30.10.2007 14:45 Uhr Drucken | Versenden | Kontakt Trennlinie Kevin-Prozess in Bremen Unklarheit über Kevins Todeszeitpunkt Fehlende Aktenvermerke und widersprüchliche Aussagen im Prozess um den Tod des kleinen Kevin: Das Kind soll bereits im Mai 2006 gestorben sein. Kevin; Prozess; Bremen; dpa "Das Jugendamt trifft keine Schuld. Ich bin das Schwein", soll Kevins Ziehvater nach seiner Verhaftung gesagt haben. Foto: dpa
Nach dem grausamen Tod des kleinen Kevin in Bremen gibt es weiterhin Unklarheit über den Todeszeitpunkt des Jungen. Nachbarn des angeklagten Ziehvaters hätten völlig widersprüchliche Angaben darüber gemacht, wann sie den Jungen zum letzten Mal gesehen hatten. Dies berichtete ein Polizeiermittler während des zweiten Verhandlungstages vor dem Bremer Landgericht.
Polizisten hatten die Leiche des zweijährigen Jungen am 10. Oktober 2006 im Kühlschrank des drogensüchtigen Ziehvaters gefunden. Der 42-Jährige muss sich wegen Totschlags und Misshandlung Schutzbefohlener verantworten. Kevins Schicksal hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst.
Das Kind stand damals unter dem Schutz des Jugendamtes und sollte bei einem Polizeieinsatz aus der Wohnung des Ziehvaters geholt werden. Sie hätten nicht damit gerechnet, dass das Kind tot sei, sagten mehrere Beamte aus. Die Wohnung habe aufgeräumt gewirkt, Kinderspielzeug habe herumgelegen, an der Garderobe Kevins Jacke gehangen, auf dem Boden ein gepackter Kinderrucksack gestanden. "Als Briefträger hätte ich gedacht: Hier wohnt ein Kind. Man hätte es jederzeit zurück erwartet", erinnerte sich ein Ermittler.
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Erstmals schilderte eine Polizistin vor dem Schwurgericht, was der Ziehvater nach seiner Verhaftung auf der Fahrt ins Polizeipräsidium gesagt hatte. "Das Jugendamt muss sich warm anziehen", habe ein Polizist zunächst bemerkt. Darauf habe der Ziehvater erwidert: "Das Jugendamt trifft keine Schuld. Ich bin das Schwein." Die Beamtin konnte nicht erklären, warum diese Aussage in den Vernehmungsakten fehlte. Unklar blieb auch ein Aktenvermerk, wonach Kevins Ziehvater den Monat Mai als Todeszeitpunkt angegeben habe.
Der Ziehvater habe bei seiner Verhaftung nicht wie ein typischer Junkie gewirkt und einen ruhigen, fast teilnahmslosen Eindruck gemacht, beschrieben die Polizisten den Mann. Nach früheren Zeugenaussagen soll er auf die Frage nach Kevins Aufenthaltsort geantwortet haben: "Es war ein Unglücksfall, mein Sohn ist tot, ich mag gar nicht sagen, wo er ist, das glaubt mir eh keiner." Erst im Polizeipräsidium habe er eine Gefühlsregung gezeigt, als er das Festnahmeprotokoll unterschreiben sollte. Nachdem er in einer Rubrik des Formulars den Eintrag "Delikt: Mord" gesehen habe, sei er aufgebraust und habe seine Unterschrift verweigert.
Vor Gericht ist weiter strittig, in welchem Umfang der Ziehvater bei seiner Verhaftung in der Wohnung über seine Rechte belehrt wurde. Ein Ermittler, der darüber eine Protokollnotiz verfasst hatte, konnte sich nicht erinnern, ob es überhaupt eine Belehrung gab. Die Verteidiger wollen daher erreichen, dass weitere Polizeiangaben über erste Aussagen des Angeklagten nicht vor Gericht zugelassen werden.
