Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Kindesverwahrlosung

Jugendamt Schwerin: Fünfjähriges Mädchen

Re: Jugendamt Schwerin: Fünfjähriges Mädchen

Schwerin Überraschendes Ergebnis in der Stadtvertretung
Wer verhinderte die Abwahl des Sozialdezernenten?
Die Abweichler werden bei der CDU und der Linken vermutet. Junghans kehrte in sein Büro zurück.

Von Andreas Frost

Schwerin -

Nach dem Hungertod der kleinen Lea-Sophie (5) in Schwerin hatte eine Kommission gravierende Mängel im Jugendamt festgestellt. Es sei Hinweisen auf die Familie nicht richtig nachgegangen. Doch der zuständige Dezernent Hermann Junghans (42) kehrte gestern nach sechs Wochen Zwangsurlaub in sein Büro zurück. Seine Abwahl war am Montagabend gescheitert. Noch vor vier Wochen hatten 33 Stadtvertreter aus allen fünf Fraktionen mit ihrer Unterschrift die Abwahl des CDU-Politikers beantragt. Bei der geheimen Abstimmung am Montagabend wollten manche davon nichts mehr wissen. Nur 23 stimmten noch für den Abgang von Junghans, 30 hätten es sein müssen. Edmund Haferbeck (Grüne): "In Schwerin werden die Schlechten unterstützt und die Guten vergrault."

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Junghans hatte sich zuvor vor dem Plenum gerechtfertigt, einige seiner Äußerungen seien "politisch unklug" gewesen und zudem von der lokalen Presse verdreht worden. Dann wartete er im Sitzungssaal die Abstimmung ab - äußerlich gelassen, als ahnte er den Ausgang. Beliebt war Junghans nie so richtig. Bevor er 2002 in Schwerin Dezernent wurde, hatte er es erfolglos in Lübeck und Potsdam versucht.

"Feige und hinterhältig" nannte Silvio Horn (Unabhängige Bürger) nach der gescheiterten Abwahl die CDU. Sie habe die Junghans-Gegner "ins offene Messer laufen lassen". Die CDU wollte die Abwahl ihres Dezernenten nur unterstützen, weil die anderen vier Fraktionen ihm nicht mehr vertrauten. In geheimer Abstimmung hielten die Christdemokraten Junghans dann möglicherweise die Stange. Gleichermaßen werden Abweichler bei den Genossen der Linken vermutet. Sie hatten sich der Kritik an Junghans öffentlich erst spät angeschlossen, wollten lange keine Mängel im Jugendamt sehen.

Oberbürgermeister Norbert Claussen (CDU) kann nun wieder ruhiger schlafen. Nach dem Abwahl-Debakel wird es immer unwahrscheinlicher, dass die Stadtvertretung gegen ihn einen Bürgerentscheid auf den Weg bringt. Claussen hatte öffentlich Prügel bezogen, als er Lea-Sophies Tod als "Pech" für Schwerin bezeichnete, der Fall hätte überall passieren können. Der CDU-Politiker hat sich dafür inzwischen entschuldigt. Mit welchen Aufgaben Dezernent Junghans in der Stadtverwaltung nun betraut wird, ist offen. Die Zuständigkeit für Soziales wurde ihm schon im Januar entzogen.

erschienen am 27. Februar 2008
http://www.abendblatt.de/daten/2008/02/27/852465.html

Re: Jugendamt Schwerin: Fünfjähriges Mädchen

Kommentar Sozialdezernent bleibt im Amt
Noch ein Skandal im Fall Lea-Sophie

Von Stephan Steinlein

Das Schicksal der fünf Jahre alten Lea-Sophie hat Deutschland erschüttert. Das Mädchen aus Schwerin war im November verdurstet und verhungert. Die Nachbarn wollen nichts bemerkt haben, das Jugendamt hat sich trotz Hinweisen nicht gekümmert, der Sozialdezernent hat die (Nicht-)-Leistung des Amtes beschönigt, und der Bürgermeister sprach von "Pech", das jede Stadt treffen könne: Schweriner Herbst 2007. Zumindest die strafrechtliche Aufarbeitung kommt voran: Die Staatsanwaltschaft hat Mordanklage gegen die Eltern erhoben. Sie scheint ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Anders die Stadtvertreter. Die haben jetzt - trotz anderslautender Absprachen - keine Mehrheit gefunden, den Sozialdezernenten in die Wüste zu schicken. Jetzt kehrt ein Mann ins Amt zurück, dem vorgeworfen wird, die Aufklärung des Falls verzögert zu haben. Der einige seiner Äußerungen lediglich "politisch unklug" nannte. Die politische Aufarbeitung des Falls ist zu einem Ränkespiel verkommen. Und das ist unerträglich.

erschienen am 27. Februar 2008
http://www.abendblatt.de/daten/2008/02/27/852406.html

Re: Jugendamt Schwerin: Fünfjähriges Mädchen

26.02.2008 14:58 Uhr Drucken | Versenden | Kontakt
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Fall Lea-Sophie
Junghans nimmt Arbeit wieder auf

Nach vier Wochen Beurlaubung ist Schwerins Sozialdezernent Hermann Junghans ins Rathaus zurückgekehrt: Seine Abwahl scheiterte überraschend klar.
Hermann Junghans; dpa
Die Abwahl von Schwerins Sozialdezernent Hermann Junghans ist überraschend klar gescheitert.
Foto: dpa


Der Fall der verhungerten Lea-Sophie sorgt weiter für Schlagzeilen: Nach vierwöchiger Pause ist Schwerins umstrittener Sozialdezernent Hermann Junghans (CDU) am Dienstag wieder in das Rathaus zurückgekehrt.

