Gruppe Enigma - Texthaufen

Zeilenroman. Jetzt erst recht!

Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!

dass die im Flur platzierte Überwachungskamera ein Dutzend uniformierte Männer der Klinik-Security zeigte, die offensichtlich nach dem verschwundenen Patienten fahndete.
"Ich bitte um meine Aufmerksamkeit!" sprach der Professor schließlich, worauf die meisten der Anwesenden ihre Köpfe irritiert in seine Richtung wendeten. "Dieser junge Mann hier, Karl Napf, weiß noch nichts vom Projekt 'Gehweg'. Ich spare mir die Erklärungen an dieser Stelle, dazu bin ich zu wichtig, vielleicht kann das nachher einer von euch machen. Wichtig für euch alle sind an dieser Stelle drei Dinge: Erstens darf keine Krankenhausluft an ihn gelangen, sonst entleert sich der arme Wicht, und das will wohl keiner hier. Also wechseln Sie immer regelmäßig das Duftbäumchen. Zweitens, es besteht kein Zweifel, dass er das fehlende Glied zur Vollendung unseres Vorhabens ist!"
Ein Raunen ging durch die Menge und Jessica nickte anerkennend.
"Und drittens", fuhr er fort, "kann vielleicht jemand dem jungen Mann etwas zum Anziehen besorgen, sein Outfit ist selbst für unsere Gewohnheiten hier ein wenig zu ... markant!"
"Äh, eine Sekunde noch, Herr Professor", meldete sich Jessica,


"Fix, Schwyz!" quäkt Jürgen blöd vom Paß.

Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!

"Ist mein Auftrag jetzt erledigt?"
Die blonde Frau zwinkerte Jessica zu und antwortete ihr in einer Sprache, die Karl nicht verstand. Jessica lehnte sich an die Langhaarige an und begann, sie zärtlich am Arm zu streicheln. Karl fühlte einen Stich in seinem Herzen, drehte sich abrupt um und schaute direkt in das Gesicht eines großen, hageren Burschen. Dieser beugte sich zu ihm herab (Karl hat schon immer unter seiner mangelnden Größe gelitten) und flüsterte ihm in das rechte Ohr:


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"Ich, Crazy Horse, zeugte einst im Garten einen Dschinn. Ich ritt je einen Todesengel zu Tode, denn es naht Gott! Es heißt, wer einschläft, geht!"


"Fix, Schwyz!" quäkt Jürgen blöd vom Paß.

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"Was der redet...", dachte Karl und wurde von dem langen Kerl mitgezogen. In einem anderen Raum (und es war nicht die dubiose Küche) bekam er wortlos einen Stapel Kleidung in den Arm gedrückt. Die nach Jessica duftende Pelzjacke ließ er vorsichtig zu Boden sinken. Dann zog er sich an und fühlte sich anschließend verkleidet, da


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er zwischen den Kleidungsstücken noch einen falschen grauen Vollbart fand, der sich ganz prima seinem Gesicht anpasste. Nun trug er einen olivgrünen Overall, weiße Nike-Turnschuhe und diesen tollen Vollbart. Als er zu den Ausgeschlossenen zurückkehrte begrüßten ihn alle mit:


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"Hier ans Licht
Lust oder nicht?
Einst unser Leben
Ins Netz gegeben!"

Freudig streckten die Anwesenden, mehrfach den Vierzeiler skandierend, Karl ihre Hände entgegen, um sie immer kurz vor der Berührung zurückzuziehen und wirbelnd in die Luft zu halten. Einige hielten sich auch verschämt im Hintergrund und tuschelten, insbesondere auch die ominöse Blonde, die ihr Gesicht hinter einem Mundschutz verbarg.


"Fix, Schwyz!" quäkt Jürgen blöd vom Paß.

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"Mutig atmet Christa hinter Manfred im Takt!", nuschelte sie hinter dem Papier. Dann nahm sie den verwirrten Karl bei der Hand und zog ihn zu sich heran. Während er sich mit der blonden Dame im Takt einer unbekannten Musik wiegte, wiederholte er ihren Satz im Geiste immer wieder und versuchte darin einen Sinn zu erkennen.
"Karl, übe selbst, sonst möchte ich Cassandra heissen!" raunte ihm Jessica plötzlich von der anderen Seite ins Ohr und da küsste er sie direkt auf den Mund und wunderte sich noch darüber.


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Die Anwesenden klatschten freudig und begannen nach und nach, sich auszuziehen und gegenseitig, immer noch unverständliche Dinge redend, mehr oder weniger zärtlich zu küssen. Karl war seinen eben erst angelegten Overall schon wieder losgeworden, als unvermittelt alle innehielten, da die in den Ecken des Raumes angebrachten Rotlichter unheilvoll an und ausgingen.
"Scheiße, heute ist Truppenübung!" entfuhr es dem Professor, und Jessica flüsterte dem fragend blickenden Karl ins Ohr: "Alarm, Schätzchen! Zieh dich mal lieber wieder an, wir machen später hier weiter!"
Bei dem Wort "hier" übte sie einen leichten Druck auf sein bestes Stück aus, das sie mit der rechten Hand umschlossen hielt, um deutlich zu machen, worum es ihr ging.


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Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!

Die merkwürdigen Menschen stellten sich in Zweierreihen auf und fassten die jeweilige Hand des Nachbarn. Jessica und Karl standen stramm in der Reihe und hielten sich fest. Dann rief der Professor ein flottes "Marschmarsch!" und soldatengleich schritten alle durch das schier endlose Kellergewölbe.
Keiner sprach ein Wort.
Karl fror, denn er hatte keine Zeit gehabt, den verdammten Overall wieder anzuziehen. Jessica gab ihm -wieder einmal- ihre Kunstpelzjacke. Als er sie beim Gehen anzog, rutschte aus der Seitentasche ein kleiner Gegenstand heraus und fiel zu Boden. Als er sich schnell bücken wollte, sah er


Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!

dass es vor ihm davonhüpfte. Das Ding sah ein bisschen aus wie eine Maus, nur größer und mit einem Touch rosa. Karl wünschte sich, er hätte in Biologie früher ein wenig besser aufgepasst. Gerade wollte er Jessica auf das mäuseartige Tier hinweisen, als es unter einem Plastikschuhschrank verschwand, der unästhetisch in einer Vertiefung des Kellergewölbes platziert war. Beim Anblick des Schuhschranks ergriff Karl das spontane Bedürfnis, ihn zu öffnen und nach einem anderen Paar Schuhe zu durchsuchen, vielleicht irgendwas in einer Farbe, die nicht so verdammt grün war. Doch als er den Schrank öffnete, geschah etwas


"Fix, Schwyz!" quäkt Jürgen blöd vom Paß.