'Und warum hast du es nicht getan?' dachte Nathaniel während er vor Sisto, der seinen Arm wie einen Schraubstock festhielt, auf die Knie sank. 'Warum hast du es nicht getan damals? Dir hätte es doch sicher Freude bereitet, jemanden umzubringen, der dir so blindlings vertraut. Noch mehr Freude vielleicht, als mir ins Gesicht zu lachen. Aber es hätte mir weniger weh getan. Vielleicht war es das. Vielleicht hast du gefühlt, dass du dich noch mehr an mir weiden kannst, wenn du mich am Leben lässt. Aber die Verlockung war bestimmt groß damals, mir einfach aus dem Nichts heraus ein Messer in den Bauch zu stechen, oder? Als wir zusammen den Drachen steigen ließen zum Beispiel. Bei niemandem flog er so hoch wie bei dir. Daran erinnere ich mich noch, Sisto. Man konnte ihn kaum noch erkennen und alle haben gesagt, dass ein Drache niemals so hoch steigen dürfte...' All das ging Nathaniel in den wenigen Sekunden durch den Kopf in denen er versuchte die Kontrolle wieder zu erlangen. Dann fiel die Pistole aus seiner Hand, als Sisto mit ungeheurer Kraft seinen Arm noch ein Stück weiter verdrehte. Nathaniel stöhnte auf. "Nenn mich nicht Nate" keuchte er. "Und jetzt bring mich endlich um, du verdammtes Arschloch. Ich bin gespannt wie du es machst. Drehst du mir den Hals um? Oder erschießt du mich?" Er sah zu Sisto auf. Er war wirklich gespannt wie Sisto es tun würde. Und er wünschte sich ... er wünschte sich, dass Sisto ihm sein Messer in die Brust rammen würde. Langsam. Direkt ins Herz.
Re: Die Drei Besen
Sisto lachte auf, nahm die Pistole an sich und steckte sie sich in den Gürtel, nachdem er sie gesichert hatte. Er wollte sich ja nichts wegschießen. "Das hättest du gern, was?", grinste er böse. "Dass ich dich umbringe, ich, derjenige, zu dem du immer aufgesehen hast - auch jetzt noch - und dich damit erlöse. Das hättest du gern." Mit einem mal ließ er Nathaniels Arm los, gab ihm einen Schubs nach vorne, so dass er mit dem Gesicht auf die Erde fiel, und stellte dann seinen Schuh auf Nathaniels Hinterkopf, um ihn noch weiter in den Matsch zu drücken. "Wenn du nicht mehr leben wolltest, hättest du dich selbst umgebracht. Das wirst du ja wohl gerade noch auf die Reihe kriegen." Er bewegte seine Schuh leicht hin und her und zwang Nathaniels Kopf noch fester in die Erde. "Aber du willst leben, bis entweder du mich umbringst oder ich dich, nich wahr?" Er griff nach unten, nahm den Fuß vom Kopf des anderen und riss ihn an den Haaren scharf nach oben. Sofort schnappte er sich wieder seinen Arm, verdrehte ihn und zerrte ihn auf die Füße. "Ich werde mir überlegen, was ich mit dir mache. Ich bin gerade sehr einsam... Weit weg von zuhause, von meinen Brüdern. Du wirst verstehen dass ich etwas Gesellschaft zu schätzen wüsste. Selbst wenn es deine ist." Er stieß Nathaniel vor sich her, und so gingen sie zurück zu den Drei Besen. Sisto fand sich im Dunkeln erstaunlich gut zurecht. Dort angekommen betraten sie das Lokal durch die Hintertür, die direkt zu den Zimmern führte, und Sisto zwang Nathaniel die Treppe hinauf und in sein Zimmer. Dort stieß er ihn ins Zimmer, holte die Pistole heraus, entsicherte sie und richtete sie auf ihn, während er zu seinen Sachen ging und scheinbar gleichgültig darin herumwühlte. "Es ist wie früher", erzählte er dabei, seine Stimme genauso scheinbar sorglos wie sein Gebaren. "So oft haben wir zu dritt in einem Bett geschlafen. Du hast dich richtig an mich gekuschelt, weißt du das noch? Und ich habe dir gesagt, dass du keine Angst haben sollst..." Er konzentrierte sich darauf, etwas zu finden, und die Pistole war längst nicht mehr