Der Kommunalpolitiker war nach dem grausamen Hungertod der fünfjährigen Lea-Sophie in die Kritik geraten, weil das ihm unterstehende Jugendamt auf Warnhinweise nur unzureichend reagiert hatte.

Ihm wurden schwere Versäumnisse in Amtsführung und Krisenmanagement vorgeworfen. Interne Untersuchungen hatten erhebliche Defizite aufgedeckt, die Junghans zunächst abgestritten hatte.

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Jetzt kündigte Junghans an, seine Amtsgeschäfte wieder aufzunehmen. Der ebenfalls in die Kritik geratene Oberbürgermeister Claussen will die Zuständigkeit der drei Dezernenten neu ordnen. Für das Jugendamt solle Junghans nicht wieder zuständig werden.

Die Abwahl des Dezernenten durch die Stadtvertretung war am Montagabend überraschend klar gescheitert. Nach Angaben der Stadtverwaltung soll nun geklärt werden, welche Aufgabenbereiche Junghans übernehmen soll.

(dpa/cag/woja)
http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/762/160325/

Re: Jugendamt Schwerin: Fünfjähriges Mädchen

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Empörte Bürger: „Mandat als Stadtvertreter missbraucht“

26. Februar 2008 | 21:46 Uhr
Das Bürger-Entsetzen ist groß. Die Reaktionen auf das Stimmverhalten einiger Stadtvertreter und die gescheiterte Abwahl des Sozialdezernenten Hermann Junghans (CDU) reichen von Empörung über Zorn bis hin zu Häme und Sarkasmus. Einig sind sich fast alle Leser am Telefon und im Internet: Verantwortungsvolle Kommunalpolitik sieht anders aus. Wir veröffentlichen auf dieser Seite einige Kommentare.

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Karl-Heinz Fehrmann:
Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? Diese Maxime haben sich offensichtlich einige Schweriner Stadtvertreter zu eigen gemacht und ihr Mandat im parteipolitischen Interesse missbraucht. Wen wundert es angesichts eines solchen Schmierentheaters noch, dass die Politikverdrossenheit immer größer und die Wahlbeteiligung immer kleiner wird? Eines weiß ich genau: Ich nehme an keiner Kommunalwahl in Schwerin mehr teil – verarschen kann ich mich allein.

Rainer Stankiewitz:
Weiß noch jemand etwas über Hagen von Tronje, der im Drachenblut badete und so der Sage nach unverletzlich wurde? Bis auf jenes Blatt, das auf seinen Leib fiel und an dieser Stelle die unzerstörbare Kruste wirkungslos blieb. Es sieht so aus, als erschöpfe sich heutzutage bei politischen Christen im Schweriner Amt der gelebte Glaube im Weihwasser, mit dem man einst ihre Babyglatze beträufelte. Vielleicht griff dabei der Pfarrer versehentlich in den Napf mit Drachenblut – überdies hat ein Gotteshaus ein Dach über dem Kopf, sodass nicht einmal vom Baum ein Blatt herabsegeln konnte… Anders ist für mich nicht zu verstehen, wie ein regierender Christ mit einem derartig resistenten Schutzschild versehen sein kann, dass mir das Blut in den Adern gefriert. Wenn das Christen sind, fürchte ich mich und gelte lieber als Kommunist.

Ulrike Seeman-Katz:
Gute Politik muss auch gut gemacht werden. Es ging doch gar nicht mehr um Herrn Junghans, sondern inzwischen um den Oberbürgermeister und die Reputation der CDU. Wenn man zu viel auf einmal erreichen will, erreicht man manchmal gar nichts oder gar das Gegenteil.

Martin Bischoff:
In meiner Kindheit gab es „Niethosen“. Je mehr Nieten in den strapazierten Ecken angebracht waren, umso länger hielt die Hose. Und so ist offensichtlich auch die Schweriner Kommunalpolitik gewebt. Kein Mensch spricht noch über Herrn Lange und seine Story „Laptop gegen Sex“. Als Stadtvertreter zeigt er immer noch allen die lange Nase. Kein Mensch spricht über die Altlasten und Kostenexplosionen, die unser langjähriger Bürgermeister Herr Kwaschik hinterlassen hat. Ein Ex-OB, der so viel Ahnung von Wirtschaft hatte, wie die Kuh vom Sackhüpfen. Alles, was blieb, war der Sack voll Schulden – z.B. Stadtwerke. Und jetzt hat das Jugendamt auch wieder seine alte Vorzeigefigur zurück. Eigentlich hat es doch jeder gewusst. Dazu noch drei verschiedene Papiertonnen vor meiner Haustür. Schwerin ist doch für jede Posse zu haben.

M. Dreffkorn:
Ich hätte nicht gedacht, dass sich Schwerins Stadtparlament auf so niedrigem Niveau bewegt. Aber ist ja nur das Schicksal eines kleinen Kindes. Beim Geldverdienen hackt keine Krähe (Politiker) der anderen ein Auge aus. Da wird man sich bei kommenden Wahlen sicher nicht über eine steigende Beteiligung zu ärgern brauchen.

Heinz Hoppe:
Es müsste sofort Neuwahlen geben, das ist nur noch ein einziger Filz, diese Stadtvertretung. Ich glaube ja, dass die FDP dahinter steckt, weil sie die geheime Wahl beantragt hat. In einer offenen Abstimmung hätten wohl weitaus weniger ihren Arm für Junghans gehoben.

