Piraten des Falgahten - Schwarze Braut

Im Auftrag des Falghaten III

Re: Im Auftrag des Falghaten III

Schliesslich schreckte Jana hoch. Flammen! Flammen leckten an ihren Beinen, ihre Hände brannten lichertloh.
Auf einen Schlag sass sie aufrecht im Bett und realisierte nur langsam, dass sie im Lazarett lag, dass rundum kühle Mauern waren und hörte das leise Stöhnen ver verletzten. Nur ein Traum, dem Erbauer sei Dank!
Schwer atmend schaute sie sich um.
Wieso lag sie hier zwischen den Verletzten?
Langsam begriff sie, dass sie eingeschlafen sein musste. Neben ihr auf dem Bett lag Chariva und stöhnte leise. Wenigstens konnte sie schlafen. Die arme Chariva. Immer hetzend gegen den Orden und dennoch ihre ganze Kraft für die Verletzten aufopfernd. Sie hatten seid der Schlacht viel zusammen gearbeitet und sie hatte Chariva auf mehr als eine Art schätzen gelernt. Vielleicht, nur vielleicht würde sie langsam wieder Vertrauen fassen und auch den Glauben zurückgewinnen können.

Jana schaute sich um und krabbelte langsam aus dem Bett. Sie würde sowieso nicht mehr schlafen können, nicht nach den Flammen in ihrem Geist. Sie wusste, dass sie es verdient haben würde, in der Flamme der Läuterung zu brennen, aber sie war sich sicher, dass der eigeschlageen Weg der richtige war. Nur so würde retten können, was sie liebte, auch wenn der Preis schrecklich hoch war. Um Menschen wie Chariva zu schützen war ihre Entscheidung viel zu spät gefallen.
Was würde schwerer wiegen? Das Leiden durch die Entscheidung, oder das Leiden und der Tod durch das Warten?

Es war Zeit die düsteren Gedanken abzuschütteln und an die Arbeit zurückzukehren.
Jana stand auf und legte die Decke vorsichtig auf Chariva. Dabei liess sie ihre Hand einige Zeit tröstend auf der Schulter liegen und betet sehr leise zum Erbauer, dass er ihr die Kraft geben möge, die sie brauchte um Chariva und den anderen geschundenen Seelen irgendwann wieder Frieden zu geben.
Ihre Gedanken wanderten zu Kascha. Welche Schmerzen mussten es sein in diesem Krieg zu kämpfen, wo der eigene Bruder auf der Gegenseite stehen konnte?

Schliesslich raffte sie sich auf. Es gab zur Zeit zwar weniger neue Verletzte, aber eine Menge die immer noch an der Schwelle des Todes lagen und sich im Wundfieber hin und her warfen.

Re: Im Auftrag des Falghaten III

Kascha hatte der aufgebrachten Chariva nichts erwidert – wozu auch? – sondern sich auf ihr ursprüngliches Vorhaben besonnen und sich bemüht, anzupacken. Hauptsächlich hatte sie Schalen mit rot gefärbtem Wasser nach draußen und Krüge mit sauberem Wasser nach drinnen getragen und genossen, beschäftigt zu sein. Als sie die sich aufsetzende Preardin bemerkte, setzte sie den Krug ab und ging herüber.


Re: Im Auftrag des Falghaten III

Pöpke entdeckte Nala und winkte erfreut. Bei deren Worten allerdings verdüsterte sich ihr Gesicht. „Ich kann der Braut doch sowieso nicht helfen … zumindest jetzt nicht! Und den Anblick ertrage ich sowieso nicht … ich schaue lieber, ob ich etwas zu essen auftreiben kann. Und lenke mich ab. Hier liegen außerdem keine halbtoten Leute herum, ich muss dieses furchtbare Schreien und Stöhnen aus meinem Kopf kriegen … Oh, sieh mal, ist das da vorne Fedder?“


Re: Im Auftrag des Falghaten III

Jana sah hoch, fest entschlossen jetzt wieder an die Arbeit zu gehen und keinen düsteren Gedanken mehr nachzuhängen.
Aber, war das nicht Kascha, die da auf sie zu kam?
"Kascha! Schön dich zu sehen!" sie machte eine kurze Pause und sprach dann besorgt, aber deutlich leiser weiter, um Chariva und die Verletzen schlafen zu lassen.
"was machst du hier im Lazarett? Bist du verletzt? Ist jemand aus deiner Sense verletzt?"