auf Nathaniel gerichtet. Sisto hielt sie achtlos in der Hand, und mittlerweile zeigte sie eher auf den Boden, aber Sisto beham sich als wäre keinerlei Gefahr im Raum. Ruhig suchte er weiter, während er ununterbrochen leise redete. "Sicher erinnerst du dich - sicher bleibt dir nichts anderes übrig, als dich zu erinnern. Du hast mir so vertraut. Wenn du neben mir lagst, war die Welt für dich in Ordnung. Wenn ich dir sagte, du sollst keine Angst haben, dann hattest du auch keine. - Ah, da ist es ja." Er zog etwas langes, silbrig glänzendes aus einer der Satteltaschen, legte die Pistole auf das Tischchen, auf das er noch vor ein paar Tagen dank Sirius abgespritzt und das Jack der Kellner wieder blitzsauber gewischt hatte, und ging auf Nathaniel zu. "Du willst nicht fliehen", sagte er leise. "Oder doch? Wenn ich dir jetzt sage, hab keine Angst... dann wirst du doch keine haben, oder?" Er trat direkt vor Nathaniel und sah auf ihn herab. Der Junge war ein wenig kleiner als er, und Sistos Mundwinkel umspielte ein Lächeln, als er das lange, silberne Ding vor ihm in die Höhe hielt. Es handelte sich um Handschellen, durch eine etwa 1,50 m lange Kette verbunden. Sisto streckte eine Hand aus und umfasste damit seitlich Nathaniels Hals, während er ihm in die Augen sah. "Hab keine Angst, mein kleiner Nate", flüsterte er, während er seine Hand etwas höher wandern ließ und zärtlich durch das Haar des Jungen fuhr. "Hab keine Angst." Er küsste ihn auf die Stirn. Dann riss er ihn herum, ließ die eine Handschelle um sein rechtes Handgelenk schnappen, gab ihm einen Stoß, dass er aufs Bett fiel und zerrte an ihm, bis er die andere um den Bettpfosten zuschnappen lassen konnte. Dann stand er vor dem Bett, sah auf seinen Gefangenen herab und lachte.
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Re: Die Drei Besen
Nathaniel hatte auf dem ganzen Weg hierher geschwiegen. Und auch jetzt schwieg er noch. Sistos Worte waren wie eine Beschwörungsformel. Und die ganze Zeit hämmerte der Gedanke in seinem Kopf, wie er in diese Situation hatte geraten können. Warum hatte er im Wald nciht geschossen? Warum hatte er es nicht einmal probiert? Es hätte immerhin die Möglichkeit bestanden, Sisto zu treffen. Warum hatte er nicht geschrien? Warum schrie er immer noch nicht? Er ließ sich tatsächlich einfach zum Spielzeug machen. Jetzt beugte Sisto sich noch einmal über ihn und verschloss ihm den Mund mit Klebeband. Es war zu spät zum Schreien und wieder versuchte er sich einzureden, dass er es in der nächsten Minute getan hätte. Er sah mit riesigen Augen zu Sisto auf. Es war kaum zu glauben, wie wenig sich dieser verändert hatte. Fast war es schon unheimlich. Sisto hatte jetzt die Sonnenbrille abgenommen und Nathaniel starrte wie hypnotisiert in die zweifarbigen Augen, vor denen er im Laufe der Jahre eine solche Abscheu entwickelt hatte. Und trotzdem war er immer noch fasziniert von ihnen. Sisto hatte Recht. Diese Erinnerungen an früher besaß er noch immer. Und sie bedeuteten ihm noch immer etwas. Auch wenn er jetzt wusste, dass alles nur eine Illusion gewesen war, waren die Erinnerungen echt. Seine gefühle damals waren echt gewesen. Mühevoll wandte er den Kopf ab. Was hatte Sisto mit ihm vor? Nathaniel wusste, dass er ihn erniedrigen wollte. Aber nicht einmal davor hatte er Angst. Sisto konnte ihn nicht noch mehr erniedrigen. Dessen war er sich sicher. an ihm gab es einfach ncihts mehr, was man erniedrigen konnte. Und er hatte nichts was ihm etwas bedeutete. Also was wollte Sisto mit ihm? Er war nichts anderes als eine leere Hülle, aus der nichts mehr zu holen war.