Harald Hallerbach:
Dieses Scheitern war schon im Vorfeld so klar wie das Amen in der Kirche. Da bleibt einem nur noch übrig, den Bürgern Schwerins zu dem weiteren Erhalt ihres „Top-Mannes“ Junghans zu gratulieren. Der Mann hat „Klasse“! Auch darf Schwerin stolz auf sein Stadtparlament sein. Eine ehrenwerte Gesellschaft…

Ernst Rodenbeck:
Unglaublich! Mir stockt der Atem! Die Reputation der Stadt Schwerin, die ganz erheblich Einfluss auf Entscheidungen der Wirtschaft in Ansiedlungsfragen hat, ist durch dieses unsägliche – und das unermessliche Leiden der kleinen Lea-Sophie verachtende – Abstimmungsverhalten auf den Nullpunkt gesunken. Schwerin braucht nicht mit dem Finger auf Städte wie Palermo zu zeigen. Schwerin ist Palermo! Pfui! Konsequenter Weise sollte der innerhalb der Stadtvertreterversammlung klammheimlich offenbar doch von einer Welle der Sympathie getragene Sozialdezernent nun auch vor die Medien treten und lächelnd sagen: „Glück gehabt“.

Bernd Felgenhauer:
Ich schäme mich als gebürtiger und noch in der Stadt wohnender Schweriner für meine Heimatstadt. Wie kann ein Dezernent wie Junghans noch im Amt bleiben? In Lübeck nichts geworden, in Potsdam nicht gewählt, aber in Schwerin dank unseres Westimports Claussen ins Amt gehievt. Armes Schwerin.

Christian Dunkel:
Tut mir leid, aber eine gewisse klammheimliche Schadenfreude ist da schon dabei, wenn ich an die selbstherrlichen Kommentare und die parteipolitischen Profilierungsversuche der letzten Wochen denke. Mag sein, dass schwere Fehler passiert sind. Aber schuld am Tod der kleinen Lea-Sophie sind in erster Linie die Rabeneltern selbst und nicht ein Herr Junghans oder ein Herr Claussen. Und weder ein Rücktritt der Betreffenden noch eine noch so durchsichtige Kampagne machen das Mädchen wieder lebendig. Jetzt dürfte auch das Abwahl-Ansinnen gegen den Oberbürgermeister ins Wasser gefallen sein. Das erspart auch Steuergeld, das man ja zum Beispiel auch der Arbeit des Jugendamtes widmen könnte. Und überhaupt: Keine Fehler macht nur, wer gar nichts macht.
Am Ende kam keine Mehrheit für eine Abwahl zu Stande. Dieses Faktum sollten auch die Junghans- und Claussen-Gegner akzeptieren.

H. Laudon:
Einfach nur peinlich und dem Ansehen Schwerins abträglich. Wer sitzt denn dort im Stadtparlament? Eine Clique, bei der eine Krähe der anderen keine Auge aushackt. Was muss eigentlich noch in der Stadt Schwerin geschehen, bis endlich Schlussfolgerungen gezogen werden? Ich hoffe, dass die Schweriner bei der nächsten Wahl den Stadtvertretern eine entsprechende Quittung erteilen. Wie sagte schon schon Dagobert Duck: „Diebe, Räuber, Politiker!“

A. Berndt:
Es ist richtig, dass Herr Junghans nicht persönlich dafür verantwortlich ist, dass das kleine Mädchen gestorben ist. Als zuständiger Dezernent war er es aber politisch, nur das hat er bis heute nicht kapiert, und offenbar ein gewisser – oder sollte man besser sagen gewissenloser – Teil der so genannten Stadtvertreter auch nicht.
Das Jugendamt hat die Aufgabe, das Wohl der Kinder dieser Stadt zu schützen. Und wenn es entsprechende schwerwiegende Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung gibt – und wie in der letzten Zeit zum Vorschein kam, gab es diese ja wohl sehr deutlich –, dann hat man gefälligst seinen Hintern hochzukriegen und sich darum zu kümmern. Wenn man aber sein Amt derart personell zusammenstreicht, um seinem Gönner zu gefallen, dass dieses seiner gesetzliche Aufgabe nicht mehr gerecht werden kann, dann ist man dafür mitverantwortlich, wenn etwas Derartiges passiert.
Ungeachtet dessen kann man unseren Stadtvertretern nur eines sagen: Es gibt eine nächste Kommunalwahl, und der Mecklenburger verzeiht vielleicht einiges, vergessen tut er es nicht. Und ich wünsche mir, dass die Stadtvertreter bei der nächsten Wahl die Quittung für dieses unsäglich Verhalten erhalten.

Volkmar Müller:
Ohne weiteren Kommentar: Einfach lächerlich, was für Leute in Schwerin in der Stadtvertretung sitzen. Am besten, sie halten alle ihren Mund dort.

B. Leonhardt:
Wie gleichgültig und skrupellos ist diese Stadtvertretung samt Bürgermeister? So was Beschämendes ließe mich rot anlaufen, wenn ich mich als Schweriner outen müsste.

Werner Fritzsche:
Das Abstimmungsergebnis müssen wir so hinnehmen, wie es ist. Nun steht Ende März die Abstimmung zum Bürgerbegehren der Abwahl des Oberbürgermeisters an. Sollte es ein Bürgerbegehren geben, wäre es falsch nicht zur Wahl zu gehen. Es liegt dann an jedem Schweriner, seinen neuen Oberbürgermeister zu wählen. Ich möchte endlich einmal jemanden haben, der neben notwendigem Fachwissen sein Herz für Schwerin einsetzt, also einen Schweriner. Da bin ich immer neidisch auf die Bürger in Wismar. Was hat die Bürgermeisterin Rosemarie Wilcken in den Jahren geschafft!
Sollte der Bürgerentscheid nicht stattfinden, dann können wir Schweriner uns frühestens 2009 zur Kommunalwahl entscheiden. Aber da müssen alle Bürger zur Wahl gehen. Nicht zur Wahl zu gehen, ist dann genau das Verkehrteste.

