Re: Grenzgänger
Please, hold the line, ich muss darüber nachdenken.....
Please, hold the line, ich muss darüber nachdenken.....
Statt Antworten, immer nur Fragen, Fragen....ob das grenzwertig genug ist? Ich teste das mal:
Per Definition
Definiere Dein Ziel! Sei Dir im Klaren darüber, wo Du hin willst. Was ist Deine oberste Direktive? Jene, die Dich zu jeder Zeit anleitet, all Dein Tun mit Sinn erfüllt, Dich antreibt, Dich aufreibt und so überaus zielstrebig macht. Blicke empor! Und schau Dir dies Ziel genau an. Welches Bild hast Du von ihm, wie realistisch, wie konkret und wie unmissverständlich stellt es sich für Dich, für alle anderen dar? Weißt Du wirklich, wie endgültig, klar und absolut Dein Ziel ist? Bist Du Dir da wirklich sicher?
Definiere Deinen Weg! Sei Dir im Klaren darüber, welchen Weg Du einschlagen möchtest. Wie soll er aussehen? Steinig und grau oder begrünt und mit Blumen? Wählst Du gar als Untergrund Lebendiges und schreitest auf ihm, statt auf Asphalt? Oder möchtest Du lieber trippeln und stolpern, fallen und wieder aufstehen, immer aufs Neue, immer wieder? Schau genau hin! Weißt Du tatsächlich, wie Dein Weg aussehen soll? Und wenn Du es weißt, bist Du Dir wirklich sicher: es ist der Richtige?
Definiere Deinen Geist! Sei Dir im Klaren darüber, wie er geformt, wie er geweitet ist. Wo sind seine Grenzen, wo fallen sie. Wozu genau ist er fähig, was kann er und was kann er nicht? Siehst Du seine Fähigkeiten, auch seine Unzulänglichkeiten? Denk nach! Und weißt Du, wie Dein Gedankenfluss entsteht und wie Du ihn lenken kannst? Wie Du ihn bremsen und kontrollieren kannst? Und wenn Du das alles dann untrüglich weißt, sag mir, bist Du Dir sicher, dass er genauso gut funktioniert, wie Du glaubst, dass er funktioniert?
Definiere Dein Gefühl! Sei Dir im Klaren darüber, wie Du fühlst. Was Du fühlst, wann Du fühlst und auch, wann nicht. Wo scheitert Dein Handeln, weil Du fühlst, was Du fühlst und wo genau sitzt dieses Gefühl? In Dir. Fühl! Und was ist Dein Gefühl? Schau es Dir an und beschreibe es, fasse es zusammen. Wenn Du das geschafft hast, dann frage ich Dich, bist du Dir absolut sicher, dass das, was Du da fühlst, Dein Gefühl ist und nur Deines, niemanden Seines? Ist es wirklich wahr und pur und echt? Bis Du Dir wirklich, wirklich sicher?
Definiere Deinen Leib! Sei Dir im Klaren darüber, wie viel Anmut und Schönheit er besitzt, wie viel Makel und Behinderung doch. Wie auswechselbar würde er sein, könntest Du ihn tauschen? Wie individuell könnte er sein, würdest Du ihn lassen? Und nimm die Lupe! Und schau, Pore für Pore, wie er beschaffen ist, wie verhüllend er wirkt, wie blendend und beschämend auch. Wenn er all deinen Prüfungen standgehalten hat, wenn Du ihn in seiner Gänze definiert hast, antworte: Kannst du wirklich in ihm, mit ihm leben, Jahr für Jahr, jeden Tag aufs Neue? Ohne Zweifel, ohne Zaudern? Bist Du Dir da auch wirklich sicher?
Und was bliebe eigentlich nach all Deinen Definitionen von Dir selber übrig? Definierst Du Dich denn nur per Definition?
Wann bist Du?
Zitat: Silke
Ja, das ist ein Grenzgängertext, nicht unbedingt etwas für eine gemütliche Lesung. Es gibt Formulierungen, die mir gut gefallen:
Etwa so alt, wie man selber heute.
hre ganze Kindheit hindurch und nun für immer
oder aber weniger
Als ich deinen Text las, fragte ich mich warum.
Das gilt für alle unsere Grenzgängertexte: Warum?
Was ist die Intention? Wollen wir schocken, aufzeigen, betroffen machen, zum Handeln auffordern, es rauslassen, verarbeiten, anklagen oder bewußt machen?
Oder Grenzen austesten? Schreibgrenzen oder Gesellschaftsgrenzen?
Die nächste Frage wäre dann, warum soll der Leser es lesen? Warum liest er/sie es? Ich habe deinen Text gelesen, er ist gut geschrieben, aber sie bekümmert mich. Warum lese ich etwas, was mich bekümmert?