Re: Die Drei Besen
Sisto sah zufrieden auf Nathaniel herab, der jetzt angekettet und mit zugeklebtem Mund auf dem Bett lag. Damit er sich das Klebeband nicht wieder wegreißen konnte, hatte Sisto das Band der Handschellen durch das Kopfteil des Bettes geschlängelt, so dass es Nathaniels Hände weit auseinanderhielt. Seine Stellung erinnerte ein wenig an die eines Gekreuzigten, nur dass er lag. Sisto ließ sich neben ihn auf das Bett fallen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah fast verträumt an die Decke. "Ich würde mich wirklich gerne mit dir unterhalten", begann er. "Das heißt, ich würde gerne deine Meinung zu vielem hören, aber ich kann mich nicht darauf verlassen, dass du nicht noch zu schreien anfängst. Dabei weißt du doch, dass Schreien zwecklos ist. Du willst gar nicht weg. Du willst bei mir sein, das wolltest du doch immer. Du hattest Gelegenheit, mich abzuknallen, und du hast es nicht getan." Er drehte sich schwungvoll zur Seite und stützte den Kopf auf seinen Ellenbogen. "Stimmt's? Du hast es nicht getan." Er richtete sich jetzt ganz auf und kam mit seinem Gesicht sehr nahe an das seines Gefangenen heran. "Du möchtest, dass ich dich umbringe. Dich erlöse. Denn du weißt, wenn du mich umbringst, wird es dir nichts bringen. Gar nichts. Jetzt hat dein Leben noch einen Sinn - das denkst du zumindest - nämlich, mich zu töten. Und danach? Was kommt danach?" Er grinste Nathaniel humorlos an und lehnte sich dann neben ihn an das Kopfteil des Bettes. "Du warst so ein süßer Junge", sagte er gedankenverloren. "In deinen Augen war immer diese - Hoffnung. Dass doch noch alles gut werden könnte. Das habe ich dir oft gesagt, nicht wahr? Erinnerst du dich an diese Worte? 'Alles wird gut, Nate...'" Er legte einen Arm um den Jungen neben sich und zog ihn leicht an sich, so gut das trotz der Fesseln ging. Mit einer Hand strich er ihm immer wieder über den Kopf. "Alles wird gut, Nate, alles wird gut...", flüsterte er fast liebevoll. "Jetzt bin ich doch da, und ich habe dir gesagt du sollst keine Angst haben." Er entfernte sich wieder ein kleines Stückchen von ihm und lächelte ihn an. "Na, hat sich das gut angefühlt? Das ist es, was du willst, nicht wahr? Das ist es, was du brauchst. Du möchtest Nähe, du möchtest Trost, du möchtest Liebe..." Er lachte, aber etwas kam in ihm hoch, bitter wie Galle, und sein gesicht verzerrte sich vor Wut. "Aber das ist alles eine ILLUSION!", schrie er, holte aus und schlug Nathaniel kräftig mit der flachen Hand ins Gesicht. Der Junge gab ein Geräusch von sich, das ein Schrei hätte werden sollen, aber von dem Klebeband auf seinem Mund aufgehalten wurde. Sisto starrte ihn immer noch wütend