Kinderarzt hegte schon früh Verdacht gegen Ziehvater Tante wusste nichts von Misshandlungen Kevins
Bremen (ddp). Die Tante des gewaltsam zu Tode gekommenen Kevin aus Bremen hat von den Misshandlungen an ihrem Neffen nichts gewusst. Bei ihrem Besuch in Bremen seien die Eltern liebevoll mit ihrem Sohn umgegangen, sagte die Schwester von Kevins Mutter gestern vor dem Landgericht Bremen im Prozess um den gewaltsamen Tod des Kindes. Nach dem Tod von Kevins Mutter habe sie noch einmal vergeblich versucht, ihren Neffen zu sehen. Der Ziehvater sei bei dem Treffen sehr nervös gewesen. Der Junge war zu dem Zeitpunkt vermutlich schon tot. Der Kinderarzt von Kevin sagte, er habe den Ziehvater schon früh im Verdacht gehabt, den Jungen misshandelt zu haben.
Der 42-jährige Ziehvater von Kevin muss sich vor dem Landgericht wegen Totschlags und Misshandlung Schutzbefohlener verantworten. Polizisten hatten die Leiche des Jungen vor über einem Jahr im Kühlschrank des Drogensüchtigen entdeckt. Die Tante von Kevin sagte, bei ihrem Besuch im Frühjahr 2005 habe die Familie ihrer Schwester einen positiven Eindruck auf sie gemacht. «Ich habe hinterher gedacht: Meine Schwester hat es geschafft», sagte die 41-Jährige. Die Schwester sei bereits in jungen Jahren drogenabhängig geworden.
Vater vertuschte Kevins Tod mehrmals Nach dem Tod der Schwester sei sie im Juli 2006 mit ihrem Freund erneut von Köln nach Bremen gefahren, um ihren Neffen zu sehen. Der Besuch sei beim Ziehvater Wochen vorher angekündigt worden. Zur verabredeten Zeit sei Bernd K. dennoch nicht zu Hause gewesen. Erst am nächsten Tag hätten sie ihn angetroffen, Kevin aber nicht. K. sei sehr nervös gewesen. Er habe behauptet, der Zweijährige sei im Kindergarten. Daraufhin seien sie dort hingefahren, sagte die Zeugin. K. sei allein hineingegangen und habe anschließend behauptet, die Kinder seien gerade spazieren.
Von Köln aus habe sie mit Bernd K. noch mehrmals telefoniert. dieser habe versichert, dem Jungen gehe es gut. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Todeszeitpunkt des Kindes zwischen Ende April und Juni 2006 aus. Der Kinderarzt des Jungen sagte vor Gericht, er habe bei Kevin im Alter von etwa acht Monaten Knochenbrüche festgestellt und den Verdacht gehabt, dass der Ziehvater dafür verantwortlich sei. Zwar habe dieser Misshandlungen bestritten und stattdessen eine Nachbarin verdächtigt. Dies war aber nach den Worten des Mediziners wenig glaubwürdig. Ein anderes Mal habe Kevin innerhalb von nur zwei Wochen massiv an Gewicht verloren. Dies sei in einer Zeit gewesen, als sich der Vater allein um das Kind kümmerte, weil die Mutter im Krankenhaus lag. Er habe damals vermutet, der Junge sei unterversorgt gewesen.
14.11.2007 SR http://www.e110.de/artikel/detail.cfm?pageid=65&id=84934
Re: Jugendamt Bremen: Fall Kevin
Freitag, 07. Dezember 2007, 14:47 Uhr Kleiner Kevin wurde schon als Säugling gequält
Im Prozess um den zu Tode gequälten Kevin hat ein Arzt die Vorwürfe gegen den wegen Misshandlung und Totschlags angeklagten Ziehvater erhärtet. Demnach wurde der Junge schon im Säuglingsalter misshandelt, vermutlich mehrfach. Der Kinderradiologe, der im Herbst 2004 den damals neun Monate alten Jungen in einer Bremer Klinik untersucht hatte, beschrieb vor dem Bremer Landgericht Schädel-, Rippen- und Armfrakturen. Manche Frakturen könnten zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstanden sein, sagte der Arzt. Kevin war am 10. Oktober vergangenen Jahres tot und bereits stark verwest im Kühlschrank des Ziehvaters gefunden worden. Seine Leiche wies laut Angaben 24 alte und frische Knochenbrüche auf, von denen nach Auffassung der Staatsanwaltschaft letztlich einer in Verbindung mit einer Fettembolie in der Lunge zum Tod geführt haben soll. http://www.bild.t-online.de/BTO/news/telegramm/Newsticker,rendertext=3203770.html?o=RSS
Re: Jugendamt Bremen: Fall Kevin
Fall Kevin Anklagen gegen Jugendamt?
