Re: Inspirationshilfe
Puh! Hier:
Palastrevolte
König Willibald ging es gar nicht gut. Er hatte gesundheitliche Probleme. Schon seit Monaten zwar, doch an jenem folgenschweren Tage war es besonders schlimm. Königin Rebecca verdreht angesichts der Höllenqualen ihres Gemahlen nur noch die Augen. In der Öffentlichkeit musste sie immerfort vom geheimnisvollen Männerleiden sprechen. Niemand durfte von seiner wahren Krankheit etwas wissen. Und weil sie ja andauernd gefragt wurde und Rede und Antwort stehen musste, blieb die Königin so unkonkret, wie es nur eine Herrscherin von ihrem Stande bleiben durfte und lächelte jedem noch so massiven Frager milde entgegen. Trotzdem bekam sie regelmäßig Ärger. Natürlich nur vom Herrscher selbst.
Ja, spinnst Du denn? Das Volk denkt wohlmöglich, ich habe Prostatakrebs, könne nicht mal mehr pissen und gebe bald den Löffel ab! Und die Prinzen stehen schon Schlange! Apropos Löffel: Wo ist meine Medizin???
Der Herrscher verhielt sich wieder einmal äußerst unbeherrscht. Rebecca übte sich in Demut und klingelte lächelnd nach der hofeigenen Hexe. Olga, so hieß die Hexe, eilte sofort aus den Untiefen des Schlosskellers hinauf ins königliche Gemach. Olga war eine wirklich gute Ärztin. Sie hatte ihre Ausbildung zwar nur in der damaligen Sowjetunion machen dürfen, was in der internationalen Ausbildungsstatistik einem Tierpfleger, allenfalls einer Kinderkrankenschwester gleichkäme, konnte dafür aber immerhin etwas zaubern. Nur deshalb war sie beim Königspaar angestellt.
Ihr habt gerufen, Majestät?
Mein Mann
, begann Rebecca und wurde grob unterbrochen.
Wo bleibt denn bloß die Linderung? Ich kann nicht schlafen! Es juckt sooo! Aaaaah! So schrecklich, so schrecklich!
Der König war außer sich.
Olga hatte eine neue Salbe gebraut. Sie enthielt nicht nur pflanzliche Ingredienzien, wie die vorherigen, nein, dieses Mal hatte Olga ausnahmsweise noch den Zauber des Sanftmuts, außerdem noch etwas Traumpulver beigemengt. Und beides brauchte Willibald. Unbedingt.
Einsalben!
Sämtliche Diener verließen sofort den Raum. Wenn die Hexe jemals, auch nur ein einziges Mal, dem Volke ihren Eindruck vermitteln würde, den sie von dem ihr vollkommen ausgelieferten König bekam, der nun auf allen Vieren vor ihr stand und stöhnte und jammerte und zeterte, würde sie auf ewig verbannt werden. Nicht nur vom König, vom Hof und aus dem Lande, sondern auch vom Welthexenrat, der die Schweigepflicht einer jeden Zauberin überaus ernst nahm und deren Bruch unmissverständlich ahndete.
Olga kniete am Arsch des Königs nieder. Sie hob sein Gewand. Vom Rot der Wunde geblendet, griff sie gekonnt nach dem Löffel. Nach dem speziell geformten Löffel, der bereits mit der zähen, aber wirkungsvollen Salbe gefüllt war.
Aua!
Olga tat ihre Arbeit. Nicht dass ihr das etwa Spaß gemacht hätte. Aber es war nun mal ihr Job. Die Königin wandte sich bei dieser wiederkehrenden und für alle Beteiligten unangenehme Prozedur stets verlegen ab. So auch diesmal. Als die Hexe fertig war, wälzte sich der König herum, fiel in die Kissen und bald darauf in tiefen Schlaf. Das war Rebecca gänzlich neu, denn normalerweise musste sie sich noch stundenlang Beschimpfungstiraden ihres Gatten anhören und dabei demütig und immerzu milde lächeln. Doch nun ward es just und ungewöhnlich still im königlichen Gemach und natürlich im ganzen Palast und die Königin darüber so froh, dass sie Olga freimütig zu einem Tee im Salon einlud.