an. "Du hast doch keine Ahnung. Du denkst, dir ist alles genommen worden! Du bist so ein erbärmliches Würstchen, Nate!" Diesmal schlug er ihn mit der anderen Hand. Dann schwang er ein Bein über den Jungen, so dass er über seinen Beinen kniete, packte sein Gesicht und zwang es, nach oben und ihn anzusehen. "Es ist alles eine Illusion, und du solltest dankbar sein, dass ich dir die Augen geöffnet habe! ALLES ist eine Illusion! Nur Wut, das ist keine! Wut und Angst, die sind echt. Und aus ihnen entsteht alles andere. Aber wirklich wahr sind nur diese beiden, merk dir das. Wut. Und Angst." Er starrte intensiv in das junge Gesicht unter sich, under schüttelte einmal kurz den Kopf, stieg von Nathaniel herunter und ließ sich erschöpft wieder neben ihn fallen. Eine Weile schwieg er, und er schloss die Augen und hörte auf das hektische Atmen neben sich. Mit so einem Klebeband bekam man sicher nicht gut Luft. "Ich suche uns morgen etwas nettes, wo ich dir dieses Band abnehmen kann", sagte er, die Augen immer noch geschlossen. Dann schwieg er wieder eine Weile. "Du wunderst dich sicher, wozu ich Handschellen mit mir führe. Oder vielleicht wunderst du dich auch nicht. Aber ich werde es dir sagen. Du hörst wenigstens zu. In diesen Zeiten hört niemand mehr zu..." Er leckte sich über die trockenen Lippen, bevor er weitersprach. "Ich habe sie immer bei mir, weil von Zeit zu Zeit etwas mit mir ... passiert. Nenn es einen Anfall, oder einen Aussetzer... Es kommt nicht häufig vor, aber es ist sicherer wenn ich mich dann ankette..." Natürlich sprach er nicht von der Verwandlung, die er kürzlich durchgemacht hatte. Da würden ihn auch keine Ketten mehr halten. Er hatte vorher schon gelegentliche Anfälle gehabt, bei denen er nicht er selbst zu sein schien. Seine Brüder kannten das, und sie hatten ihn dann immer angekettet. Aber hier war er ganz allein, und vorsichtshalber hatte er die Ketten mitgenommen, falls er noch die Geistesgegenwart besitzen würde sich selbst anzuketten. Seltsamerweise war er sich nun sicher, dass diese Anfälle vorbei waren. Das Böse, das in ihm gehaust hatte, hatte seinen Weg nach draußen gefunden, und wenn es wieder von ihm Besitz ergreifen würde, dann nur gänzlich. Müde öffnete er die Augen. "Ich gehe mich umziehen für die Nacht." Er stand auf und begann, sich vor den Augen des anderen zu entkleiden. Er zog sich eine frische Unterhose und ein frisches T-Shirt an, mit dem er wieder ins Bett schlpüfen wollte, aber er hielt inne und sah den Jungen an. "Hättest du es auch lieber, wenn ich dich für die Nacht umziehe? Nur zu, sei nicht schüchtern. Es wäre nicht das erste Mal dass ich dich ausziehe." Er sah Nathaniel gleichgültig an.