Karin von Sanden:
Das ist so schwach von Schwerin. Wenn ein kleiner Angestellter einen Fehler macht, muss er dafür gerade stehen. Wenn Gleiches einem aus der obersten Etage widerfährt, passiert nichts. In Wismar wäre so ein Debakel nicht passiert. Aber die haben dort ja auch Rosi Wilcken. In Schwerin haben wir nur eine Stadtvertretung ohne kompetente Leute.

Tausende „Klicks“ im Internet

Nur Minuten nach der gescheiterten Abwahl von Hermann Junghans meldete unsere Zeitung am Montagabend auf der Internetpräsenz www.svz.de das Ergebnis. Seitdem gegen 19.30 Uhr der erste Beitrag im Internet zu lesen war, wurde das Thema Junghans/Stadtvertretung Tausende Male angeklickt und kommentiert. Tenor: Ein Skandal! Bernhard Fütterer von SVZ-Online: „Allein gestern wurde die Seite mehr als 5 700 Mal aufgerufen und der Fall in Kommentaren bewertet.“
http://www.svz.de/home/top-thema/article/716/empoerte-buerger-mandat-als-stadtvertreter-missbraucht.html?no_cache=1

Re: Jugendamt Schwerin: Fünfjähriges Mädchen

Schwerin Überraschendes Ergebnis in der Stadtvertretung

Wer verhinderte die Abwahl des Sozialdezernenten?

Die Abweichler werden bei der CDU und der Linken vermutet. Junghans kehrte in sein Büro zurück.

Von Andreas Frost

Schwerin -

Nach dem Hungertod der kleinen Lea-Sophie (5) in Schwerin hatte eine Kommission gravierende Mängel im Jugendamt festgestellt. Es sei Hinweisen auf die Familie nicht richtig nachgegangen. Doch der zuständige Dezernent Hermann Junghans (42) kehrte gestern nach sechs Wochen Zwangsurlaub in sein Büro zurück. Seine Abwahl war am Montagabend gescheitert. Noch vor vier Wochen hatten 33 Stadtvertreter aus allen fünf Fraktionen mit ihrer Unterschrift die Abwahl des CDU-Politikers beantragt. Bei der geheimen Abstimmung am Montagabend wollten manche davon nichts mehr wissen. Nur 23 stimmten noch für den Abgang von Junghans, 30 hätten es sein müssen. Edmund Haferbeck (Grüne): "In Schwerin werden die Schlechten unterstützt und die Guten vergrault."

Junghans hatte sich zuvor vor dem Plenum gerechtfertigt, einige seiner Äußerungen seien "politisch unklug" gewesen und zudem von der lokalen Presse verdreht worden. Dann wartete er im Sitzungssaal die Abstimmung ab - äußerlich gelassen, als ahnte er den Ausgang. Beliebt war Junghans nie so richtig. Bevor er 2002 in Schwerin Dezernent wurde, hatte er es erfolglos in Lübeck und Potsdam versucht.

"Feige und hinterhältig" nannte Silvio Horn (Unabhängige Bürger) nach der gescheiterten Abwahl die CDU. Sie habe die Junghans-Gegner "ins offene Messer laufen lassen". Die CDU wollte die Abwahl ihres Dezernenten nur unterstützen, weil die anderen vier Fraktionen ihm nicht mehr vertrauten. In geheimer Abstimmung hielten die Christdemokraten Junghans dann möglicherweise die Stange. Gleichermaßen werden Abweichler bei den Genossen der Linken vermutet. Sie hatten sich der Kritik an Junghans öffentlich erst spät angeschlossen, wollten lange keine Mängel im Jugendamt sehen.

Oberbürgermeister Norbert Claussen (CDU) kann nun wieder ruhiger schlafen. Nach dem Abwahl-Debakel wird es immer unwahrscheinlicher, dass die Stadtvertretung gegen ihn einen Bürgerentscheid auf den Weg bringt. Claussen hatte öffentlich Prügel bezogen, als er Lea-Sophies Tod als "Pech" für Schwerin bezeichnete, der Fall hätte überall passieren können. Der CDU-Politiker hat sich dafür inzwischen entschuldigt. Mit welchen Aufgaben Dezernent Junghans in der Stadtverwaltung nun betraut wird, ist offen. Die Zuständigkeit für Soziales wurde ihm schon im Januar entzogen.

erschienen am 27. Februar 2008

http://www.abendblatt.de/daten/2008/02/27/852465.html

Re: Jugendamt Schwerin: Fünfjähriges Mädchen

http://www3.ndr.de/ndrtv_pages_std/0,3147,OID4612388_REF2488,00.html




Offenbarungseid - Der Schweriner Sozialdezernent sorgt für Schlagzeilen

Hermann Junghans , Foto: Jens Büttner, dpagroße Bildversion anzeigen

Hermann Junghans. Der Name des Schweriner Sozialdezernenten könnte zu einem Synonym werden - für fachliche, aber auch mediale Inkompetenz. Befragt nach den Regularien seiner Behörde, musste er ein Interview minutenlang unterbrechen, um mit Hilfe einer Mitarbeiterin einigermassen kompetent antworten zu können. Die Kamera zeichnete das auf.
Seit dem Hungertod der fünfjährigen Lea-Sophie sorgt der für das Jugendamt zuständige Kommunalpolitiker für Schlagzeilen. Junghans werden schwere Versäumnisse in der Amtsführung vorgeworfen. Ein Abwahlantrag im Schweriner Rathaus scheiterte jetzt an der notwendigen Zweidrittelmehrheit, so dass der CDU-Dezernent Anfang der Woche seine politischen Geschäfte in der mecklenburg-vorpommerschen Landeshauptstadt wieder aufnahm. Zapp über neue Schlagzeilen in Schwerin und den Fall Lea-Sophie, der zum Fall Junghans wurde.