Wissen Sie, Frau Olga, es ist nicht leicht, Königin zu sein neben solch einem Affen von Mann...
Die Frauen saßen gemütlich auf einem Diwan, nahe dem prasselndem Kaminfeuer. Der Diener brachte den Tee. Olga schaute dem jungen Bediensteten unauffällig auf die Lenden.
Ach, Sie sind so eine gute Hexe! Ich bin wirklich froh, Sie bei mir zu wissen.
Majestät, ich tue mein Bestes.
Nennen Sie mich doch Rebecca, Olgalein.
Der Tee schmeckte nach Süßholz. Olga erkannte die Mischung sofort. Küchenmeister Jonathan übte sich also auch in Kräuterkunde, dachte sie überheblich. Während die Königin allerlei belangloses Zeug daher redete, dachte Olga an den depperten Küchenmeister, zwischendurch an die eben besehenden Lenden des Jünglings und vermied nicht zuletzt jeden Gedanken an den Arsch des Königs.
eine Königin muss tun, was sie tun muss. Ja, ja. Manches Mal wünschte ich mir schon einen knackigeren Liebhaber, zumindest irgendeinen Liebhaber, wenn schon nicht knackig, Olgalein, das können Sie mir glauben
Olga hörte nur mit halbem Ohr hin. In ihrem Kopf breitete sich plötzlich eine Idee aus. Und als die Teetässchen schließlich geleert, die Königin ausgeredet und Olga genügend nachgedacht hatte, ergriff sie das Wort.
Rebecca, liebste Königin. Ich könnte Euch helfen.
Die Herrscherin hob eine Augenbraue.
Wie denn?
Wie heißt dieser junge Diener da?, Olga zeigte auf den Besitzer der wundervollen Lenden. Rebecca schaute irritiert herüber.
Das ist Xaver. Xaver, der Dumme. Er ist neu hier am Hofe. Was ist mit ihm, hat er sich etwa schlecht benommen?
Oh ja, recht ungebührlich mir gegenüber, Rebecca, und deshalb möchte ich ihn mit allerlei üblen, bestrafenden Aufgaben betreuen. Wenn Ihr es mir erlaubt, ehrfürchtige Rebecca, könnte ich Euren Gatten im Gegenzug, nun ja, ein wenig mehr, hmmm, in Richtung knackigem Liebhaber zaubern, wenn Ihr versteht, was ich meine
Die Königin verstand, erhob sich, lächelte ihr typisch mildes Lächeln und übergab den dummen Diener der Hexe. Dann winkte sie zum Abschied und verschwand.
In Olgas Braukeller saß der arme Xaver und schlotterte vor Angst. Die Töpfe und Tiegel zischten und brutzelten vor sich hin. Olga tat beschäftigt und schikanierte ich ein wenig. Hör auf zu zappeln!, sagte sie hi, Gib doch mal den Tiegel von da drüben, aber dalli!, rief sie da, auch: Nicht den, DEN, Du Dummerchen! und Xaver mühte sich redlich. Schließlich nahm sie ihn bei der Hand, zog ihn auf den Diwan, ans Feuer und zu sich auf den Schoß. Dabei legte sie ihre Hexenhände um seine feinen Lenden.
Xaver, guter Junge, Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich Dir etwas antun werde, hm?
Xaver nickte voller Sorge. Gleich drauf stockte er und schüttelte heftig sein Haupt. Dabei schaute er einfältig.
Ich habe einen Plan, mein Süßer und Du könntest mir dabei helfen. Wichtig dabei ist, ob ich Dir trauen kann und dass Du zu schweigen in der Lage bist.
Der Diener nickte wieder, einen Hauch weniger sorgenvoll.
Kannst Du schweigen?
Wieder ein Nicken. Etwas debil.
Die Hexe wandte noch kurz einen Gedankenlesezauber an. Sie blicke in die absolut leeren Gedanken des Jungen, besah sich noch ein weiters Mal seine Hüften und klatschte in die Hände.
Okay! Kennst Du den Küchenmeister Jonathan?
Xaver nickte, diesmal eifrig.
Hast Du Zugang zur Küche?