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Re: Die Drei Besen
Nathaniel schüttelte den Kopf. Nein, er wollte nicht, dass Sisto ihn auszog. Um keinen Preis. Er hatte Recht, es waäre nicht das erste Mal... Als sie sich kennenlernten war Nathaniel elf gewesen, aber seine gesundheit war sehr schlecht. Besonders am Anfang. Sein Immunsystem war aus verschiedenen Gründen total kapuut und er hatte sich alle nur erdenklichen Krankheiten geholt. Er wollte zu allem Überfluss nicht auch noch daran erinnert werden, dass Sisto ihn gepflegt hatte... Immer und immer wieder hatte er darüber nachgedacht, warum Sisto überhaupt bei ihnen geblieben war. Zwei Jahre hatte er immerhin mit ihnen zusammengelebt und hatte sich rührend um sie gekümmert. Nathaniel hatte große teile seines Lebens seitdem damit zugebracht darüber nachzugrübeln, warum Sisto das getan hatte. Die einzige Antwort zu der er bislang gekommen war war, dass es für Sisto eine Art Spiel gewesen war. Dass er zwei Jahre lang eine Art Schauspiel inszeniert hatte, in der er selbst die Rolle eines liebevollen Menschen gespielt hatte, mit allem was dazugehörte. Vielleicht hatte er sogar ausprobieren wollen, ob sich in seinem herz irgendetwas regen würde. Das schlimme an dieser Erklärung war, dass sie bestätigte, dass für Sisto wirklich nichts an der Sache echt gewesen war. Darum sträubte er sich immer noch dagegen. Er versuchte sich auf seine Atmung zu konzentrieren. Er hatte noch nie gut durch die Nase atmen können und auch jetzt fiel es ihm schwer. Vor allem, da durch die SChmerzen, die Sisto ihm zugefügt hatte seine Atmung schneller ging und er mehr Sauerstoff benötigte. Er fürchtete sich davon in Panik zu verfallen und Siso dann wirklich ganz ausgeliefert zu sein, wie früher immer wenn er Fieber hatte. Seine weit geöffneten Augen verfolgten jede von Sistos bewegungen. So wie früher immer... Was jetzt passierte machte die Erinnerungen an früher wirklich wieder lebendiger. Vielleicht kam es auch daher, dass er in der Zwischenzeit nicht wirklich gelebt hatte. Die einzige Zeit in seinem Leben in der er sich wirklich lebendig gefühlt hatte, war damals als Sisto bei ihnen gewesen war. Und er wollte nicht, dass das jetzt wieder passierte. Sisto war ein Monster. Er sah vielleicht aus wie ein Mensch, noch dazu wie ein wunderschöner Mensch, aber er war nichts anderes als eine Bestie. Er hatte Menschen getötet. Er hatte Esmeralda auf dem Gewissen und er würde sicherlich auch ihn irgendwann töten. Entweder tötet er mich, oder ich töte ihn, dachte Nathaniel verbissen. Jedenfalls lasse ich ihn nicht wieder so einfach weg.
Re: Die Drei Besen
Sisto zuckte mit den Achseln, zog die Decke unter Nathaniel hervor und deckte sie beide damit zu. Er war müde, aber er fürchtete sich vor seinen Träumen. Dass Nathaniel die jetzt mitbekommen würde, würde sich wohl nicht vermeiden lassen. Aber vielleicht konnte er sich soweit beeinflussen, dass die Träume ihn diese Nacht verschonen würden. "Es ist wie früher, nicht?", sagte er träge, verschränkte die Arme hinte dem Kopf und sah zu Nathaniel hoch. "Nur, dass ich dich da liebevoller ins Bett gebracht habe. Tut mir leid, dass das jetzt nicht geht, aber du wirst einsehen, dass die Umstände sich geändert haben." Er seufzte leise und schloss die Augen. "Manchmal habe ich dich ins Bett getragen, und das obwohl du schon so groß warst. Aber du warst schwach, und oft bist du mit uns zusammengesessen bis du einschliefst. Du warst ja so anhänglich, aber keiner konnte es dir verübeln. Jeder musste dich einfach gern haben." Er öffnete die Augen und sah Nathaniel an. "Was ist nur aus diesem Jungen geworden?" Er sah ihn fragend an und schloss dann die Augen wieder. "Ich habe dich ins Bett gelegt, nachdem du halb auf mir eingeschlafen warst, denn es hat dich immer beruhigt, bei mir zu sein. Weißt du das noch? Spürst du das noch? Und dann habe ich die Decke um deinen Körper herum festgezogen und dir einen Kuss gegeben." Seine Augen öffneten sich wieder und sahen direkt in Nathaniels. Dann richtete er sich auf und kam nahe an den anderen heran. "'Gute Nacht, Nate', habe ich gesagt. 'Close your eyes and count to seven.' Und nichts weiter." Er hatte Nathaniel den Spruch nie bis zum Ende vorgesagt. Sonst hätte er vielleicht schon damals verstanden, dass alles nur inszeniert war, ein Schauspiel, ein Experiment, ein Zeitvertreib. Er streckte eine Hand aus und strich Nathaniel über die Haare. "Du kriegst schlecht Luft. Versuch einfach, ruhig zu atmen und gerate nicht in Panik. Sonst wirst du ersticken." Er lächelte leicht, dann zog er seine Hand zurück. "Gute Nacht, Nate. Close your eyes and count to seven." Er legte sich hin, löschte das Licht und schloss die Augen.