Anmoderation:

Und noch eine Geschichte, die es verdient hätte, auf die Titelseiten der Republik zu kommen. Da war sie auch schon mal - vor drei Monaten nämlich. Damals starb ein kleines Mädchen einen grausamen Hungertod. Das traurige Schicksal von Lea-Sophie aus Schwerin war tagelang in den Hauptnachrichten, es gab riesige Schlagzeilen - jetzt gibt es wieder welche. Doch diesmal betreffen sie den Schweriner Sozialdezernenten. Im Fall Lea-Sophie werden ihm schwere Versäumnisse vorgeworfen. Anke Jahns über fachliche, aber auch mediale Inkompetenz eines Kommunalpolitikers.

Beitragstext:

Glückwünsche für Hermann Junghans. Das Stadtparlament hat den Sozialdezernenten im Amt bestätigt, obwohl die Schweriner und die Medien gegen ihn Sturm laufen, denn viele machen ihn mitverantwortlich für den Tod der kleinen Lea-Sophie. Bei der "Schweriner Volkszeitung" glühen deshalb die Telefone, zu Junghans gibt es "Tausende Klicks im Internet". Gestern kehrte er nach sechswöchiger Beurlaubung ins Stadthaus zurück.
Karikaturen statt Fotos

Presse unerwünscht. Keine neuen Bilder von ihm am alten Schreibtisch. Da muss sich der Karikaturist der "Schweriner Volkszeitung" Roland Regge-Schulz etwas einfallen lassen. Roland Regge-Schulz, Karikaturist "Schweriner Volkszeitung": "Wir zeigen ihn trotzdem an seinem Schreibtisch, an dem er sich ja, wie sich jetzt rausgestellt, erfolgreich geklammert hat,.... und das Lachen bleibt einem da schon ein bisschen im Halse stecken."
Medienschelte statt Selbstkritik

Der Sozialdezernent hat längst alle Redaktionen gegen sich aufgebracht: "Zorn über Rückkehr von Junghans", "Junghans reißt tiefe Gräben". Im November war die fünfjährige Lea-Sophie in Schwerin verhungert. Der Sozialdezernent taucht tagelang ab und ist für Journalisten nicht zu sprechen. Schließlich muss er sich der Presse stellen. Junghans bestreitet, dass Mitarbeiter des Jugendamts konkrete Hinweise auf die Gefährdung des Kindes erhalten hätten. Keine Fehler, "keine Schuld" (Schlagzeile), alles sei "nach Vorschrift" (Schlagzeile) gelaufen, stattdessen Medienschelte. Hermann Junghans (CDU), Sozialdezernent Schwerin (23.11.2007): "Der Umgang mit den Medien, über den werde ich mir noch weiter Gedanken machen. Ich habe mich sehr geärgert, über viele Dinge, die falsch zitiert worden sind, Sachverhalte, die verdreht worden sind und Schlussfolgerungen, die gezogen wurden sind, obwohl nicht sauber recherchiert worden ist. Darüber werde ich mir noch viele Gedanken machen."
Inkompetenz statt Fachwissen

Nach seiner Medienschelte sein Mediendebakel. Als Journalisten des NDR-Nordmagazins kurze Zeit später Details wissen wollen, erleben sie ein Bündel von Inkompetenz. Junghans wird gefragt, wie das Jugendamt damit umgeht, wenn an mehreren Stellen Hinweise auf ein gefährdetes Kind gegeben werden - so wie im Fall von Lea-Sophie. Eine Abteilungsleiterin des Jugendamtes muss dem Sozialdezernenten soufflieren. Hermann Junghans (03.01.2008): "Ich guck jetzt mal zu Frau Müller, weil Sie sich in der Verwaltungspraxis besser auskennen. Also Frau Müller sagt das jetzt mal, Sie filmen das mal nicht mit. Und das, was Frau Müller sagt, sag ich ihnen anschließend noch mal." Die Abteilungsleiterin informiert ihren Chef mehrere Minuten lang. Das wiederholt sich. Reporter: "Wie finden die Mitarbeiter raus, dass es vor 12 Monaten schon mal einen Zettel gab?" Hermann Junghans fragt seine Abteilungsleiterin: "Ja, was ist, wenn es jetzt eigentlich wechselt? Wenn derjenige, der gerade Bereitschaft hat..?" Kluge Frage, nächste Frage. Hermann Junghans im Dialog mit seiner Abteilungsleiterin: "Und das kriegt der auch gleich raus? Also, wenn jetzt jemand, der gerade berät, der muss ja wissen, ob es in dem Bereich schon ne Beratung gegeben hat." Reporter: "Wie viele Mitarbeiter- also Sozialarbeiter- haben Sie eigentlich, die sich um solche Problemfälle kümmern?" Hermann Junghans- wieder an seine Abteilungsleiterin gewandt: "Aktuell, jetzt mit der neu dazugekommenen sind es ... 19? Ja."
Bestätigung statt Abwahl

Vor zwei Tagen sollte es soweit sein: Abwahl von Junghans wegen Unfähigkeit. Dreiviertel der Abgeordneten hatten sich zuvor schriftlich hinter den Antrag gestellt. Doch in geheimer Wahl stimmte nur noch gut die Hälfte dem Antrag zu. "Eklat in Schwerin: Junghans bleibt Sozialdezernent" (Schlagzeile) - die erforderliche Zweidrittel- Mehrheit wurde verfehlt. "Blamage in Schwerin" (Schlagzeile), heißt es in der Presse. Gab es Absprachen im Vorfeld?
Tollhaus statt Stadthaus