Erneutes Nicken. Sehr eifrig.
Kannst Du mich hineinschmuggeln?
Xaver wiegte ratlos den Kopf. Olga schob ihn von sich hinunter, drapierte ihn direkt neben sich und legte nun ihren Kopf auf seinen Schoß. Dabei strich sie zart über sein Beinkleid. Ihre Finger glitten hinunter bis zum Kniebund seiner Dieneruniform und dann an der Schenkelinnenseite wieder hinauf. Xaver nickte bedächtig. Als Olga in seine Gedanken schaute, erblickte sie Dinge, die sie sofort erröten ließen. Der Jüngling sah Olgas bezaubernde Wangenfärbung, errötete seinerseits und nickte heftig. Die Hexe erhob sich.
Gut! Gehen wir!
Sie schritten die Treppen herauf und durch die dunklen Flure des Palastes. Inzwischen war es nämlich Abend geworden und auch die Königin und die Dienerschaft hatten sich zur Ruhe gelegt. Nur aus der Hofküche hallte emsiges Töpfeklappern.
Küchenmeister Jonathan war ein misstrauischer Mann. Zeit seines Lebens hatte er Hexen den Zutritt zu jedweder Küche, über die er zu leiten hatte, verboten. Und er hatte einige Küchen geleitet. Die Hexe Olga kannte sein despotisches Verhalten und sie hasste ihn dafür. Das lag im Speziellen daran, dass sie für ihr Leben gern kochte. Sobald sich die Gelegenheit ergab, zauberte sie im wahrsten Sinne all ihrer Worte Leibspeisen für die ganze Hofgesellschaft, überall im Reich. Was im Klartext nur hieß: Die jeweiligen Hofköche verloren anschließend ihren Job. Was ebenfalls im Klartext nur hieß: Sämtliche Köche des Landes kannten und hassten Olga.
Doch nun hatte die Hexe ja den dummen Xaver. Der würde ihr sicher den Weg ins Küchenparadies bahnen. Sicher würde er auch dafür belohnt werden, was Olga auch sicher nicht allzu unangenehm wäre und ganz sicher würde Olga bald schon die berühmteste und erfolgreichste Hofköchin des ganzen Königreiches sein. Sicherlich.
Was soll ich denn jetzt tun?
Xaver guckte glasig.
Wann hat der doofe Küchenmeister denn Feierabend, hm?
Weiß ich nicht, Herrin.
Und so mussten die beiden nahe beim Kücheneingang warten. Und weil ihnen bald sehr langweilig wurde, stiegen sie gemeinsam in die Besenkammer. Dort blieben sie für eine ganze Weile und verließen diese erst, als absolut kein Ton mehr im ganzen Palast zu hören war und besonders nicht aus der Küche. Olga fand die Dienerlenden wirklich sehr betörend und von dem Warten in der Besenkammer war ihr immer noch etwas schwindelig.
Wie dumm Xaver auch immer war, er fand alle wichtigen Knöpfe und Schalter und Schüsseln. Olga kochte die ganze Nacht. Und sie hatte sich in ihren hübschen Hexenkopf gesetzt, das beste Chili aller Zeiten zuzubereiten. Als sie sich schließlich völlig erschöpft und übermüdet auf dem Höckerchen neben dem Herd niederließ, duldete sie sogar, dass Xaver vom Ergebnis ihrer Mühen kostete. Ausnahmsweise
, murmelte sie und Xaver kostete. Er fand den Bohneneintopf ein wenig lasch, wollte Olga seine Meinung sehr schonungsvoll beibringen, wandte den Kopf, stellte fest, dass sie drüber hin plötzlich eingeschlafen war und tat den Fehler seines Lebens: Er würzte nach. Großzügig, wenn ihr wisst, was ich meine. Und gleich danach tat er noch etwas Verhängnisvolles: Er hob die schlafende Hexe hoch, trug sie in ihren Keller hinab, legte sie auf den Diwan, küsste sie sanft auf die Stirn und zog die Tür leise hinter sich zu.