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Re: Die Drei Besen
'when you wake you'll be in heaven' Nathan wusste natürlich mittlerweile wie der Spruch ausging, den Sisto immer zu ihm gesagt hatte. damals war er wie eine Zauberformel gewesen. Wenn er krank oder in einer schwierigen Situation gewesen war hatte er ihn immer vor sich hingesagt. "Colse your eyes and count to seven..." manchmal tat er es immer noch. Aber jetzt kannte er natürlich auch das Ende und dessen Bedeutung. Wenn du aufwachst bist du tot. Jeden Abend hatte Sisto es gesagt. an keinem hatte er es vergessen. Er hatte immer gewusst, dass es nur eine Maskerade war. Immer... Aber diesmal wusste Nathaniel es auch. Und er würde es ganz sicher nicht vergessen. Wie Sisto richtig sagte war er nicht mehr der vertrauensseelige schwächliche Junge von damals. Was er jetzt allerdings war wusste er nicht. Er hatte nie Zeit gehabt, sich gedanken über sich selbst zu machen. Aber zum Glück hasste er Sisto wirklich. jetzt, wo er neben ihm lag spürte er es wieder sehr deutlich. Sisto der SChuld war am Tod seiner SChwester und ihres ungeborenen Kindes. Er hätte so gerne geredet, um e ihm noch einmal zu sagen. Seine masochistische Ader, die er eindeutig hatte wollte den Schmerz noch einmal fühlen, wenn er Sistos Gleichgüligkeit darüber zu spüren bekam. Es gab so viel, was er ihm sagen wollte, dass er sich eigentlich darüber wunderte. Er hatte seit Jahren mit niemandem mehr geredet und immer nur das allernötigste gesagt. Und jetzt schäumte er geradezu vor Dingen, die er sagen wollte. Schlafen würde er sowieso nicht, weil er sich auf seine Atmung konzentrieren musste. Selbst das erinnerte ihn an früher. Damals hatte er manchmal panikbedingte Atembeschwerden gehabt und Sisto hatte ihm im Arm gehalten und ihm gesagt, wie er atmenn musste. Hatte ihn seine eigene Atmung fühlen lassen... Die Erinnerungen waren einfach zu viel. Er wollte daran nicht mehr denken... stöhnend warf er sich im Bett herum, so dass seine Handschellen klirrten. Sisto sollte nicht noch mehr von der Vergangenheit reden... er wollte es nicht hören.
Re: Die Drei Besen
Sisto spürte, wie die Müdigkeit ihn übermannte. Er hatte nicht einmal viel gemacht die letzten Tage, aber jeden Abend fiel er wie ein Stein ins Bett. Als würde seine anstrengende, schmerzhafte Verwandlung ihn immer noch anstrengen. Normalerweise konnte er nicht gut entspannen, wenn noch jemand im Raum war. Aber dieser Jemand war gefesselt, und es war nicht nur ein Jemand - es war Nathaniel. Vor dem hätte er sich wohl auch nicht bedroht gefühlt, wenn er nicht gefesselt wäre und mit einem Panzer angerollt käme. Sistos Züge entspannten sich, und sehr bald hatte ihn der Schlaf geholt. Aber wie jede Nacht war es nicht wirklich eine Erleichterung. Er fühlte, wie lange schwarze Hände sich nach ihm ausstreckten und ihn in die Dunkelheit hinabrissen. Eine ganze Weile befand er sich einfach nur in dieser Dunkelheit. Um ihn herum nichts als Schwärze, und doch fühlte er, dass er sich auf etwas zubewegte. Als würde er auf einem Fließband stehen, das sich mit schneller und immer schnellerer Geschwindigkeit auf etwas zubewegte, bis er den Luftzug förmlich spüren konnte, obwohl nicht einmal Luft da war. Es war nichts da. Gar nichts. Plötzlich wurde alles um ihn herum in gleißendes Licht getaucht, so hell, dass es in den Augen stach, und er hielt sich schützend die Hände davor, bis der Schein, der durch die Finger kam, nicht mehr blendend weiß, sondern in dumpfem Rot erglühte. Vorsichtig nahm er die Hände von seinem Gesicht, und er erschrak, als er sah, wo er war: in der Hölle. Das rote Glühen kam von dem Feuer um ihn herum, nichts als Feuer und Lava, und Sisto spürte die Hitze. Aber sie kam