Für den Karikaturisten der "Schweriner Volkszeitung" ist klar, wie er den umstrittenen Dezernenten zeichnen muss. Roland Regge-Schulz: "Junghans hat gewonnen, er ist zurück an seinem Schreibtisch, an den er sich erfolgreich die ganze Zeit lang geklammert hat, natürlich leicht beschädigt, und übernimmt jetzt wieder die Arbeit. Aktenzeichen W bis O heißt weiter so!" Junghans bleibt Sozialdezernent in Schwerin, aber nicht mehr zuständig für das Jugendamt. Die Journalisten erwarten neue Geschichten aus dem "Schweriner Tollhaus.(Schlagzeile)"

Abmoderation:

Wenn Sie die Wahl haben, lieber Zuschauer, dann haben wir meist die Qual. Denn jeder Sender will der Erste sein, wenn die Politiker nach einer Wahl das Ergebnis kommentieren. Zum guten Schluss zeigen wir Ihnen jetzt den Kampf um die Kandidaten vor drei Tagen in Hamburg. Es sind die Bilder hinter den Bildern. Ins Bild - zumindest medial - setzen wir Sie dann wieder kommenden Mittwoch. Bis dahin - danke fürs Zuschauen, und jetzt schon mal Tschüss.

Re: Jugendamt Schwerin: Fünfjähriges Mädchen

Junghans bleibt Dezernent

26. Februar 2008 | von Mathias Gröckel / Timo Weber

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Als könnte er es selbst noch nicht glauben, nahm Dezernent Hermann Junghans (CDU) nach dem zumindest in der Deutlichkeit erstaunlichen Abstimmverhalten der Stadtvertreter die Glückwünsche einiger Kommunalpolitiker entgegen. Denn der fraktionsübergreifende Abwahlantrag gegen ihn war durchgefallen. "Dass der Antrag so klar scheitert, hätte ich nicht gedacht. Aber das Ergebnis zeigt, dass nicht nur die CDU-Fraktion meine Arbeit nicht als so schlecht einschätzt", sagte Junghans. Schon heute wird er nach eigenem Bekunden ins Stadthaus und damit in die Verwaltungsspitze zurückkehren.

Vor der geheimen Abstimmung zu seiner Abberufung hatte Junghans in einer nüchternen Rede seine Bilanz der Ereignisse nach dem Bekanntwerden des Hungertodes der fünfjährigen Lea-Sophie gezogen. Die massive Kritik an seiner Person und den Entscheidungen des von ihm verantworteten Jugendamtes in dem tragischen Fall hatten zuerst zur Übertragung des Amtes an einen anderen Dezernenten, dann im Januar zu seiner Freistellung und zuletzt zum Abwahlantrag gegen ihn geführt. Zu lange habe Junghans den Eindruck erweckt, es seien keine Fehler gemacht worden, so der Vorwurf. Von "zögerlicher Aufklärung" bis hin zur "Verdunklung" sprechen seine Kritiker. Zu möglichen persönlichen Verfehlungen äußerte sich Junghans gestern aber nicht. Stattdessen sagte er, dass er - "wenn auch mit anderen Formulierungen" genauso wieder handeln würde, wie er es nach dem Bekanntwerden des Todes der fünfjährigen Lea-Sophie im November 2007 getan hatte.

"Politisch unklug, sich so vor die Mitarbeiter zu stellen"Niemals habe er gesagt, dass "keine Fehler gemacht wurden". Er habe stets verdeutlicht, dass dies nach "bisherigem Kenntnisstand so gewesen" sei. An dieser Aussage - und damit offensichtlich seinem Wissen über die Vorgänge im Jugendamt - hatte sich seit dem Tod von Lea-Sophie bis ins neue Jahr nichts geändert, werfen ihm vor allem die Fraktionen der Unabhängigen Bürger, der Bündnisgrünen und der SPD vor.

Nur eine seiner Entscheidungen zweifelte Junghans gestern an: "Es mag politisch unklug gewesen sein, sich so vor die Mitarbeiter zu stellen, wie ich es getan habe", so Junghans.

Worte des Bedauerns über das Schicksal der Fünfjährigen oder darüber, dass Lea-Sophies Großvater mehrfach vergeblich um Hilfe im Jugendamt ersucht hatte, fand Junghans nicht. Dafür übte er sich in Medienschelte. "Durch Auslassungen und Verdrehungen ist ein Bild entstanden, dass ich nicht mehr zurechtrücken konnte", sagte der Spitzenpolitiker.

Ob es Junghans’ Rede, die von Christoph Priesemann (FDP) beantragte geheime Abstimmung über die Zukunft des Dezernenten oder der - wie von CDU-Fraktionschef Gert Rudolf nicht ausgeschlossene - Widerwille gegen die wachsende Kritik auch an Oberbürgermeister Norbert Claussen (CDU) im Fall Lea-Sophie war, bleibt offen. Fakt ist: Nur 23 der 41 anwesenden Stadtvertreter votierten für eine Abberufung, 17 dagegen, ein Kommunalpolitiker enthielt sich. 30 Stimmen wären erforderlich gewesen.

Die Bestürzung über das Ergebnis war fraktionsübergreifend groß. SPD-Fraktionschefin Manuela Schwesig: "Diejenigen Stadtvertreter, die erst für eine Abwahl unterschrieben hatten und heute anders gestimmt haben, sollten sich schämen." Unter Protest verließen die Fraktionen von SPD, Grünen und Unabhängigen die Sitzung, die daraufhin abgebrochen wurde.

