Jocke ging mit schnellem Schritt auf Xiana zu und nahm sie in die arme, auch seine Tränen hielt er nicht länger zurück. "Ich verspreche wir holen ihn wieder ab wenn alles vorbei ist... " sagte er "Und wenn es das letzte ist was ich tue..." er hielt Xiana fest in den Armen und tröstete sie, wie er sich auch selbst trost bei ihr suchte.
"...nordnordoost...6-10 Knoten..."
Der Zirkel huschte über die Karte der Norssee. Schwere Messinggeräte lag darauf. Und ein gerades Metallblech. Und kleinere Pergamente mit Notizen.
Auf dem gesicherten Seitenbrett stand ein Krug mit Essigwasser.
"...die Muschelbänke gegen Mittag, bei Flut....sonst Richtung Nord ausweichen..."
Wieder huschte der Zirkel über das Papier.
Hein kratzte sich am Bart.
"...dann nochmal Wasser an der Kelvarwaarft..."
Wieder zwei Zirkelschwünge.
"...Treffen mit Algonkin im Kantenland. Vielleicht können wir da auch ein wenig Landkampf proben. Für Landungsunternehmen...oder Rettungsmissionen...oder Wassernahme...hmmm..."
Der Zirkel huschte wieder über das Papier.
"...drei, vielleicht vier Tage maximal..."
Flüchtig schaute er auf eine Tabelle mit Zahlen und nochmehr Zahlen.
Dann huschten seine Finger über einen Abakus. Schoben Kugeln hierhin und dorthin.
"...dann über die Oostsee Untiefen bei Söderland bei hoher Flut, da sparen wir 70 Seemeilen..."
Wieder huschte der Zirkel über das Papier.
"...und dann...das tiranaische Meer..."
Hein verharrte einen Augenblick in der gleichen Position.
"...das tiranaische Meer..." murmelte er ein weiteres Mal.
Seine Augen wurden dunkel.
Eine ganze Weile standen Jocke und Xiana in der Umarmung. Nach dem sie sich wieder gefasst hatten, gingen sie an Deck. Auf dem Weg dorthin begegneten ihnen viele, sehr viele von der Besatzung.
Auf der Braut wahr es jetzt sehr eng. Noch würden sich die Männer und die paar Frauen zurückhalten können was Streit anging, doch bald würden sie gereizt und schlechtlaunig sein. Sie würden mehr als ein mal knapp mit Wasser und Essen dastehen.
Hängematten hingen dicht an dicht, die Menschen würden sich gegenseitig auf die Füße treten.
Doch noch war alles in Ordnung. Sie hatten genug zu tun und Hein würe schon dafür sorgen, dass ihnen nicht zu schnell langweilig wurde.
Die beiden kamen schließlich am Achterdeck an und Xiana drehte sich bewusst von der kleinen Schlamminsel weg.
"Weißt du... meine Sachen sind alle noch da. Die Seife und alles andere auch. Ich wüsste gerne mal wo meine letzte Seife abgeblieben ist. Die ahr so gut wie neu." sagte sie zu Jocke und schaute der Pöpke und dem Jupp beim Wettschrubben der Planken zu.
Jocke zuckte mit den Schultern "Es war nur eine Seife... wenn du willst kauf ich dir soviel Seife wie du tragen kannst... also..." sagte er und nahm ihre Hand "Verschwende keinen gedanken an ein Stück Seife..."
Jocke blickte an Xiana vorbei auf einen Seemann der sich etwas Tölpelhaft anstellte und den Leuten nur im weg stand... unbeholfen und eingeschüchtert... "Diese neuen sind auch noch nicht Seetauglich" murmelte er.
"Jocke... ans Steuer mit dir..." sagte Hein der nun neben ihm Stand, und Jocke nickte.
Xiana blieb bei Jocke stehen. "Es geht mir nicht darum, dass die Seife weg ist, sondern warum. Ich hatte sie wieder in die Truhe gelegt, so wie immer. Eingewickelt unter meinem Badetuch. Einfach verschwunden ist sie bestimmt nicht," und an Hein gerichtet sagte sie, "Ich hoffe Ole kommt jetzt nicht mehr auf die Braut. Eigendlich dürfte jetzt nichts mehr schief gehen."
Hein nickte, "Das hoffe ich auch..."
Xiana sah wieder auf die ganzen Menschen und musste grinsen, als Jupp die Pöpke überholte und sie daraufhin noch energischer und schneller schrubbte.
Markante Gesichter trieben sich nun auf der Braut rum... der neue Walfänger und diese Titje zum Beispiel... aber auch alt bekannte Gesichter schien Jocke auszumachen... und die Gäste fanden sich nun auch gut zurecht.
"Xiana, kannst du mal nachsehen was die neue in der Kombüse so treibt..." sagte Hein zu Xiana
"Kannst mir doch gleich sagen wenn du mit Jocke allein reden magst. Dazu brauchst du mich nicht in die Kombüse schicken. Du weißt, dass ich da nichts zu suchen hab..." Sie drehte sich lächelnd um und marschierte in Richtung Kombüse.
Hein bekam den Mund nicht zu als Xiana ging, er wollte noch etwas sagen, hatte es aber vergessen... "Dabei meinte ich doch wirklich nur das sie mal nach der neuen schauen soll!" murmelte er und Jocke musste sich das lachen verkneifen "Tja Hein... da siehst du mal was deine Geheimnistuerei alles so anrichtet!" gluckste Jocke
Als Xiana den Niedergang hinunter ging hatte sie mühe sich einen Weg durch die Meute zu bahnen die hoch und runter liefen.
Sie mochte es gar nicht angestoßen und gerempelt zu werden... aber was sollte sie machen...
In der Kombüse war die neue schon kräftig am Kartoffeln schälen.
"Na, wie gefällt es dir so auf der Braut?", fragte sie. Die neue schaute zu ihr auf und hätte sich beinahe in den Finger geschnitten. "Äh... soweit ganz gut. Nur ein bischen voll das Schiff, oder?", antwortete sie.
Xiana lächelte, "Tja. wenn es in den Krieg geht, wird es halt was eng auf unserer Braut." Sie wurde wieder ernst. "Kannst du kämpfen?"
Titje zuckte innerlich zusammen, als Xiana sie so ernst anblickte. "Kämpfen, ja, wie mans nimmt; ich versuch immer mich meiner Haut zu wehren." Sie schaute an Xiana hoch. "Mit Händen und Füssen, eben; aber ich fürchte mit dem Schälmesser bin ich doch um Längen geschickter als mit einem Hacksäbel."