen. Sie wusste aber, dass das nicht mehr lange funktionieren würde. Zum Glück hatte sie noch zwei Schmerztabletten und sah sich suchend nach ihrem kleinen Rucksack um. Er war jedoch nicht zu finden, bis ihr einfiel, dass sie ihn am Imbiss abgestellt hatte. Erschöpft sah sie in die müden Gesichter ihrer beiden Mitstreiter und erklärte: „Ich muss noch mal zum Imbiss. Mein Rucksack steht noch dort. Ich bin aber gleich wieder zurück.“

OOC: Ich habe Ethans Verletzung vom Knöchel zum Handgelenk gewechselt, denn er muss am nächten Tag ja noch fliehen können

Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

Beeindruckt verfolgte der Silberfuchs, wie Hollis mit dem Zelt innerhalb weniger Minuten fertig wurde. Er hätte ihr das Ausbreiten der Matratzen nur zu gern abgenommen, doch er wusste, dass das mit Sicherheit nicht schneller gegangen wäre - im Gegenteil. Außerdem lehnte noch immer Shania an seiner Seite und schlief. Hollis Ankündigung, ihren Rucksack holen zu wollen, ließ ihn die Stirn runzeln. Doch er wusste, dass es sinnlos war, ihr zu widersprechen. "Ich werde auf dich warten," krächzte er. "Kannst du etwas Wasser mitbringen?" Langsam wurde der Geschmack in seinem Mund mehr als unerträglich, und er hatte keine Kraft mehr, dagegen anzukämpfen. "Und..." Er stockte einen Moment, ehe er leise fortfuhr. "Pass auf dich auf." Er blickte ihr nach, als sie sich auf den Weg in die Dunkelheit machte.

Da es ihm mittlerweile wieder etwas besser ging, nahm er erst jetzt seine Situation richtig war. Sie hockten in der Einöde auf einen verlassenen Flughafen im Schneesturm fest, ohne eine Chance auf Hilfe. Die Kälte, die ihm nun zum ersten Mal richtig bewust wurde, kroch ihm langsam, aber unaufhaltsam in die Glieder. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er anfangen würde, vor Kälte zu zittern, doch er wollte auf Hollis Rückkehr warten. Es passte ihm absolut nicht, sie noch einmal gehen zu lassen, schließlich trieb Ethan sich noch immer irgendwo herum und sie war ziemlich stark verletzt. Er würde nicht allein in das Zelt kriechen.  Wenn Hollis nicht zurückkam, würde er sie suchen, egal wie. Und wenn Ethan ihr auch nur ein Haar gekrümmt hatte, dann sollte nicht einmal Gott seiner Seele gnädig sein.



Re: Ein Wintermärchen

Hollis

Um nicht noch einmal Bekanntschaft mit dem glatten Fußboden zu machen, hatte Hollis sich vorsichtshalber ein paar gefundene Männersocken über die Schuhe gezogen. Es war zwar keine Garantie, nicht doch bis zum Imbiss zu schlittern, aber es war zumindest einen Versuch wert. Unsicher, aber heil, erreichte sie nach langsamen Schritten den Verkaufstresen. Ihr Rucksack stand zum Glück dort wo sie ihn abgestellt hatte und Hollis nahm gleich als erstes eine der Tabletten. An Wasser, Cola und Säften mangelte es glücklicher Weise nicht. Dann packt sie rasch etwas zu trinken sowie eine Milch und ein paar Snacks ein. Da sie nicht wusste wie viel das Ganze normaler Weise kosten würde, schob sie einen zehn Dollar Schein unter die Kasse. Kaum das sie sich zum gehen umdrehte, entdeckte sie eine Gestalt durch die Halle gleiten. Im ersten Moment sah er aus wie ein Sicherheitsbeamter, aber desto näher die Gestalt kam, umso deutlicher erkannte Hollis Ethan. Erschrocken trat sie einen Schritt zurück und konnte gerade noch rechtzeitig einen Korb mit Besteck vor dem Absturz retten. Ihr Herz raste und sie griff instinktiv nach einer Gabel und einem Messer. Da ihr nicht viel Zeit zum Überlegen blieb, huschte sie so leise wie möglich hinter einen Stapel Getränkekisten und hoffte, dass der blonde Mann sie nicht gesehen hatte. Sie traute sich kaum zu atmen und sie befürchtete er könne das Schlagen ihres Herzens hören. Doch Ethan war nur mit sich und dem Stillen seines Hungers beschäftigt, dass er gar nicht in ihre Richtung sah. Gierig verschlang einen der kalten Burger die Gibbs liegen gelassen hatte und kippte ohne abzusetzen eine Cola hinterher. Danach durchwühlte er den kompletten Tresen und steckte Hollis abgelegtes Geld ein.