Re: Im Auftrag des Falghaten III

Der lange Signalgast sah die beiden Frauen, beide locker 2 Köpfe kleiner als er, winken und rückte grinsend seinen breitkrempigen Hut zurecht. In aller Ruhe ging er zu den beiden hinüber. "Na, was sitzt ihr denn so trübselig herum? Zum Traurigsein wird es noch genug Gelegenheit geben, also freut euch, dass wir noch leben und die Braut wird auch wieder!" versuchte er, Nala und Pöpke aufzumuntern.

Re: Im Auftrag des Falghaten III

"Und?"
"Was 'Und?'?"
"Hat es sich gelohnt?"
"Inwiefern?"
"Na, ob es sich gelohnt hat, diesen Weg zu gehen?"
"Gehen? Gehen?
Ich bin nicht gegangen.
Es war nicht meine Entscheidung."
"Erzähl mir keinen Unsinn. Natürlich war es deine Entscheidung.
Es ist immer deine Entscheidung. Du hättest ihm aus dem Weg gehen können.
Das hättest du. Wir hatten alles erreicht, was wir erreichen konnten. Es ging um nichts mehr."
"Wem aus dem Weg gehen?"
"Meinem Namensvetter."
"Niemand kann das.
Ihm aus dem Weg gehen."
"Doch, das geht. Du hättest nicht mitkämpfen müssen."
"Doch das musste ich, und das weisst du auch.
Wir sind was wir sind. Unsere Entscheidungen machen uns dazu."
"Entscheidungen! So ein Unsinn. Entscheidungen! Wenn ich mich hätte entscheiden können, dann würde ich wie der alte Diggert im Bett einer siebzehnjährigen Hure sterben. Besoffen beim Beischlaf.
Das wäre ein guter Tod. Und nicht unter den Schlägen eines Khardin und den Schüssen dieser mechanischen Konstrukte."
"Niemand hindert dich daran.
Wenn du es willst, dann tu es.
Wer hindert dich daran?"
"Niemand!
Alle!
Verdammt, ich weiß es nicht."
"Siehst du, es ist deine Entscheidung welchen Weg du gehst. Was dann kommt, das ist nicht immer deine Entscheidung."
"Aber es sind nicht immer nur unsere Entscheidungen, die uns formen. Gerade wir wissen das.
An dem was ich bin und dem was du bist haben auch die Khardin mitgewirkt. Nicht, dass sie dass erreichen wollten, was sie erreicht haben. Ich denke mir, daß sie etwas anderes wollten. Aber, nichts desto Trotz, sie haben uns geformt.
Dich, mich und auch die anderen.“
„Geformt haben uns uns nicht die Khardin. Geformt hat uns unsere Erfahrung mit ihnen. Sie wollten sicher etwas anders bewirken, als sie dann erreicht haben. Wir haben aus dem gelernt, was sie uns und anderen angetan haben. Also war es unsere Entscheidung, unser eigene Entwicklung.
Aber ich verstehe, was du meinst.
Ihre Ignoranz, ihre Menschenverachtung, ihre Herzlosigkeit und Grausamkeit hat uns geprägt.
Aber was wir daraus machen, das ist unsere Entscheidung.
Das ist es immer.
Es ist immer unsere Entscheidung.“
„Das ist mir zu kompliziert. Ich bin kein Philosoph. Aber du hast dich gedrückt.“
„Wie gedrückt?“