Welche Aufgaben Junghans jetzt übernehmen wird, konnte der OB gestern noch nicht sagen. Das Jugendamt werde es wohl nicht sein. Unabhängig davon hielt Claussen Auswirkungen des gestrigen Votums auf seine Person für möglich. "Vielleicht lässt jetzt Mancher seinen Frust an mir aus", sagte er mit Blick auf den von vier Fraktionen angestrebten Bürgerentscheid über den OB.

http://www.svz.de/artikel/article//junghans-bleibt-dezernent.html

Re: Jugendamt Schwerin: Fünfjähriges Mädchen

Schweriner setzen Zeichen

28. Februar 2008 | von Mathias Gröckel
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Blumen, Plüschtiere und Windlichter zieren das Grab der kleinen Lea-Sophie. Noch vor Ostern soll an der Ruhestätte ein Grabstein errichtet werden.Reinhard Klawitter (2) / Archiv

SCHWERIN - Die letzte Ruhestätte der verhungerten Lea-Sophie auf dem Waldfriedhof ist mit Tannen bedeckt. Neben Blumensträußen liegen Plüschtiere, zwei Windlichter flackern. Auf dem Grab liegt ein Zettel mit einem selbst geschriebenen Gedicht an Lea-Sophie. Bald soll auch ein Stein auf dem Urnengrab stehen.

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Mehr als 2000 Euro aus Pri vatspenden seien dafür zusammen gekommen, so Pastor Ralf Schlenker, der auch die Trauerrede für das im November 2007 qualvoll gestorbene Mädchen bei einer öffentlichen Gedenkstunde gehalten hatte, gegenüber unserer Zeitung. Vor Ostern solle der Grabstein gesetzt werden. Die Stadt habe sich seines Wissens nach nicht an den Kosten offiziell beteiligt, sagt Schlenker. Das Geld sei auf Initiative des Lankower Kirchgemeinderates gesammelt worden. In dem Stadtteil also, in dem Lea-Sophie zuletzt lebte. "Die Großeltern des Mädchens sind sehr dankbar für dieses Zeichen der Anteilnahme", so Pastor Schlenker.

Gescheiterte Abwahl "verheerendes Signal"Anders als viele Schweriner tue sich die Stadt schwer, sichtbare Zeichen bei der Aufarbeitung der Tragödie zu setzen, kritisiert der Kinderschutzbund Schwerin. Dass der eigentlich für morgen angekündigte abschließende Bericht der Verwaltung zu besseren Strukturen im heftig kritisierten Jugendamt erst später veröffentlicht wird und die Abwahl des seinerzeit für das Jugendamt zuständigen Dezernenten Hermann Junghans (CDU) scheiterte, wertet Nadine Schomann vom Kinderschutzbund als "weitere verheerende Signale". Es sei schlicht nicht nachvollziehbar, dass die fachliche Aufarbeitung der längst auch von der Stadt eingeräumten Fehler im Jugendamt so lange dauerten, dass verantwortliche Politiker nicht zu ihren Fehlern stünden und selbst Konsequenzen zögen, sagt Schomann. Vollkommen unverständlich sei ihr auch, warum am Montag in der Stadtvertretung die notwendige Mehrheit für eine Entfernung von CDU-Dezernent Hermann Junghans nicht zustande kam, obwohl sich zuvor alle Fraktionen für diesen Schritt ausgesprochen hatten. "Das ist alles sehr enttäuschend, eine offene und ehrliche Aufarbeitung der Vorgänge um den Fall Lea-Sophie sieht anders aus", kritisiert auch die Geschäftsführerin des Schweriner Kinderschutzbundes, Bärbel Schirrmacher.

Zweiter Verwaltungsbericht liegt erst Mitte März vor Tatsächlich wird sich der eigentlich für morgen angekündigte zweite Bericht der Verwaltung mit Vorschlägen zu Umstrukturierungen in der Behörde verzögern. Veröffentlicht werden soll das Papier erst Mitte März, was die Mitglieder des zeitweiligen Ausschusses der Stadtvertreter zum Fall Lea-Sophie aber bereits akzeptiert haben. Der Bericht soll vor seiner Veröffentlichung noch dem jetzt für das Jugendamt zuständigen Dezernenten Wolfram Frieders dorff (Linke) vorgelegt werden, der zurzeit im Urlaub ist.
http://www.svz.de/artikel/article//schweriner-setzen-zeichen.html

Re: Jugendamt Schwerin: Fünfjähriges Mädchen

"Tod von Lea-Sophie wäre vermeidbar gewesen"

29. Februar 2008 | von groe
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Prof. Dr. Werner Freigang (l.) von der Hochschule Neubrandenburg und Holger Lindig vom Institut für systemische Arbeit GmbH MV erläuterten ihre Gutachten zum Fall Lea-Sophie im nicht-öffentlichen Teil der Ausschuss-Sitzung. Reinhard Klawitter

SCHWERIN - "Der qual volle Tod von Lea-Sophie wäre vermeidbar gewesen." Auf diese Grundaussage verständigte sich gestern der Ausschuss der Stadtvertretung zur Aufklärung des Falles des im November 2007 verhungerten Mädchens. Trotz der "unbestrittenen Hauptschuld der Eltern" sei mit "hoher Wahrscheinlichkeit" davon auszugehen, dass der Tod hätte ver hindert werden können, wenn die kommunale Jugendbehörde in diesem Fall sachgerecht gearbeitet hätte, heißt es in einem gestern beratenen Thesenpapier des Ausschusses. Das Gremium bereitet einen eigenen Abschlussbericht vor, der sich inhaltlich offenbar weitgehend mit dem bereits veröffentlichten Bericht der Verwaltung deckt.