BREMEN -
Nach dem grausamen Tod des zweijährigen Kevin in Bremen will die Staatsanwaltschaft offenbar Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen zwei Jugendamts-Mitarbeiter erheben. Nach Medienberichten werden dem Fallmanager und dem Amtsvormund "fahrlässige Tötung durch Unterlassen" vorgeworfen. Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft wegen der Verletzung der Fürsorgepflicht ermittelt. dpa
erschienen am 18. Dezember 2007 http://www.abendblatt.de/daten/2007/12/18/828546.html
Re: Jugendamt Bremen: Fall Kevin
18.12.2007 11:12 Uhr Drucken | Versenden | Kontakt Trennlinie Fall Kevin Ermittlungen gegen das Jugendamt
Mehrere Medien berichten, dass Mitarbeitern des Bremer Jugendamtes "fahrlässige Tötung durch Unterlassen" im Fall Kevin vorgeworfen werden soll. Derzeit muss sich Kevins Vater wegen Totschlags und Misshandlung vor Gericht verantworten. Grab des kleinen Kevin aus Bremen, angeblich wird nun gegen Mitarbeiter des Jugendamtes ermittelt, ddp vergrößern Das Grab des zweijährigen Kevin aus Bremen Foto: ddp
Nach dem grausamen Tod des zweijährigen Kevin in Bremen will die Staatsanwaltschaft Medienberichten zufolge Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen zwei Mitarbeiter des Jugendamtes erheben.
Mehrere Zeitungen berichteten, nach unbestätigten Informationen würden dem Fallmanager und dem Amtsvormund "fahrlässige Tötung durch Unterlassen" vorgeworfen. Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft gegen sie nur wegen der Verletzung der Fürsorgepflicht ermittelt.
Die Anklagebehörde wollte sich dazu am Montag nicht äußern. Sie werde voraussichtlich erst am Dienstag Angaben machen.
Leiche im Kühlschrank
Kevins Leiche war im Oktober 2006 im Kühlschrank seines Ziehvaters gefunden worden. Dieser muss sich seit zwei Monaten vor dem Bremer Landgericht wegen Totschlags und Misshandlung Schutzbefohlener verantworten.
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Nach Angaben der Blätter wird Kevins Fallmanager vorgeworfen, er habe schon früh viele Anhaltspunkte für Misshandlungen gehabt und hätte eingreifen müssen. Auch der Amtsvormund als juristischer Elternersatz sei seinen Pflichten nicht nachgekommen. Sollte das Landgericht die Anklage zur Hauptverhandlung zulassen, werde der Prozess gegen beide Behördenmitarbeiter gemeinsam geführt.
Hohe Arbeitsbelastung
Ein Untersuchungsausschuss in der Hansestadt hatte massive Fehler der Sozialverwaltung aufgedeckt. Immer neue Details zeigten, wie viele verschiedene Organisationen, Kliniken und Betreuer vom Schicksal Kevins wussten. Dennoch blieb das Kind in der Obhut der drogensüchtigen Eltern.
Der betreuende Sozialarbeiter sagte nicht vor dem Ausschuss aus, ein Arzt hatte ihn krankgeschrieben. Der Vormund äußerte sich nicht zu dem Jungen, sondern gab nur Einblicke in seine hohe Arbeitsbelastung.
Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Sozialarbeiter
Der Tod des kleinen Kevin aus Bremen hat für die beteiligten Sozialarbeiter ein Nachspiel vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen gegen einen Sachbearbeiter und den Amtsvormund erhoben. Der Ziehvater hatte Kevin misshandelt.