Hm.....ich glaube, die zweite Frage ist leichter zu beantworten als die erste.aus dem gleichen Grund, aus dem ich Horrorliteratur liebe. Aus dem gleichen Grund, weswegen ich und andere sich in negativität hineinsteigern, generell das schlechtere Annehmen oder unterbewusst Entscheidungen treffen, die zu Leid und oder Tristerie führen:
Das Gleichgewicht aus frohsinn und trauer muss gewährleistet werden um das gute überhaupt genießen zu können.
Minithanatos, könnte man sagen.
Versuch einer Mittagsmahlzeit
Eine Bihunsuppe aus der Dose trieb sie auseinander.
Eine Bihunsuppe, erwärmt in einem alten Topf auf einem schmutzigen Gasherd, sie spaltete die Geister, die ich rief, und die sie trennte. In braune Flüssigkeit, Glasnudeln, Fleischbrocken und Pilze. Die kleinen Paprikastückchen verloren sich nach der Trennung im Schmutz der Unwichtigkeit, spielten plötzlich, so schien es mir, keine Rolle mehr. Dabei hatte der große Silberlöffel noch locker in meiner Hand gelegen.
Grete hatte ihn genommen und schimpfte nun mit Frieda. Diese schaute beschämt zu Boden und kniff Fleur, die zu weinen begann und Gerald ein Taschentuch klaute. Gerald schlug Fleur und Grete hielt ihn am Arm zurück, verhinderte so Schlimmeres. Sie standen um den Herd herum und rührten im Topf. Wer von ihnen schöpfte die Suppe auf den Blümchenteller? War es die Grete? Warum fiel er zu Boden? Wer? Der Teller oder der Topf?
Fast alle ließen sich auf die Knie nieder. Nur eine von ihnen rannte los und holte den Wischeimer. Ich glaube eine, und die hieß Grete, schimpfte lauter und schlug sich auf die Schenkel, verlor plötzlich das Gleichgewicht, stütze sich nach vorne ab. Ein Pilz flutschte ihr zwischen den Fingern hindurch und sprang in die Höhe. Grete wurde jäh zu den Pilzen. Ohne Geschmack. Uuuuh!
Und Gerald fischte ein Bröckchen aus dem Sud, schob ihn klammheimlich und gierig in den Mund, besiegelte damit sein Schicksal, denn er ward fortan die Bröckchen. Fest und fleischig. Igitt. Fleur robbte auf dem Boden herum und zog mit der Zunge breite Furchen in die sämige Lache, ward nun die Flüssigkeit. Die Fließende. Sehr schön. Und als Frieda mit dem Eimerchen in die Küche zurückgekehrte, blieben ihr nur noch die Glasnudeln. Sie zuckte mit den Schultern und ergab sich der Durchsichtigkeit. Hihihi
, kicherten die unwichtigen Paprikastückchen und suchten Schutz hinter den Wollmäusen unterm Schrank.
Der Ehemann entdeckte die Tragödie bei seiner Heimkehr und benachrichtigte den Arzt.
Ruhig mein Schatz, alles wird gut
Schschsch, alles wird gut
, meinte er und wiegte sie alle im Arm.
Nichts wird gut, säuselte die Unwichtigkeit im Verborgenen und rieb sich die Hände, warts nur ab.
Dann hörte ich das Martinshorn.
Die von Aldi? Eigentlich ist die nicht schlecht, nur die 1000g-Dose muss man erst mal alle kriegen.
Owl owl!
Johann, ich hab sie alle gekriegt! Bah! Seitdem ist meine Magenwand versaut!
Was lernen wir daraus: alles, was du nicht selbst panscht haben andere gepanscht.
Mein Fahrrad
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Macht doch kein Aufhebens drum. Es war doch nur ein Fahrrad. Ich meine, ich habe es schon gern gemocht. So alte Dinge bekommen zu schnell eine Seele, manchmal. Aber wir reden immernoch nur von einem Fahrrad.
Also spart euch diese entsetzten Gesichter. Spart euch die Falten auf der Stirn. Sonst fühl ich mich doch nur wieder im Zugzwang. Müsste erklären und beschwichtigen. Und irgendwie bin ich gerade zu müde dazu. Lasst uns doch viel lieber gemeinsam diesen neuen Morgen begrüßen. Den Regen, der fällt und so purpurn schimmert. Und der niewieder versiegen wird. Der mich reinwäscht. In jeder Sekunde. Nichts anderem mehr eine Chance lässt. Weder Rotem, noch Salzfarbenem. Lasst uns doch einfach hier stehenbleiben. Zumindest bis meine Strumpfhosen wieder verheilt sind. Und meiner Bluse neue Knöpfe wachsen. Und bitte lächelt doch ein wenig. Es war doch nur das Fahrrad. Als ich es zuletzt kurz sah, war es gerade auf den Waldweg gefallen. Ich mochte es ja. Es tat mir nicht weh.
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Locker beschwingt. Ich rate mal, dass Zugzwang das Wort war. Und gute Besserung für deine Bluse ;-)
Owl owl!