Die blonde Frau beobachtete den Mann wütend aus ihrem Versteck. Unter normalen Umständen hätte sie keine Sekunde gezögert und ihn kalt gestellt, aber im Augenblick fühlte sie sich nicht in der Lage dazu. Das Besteck in ihrer Hand war nur Attrappe und bestenfalls zum Brötchen schmieren geeignet. Ihre Schulter brannte wie Feuer und mit nur einem funktionstüchtigen Arm hatte sie schlechte Karten gegen den kräftigen, jungen Mann anzukommen. Die Chancen waren gering und sie wollte nichts riskieren. Daher verwarf die ehemalige Agentin die Idee schon bevor sie diese überhaupt richtig gefasst hatte. Die Zeit ran dahin und es kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Ethan ließ es sich in aller Seelenruhe schmecken und machte keine Anstalten zu gehen. Für Hollis wurde das Warten zur Qual. Die Position in der sie sich befand war unbequem. Sie fror fürchterlich und konnte kaum noch die Beine bewegen. Vor allem aber fürchtete sie, dass Gibbs sich auf die Suche nach ihr machen könnte. Immer wieder pustete sie leise in ihre Hände und hoffte inständig, dass der Agent es nicht bis zum Imbiss schaffen würde. Zu ihrer Erleichterung schien Ethan nach einer gefühlten Ewigkeit endlich satt zu sein und ebenfalls zu frieren. Vorsichtig machte er sich in Richtung eines Reisebüros aus dem Staub. In diesem Moment sackte Hollis in sich zusammen. Ihre Beine gaben nach und sie fand sich regungslos auf dem Fußboden sitzend vor. Alles an ihr zitterte und sie brauchte eine Weile bevor sie sich und ihren Körper wieder unter Kontrolle hatte. Dann griff sie sich ihren Rucksack und rutschte so unauffällig wie möglich auf allen Vieren in die Halle der Gepäckabfertigung zurück.




Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

Ungeduldig wartete Jethro auf Hollis Rückkehr. Er wusste, dass sie vorsichtig sein würde, im Gegensatz zu ihm ließ sie sich nicht von Rachegefühlen hinreißen. Dennoch hatte er ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Obwohl ihm noch immer alles wehtat, hielt er das untätige Herumsitzen nicht länger aus. Langsam und vorsichtig nahm er das kleine Mädchen in die Arme und trug sie in das wackelige Zelt. Es schien ewig zu dauern, bis er dort angekommen war, weil er sich noch immer kaum bewegen konnte. Doch schließlich hatte er es endlich geschafft. Die Kleine war nicht einmal aufgewacht, doch sie drehte sich im Schlaf unruhig hin und her. Der Agent breitete eine Decke über das schlafende Kind und legte beruhigend eine Hand auf ihre Schulter. Shania lächelte im Schlaf, steckte den Daumen in den Mund und drehte sich mit einem friedlichen Seufzer ein letztes Mal um.