Olgas Wut war verheerend. Beinahe so verheerend wie der Wundbrand am Arsch des Königs. Denn Chili, besonders würziges Chile brennt ja bekanntlich zweimal und in einer Wunde am Arsch eben mindesten zehnmal. Olgas Wut war auch fast so folgenschwer, wie der Irrtum, dem das Königspaar aufgesessen war. Denn sie machten den Küchenchef Jonathan trotz seiner vehementen Unschuldsbeteuerungen für alles verantwortlich, ließen ihn hängen und statt seiner stellten sie seinen Gehilfen, den blöden Sören ein. Es gab fortan keine einzige gute Mahlzeit mehr am Hofe.
Warum sie nicht Olga als Köchin einstellten? Dies hatte zwei Gründe. Zum einen, weil sie nun mal die Arschärztin des Königs war und es dem Königspaar irgendwie anstößig erschien, beide Aufgaben miteinander zu vermengen. Zum anderen hatte Olga sich so sehr geärgert, besonders als der dumme Xaver ihr auch noch verriet, wie sie in ihren Keller zurückgekommen ist und was er davor getan hatte (dummer Xaver der!), sodass sie sich im wahrsten Sinne des Wortes schwarz geärgert hatte. Ja, es ist nämlich so, dass Hexen, wenn sie sich wirklich, wirklich sehr ärgern, tatsächlich schwarz anlaufen. Und zwar solcherart, dass sie ständig und andauernd rußen und alles verfärben, was sie berühren und für ewig damit leben müssen. Kein Zauber hilft dagegen und das wusste auch Olga. Deshalb verwünschte sie den Diener mit den süßen Lenden und verzauberte ihn etwas voreilig in einen Pavian. Das Königspaar fand auch Olgas rußenden Umstand relativ ungeeignet für eine Tätigkeit in ihrer Hofküche und so blieb die Hexe, was sie war: Die Arschärztin des Königs.
Ihr wollt wissen, an welcher Stelle nun endlich die Palastrevolte kam? Na gut, das war so: Da Paviane ja bekanntlich um einiges schlauer sind als dumme Diener, die Xaver heißen, konnte sich jener Affe so listig wie unbemerkt unters Volk mischen und eine Hetzkampagne gegen das Königspaar anzetteln. Im Eifer der Wollust nämlich hatte Olga dem Xaver in der Besenkammer vom wahren Leiden des Königs Willibald erzählt. Nun trug er diese Kunde weit durchs Land und das Volk begann, wann immer sich der König in der Öffentlichkeit zeigte, lauthals zu lachen. Herzlich zwar, auch befreiend, dennoch wohl einen Hauch zu gehässig. Der König wurde bald verhärmt und verhärmter, streng und strenger, sehr, sehr ungerecht und die Königin lächelte immer noch. Nur kam ihr Lächeln beim Volke nicht mehr so gut an, wie noch vor kurzem. Irgendwann dann fanden sich noch anderen Affen, die endlich diese wahrlich gediegene Palastrevolte entfachten und den König stürzten. Dieser rettete sich samt Gattin und seiner treuen Hofhexe Olga ins Unterland zu einem Onkel, den kein Arsch, geschweige denn irgendein lausiger Affe jemals gekannt hätte und deshalb hier nicht namentlich erwähnt zu werden braucht.
Die schwarze Olga kniet nun mehrmals täglich am Arsch des Königs nieder. Sie hebt sein Gewand und vom Feuerrot der Wunde geblendet, greift sie beherrscht nach dem Löffel und unterdrückt dabei den Würgereiz. Sie greift nach diesem speziell geformten Löffel, der bereits mit der zähen, aber wirkungsvollen und zudem mit reichlich, wirklich reichlich knackigem Liebhaberzauber versehenen Salbe gefüllt ist, säubert ihn vorm Einführen noch vom herab fallenden Ruß und sinnt auf Rache. Die Königin hingegen wendet sich nur zufrieden lächelnd ab.
Ihr fragt, wer denn nun neuer König des Landes wurde? Ich muss euch leider enttäuschen: Ich weiß es gar nicht. Ist doch aber eigentlich auch egal, oder? Irgendein Affe halt. Das mag auch der Grund dafür sein, dass sich im Prinzip für niemanden, außer für unsre arme rußende Olga etwas änderte.