Bremen - Wann der Prozess gegen den 56 Jahre alten Sachbearbeiter und den 65 Jahre alten Amtsvormund vor dem Landgericht beginnt, konnte ein Behördensprecher heute nicht sagen. Seit Ende Oktober muss sich der Ziehvater des Zweijährigen wegen Mordes vor Gericht verantworten. Kevin, der unter der Vormundschaft des Jugendamtes stand, war im Oktober 2006 schwer misshandelt und tot in einem Kühlschrank gefunden worden.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat der zuständige Sachbearbeiter spätestens seit August 2004 gewusst, dass die damals noch lebende Mutter und ihr Lebensfährte drogenabhängig und mit der Betreuung des Kindes überfordert waren. Auch sei er damals schon von Ärzten mehrfach darauf hingewiesen worden, dass Kevin schwerste Verletzungen durch massive Misshandlungen erlitten hatte, hieß es in einer Mitteilung der Behörde.
Auch der im November 2005 als Amtsvormund bestellte Kollege hätte durch ihm bekanntgewordene Alarmzeichen genügend Anlass gehabt, an der Sicherheit des Kindes zu zweifeln. Er hätte eigene Nachforschungen anstellen müssen, darauf habe er pflichtwidrig verzichtet.
Zum Tod des Kindes habe es nur kommen können, weil die Angeschuldigten es sorgfaltspflichtwidrig versäumt hätten, rechtzeitig für eine räumliche Trennung vom Ziehvater zu sorgen, schrieb die Staatsanwaltschaft weiter. Die Notwendigkeit "drängte sich aufgrund einer Vielzahl schwerwiegender Alarmzeichen auf, was für die Angeschuldigten aufgrund ihrer Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung auch erkennbar war".
19.12.2007 17:46 Uhr Drucken | Versenden | Kontakt Trennlinie Fall Kevin Fatale Versäumnisse beim Jugendamt
Im Fall Kevin klagt die Staatsanwaltschaft zwei Mitarbeiter des Bremer Jugendamtes wegen fahrlässiger Tötung des Zweijährigen an. Von Julius Müller-Meiningen
Der Angeklagte Bernd K. (rechts) mit seinem Anwalt. Foto: AP
Im Fall Kevin hat die Staatsanwaltschaft Bremen Anklage gegen zwei Mitarbeiter des Bremer Jugendamtes wegen "fahrlässiger Tötung durch Unterlassen" erhoben. Das bestätigte Staatsanwalt Jörn Hauschild am Mittwoch der Süddeutschen Zeitung.
Dem Sachbearbeiter des Falles sowie dem Amtsvormund des Kindes wird vorgeworfen, Maßnahmen unterlassen zu haben, mit denen der Tod des Zweijährigen hätte verhindert werden können. Der Prozessbeginn steht noch nicht fest.
Im Oktober 2006 hatten Polizisten in einem Kühlschrank in der Wohnung von Kevins Ziehvater die Leiche des Kindes gefunden. Sie wies mehr als 20 Knochenbrüche auf.
"Vielzahl von Alarmzeichen" ignoriert
Der 42-jährige Ziehvater Bernd K. muss sich seit zwei Monaten vor dem Bremer Landgericht wegen Totschlags verantworten. Er schweigt zu den Vorwürfen. Ein Untersuchungsausschuss hatte zuvor schwerwiegende Versäumnisse des Jugendamtes aufgedeckt.
Die Staatsanwaltschaft wirft nun dem verantwortlichen Sachbearbeiter vor, er habe "versäumt, das Kind unverzüglich in Obhut zu nehmen". Diesen Schritt hätte eine "Vielzahl von Alarmzeichen" notwendig gemacht. Der Tod des Kindes hätte verhindert werden können.
Der Sacharbeiter habe von den schwerwiegenden Misshandlungen des Kindes gewusst, sagte Hauschild. Der vom Jugendamt gestellte Vormund des Kindes soll von den Misshandlungen erst später Kenntnis bekommen haben. Er sei seinen Pflichten dann aber nicht nachgekommen.
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Georg Ehrmann, Vorsitzender des Vereins Deutsche Kinderhilfe Direkt, begrüßte die Anklage. "Ein individuelles Versagen darf in solchen Fällen nicht möglich sein", sagte er.
Notwendig sei die Einführung von transparenten Kontroll-Systemen, wie es sie zum Beispiel in München gebe. Dort hat das Jugendamt ein dreistufiges Kontrollverfahren eingeführt, mit dem die Dringlichkeit des Einschreitens der Behörde bemessen wird.