nicht von außen. Sie kam von innen. "Nein", presste er hervor, und seine Lippen bewegten sich im Schlaf und formten das Wort, flüsterten es leise, und sein Körper zuckte zusammen und wand sich unruhig auf den Laken. Er stand in einem See von Lava, rings um ihn nur Feuer und Hitze und Glühen, und in ihm - in ihm auch. Verzweifelt drückte er sich die Hände auf den Bauch, um die Hitze drinzubehalten, aber er wusste, sie wollte heraus und sie würde herauskommen. Als er an sich herabsah, bemerkte er zu seinem Entsetzen, dass die Bauchdecke unter seinen Händen aufgeplatzt war und etwas wie Lava daraus hervorquoll und ein gleißendes Licht verströmte. "Oh nein", keuchte er. "Oh nein, nein, bitte, nicht schon wieder, ich will das nicht..." Aber in dem Moment fühlte er, wie etwas Warmes aus seinen Ohren kam, und seine Hände, über die die Lava lief, verformten sich vor seinen Augen, und in der nächsten Sekunde kniete er schreiend in der Lava, sich die Klauen gegen die Stirn pressend wo die Hörner sich wie zwei Bolzen aus seinem Schädel herauswanden...
Mit einem gellenden Schrei fuhr er in die Höhe, die Hände an die Stirn gepresst, schweißüberströmt, fest überzeugt dass es Blut war und die Verwandlung wieder eingesetzt hatte. Er merkte, dass er noch nicht aufgehört hatte zu schreien, der Schmerz aber schon. Zitternd hielt er sich seine Hände vors Gesicht, und sie waren nicht dunkel. Er schwitzte nur. Da war kein Blut. Am ganzen Körper bebend zog er die Knie an den Körper und legte die Arme fest darum. Er kniff die Augen fest zusammen und wippte leicht vor und zurück, um diese Bilder und diese Erinnerungen loszuwerden. Als er ein leises Klirren hinter sich hörte, fuhr er herum, und beinahe hätte er wieder geschrien. Aber dann sah er, wo es herkam, und ihm fiel wieder ein, dass er ja einen Besucher hatte. "Nate", sagte er, seine Stimme atemlos, und er legte sich eine Hand auf dir Brust. "Einmal im Leben hast du es geschafft, mich zu erschrecken."
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Re: Die Drei Besen
Nathaniel riss an den Ketten und versuchte irgendeinen Laut von sich zu geben. Eben hatte es sich so angehört, als würde Sisto neben ihm sterben. Als würde er schreckliche Schmerzen erleiden. Seine Schreie hatten ungefähr den SChmerz ausgedrückt, den er Nathaniel zugefügt hatte. So hatte er selbst auch schon manchmal Nachts geschrien. 'Also ist in dir doch irgendetwas, du verdammtes Monster' dachte er zähneknirschend. 'Da ist irgendetwas, das auch dich quält und auffrisst, das dich nicht verschont. Udn weißt du was? Es freut mich das zu wissen. Es freut mich ganz außerordentlich. Genau das habe ich mir immer gewünscht. Ich weiß nicht, was es ist, das dich dazu bringt so zu schreien, aber was immer es ist, es ist gut. Du glaubst gar nicht was für eine Befriedigung du mir damit verschafft hast, dass ich das hören konnte..." Er drehet sich so, dass er Sisto ansehen konnte. Sisto, der jetzt plötzlich sehr menschlich aussah. In der Dunkelheit konnte er seine zweifarbigen Augen nicht erkennen. 'Du hast nein geschrien. Ich möchte wissen was es ist wovor du dich fürchtest. Was es ist, das du nicht willst. Dass dich jemand tötet? dass du allein gelassen wirst? Ich kann mir einfach nciht vorstellen was es ist. aber es tut gut zu sehen, dass auch du vor etwas Angst hast. Denn wenn das so ist, dann kann ich herausfinden was es ist und dich vielleicht damit quälen." Er sah ruhig zu Sisto auf. Es war gut für nathnaiel, dass er nicht wusste, dass das einzige was Sisto Angst einjagen konnte seine eigene völlige Entmenschlichung war. Denn sonst hätte er jetzt wahrscheinlich alle Hoffnung aufgegeben. So allerdings glomm wieder ein Funke dieser Hoffnung in seinen Augen auf.