„Gedrückt. Auf meine Frage zu antworten. Hat es sich gelohnt?“
„Du bist hartnäckig.“
„Das war ich immer. Und jetzt noch viel mehr.“
„Ja.“
„Ja? Es hat sich gelohnt?“
„Ja, es hat sich gelohnt. Ich habe meinen Frieden wiedergefunden. Ich bin wieder ganz, vollständig. Ich hatte einen guten Tod. Ich bin zufrieden. Ich habe mir immer einmal einen guten Tod gewünscht. Einen mit Sinn. Zu einem richtigen Zeitpunkt. Und es war mir vergönnt ihn zu erhalten.“
„Bereust du es? Wenigstens ein bischen?“
„Reue? Ob ich Reue empfinde?
Nein.
Bedauern zuweilen.
Bedauern soviel zurück zu lassen.
Bedauern nicht das Ende der Khardin miterleben zu können.
Bedauern meine Kameraden verloren zu haben.
Aber all das ist nur eine Frage der Zeit. Es wird sich alles lösen. Zum Guten.
Da bin ich mir sicher.“
„Und wir Übriggebliebenen haben jetzt die Sache am Arsch.
Wir müssen uns noch weiter quälen.“
„Du hättest gehen können. Genau wie ich.
Sag nicht, du hättest nicht mit dem Gedanken gespielt.“
„Ja, das habe ich.
Aber ich bin anders als du. Ich habe nicht nach einem guten Tod gesucht.
Nie.“
„Wonach suchst du dann?“
„Gerechtigkeit?
Rache?“
„Das glaube ich dir nicht.
Das bist du nicht.
Das ist nicht das, was ich in dir sehe.“
„Was dann? Wonach hab ich gesucht? Wonach suche ich?“
„Das kannst nur du allein klären.
Nur du allein.“
„Was für ein Gebläh. Was soll mir das jetzt helfen?“
„Wer hat gesagt, dass ich dir helfen kann? Wer hat gesagt, dass ich dir helfen will? Wer hat gesagt, dass es gut für dich ist, wenn ich dir helfen würde?“
„Du bist ein Arsch!“
„Nein, und das weißt du auch. Ich wünsche dir alles Gute. Und den Anderen auch.“
„Das hilft mir nicht.“
„Du brauchst keine Hilfe.
Jedenfalls nicht so.
Die weisst doch schon längst was du tun willst. Was du tun musst.“
„Leben.“
„Was?“
„Leben, das ist es wonach ich suche.
Nach einem guten Leben. Ich habe immer danach gesucht.
Nicht nach einem guten Tod.
Nach einem guten Leben.
Ein Leben wie der alte Diggert.
Ausgekostet bis zum Schluss.“
„Das glaubst du?
Das glaubst du wirklich?“
„Natürlich.
Das habe ich immer gewollt.“
„Wenn es wirklich das ist, wonach du suchst, dann bist du schon einen Schritt weiter.
Leben.
Wenn du leben willst, dann mache einen Plan, wie es weiter gehen kann. Plane einen Weg mit Rückweg.
Mir reichte der Weg dorthin. Der Rückweg war nebensächlich. Ich brauchte keinen.“
„Werden wir uns wiedersehen?“
„Irgendwann? – bestimmt. Irgendwann sehen wir uns alle wieder.
Aber du kannst dir Zeit damit lassen.
So sehr fehlst du mir hier nicht.“
„Und jetzt?“
„Jetzt musst du zurück.
Zu den Anderen.
Sie machen sich Sorgen.
Lass sie nicht zappeln.
Sie sind auf deiner Seite.
Du ahnst gar nicht wie sehr.“
„Verdammt.
Wahrscheinlich hast du recht.“