"Grundsätzlich entscheiden in München vier bis sechs Amtsmitarbeiter gemeinsam über einzelne Fälle vernachlässigter Kinder", sagte die Leiterin des Münchner Jugendamtes, Maria Kurz-Adam. Um die Arbeit zu bewältigen, sei aber mehr Personal notwendig. Die Verunsicherung bei den Mitarbeitern der Jugendämter halte weiter an.
(SZ vom 20.12.2007) http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/559/149202/
Re: Jugendamt Bremen: Fall Kevin
(SZ vom 20.12.2007) 19.12.2007 17:46 Uhr Fall Kevin Fatale Versäumnisse beim Jugendamt
Im Fall Kevin klagt die Staatsanwaltschaft zwei Mitarbeiter des Bremer Jugendamtes wegen fahrlässiger Tötung des Zweijährigen an. Von Julius Müller-Meiningen
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Der Angeklagte Bernd K. (rechts) mit seinem Anwalt. Foto: AP
Im Fall Kevin hat die Staatsanwaltschaft Bremen Anklage gegen zwei Mitarbeiter des Bremer Jugendamtes wegen "fahrlässiger Tötung durch Unterlassen" erhoben. Das bestätigte Staatsanwalt Jörn Hauschild am Mittwoch der Süddeutschen Zeitung.
Dem Sachbearbeiter des Falles sowie dem Amtsvormund des Kindes wird vorgeworfen, Maßnahmen unterlassen zu haben, mit denen der Tod des Zweijährigen hätte verhindert werden können. Der Prozessbeginn steht noch nicht fest.
Im Oktober 2006 hatten Polizisten in einem Kühlschrank in der Wohnung von Kevins Ziehvater die Leiche des Kindes gefunden. Sie wies mehr als 20 Knochenbrüche auf.
"Vielzahl von Alarmzeichen" ignoriert
Der 42-jährige Ziehvater Bernd K. muss sich seit zwei Monaten vor dem Bremer Landgericht wegen Totschlags verantworten. Er schweigt zu den Vorwürfen. Ein Untersuchungsausschuss hatte zuvor schwerwiegende Versäumnisse des Jugendamtes aufgedeckt.
Die Staatsanwaltschaft wirft nun dem verantwortlichen Sachbearbeiter vor, er habe "versäumt, das Kind unverzüglich in Obhut zu nehmen". Diesen Schritt hätte eine "Vielzahl von Alarmzeichen" notwendig gemacht. Der Tod des Kindes hätte verhindert werden können.
Der Sacharbeiter habe von den schwerwiegenden Misshandlungen des Kindes gewusst, sagte Hauschild. Der vom Jugendamt gestellte Vormund des Kindes soll von den Misshandlungen erst später Kenntnis bekommen haben. Er sei seinen Pflichten dann aber nicht nachgekommen.
Mehr zum Thema Fall Kevin Ermittlungen gegen das Jugendamt mehr... Darry: Fünf tote Kinder, eine kranke Mutter und ein Dorf unter Schock Wenn alle Spuren in den Abgrund führen mehr... Vernachlässigte Kinder Jessica, Kevin, Lea-Sophie mehr... Fall Kevin Der Mensch hinter dem Schweigen mehr... Kevin-Prozess in Bremen Unklarheit über Kevins Todeszeitpunkt mehr...
Georg Ehrmann, Vorsitzender des Vereins Deutsche Kinderhilfe Direkt, begrüßte die Anklage. "Ein individuelles Versagen darf in solchen Fällen nicht möglich sein", sagte er.
Notwendig sei die Einführung von transparenten Kontroll-Systemen, wie es sie zum Beispiel in München gebe. Dort hat das Jugendamt ein dreistufiges Kontrollverfahren eingeführt, mit dem die Dringlichkeit des Einschreitens der Behörde bemessen wird.
"Grundsätzlich entscheiden in München vier bis sechs Amtsmitarbeiter gemeinsam über einzelne Fälle vernachlässigter Kinder", sagte die Leiterin des Münchner Jugendamtes, Maria Kurz-Adam. Um die Arbeit zu bewältigen, sei aber mehr Personal notwendig. Die Verunsicherung bei den Mitarbeitern der Jugendämter halte weiter an.