Jethro lächelte, als er das schlafende Kind betrachtete. Doch seine Sorge um Hollis wuchs von Minute zu Minute. So lange konnte sie nicht brauchen, um einmal zum Imbiss und zurück zu laufen, da war definitiv etwas passiert. Er wusste nicht genau, ob es Ethan oder das Glatteis oder vielleicht noch irgend etwas anderes war, das sie aufhielt - aber auf jeden Fall sollte er langsam anfangen, sie zu suchen. Da Shania nun tief und ruhig zu schlafen schien, beschloss er, dass er sie für eine Weile allein lassen konnte. So schnell es sein geschundener Körper erlaubte (was in etwa dem Tempo einer Weinbergschnecke entsprach) erhob er sich und humpelte zur Tür. Er weigerte sich standhaft, den Gedanken zuzulassen, dass die noch immer nicht nachlassenden Schmerzen in Nieren und Magen auf ernsthftere innere Verletzungen hindeuten konnten.
Aber als er an der Tür angekommen war, musste er sich erneut wieder hinsetzen. Der Schmerz war zu stark. Als er an der Wand lehnte und versuchte, einfach nur tief zu atmen (was mit einer verkrusteten Nase gar nicht so einfach war!), öffnete jemand die Tür von außen. Der Agent wandte den Kopf und war erstaunt, Hollis auf Augenhöhe zu begegnen.

"Was zum Teufel ist mit dir passiert???!!" fragte er, nachdem er den ersten Schreckmoment überwunden hatte.



Re: Ein Wintermärchen

Hollis

Endlich in der Halle angekommen, blickte Hollis geradewegs in Gibbs´ blaue Augen und bekam vor Schreck keinen Ton heraus. Ihre Vermutung, dass er sich auf den Weg zu ihr machen würde, hatte sich bewahrheitet. Nur zum Glück war sie schneller als er gewesen. „Uhm ich“, verlegen wich sie seinem fragenden Blick aus und versuchte sich aufzurichten. „Es ist verdammt glatt da draußen und ich wollte nicht noch einmal... Du weiß schon“, erwiderte sie mit einer fadenscheinigen Erklärung und hoffte, dass Gibbs es ihr abkaufen würde. Im Augenblick wollte sie ihm lieber nicht erzählen, dass Ethan ihr mehr oder weniger direkt über den Weg gelaufen war.

Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

Der Agent blickte die blonde Frau prüfend an. Er wusste, dass sie ihm etwas verschwieg - doch er wusste auch, dass sie ihm nicht mehr erzählen würde. Und offensichtlich war sie nicht schwerer verletzt als vorher auch, also beschloss er, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Stattdessen nahm er - mittlerweile vor Kälte zitternd - langsam den Rückweg zum Zelt in Angriff. Er war müde und sehnte sich nach einem warmen Bett, einem heißen Kaffee und einer Klinikpackung starken Schmerzmittels. Im Zelt wartete zumindest ein Schlafsack auf ihn, und Hollis würde sicherlich ebenfalls nicht in der Kälte übernachten wollen. Ihre Nähe entschädigte ohnehin für so ziemlich alles, was ihm in den letzten Stunden widerfahren war, Ethans Schläge eingeschlossen. Für sie würde er sich auf der STelle zu Brei schlagen lassen, und er fragte sich, warum um alles in der Welt er vorhin so wütend auf sie gewesen war.



Re: Ein Wintermärchen

Hollis

Erleichtert das Gibbs nicht weiter nachhakte, folgte Hollis ihm zum Zelt. Kurz davor kehrte sie jedoch noch einmal um und deponierte einen schweren Samsonite Koffer vor der Hallentür. Falls ihnen jemand einen Besuch abstatten wollte, dann würde der Koffer sie hoffentlich laut genug krachend warnen. Erschöpft kroch sie schließlich ins Zelt und ließ sich neben Gibbs auf den Schlafsack sinken. Shania schlief schon seelenruhig an seiner Seite und ihr Anblick entschädigte ein wenig für den anstrengenden Tag. Hollis rieb sich müde die Augen. „So chaotisch habe ich mir das Ende des Jahres ehrlich gesagt nicht vorgestellt.“ Dann griff sie nach ihrem Rucksack und reichte Gibbs eine Wasserflasche und ihre letzte Schmerztablette. „Ich denke, die kannst du bestimmt gut gebrauchen, um wenigstens ein Auge zu machen zu können.“