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Die Notwendigkeit des Handelns bei drohendem Risiko für ein Kind sei in den damals gültigen dienstlichen Handlungsanweisungen nicht ausreichend konkret umrissen gewesen, so das Thesenpapier weiter. Die bisherige Risikoabschätzung habe streng zwischen Kindeswohlgefährdung und Beratungsbedarf unterschieden. "Hier wären aber fließende Übergänge nach einer individuellen Abschätzung des Gefährdungsrisikos zu berücksichtigen gewesen", heißt es. Weisungsgemäß hätte eine Fallakte angelegt werden müssen, wenn eine Kindeswohlgefährdung bekannt wird. Diese sei bei Lea-Sophie aber nicht gesehen worden. "So gerieten wesentliche Informationen mit Hinweisen auf mögliche Gefährdung in Vergessenheit beziehungsweise wurden nur als Zettelnotizen an verschiedenen Orten aufbewahrt." Die in unklaren Fällen erforderliche Meldung an Vorgesetzte und eine kollegiale Beratung im Team zur Risikoeinschätzung seien unterblieben, so die Ausschuss-Mitglieder. Die Entscheidung über das weitere Vorgehen sei trotz eindeutiger Warnsignale einzelnen Mitarbeitern überlassen geblieben. Eine "wirksame Kontrolle und Steuerung durch Vorgesetzte" habe nicht stattgefunden.

Die Einschätzung von Risiko und Ausmaß der Kindeswohlgefährdung sei den Großeltern abverlangt und nicht von Fachkräften des Jugendamtes vorgenommen worden, wie es das Kindeswohl erfordert hätte, hält der Ausschuss fest. Als im November 2007 die Eltern von Lea-Sophie zwei Einladungen zu Beratungsgesprächen im Jugendamt nicht Folge geleistet hätten, habe der entsprechende Mitarbeiter keine Veranlassung zu weiteren Maßnahmen gesehen. In dem beratenen Thesenpapier heißt es wörtlich: "Er traf eigenmächtig die folgenschwere Fehlentscheidung, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen." Hilfen zur Erziehung hätten bei Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten notfalls auch ohne Zustimmung der Eltern durchgesetzt werden müssen, so die Einschätzung.

Im Fall Lea-Sophie seien somit "individuelle, strukturelle und Leitungsprobleme im Jugendamt sichtbar geworden, die dringend abgestellt werden müssen", schlussfolgert der Ausschuss. Ausdrücklich missbilligen die Mitglieder "die Art und Weise der durch die Stadtspitze und den Pressesprecher im November 2007 vorgenommenen Medieninformationen". Der Abschlussbericht soll den Stadtvertretern am 31. März vorgelegt werden.
http://www.svz.de/artikel/article//tod-von-lea-sophie-waere-vermeidbar-gewesen.html

Re: Jugendamt Schwerin: Fünfjähriges Mädchen

Plüschtiere auf dem Grab

27. Februar 2008 | 18:02 Uhr | von Mathias Gröckel

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Schwerin - Die letzte Ruhestätte der verhungerten Lea-Sophie auf dem Waldfriedhof ist mit Tannen bedeckt. Neben Blumensträußen liegen Plüschtiere, zwei Windlichter flackern. Auf dem Grab liegt ein Zettel mit einem selbst geschriebenen Gedicht an Lea-Sophie. Bald soll auch ein Stein auf dem Urnengrab stehen.

Mehr als 2000 Euro aus Privatspenden seien dafür zusammen gekommen, so Pastor Ralf Schlenker, der auch die Trauerrede für das im November 2007 qualvoll gestorbene Mädchen bei einer öffentlichen Gedenkstunde gehalten hatte, gegenüber unserer Zeitung. Vor Ostern solle der Grabstein gesetzt werden. Die Stadt habe sich seines Wissens nach nicht an den Kosten offiziell beteiligt, sagt Schlenker. Das Geld sei auf Initiative des Lankower Kirchgemeinderates gesammelt worden. In dem Stadtteil also, in dem Lea-Sophie zuletzt lebte. „Die Großeltern des Mädchens sind sehr dankbar für dieses Zeichen der Anteilnahme“, so Pastor Schlenker.

Gescheiterte Abwahl„verheerendes Signal“
Anders als viele Schweriner tue sich die Stadt schwer, sichtbare Zeichen bei der Aufarbeitung der Tragödie zu setzen, kritisiert der Kinderschutzbund Schwerin. Dass der eigentlich für morgen angekündigte abschließende Bericht der Verwaltung zu besseren Strukturen im heftig kritisierten Jugendamt erst später veröffentlicht wird und die Abwahl des seinerzeit für das Jugendamt zuständigen Dezernenten Hermann Junghans (CDU) scheiterte, wertet Nadine Schomann vom Kinderschutzbund als „weitere verheerende Signale“. Es sei schlicht nicht nachvollziehbar, dass die fachliche Aufarbeitung der längst auch von der Stadt eingeräumten Fehler im Jugendamt so lange dauerten, dass verantwortliche Politiker nicht zu ihren Fehlern stünden und selbst Konsequenzen zögen, sagt Schomann. Vollkommen unverständlich sei ihr auch, warum am Montag in der Stadtvertretung die notwendige Mehrheit für eine Entfernung von CDU-Dezernent Hermann Junghans nicht zustande kam, obwohl sich zuvor alle Fraktionen für diesen Schritt ausgesprochen hatten. „Das ist alles sehr enttäuschend, eine offene und ehrliche Aufarbeitung der Vorgänge um den Fall Lea-Sophie sieht anders aus“, kritisiert auch die Geschäftsführerin des Schweriner Kinderschutzbundes, Bärbel Schirrmacher.

Zweiter Verwaltungsbericht liegt erst Mitte März vor
Tatsächlich wird sich der eigentlich für morgen angekündigte zweite Bericht der Verwaltung mit Vorschlägen zu Umstrukturierungen in der Behörde verzögern. Veröffentlicht werden soll das Papier erst Mitte März, was die Mitglieder des zeitweiligen Ausschusses der Stadtvertreter zum Fall Lea-Sophie aber bereits akzeptiert haben. Der Bericht soll vor seiner Veröffentlichung noch dem jetzt für das Jugendamt zuständigen Dezernenten Wolfram Friedersdorff (Linke) vorgelegt werden, der zurzeit im Urlaub ist.
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