(SZ vom 20.12.2007) http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/559/149202/
Re: Jugendamt Bremen: Fall Kevin
Kleiner Kevin: Kokain im Blut Dienstag, 08. Januar 2008, 11:48 Uhr In den Haaren des toten zweijährigen Kevin aus Bremen hat ein Gutachter Spuren von Kokain und des Heroin-Ersatzstoffes Methadon gefunden. Das sagte der Toxikologe Walter Martz als Gutachter vor dem Bremer Landgericht im Totschlags-Prozess gegen Kevins Ziehvater. Der Angeklagte war drogensüchtig. Die Konzentration der Drogen sei nicht niedrig gewesen, sagte der Gutachter. Sie sei vergleichbar mit den Werten erwachsener Drogenkonsumenten. Der Wissenschaftler wollte sich aber nicht festlegen, wie die Rauschgifte in den Körper des kleinen Jungen gekommen sind. Es könne durch direkte Verabreichung passiert sein, aber auch zum Beispiel durch Einatmen von Staub in der Wohnung. http://www.bild.t-online.de/BILD/news/telegramm/news-ticker,rendertext=3430790.html?o=RSS
Re: Jugendamt Bremen: Fall Kevin
Vorwürfe gegen Jugendamt Kevins Tod hätte verhindert werden können DruckenVersendenVorherige Seite yiggdeliciouslinkwebnewsdiggwong Die Bremer trauern um Kevin
Die Bremer trauern um Kevin
01. November 2006 Im Fall des vor drei Wochen tot aufgefundenen zweijährigen Kevin aus Bremen erhebt der Senat schwere Vorwürfe gegen das Jugendamt der Stadt. Der von Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) mit der Untersuchung der Ereignisse beauftragte Justizstaatsrat Ulrich Mäurer kommt zu dem Schluß, daß der Tod des Jungen hätte verhindert werden können, wenn das Amt für Soziale Dienste die Vorschriften für den Umgang mit Kindern drogenabhängiger Eltern eingehalten hätte.
Aus dem Bericht Mäurers geht zudem hervor, daß Kevin bereits seit Anfang Juli tot ist. Bernd K., in dessen Kühlschrank der Junge gefunden wurde und der im Verdacht steht, Kevin getötet zu haben, ist überdies nicht der Vater des Kindes. Mäurer warf dem Jugendamt am Dienstag massive Versäumnisse vor. Der verantwortliche Sachbearbeiter habe sich immer wieder vehement dafür eingesetzt, daß Kevin bei seinem als gewaltbereit bekannten vermeintlichen Vater blieb. Dabei habe er sich vor allem auf Aussagen des Arztes des drogenabhängigen Mannes gestützt, der diesen mit Methadon und Medikamenten versorgte. Er war der zentrale Mittelsmann zwischen dem Vater und dem Amt, betonte Mäurer. Eine kritische Distanz des Amtes zu den Auffassungen des Arztes habe es nicht gegeben. Das Kindeswohl sei dabei nicht beachtet worden.
Vorrang des Kindeswohls mißachtet
Dabei gebe es klare Vorgaben für den Vorrang des Kindeswohls gegenüber den Interessen der drogenabhängigen Eltern, sagte Mäurer. Es habe immer wieder Hinweise unterschiedlicher Stellen gegeben, daß Kevin in Gefahr gewesen sei. Diese Hinweise seien aber vom Jugendamt zum Teil barsch zurückgewiesen worden. Dabei habe Bernd K. sich nicht einmal an Auflagen gehalten, die ihm gemacht wurden. Dennoch hätten sich daraus für ihn keine Konsequenzen ergeben (Siehe auch: FAZ.NET-Spezial: Tödliches Versagen im Fall Kevin). Zum Thema
* FAZ.NET-Spezial: Tödliches Versagen im Fall Kevin * Fall Kevin: Herausgabe sollte unter Polizeischutz stattfinden
Der Sachbearbeiter des Jugendamtes habe Kevin nur ein einziges Mal auf einer so genannten Fallkonferenz gesehen, stellte Mäurer fest. In der Folge sei die Gefährdungslage nicht erkannt oder falsch eingeschätzt worden. Es gebe aber keine Hinweise darauf, daß Kevin aus Kostengründen so lange bei Bernd K. bleiben sollte und nicht in ein Heim kam.