Re: Die Drei Besen
Sisto fing sich schnell wieder. Immerhin war das nur ein Traum gewesen. Ein Traum, an den er mittlerweile auch noch gewöhnt war. Sicher, so ähnlich war es passiert, aber er hatte schon schlimmere Träume gehabt. Wesentlich schlimmere, zu Zeiten, als er sich noch nicht so gut gegen schlimme Dinge abschirmen hatte können. Er atmete noch ein paarmal tief ein und aus und wischte sich mit seinen Händen über das Gesicht. Dann legte er sich wieder hin, aber so, dass sein Kopf auf Nathaniels Bauch lag. Er lächelte leicht, als er daran dachte, wieviel Widerwillen und Abscheu dieser dabei empfinden musste. "Gut, dass du da bist, Nate", sagte er. "Sonst hätte ich mich vielleicht gefürchtet - so alleine im Dunkeln. Es ist doch immer tröstlich, nachts jemanden bei sich zu haben, nicht wahr?" Er hob eine Hand über seinen Kopf und strich damit träge an Nathaniels Oberschenkel entlang. Ein-, zweimal, dann zog er sie wieder zurück. "Du weißt es sicher noch von damals. Oder hast dir vielleicht in den letzten Jahren ab und zu jemanden ins Bett geholt, damit es nicht völlig kalt wird. Damit du nicht alleine aufwachst. Was ist es denn, Nate? Mädchen oder Jungen? Ältere oder Jüngere? Hast du sie gerne mit ein wenig Erfahrunge, oder magst du sie jung und unschuldig..." Er schluckte, bevor er fortfuhr, das Lächeln auf seinem Gesicht festgefroren. "Aber vielleicht weißt du auch gar nicht, was du willst. Vielleicht wolltest du deine Schwester ficken. Vielleicht wolltest du mich ficken. Hast du überhaupt schon mal jemanden gefickt?" Er sah in die Dunkelheit, als warte er auf eine Antwort, aber er konnte natürlich keine bekommen. Seine Hand griff wieder nach hinten und streichelte sanft wie eine Feder Nathaniels Oberschenkel. "Ich habe einmal ein totes Mädchen gefickt", sagte er verträumt. "Ich wusste natürlich nicht, dass sie tot war. Sie ist neben mir eingeschlafen, und als ich aufwachte war sie bereits tot. Drogen wahrscheinlich. Als ich neben ihr aufgewacht bin und ihr hintern sich an meinen Schwanz gepresst hat, hatte ich nicht wirklich die Muße, zu bemerken wie kalt ihr Arsch war. Oder dass sie gar nichts gemacht hat. Hatte sie am Abend vorher schließlich auch nicht." Er schloss die Augen und seufzte ganz leise. "Aber was interessiert dich das. Du hast ja wahrscheinlich noch nicht mal etwas lebendes gefickt." Er schlug die Augen wieder auf und sah auf den Wecker, der neben dem Bett stand und eine Leuchtanzeige hatte. 3:00 AM, blinkte er, und Stisto richtete sich schwungvoll auf und sah auf Nathaniel herab. "Es wird Zeit, umzuziehen", sagte er. "Ich will mich mit dir unterhalten."