Re: Im Auftrag des Falghaten III

Hein van Fleet wurde wieder wach.
Alles tat ihm weh.
In seiner Hüfte schien ein glühendes Eisen zu stecken. Sein Rachen fühlte sich an als wäre er mit Sand gefüllt, trocken und rau. Mit jedem Herzschlag hämmerte es in seinem Schädel. Der fühlte sich an als hätte er die Form eines hundert Gallonen-Fasses. Auch seine Hände gaben das Gefühl, als hätte man sie mit ein einigen Pfund Blei aufgebläht.
Naja, dachte er, zumindest spüre ich meine Beine kaum.
Er schaute sich um. Er lag in einem Bett. Weiße Laken. Holz. Ein Waschtisch mit Waschschüssel und etlichen medizinischen Flaschen und Flacons. Ein großer Stapel weißer Verbände daneben. Das Bild eines Segelschiffs an der Wand.
'Häßliche Kogge.' dachte Hein.
Segelschiff.
Segelschiff.
Irgend etwas klang in ihm nach.
Sein Segelschiff!
Die Braut.
Die Braut in Trümmern.
Ein Wrack, ein zerschossenes Etwas.
Alles war wieder da.
'Schrott!' hatte der Kerl sie genannt.
'Fahrt das Wrack da auf die Abbruchhellig und belegt mir nicht meine Werft.' sagte der Kerl.
Und dann, 'Mehr als zwei Silber kann ich euch für das Restholz nicht geben. Das taugt ja kaum noch zum Verbrennen.'
Was dann passiert ist, war nur noch verschwommen da. Sie hatten Hein von dem Kerl herunterhebeln müssen. Und da hatten sechs Männer richtige Probleme gehabt. Hein wußte nicht mehr, was er dem Kerl alles gesagt hatte. Freundlich war es nicht gewesen. Und der Kerl hatte nur noch nuschelnd antworten können. 'Keine Kunst, ' dachte Hein, ' ohne Zähne.'
Aber seine Wunden waren dabei wieder aufgebrochen. Und die Hüfte hatte sich entzündet. Frauke hatte sich um ihn gekümmert. Und Chariva. Rosxana? Jemand in weiß? Er wußte es nicht mehr genau. Er war dann irgendwie ins Dunkel geglitten. In wirre fiebrige Träume.
Hein wußte nicht, wie lange er hier schon lag. Hein wußte garnichts. Wußte nicht was passierte.
Hatte keine Ahnung, was mit der Braut war.
Mit der Braut.
Mit seiner Braut.
Der armen verdammten zerschossenen Braut.
"JOOOOCKÄÄÄ!"
Seine Stimme hörte sich an wie ein rostiger Blecheimer.
"FÄÄÄÄÄDDDDDDDÄÄÄRR!"
Er merkte garnicht, wie er die Tränen aus seinem Gesicht wischte.
"XIIIIAAANNNNAAA!"
Sein Brüllen kam langsam wieder in Fahrt.
"PÖÖÖÖÖPKÄÄÄÄÄ!"

Re: Im Auftrag des Falghaten III

"Hrm" .. war alles, was sie zu sagen hatte - zumindest für den Moment - und schüttelte grinsend den Kopf.
"Wenn du von Asche leben kannst, darfst Du gerne mal beissen." Ob das ein Angebot war, oder eine Drohung die da in ihrem Deut zum nächstbesten Trümmerhaufen lag, liess sich so leicht nicht herausfinden.

"Für einen Augenblick hatte ich das Gefühl..." meinte sie und betrachtete Pöpke, brach mitten im Satz ab und blickte zu Fedder. Dann zurück. "Wie hat Hein das eigentlich verkraftet.. du weisst schon ... mit der Braut?"

Re: Im Auftrag des Falghaten III

„Hm, weiß nicht“, meinte Pöpke. „Das letzte Mal, als ich ihn gesehen hab, hat er geschlafen, glaub ich. Aber wir können ja mal nachschauen gehen. Ich denk, die Asche da schmeckt sogar noch schrecklicher als Vadders Rübenauflauf …“


Re: Im Auftrag des Falghaten III

- Ja, nach Mensch.
Dachte sie, sprachs aber nicht und nickte nur schweigend. Solcher Schwermut passte sonst gar nicht zu ihr, eine Tatsache die sie durchaus beunruhigte.
- Vermeidung!
dachte sie weiter und fror ihr Grinsen einfach auf den Lippen ein - irgendwie musste man dieses leicht gezwungene Gesicht ja nennen.
"Wenn du meinst..." erwiederte sie und stapfte stumpf vorran.