Bernd K. nicht der Vater
Die Todesursache ist unterdessen noch immer unklar. Kevins Leichnam sei inzwischen für ergänzende Untersuchungen ins Gerichtsmedizinische Institut der Uniklinik in Hamburg-Eppendorf gebracht worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Kevins verweste Leiche war am 10. Oktober mit mehreren Knochenbrüchen und einem Bluterguß am Schädel gefunden worden. Die Verletzungen haben nach Angaben der Staatsanwaltschaft aber nicht zum Tod des Jungen geführt. Mäurer: Tod des Jungen hätte verhindert werden können
Mäurer: "Tod des Jungen hätte verhindert werden können"
Nach Angaben Mäurers ergab eine DNA-Analyse, daß der in Untersuchungshaft sitzende Bernd K. nicht der Vater von Kevin ist. Der Mann habe auch zu Lebzeiten der Mutter nie die Vaterschaft anerkannt. Es gebe aber keine Hinweise darauf, daß er tatsächlich wußte, nicht der Vater zu sein. Nach dem Tod der ebenfalls drogenabhängigen Mutter im November 2005 hatte das Amt für Soziale Dienste die Vormundschaft von Kevin übernommen. Die unverheiratete Mutter hatte zuvor das alleinige Sorgerecht.
Der Verdacht, daß Bernd K. seine Lebensgefährtin getötet hat, ist nach Angaben Mäurers vom Tisch. Das Verfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge werde demnächst eingestellt. Böhrnsen will nun das gesamte System der Jugendhilfe auf den Prüfstand stellen. Es gebe unübersehbar eine Reihe von Fragen zu der bisherigen Praxis des Jugendamtes zumindest im Fall Kevin. Das werde eine der großen Aufgaben der neuen Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) sein, die am Donnerstag gewählt und vereidigt werden soll. Sie wird Nachfolgerin von Karin Röpke (SPD), die die politische Verantwortung für den Tod von Kevin übernommen hatte.
Text: FAZ.NET mit Material von dpa Bildmaterial: ddp
Im Auftrag von Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen (SPD) hat Justizstaatsrat Ulrich Mäurer in der Hansestadt eine 60-seitige detaillierte Dokumentation zum Fall Kevin vorgestellt. Darin werden die Abläufe und Zusammenhänge zwischen den Behörden, der Mutter von Kevin und dem drogensüchtigen Freund der Mutter aufgelistet. Im Ergebnis stellt Mäurer gravierende Fehler fest.
Unter anderem hat:
der behandelnde Arzt des Drogensüchtigen sowie die Drogenbetreuerin der Mutter den Standpunkt vertreten, die Eltern könnten ihr Kind versorgen und betreuen,
der Vertreter des Jugendamtes sich nicht dagegen ausgesprochen,
es keine Überprüfung der Angaben der Eltern über den Umgang mit ihrem Kind gegeben.
Zudem habe das Jugendamt nicht reagiert, als Zweifel an der Eignung der Eltern bekannt wurden. Beispiele dafür seien:
zwei polizeiliche Notlagenberichte,
Feststellungen einer Kinderklinik über Kindesmisshandlung und diverse Knochenbrüche,
der Hinweis des Kinderarztes auf den dramatisch schlechten Zustand von Kevin,
der Hinweis des drogensüchtigen Freundes, wonach die Mutter das Kind vernachlässige und der Prostitution nachgehe, um sich Drogen zu beschaffen,
Hinweise der Familienhebamme, die das Kind nicht den Eltern überlassen wollte.
Das Fehlverhalten der Eltern sei nicht sanktioniert worden, obwohl:
Termine für ärztliche Untersuchungen versäumt und bewilligte Hilfen nur kurz in Anspruch genommen wurden,
der drogensüchtige Freund gegen Absprachen mit dem Amt handelte und unter anderem eine Tagespflegemutter mit einer abwegigen Begründung abgelehnt habe.